Protokoll der Sitzung vom 28.09.2018

ders erhältliche Informationen und Analysen zur Verfügung zu stellen.

Zum Zweiten ist es auch ganz wichtig, dass der Wissenschaftliche Dienst die Statusrechte der Abgeordneten flankiert. Was meint das? Das meint, dass die Abgeordneten Frage- und Informationsrechte haben – das sind die sogenannten Statusrechte – und dass Information – das weiß, glaube ich, auch jede und jeder –, natürlich Voraussetzung dafür ist, sich verantwortungsvoll, auch gewissensorientiert entscheiden zu können. Das ist die Grundlage, die für uns bindend ist als Abgeordnete. Ich möchte hier zitieren aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, da heißt es nämlich: „Für das politische Schicksal des Abgeordneten ist der Grad seiner Informiertheit von entscheidender Bedeutung. Nur wenn er über die parlamentarischen Vorhaben so umfassend wie möglich unterrichtet ist und sich deshalb auf sie einstellen kann, vermag er seine politischen Wirkungsmöglichkeiten voll auszuschöpfen.“ Wie gesagt: Zitat vom Bundesverfassungsgericht, das ist die Entscheidung 44, 308 (320).

Drittens geht es uns darum, die Gewaltenteilung – das finden wir auch sehr wichtig – zwischen Exekutive auf der einen Seite und der Legislative auf der anderen Seite zu stärken. Denn der Wissenschaftliche Dienst trägt erheblich dazu bei, dass das Parlament unter seiner formalen Hülle – wenn ich das so nennen darf – auf eine Informationsbasis zugreifen kann, um sachlich fundierte Entscheidungen treffen und auch verantworten zu können.

Viertens – das müsste eigentlich auch die CDU interessieren, geht es tatsächlich auch darum, effektive Oppositionsarbeit zu gewährleisten, denn Kontrolle findet in der Regel oder sollte jedenfalls durch die Oppositionsfraktionen stattfinden, natürlich auch durch uns als Fraktionen und von der Regierung, aber Oppositionsfraktionen sind da natürlich besonders gefordert und diese können nicht oder nur beschränkt auf die Ministerialbürokratie als Informationsquelle zugreifen. Daher sind Informationen durch den Wissenschaftlichen Dienst – gerade auch wegen ihrer parteipolitischen Neutralität, das will ich ganz deutlich sagen – von ungemeiner Bedeutung zur Wahrung der parlamentarischen Kontrollfunktion. Dabei sind Unabhängigkeit, Weisungsfreiheit und parteipolitische Neutralität bei der Erstellung von Ausarbeitungen unabdingbar, um den Statusrechten aller Abgeordneten gerecht zu werden. Das wird sicher spannend. Herr Geibert, wenn wir dann mal über den Sonderfall der fraktionslosen Abgeordneten diskutieren, das können wir dann im Ausschuss auch gern tun.

Wir sehen es so, dass ein Weisungsrecht des Landtagspräsidenten die Aufgabe nach unabhängiger Beratung erschwert und auch die Funktionalität eines Wissenschaftlichen Dienstes relativiert. Da

(Abg. Geibert)

rüber hinaus ist ein inhaltliches Weisungsrecht des Präsidenten auch schwer mit parteipolitischer Neutralität vereinbar. Aus diesem Grund haben mehrere Landesparlamente – Sie haben darauf verwiesen, aber ich will sie trotzdem benennen – wie Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, aber auch der Deutsche Bundestag Regelungen getroffen, die die Unabhängigkeit des Wissenschaftlichen Dienstes gewährleisten. Mit dem vorliegenden Änderungsantrag zur Geschäftsordnung wollen wir das auch in Thüringen gern auf den Weg bringen.

Gestatten Sie mir, dass ich jetzt zwei Gutachten heranziehe, die in gewisser Weise spannend sind und in jüngster Zeit in Auftrag gegeben wurden, weil diese unser Anliegen zur Einrichtung eines Wissenschaftlichen Dienstes für den Thüringer Landtag stützen. Das ist zum einen ein Gutachten der Regierungsfraktionen, welches sich nennt „Grenzen des Selbstorganisationsrechts des Parlaments“, der Gutachter war Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff und zum Zweiten das Gutachten der Externen Kommission zur Evaluierung der Informationsrechte der Abgeordneten des Thüringer Landtags gegenüber dem Juristischen Dienst der Thüringer Landtagsverwaltung von der sogenannten Carius-Kommission. Hier waren die Kommissionsmitglieder Prof. Herbert Landau, Dr. Richard Dewes, Prof. Dr. Wolfgang Zeh; dies liegt allen vor in der Drucksache 6/4040. Dieses Gutachten ist am 14.06.2017 vorgelegt worden.

Gestatten Sie mir, zwei Auszüge zu zitieren aus dem Gutachten der sogenannten Carius-Kommission. Da können Sie lesen auf Seite 48 – Zitat –: „Es empfiehlt sich im Hinblick auf die Funktionstüchtigkeit und -fähigkeit des Parlaments als Ganzem und seiner Gliederungen, die Ergebnisse eines sachlich weitgehend unabhängigen Wissenschaftlichen Dienstes – bevor sie Dritten außerhalb dieses Dienstes offenbar werden – allenfalls zurückhaltend zu prüfen. Nur in Ausnahmefällen, um Schaden vom Verfassungsorgan abwenden zu können, sollte durch Weisungen eingegriffen werden.“

Auf Seite 87 – wenn Sie weiterlesen –, da geht es um die Ergebnisse und Empfehlungen für den Landtag und uns als Verwaltung – Zitat –: „Im Blick auf den Wissenschaftlichen Dienst und die dort notwendigen fachwissenschaftlichen Arbeitsmethoden und Kompetenzen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung wird empfohlen, den Wissenschaftlichen Dienst, der anlassbezogen vor allem aus dem Kreis der Abteilungsleiter, Referatsleiter und Referenten gebildet wird, im Organigramm der Landtagsverwaltung gesondert – personenbezogen – auszuweisen und ihm gegenüber von Vorgaben nur zurückhaltend Gebrauch zu machen.“ Hört, hört, sehr interessant. Im sogenannten Wolff-Gutachten, welches unsere drei Fraktionen in Auftrag gegeben haben, wurde sich unter anderem

mit der Frage beschäftigt, inwieweit die Errichtung und Erarbeitung eines unabhängigen Wissenschaftlichen Dienstes in die Landtagsverwaltung durch eine Geschäftsordnung möglich oder verfassungsrechtlich zulässig sei, insbesondere mit Blick auf die von Herrn Geibert auch schon benannte besondere Stellung des Landtagspräsidenten gemäß Artikel 57 der Thüringer Verfassung. Ich will Ihnen kurz das Ergebnis zusammenfassen, zu dem das Gutachten von Prof. Wolff kommt. Die Errichtung eines Wissenschaftlichen Dienstes auf einer Geschäftsordnungsgrundlage ist nach Einschätzung des Gutachters Prof. Dr. Wolff zulässig aus vier Gründen.

Erstens: Die Einrichtung des Wissenschaftlichen Dienstes innerhalb der Parlamentsverwaltung ist in Deutschland durchaus bekannt und wird als Teil der Geschäftsautonomie der Landesparlamente und des Bundestags begriffen.

Zweitens: Zentraler Regelungsbestandteil der Geschäftsordnung ist schon lange die parlamentseigene Informationsbeschaffung. Daher ist auch der Aufbau eines Wissenschaftlichen Dienstes eine typische Erscheinung der Geschäftsordnung.

Drittens: Die Einrichtung eines Wissenschaftlichen Dienstes betrifft das Ob der Organisation; die Ausgestaltung im Einzelfall und das Wie verbleiben beim Landtagspräsidenten.

Viertens: Die Entscheidung über einen Wissenschaftlichen Dienst betrifft ersichtlich den Rahmen der Verwaltungsorganisation, innerhalb dessen die Leitungsfunktion eines Landtagspräsidenten sich noch entfalten kann.

Wir unterstützen daher ausdrücklich die Einrichtung eines unabhängigen Wissenschaftlichen Dienstes für den Thüringer Landtag und freuen uns schon sehr auf die nun anstehende Beratung im Ausschuss.

Jetzt noch zur Problematik der Geschäftsordnung in geschlechtergerechter Sprache. Ich weiß, dass es da bei einigen immer wieder Schenkelklopfen gibt, aber wir haben hier ja schon häufiger über die Frage diskutiert, was Sprache ausmacht und dass Sprache nicht nur Bewusstsein schafft, sondern natürlich auch Ausdruck von Machtverhältnissen ist. Gendern, auch wenn Sie es ungern hören, liebe Frau Tasch, ist ein politisches Statement für Geschlechtergerechtigkeit. Sprache beeinflusst das Denken, das ist uns auch allen bewusst. Wird nämlich lediglich das generische Maskulinum wie „der Verbraucher“ verwendet, kommt es nur zu einer geringen gedanklichen Einbeziehung von Frauen. Diese Art von Mitmeinen sind wir jedenfalls schon lange leid. Es geht also auch darum, Frauen in der Sprache sichtbar zu machen und ihnen so zu angemessener Repräsentanz, auch in der verbalen Kommunikation zu verhelfen. Und dass geschlechtergerechte Sprache schon lange akzeptiert wird,

belegen auch viele Untersuchungen, ich will die hier gar nicht alle benennen.

Warum wir Gesetzesgrundlagen in Thüringen und auch auf Bundesebene sehen, warum wir meinen, dies auch in der Geschäftsordnung verankern zu wollen, will ich Ihnen ebenfalls begründen. Da gibt es zum einen das Gesetz zur Novellierung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes und zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung vom 6. März 2013, da findet sich ein Paragraf zu Sprache und da heißt es in § 28 – ich zitiere –: „Behörden und Dienststellen haben bei Erlass von Rechtsvorschriften, Verwaltungsvorschriften, bei der Gestaltung von Vordrucken, in amtlichen Schreiben und bei Stellenausschreibungen so weit wie möglich geschlechtsneutrale Bezeichnungen zu wählen.“ Das ist also keine neue Erfindung von uns. In der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, auch auf diese möchte ich gern noch kurz verweisen, heißt es in § 42, Gesetzesvorlagen der Bundesregierung: „Gesetzentwürfe müssen sprachlich richtig und möglichst für jedermann verständlich gefasst sein. Gesetzentwürfe sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen.“

Die Thüringer Landesregierung befürwortet und unterstützt ausdrücklich die Verwendung der geschlechtergerechten Sprache. Sie können das in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stange in der Drucksache 6/5882 nachlesen. Da geht es um geschlechtergerechte Bezeichnungen in Formularen und Vordrucken in Thüringen und da antwortet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, dass die Landesregierung die Verwendung geschlechtergerechter Personenbezeichnungen mit Nachdruck befürwortet und unterstützt. Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss.

Als nächster Redner hat Kollege Blechschmidt von der Fraktion Die Linke das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedanke mich ausdrücklich bei beiden Vorrednern für die Ausführlichkeit, deshalb ist es mir leicht gemacht, relativ kurz auf eigentlich zwei Argumente oder zwei Gedanken noch mal einzugehen. Das erste: Der vorliegende Antrag basiert unter anderem auf einer Diskussion, die wir schon im Jahre 2016 zur ersten Geschäftsordnungsänderung in der PGF-Runde bzw. in der Arbeitsgruppe Geschäftsordnung diskutiert haben. Damals noch mit Blick, dass wir das eigentlich gemeinsam mit der CDU angestrebt haben. Leider hat die CDU das aus den verschiedenen Gründen, die wir jetzt auch gehört

haben, nicht ganz durchgehalten. Demzufolge nur noch mal der Verweis: Es ist schon ein längerer Diskussionsprozess zu dieser Form „Wissenschaftlicher Dienst“. Es sind auch die Gutachten bzw. Stellungnahmen gegen diese Form des wissenschaftlichen Dienstes genannt worden. Die beiden Gutachter, die dafür sind – Prof. Wolff der Uni Bayreuth ist genannt worden, ich möchte auch Frau Prof. von Achenbach von der Universität Gießen hier noch mal benennen –, führen sehr detailliert aus, warum die Aufnahme der Regelungen zum wissenschaftlichen Dienst – darauf ist die Kollegin Rothe-Beinlich jetzt noch einmal eingegangen – sein kann und nicht gegen den Artikel 57 der Verfassung verstößt. Auch, und so wird betont, ein Landtagspräsident ist zugleich Abgeordneter, denn nur als Abgeordneter kann man dieses Amt übernehmen. Damit ist aber auch bei der Auslegung des Artikels 57 das ebenfalls in der Verfassung verankerte Prinzip der Gleichheit des Mandats aller Abgeordneten zu beachten und zur Geltung zu bringen. Der Landtagspräsident ist zwar mit speziellen Aufgaben betraut, aber nicht im Sinne einer hierarchischen, übergeordneten Stellung, sondern als Erster unter Gleichen, also Primus inter Pares. Ausgehend von der Gleichheit der Mandate aller Abgeordneten ist die Landtagsverwaltung „im Binnenverhältnis“ Serviceleisterin für alle Abgeordneten und alle Gremien des Landtags gleichermaßen und ohne Unterschiede. Das heißt dann konsequenterweise aber auch – so die Gutachter weiter –: Der Landtag als Gesamtgremium darf in seiner Geschäftsordnung auch Regelungen zur grundsätzlichen Ausgestaltung der Struktur der Arbeitsweise der Landtagsverwaltung treffen, vor allem, wenn dies der Klärung und der Verbesserung der eigenen Arbeitsabläufe, das heißt auch der Gremienarbeit und der Arbeit der einzelnen Abgeordneten, dient. In dem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, freue ich mich sehr auf die intensive, gegebenenfalls verfassungsrechtliche Diskussion im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten? Die Landesregierung wird sich dazu nicht äußern, da es sich um eine Angelegenheit des Parlamentes handelt. So kommen wir zur Abstimmung.

Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragt. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind, soweit ich sehe, alle. Ich frage trotzdem noch mal nach. Gegenstimmen? Keine. Enthaltungen? Auch nicht. Dann haben wir einstimmig die Überweisung be

(Abg. Rothe-Beinlich)

schlossen und können auch diesen Tagesordnungspunkt damit schließen.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 14

Weitere Umsetzung einer zeitgemäßen, an der Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderungen orientierten Inklusions- und Teilhabepolitik Beschluss des Landtags in Drucksache 6/4879 hier: Nummer V.2 dazu: Antrag der Landesregierung auf Beschlussfassung durch den Landtag - Drucksache 6/6119 Neufassung

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Frau Ministerin Werner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, am 13. Dezember 2006 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Diese UN-Behindertenrechtskonvention setzt sich intensiv mit der Schaffung von Bedingungen zur Gleichstellung und Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auseinander. Ziel ist eine umfassende Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Um dieser Zielstellung auch in Thüringen näherzukommen, wurde zwischen 2010 und 2012 ein Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention unter umfassender Beteiligung der Zivilgesellschaft erarbeitet und am 24. April 2012 vom Kabinett verabschiedet. Der Maßnahmenplan diente in den vergangenen Jahren als Richtschnur der Politik für Menschen mit Behinderungen im Freistaat Thüringen.

Da sich gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingen ändern sowie neue Anforderungen zu berücksichtigen sind, wurde es notwendig, den Maßnahmenplan gemeinsam mit der Zivilgesellschaft weiterzuentwickeln. Vor Beginn des umfangreichen Fortschreibungsprozesses wurde der Maßnahmenplan auf Forderung des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie von dem renommierten Deutschen Institut für Menschenrechte als Experten auf dem Gebiet der Menschenrechte evaluiert. Die vorgelegten Ergebnisse lieferten wichtige Impulse für die darauffolgende Fortschreibung des Prozesses.

Der Fortschreibungsprozess selbst wurde im Rahmen einer öffentlichen Fachkonferenz am 23. November 2016 offiziell eröffnet. In neun thematisch gegliederten Arbeitsgruppen hat sich die Zivilgesellschaft in den darauffolgenden zwölf Monaten umfassend in den Prozess eingebracht und ganz wesentlich die neuen Inhalte mitbestimmt. An dieser Stelle zeigt sich noch mal sehr deutlich, dass ganz nach dem Motto „Nicht ohne uns über uns!“ Menschen mit Behinderung am besten beurteilen können, welche Maßnahmen ihre Lebens- und Teilhabesituation verbessern.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte deshalb für das in das Verfahren eingebrachte Engagement, insbesondere den Selbstvertretungen der Menschen mit Behinderung, aber natürlich auch den übrigen Beteiligten sehr herzlich danken.

(Beifall SPD)

Nach einer strukturellen und sprachlichen Aufbereitung der erarbeiteten Inhalte wurde die Ressortabstimmung im Juni 2018 eingeleitet und erfolgreich durchgeführt. Am 14. August 2018 hat das Kabinett den Maßnahmenplan zur Kenntnis genommen und einer Weiterleitung an den Thüringer Landtag zur dortigen Beschlussfassung zugestimmt.

Mit dieser Vorgehensweise wird der Version 2.0 des Thüringer Maßnahmenplans ein noch größeres Gewicht als Handlungsleitfaden der Landesregierung für die nächsten Jahre im Reich der Politik für Menschen mit Behinderung verliehen. Unter Bewertung des durchgeführten Prozesses kann man resümieren, dass zum einen zwei Jahre intensive Arbeit hinter uns liegen, dass viel Kraft, Energie und Zeit investiert wurde und dass es sich vor allem gelohnt hat, denn die teilweise langen Aushandlungsprozesse und das Ringen mit den Beteiligen waren erfolgreich.

In der vorliegenden Version 2.0 des Maßnahmenplans konnten sehr viele Vorschläge der Zivilgesellschaft aufgenommen werden. Neben einer kurzen Analyse des aktuellen Sachstands, die den einzelnen Handlungsfeldern vorangestellt ist, enthält diese insgesamt 130 sehr konkret formulierten Maßnahmen.

Lassen Sie mich beispielsweise und auch nur auszugsweise auf zwei der neuen Handlungsfelder eingehen.

Zunächst das Handlungsfeld II, Arbeit und Beschäftigung: Der Teilhabe aller Menschen am Erwerbsleben kommt eine besondere Bedeutung für die Selbstbestimmung der Lebensführung sowie der Teilhabe an der Gesellschaft zu. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am allgemeinen Arbeitsmarkt ist deswegen eines der Kernziele der Landesregierung auf dem Weg hin zu einer inklusi

(Vizepräsidentin Marx)

ven Gesellschaft. Menschen mit und ohne Behinderung sollen nicht nur zusammen aufwachsen und lernen, sondern im Anschluss auch gemeinsam, gleichberechtigt und diskriminierungsfrei in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig sein. Die Landesregierung wird sich weiter dafür einsetzen, jene Strukturen zu schaffen, die diesen Weg ermöglichen. Die Umsetzung dieses gesellschaftlichen Wandels ist jedoch nur möglich, wenn die soziale Verantwortung von Arbeitgebenden mitgetragen wird und diese die Chance einer Beschäftigung von Menschen mit Behinderung erkennen und bestehende Berührungsängste und Ressentiments abbauen. Der öffentliche Dienst übernimmt dabei eine besondere Vorbildfunktion für die Privatwirtschaft und wird sich für eine weitere eigenverpflichtende Erhöhung der Beschäftigungsquote auf 7,5 Prozent und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Mitwirkung und Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung einsetzen.

Die Landesregierung wird gemeinsam mit weiteren Akteurinnen und Akteuren aus den Bereichen Arbeit und Soziales geeignete Maßnahmen und Strukturen bereitstellen, um die Personalverantwortlichen in Unternehmen für die Potenziale von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren und individuelle Unterstützungsbedarfe bei der Beschäftigung zu sichern.

Lassen Sie mich ein weiteres Handlungsfeld nennen, das Handlungsfeld „Kommunikation und Information“. Menschen mit Behinderungen sollen am gesellschaftlichen Leben, das zu nicht unerheblichen Teilen über verschiedene Medien transportiert wird, gleichberechtigt partizipieren, also teilhaben können.

Das Schwerpunktziel der Landesregierung besteht deshalb in der Forcierung einer umfassenden Barrierefreiheit, insbesondere im IT-Bereich. Dies umfasst unter anderem die sukzessive Herstellung von Barrierefreiheit aller Internet- und Intranetangebote der Landesregierung. Weiterhin soll die Anzahl der Veröffentlichungen in leichter Sprache erhöht werden, um Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen einen umfassenden Zugang zu Informationen zu ermöglichen. So weit also Ausschnitte inhaltlicher Art.

Lassen Sie mich kurz etwas zu dem neuen methodischen Ansatz der Erarbeitung und der Umsetzung des Maßnahmenplans sagen. Wir haben insbesondere bei der Erarbeitung des Maßnahmenplans den Ko-Vorsitz durch Menschen aus der Zivilgesellschaft besetzt. Das hat das Ziel, der Verwaltung hier jemanden zur Seite zu stellen und darauf zu achten, dass keine Missverständnisse entstehen im Prozess der Erarbeitung und keine Maßnahmen sozusagen hinten runterfallen.

Zum Zweiten haben wir uns dazu entschlossen, die Maßnahmen – und das war eine Anregung des

Deutschen Instituts für Menschenrechte – abrechenbarer zu gestalten, also ganz genau den Inhalt der Maßnahme darzustellen, aber auch, wer ist dafür verantwortlich und in welchem Zeitplan soll diese Maßnahme erfüllt werden.

Und wir werden diesen Prozess des Maßnahmenplans dynamisch begleiten, das heißt, es wird nicht alle vier oder fünf Jahre evaluiert, sondern die Arbeitsgruppen werden mindestens zweimal im Jahr tagen, um tatsächlich gemeinsam darauf zu schauen: Wurden Maßnahmen umgesetzt, aus welchen Gründen vielleicht nicht, muss man hier an der Stelle noch mal nacharbeiten.