Protokoll der Sitzung vom 31.08.2018

Es stellte sich nach der Konstituierung des Ausschusses und der Sichtung des mehr als 11.000 Seiten umfassenden Aktenmaterials heraus, dass besonders die Prüfung der vorgelegten Akten hinsichtlich der Grundsätze der Aktenvollständigkeit, der Aktenklarheit und der Aktenwahrheit viel Zeit in Anspruch nehmen sollte. Akten, Vermerke, E-Mails, Gutachten, Bescheide, Faxe und Untersuchungen von zwei Ministerien, der Thüringer Staatskanzlei, der Schule, des Schulträgers und des Staatlichen Schulamts Mittelthüringen wurden geprüft, bewertet und in Verbindung gebracht. Dieser Prozess hat einen Großteil der Zeit der bisherigen Untersuchungsarbeit gekostet. Die entsprechenden Anträge auf Zeugenbefragung wurden dazu im Sinne und mit Respekt vor dem verfassungsmäßig garantierten Minderheitenrecht mitgetragen. Zudem haben wir von vornherein bekräftigt, zu einem transparenten Aufklärungsverfahren beitragen zu wollen. Neben der Prüfung der Vollständigkeit und Authentizität der Unterlagen konnten wir ein paar wesentliche inhaltliche Punkte des Untersuchungsbeschlusses bereits abarbeiten.

Wir untersuchten intensiv die Vorgänge in der Schule, beim Schulträger, beim staatlichen Schulamt bezüglich getroffener Genehmigungen zu Auslandsaufenthalten und der Versetzung bzw. des Vorrückens in die nächst höhere Klassenstufe. Weiterhin untersuchten wir die Abläufe und Vorgänge im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport. Wer hat wann Kenntnis des Namens des betroffenen Schülers, nach welchen Grundlagen und nach welchen Wissensständen wurden Entscheidungen im Ministerium vorbereitet, besprochen und entschieden? Die weitere Aufarbeitung relevanter Fragen wird folgen. Die Rücknahme des Schreibens der Schule durch das Ministerium wird genauso Eingang in die Untersuchung finden wie die finale Entscheidung der Leitung des Ministeriums. Noch immer konnten wesentliche Zeugen zu ent

scheidenden Sachverhalten nicht gehört werden. Anhand der bisher geleisteten Arbeit wird deutlich, dass es keinen monokausalen Erklärungsansatz für einen Prozess geben kann, in dem über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr unterschiedliche Akteure beteiligt waren.

Nach zwei Jahren Arbeit sind wir gerade in der Komplexität der Geschehnisse davon überzeugt, dass wir die Öffentlichkeit über die bisherigen Ergebnisse des Untersuchungsgegenstands unterrichten und diese zur Diskussion stellen sollten. Daher bitten wir um Ihre Zustimmung und Unterstützung.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt Herr Abgeordneter Geibert das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie wir schon am Mittwoch diskutiert haben, bleiben wir dabei: Der Antrag auf Erstellung eines Zwischenberichts unterläuft die verfassungsrechtlich garantierten Minderheitenrechte der Opposition. Es wird damit versucht, noch dazu bei einem Zwischenbericht zum 31.03.2019, und damit wenige Monate vor Ende der Legislatur, eine Verzögerung in das ganze Untersuchungsgeschehen hineinzubringen. Das ist ganz erkennbar auch das Ziel von Rot-Rot-Grün, die diesen Antrag hier stellen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau das Gegenteil ist der Fall!)

Nein, das Gegenteil, Frau Rothe-Beinlich, ist nicht der Fall. Das Gegenteil wäre dann der Fall, wenn Sie den Antrag stellen würden, den Untersuchungsausschuss aufzufordern, noch vor Ende der Legislatur zu einem Abschlussbericht zu kommen. Dann wäre das zielführend, aber so wie es hier geschieht...

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann würden Sie mir vor- werfen, wir würden Minderheitsrechte be- schneiden! Sie wollen ja permanent...!)

Das ist eine Aufforderung, kein Beschluss.

Meine Damen und Herren, Abgeordneter Geibert hat jetzt das Wort.

(Abg. Warnecke)

Vielen Dank. Aber das wäre zielführend. Es ist nicht zielführend, wenige Woche vor Ende der Legislatur die Arbeit des Ausschuss damit zu belasten, dass ein Zwischenbericht gemacht wird.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sechs Monate vor Ende der Legislatur!)

Noch dazu kommt, dass es dazu führen wird, dass zur Erstellung des Zwischenberichts diese Ergebnisse abgestimmt werden und damit das Votum der Mehrheit das Ergebnis des Zwischenberichts prägt und damit auch zu erwarten ist, dass das Votum der Mehrheit die komplette weitere Arbeit des Untersuchungsausschusses prägen wird.

Ich stimme Frau Kollegin Martin-Gehl zu, dass wir uns in sehr sachlicher Art und Weise im Untersuchungsausschuss selbst mit dem Untersuchungsauftrag, was die Formalien angeht, beschäftigen. Die Beweisbeschlüsse werden regelmäßig in der Überzeugung der Notwendigkeit von allen gemeinsam gefasst. Die Anliegen, die vorgetragen werden, werden regelmäßig von allen gemeinsam entsprechend vorgetragen und mitgetragen. Aber dazu gehört natürlich auch, dass das Anliegen, das vorgetragen wird und das auch schon mehrfach den Ausschuss beschäftigt hat, etwa ist, dass die Landesregierung mehrfach aufgefordert werden musste, uns Unterlagen in geeigneter Art und Weise vollständig vorzulegen. Dass es letztmals noch in diesem Jahr, Anfang dieses Jahres, zu Aktenvorlagen gekommen ist, ist auch eine Art und Weise, wie man den Untersuchungsauftrag verhindern, verschleppen und verzögern kann, der von den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses – so ist jedenfalls mein Eindruck der Stimmung dort und der Beschlussfassung dort – gleichfalls nicht geteilt wird.

Aber all dies zeigt: Mit der Verfahrensweise, die an den Tag gelegt wird, will man versuchen, dass Ermittlungen erschwert, dass letztlich zu Themenkomplexen nicht mehr Stellung genommen werden kann, die eigentlich auf die Agenda gehören und abgearbeitet werden müssen. Deshalb wird Sie auch nicht verwundern, dass wir nach § 2 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes den Antrag stellen, dass sich der Justizausschuss mit der Frage der Zulässigkeit des Zwischenberichts beschäftigt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Haben wir doch schon ge- macht!)

Nein, der Justizausschuss hat sich am Mittwoch mit einer Zulässigkeitsfrage beschäftigt, ist davon ausgegangen, dass also, solange der Zwischenbericht nicht beschlossen ist, ein entsprechender Antrag dort nicht behandelt werden kann. Ich unterstelle mal, dass die hier im Hause vorhandene Mehrheit

heute einen entsprechenden Zwischenberichtsantrag, so wie er gestellt ist, beschließen wird, und dann sind wir in dem Stadium, dass dieser Beschluss im Prinzip dem Justizausschuss zur gutachterlichen Stellung vorgelegt werden wird, was im Übrigen von der Minderheitenenquete gedeckt sein wird, denn das ist nun mal gerade der Gegenstand der Beschlussfassung, dass man im Untersuchungsausschuss feststellen kann, ob sich zulässigerweise oder nicht zulässigerweise mit einem verfahrensleitenden Mittel beschäftigt wird oder nicht.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Was will RotRot-Grün mit dem Antrag zum Zwischenbericht eigentlich erreichen? Wenn es nicht darum geht, Sachaufklärung zu betreiben, sondern zu verzögern...

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das geht gar nicht!)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das ist ja keine Information, das ist eine Un- terstellung!)

Da hat der Abgeordnete Blechschmidt schon wieder ein Ausrufezeichen gehört, wo auch ein Fragezeichen hätte stehen können, sodass bereits die Unterstellung eine Unterstellung wäre. Heben und Senken der Stimme – vielleicht ist es dabei nicht genügend rübergekommen. Aber das ist ja das Motiv, was man dort vermuten kann.

Es ist ja an sich keine angenehme Angelegenheit. Es wird ja, wenn man einen Zwischenbericht fordert, die unangenehme Situation letztlich für den, der Gegenstand des Untersuchungsausschusses ist, also für Herrn Lauinger, erneut erörtert. Es wird heute erörtert, es wird im nächsten Frühjahr erörtert werden, es wird verschiedentlich zu Beschlussfassungen im Ausschuss kommen. Also es wird mehr an die Öffentlichkeit gezogen, als man denkt. Aber ich denke, damit ist wohl die Hoffnung verbunden, vor den Wahlen Fehlverhalten beschönigen zu können, indem man dort zu einer Bewertung im Zwischenbericht kommt.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie gehen anscheinend immer von sich aus!)

Nein, das ist die Erfahrung aus den Untersuchungsausschussberichten, die wir zur Kenntnis genommen haben, dass dann doch immer versucht wird, mit der entsprechenden Mehrheit, die abgebildet wird, die Fakten in eine Richtung auszulegen, die mit der Faktenlage wenig zu tun hat, aber mit der eigenen Überzeugung in Übereinstimmung steht.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Da können Sie doch Ihr Minder- heitenvotum abgeben!)

Ja, das werden wir natürlich auch machen, das ist keine Frage.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann sind doch alle Fakten da!)

Ja, wunderbar.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist das Problem?)

Die Fakten werden wir sicherlich alle darstellen, Herr Adams. Da werden wir überhaupt keine Scheu haben, das zu tun. Die Fakten kann man getrost ansprechen. Die Fakten sind auch in der Vergangenheit scheibchenweise schon immer aufgetaucht. Es ist immer etwas eingeräumt worden, wenn es dann offenkundig in der Öffentlichkeit nicht mehr zu dementieren war. Dann ist eingeräumt worden, dass man plötzlich die Amtsstellung ausgenutzt hat, um Mitarbeiter aus dem Kultusministerium anzurufen und dort zu bedrängen, einzuschüchtern, Erklärungen abzugeben oder nicht abzugeben. Es wurde sich rechtswidrig um die BLF herumlaviert – auch das ist ein Faktum, was ja schon aufgetreten ist. Die ehemalige Kultusministerin wurde dazu gedrängt, ihre ursprüngliche Auffassung fallen zu lassen und durch eine andere zu ersetzen. Dahinter steht natürlich die spannende Frage: Wer hat sie gedrängt, wer hat das gemacht? Das sind Komplexe, die noch kommen werden. Es wurde ja sogar auf den Text des Zeugnisses Einfluss ausgeübt – das ist natürlich schon eine spannende Sache.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das behauptet Ex-Mitglied Geibert!)

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich sage nachher etwas dazu, ich spreche dann!)

Abgeordneter Geibert, Sie haben das Wort, nicht Frau Astrid Rothe-Beinlich.

Ja, ich versuche, die Kollegin nur einzubeziehen, wenn sie Fragestellungen hat, die offen sind und die ich womöglich nicht sauber habe mit meinen Ausführungen erläutern können. Dann will ich das gern einbeziehen. Aber es ist doch schlichtweg ein Faktum, dass plötzlich ein Zeugnisbestandteil in diesem Zeugnis drinstand, von dem uns die Zeugen sagen, dass er wohl aus dem Bereich des Justizministeriums kommen soll. Also, da kann man ja nicht herumgehen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das behaupten Sie!)

Wenn ich jetzt höre, dass der vermeintliche Bote, der Vertraute, der in so vielen Gesprächen im Kultusministerium auftragsgemäß unterwegs war, jetzt

gerade noch unter Weglassen der Tatsache, dass er keine berufsqualifizierenden Abschlüsse hat, unter Höhergruppierung ein unbefristetes Angestelltenverhältnis im Justizministerium erhalten soll, dann bin ich überrascht. Dann ist das sicher ein Punkt, den man auch im Ausschuss noch mal wird erörtern müssen.

Warum will man sich denn diese Diskussion antun, wenn man in den Umfragen schon bei 3,7 Prozent steht? Warum will man das denn machen? Ich denke, das Ziel ist es eigentlich, Nachfragen zu verhindern. Wie sieht das denn aus mit der Ankündigung, die BLF nachzuholen? Das Zeugnis ist falsch. Antworten auf Kleine Anfragen haben ergeben, dass ein falsches Zeugnis ausgestellt wurde. Ist das denn zwischenzeitlich korrigiert? Was wusste denn Minister Hoff, was wusste der Ministerpräsident, wann war er informiert? Und ist nicht vielleicht eher so der Gedanke dahinter, dass man verhindern will, dass aus der „Affäre Lauinger“ eine „Affäre Ramelow“ wird? Eigentlich ist es das im Prinzip schon.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist echt eine Unver- schämtheit!)

Man muss sich hin und wieder auch mal der Wahrheit stellen und wird damit dann halt konfrontiert.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind rausgegangen aus dem Untersuchungsausschuss! Das kön- nen Sie ja mal beantworten!)

Ich bin nicht aus dem Untersuchungsausschuss rausgegangen, sondern unsere Fraktion hat eine andere personelle Besetzung auf ein anderes Amt vorgenommen. Also es ist relativ einfach. Entgegen der Praxis bin ich nach wie vor auch noch stellvertretendes Mitglied im Untersuchungsausschuss „Lauinger“. Also von daher denke ich, ist das nichts, was Sie da so kritisieren könnten. Aber es ist schon eine Affäre Ramelow daraus entstanden, denn ein Ministerpräsident, der sich dadurch auszeichnet, dass er bei vielen Fehlverhalten nicht handelt, ist längst in diese Affäre involviert. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, AfD)

Herr Abgeordneter Geibert, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie diesen Antrag an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz überweisen wollen?

Ja. Entschuldigen Sie, Frau Präsidentin.

Deswegen frage ich nach.