Wir als Politiker stehen in der Pflicht, dieses Recht auf der bundespolitischen Bühne einzuklagen und den Interessen der Ostdeutschen aus dieser Perspektive Gehör und Geltung zu verschaffen.
Wir müssen ernüchtert feststellen, dass die Forderungen an den Bund, die ich hier an gleicher Stelle wiederholt erhoben habe, nach wie vor aktuell sind. Die Bundesregierung unter Führung von Bundeskanzlerin Merkel und permanenter Obstruktion der CSU hat in den zurückliegenden Monaten wenig Vertrauen in die staatliche Handlungsfähigkeit geschaffen, aber leider viel zerschlagen. Es ist deshalb leider notwendig, den Bund erneut an seine politischen Pflichten zu erinnern.
ne Rentenangleichung und die Schließung der Rentenlücken sowie die Beseitigung von Rentenungerechtigkeiten.
Es macht mich schier wahnsinnig, wenn ich an die Geschiedenen denke. Die geschiedenen Rentner als Problem zu erkennen und nicht zu lösen, halte ich für einen unglaublichen Vorgang.
Die mithelfenden Ehefrauen in den DDR-Betrieben, in den selbstständigen Handwerksbetrieben, deren Anteil an der Rente bis heute gestrichen ist –
Und ich kann an dieser Stelle sagen, es ist parteipolitisch völlig egal, wer hier vorne steht. Dasselbe haben Christine Lieberknecht, Dieter Althaus und Bernhard Vogel auch gesagt. Ich habe auch Ähnliches von Frau Bundeskanzlerin Merkel gehört. Mir fehlt nur eins: der Weg, wie diese strukturelle Benachteiligung und Ungleichbehandlung endlich gelöst werden – denn die Menschen warten darauf.
Ein Thema, das wir als Ministerpräsidenten der neuen Länder alle gemeinsam immer wieder thematisieren: zusätzliche Behördenstandorte in Ostdeutschland. Da geht es nicht darum, dass wir irgendwas erfunden haben möchten, dass man in die neuen Länder legt. Es geht darum, das steht im Einigungsvertrag: Wenn die Bundesrepublik Deutschland neue Behörden entwickelt, sind sie so lange in die neuen Länder zu legen, bis der Durchschnitt aller Länder erreicht ist. Das ist doch einfach nachzuvollziehen. Trotzdem haben wir es jetzt jahrelang wieder erlebt. Es sind neue Institutionen gekommen – deutsche und europäische – und es war wie selbstverständlich zuerst der Westen dran. Da sage ich: So darf man mit dem Einigungsvertrag nicht umgehen.
Ich will es wiederholen: Wir erwarten auch Kompensationen für die Thüringer Belastung durch umweltpolitische Altlasten – Kali lässt grüßen – sowie die Entlastung bei den Energiekosten. Auch das ist ein gemeinsames Thema der Ministerpräsidenten aller neuen Länder – unabhängig vom Parteibuch. Die Energiekosten im Osten sind zu hoch. Sie sind künstlich zu hoch, sie sind politisch künstlich zu hoch. Wir erwarten einfach, dass der Standortnachteil durch gleiche Strom- und Energiekosten in ganz Deutschland endlich abgebaut wird. Ich bin froh, dass es jetzt eingeleitet worden ist. Aber wie lange
Und nicht zuletzt: Die Förderung strukturschwacher Regionen mit Bundes- und EU-Mitteln muss langfristig fortgeführt werden. Ostdeutschland darf nicht die Quittung für den Brexit präsentiert werden, gerade jetzt, wo selbst ein harter Brexit mit unübersehbaren Folgen nicht mehr ausgeschlossen werden kann. An dem Beispiel ein konkreter Hinweis auf unsere Landwirtschaft. Der Durchschnitt aller Landwirtschaftsbetriebe in Deutschland ist 80 Hektar. Würden wir eine Kappung bei der Durchschnittsgröße deutscher Landwirtschaftsbetriebe kriegen, wären alle ostdeutschen Betriebe damit strukturell und finanziell massiv benachteiligt und unsere Dörfer würden einen schweren Schlag erleben.
Es hat mich viel Kraft gekostet, das meinen Kollegen im Westen zu erklären, unabhängig vom Parteibuch. Es war große Verblüffung, dass es doch einen so signifikanten Unterschied gibt. Aber der Unterschied muss die Grundlage gemeinsamer EUPolitik sein und da darf man nicht einfach die neuen Länder einer statistischen Gleichmacherei opfern.
Der Thüringen-Monitor enthält viele interessante Zahlen. Zwei davon sollten auf jeden Fall Eingang in unser politisches Denken und Handeln finden: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Auffassung, dass unser Freistaat den Vergleich mit westdeutschen Ländern nicht zu scheuen braucht. Und über 40 Prozent sind der Meinung, Thüringen steht wirtschaftlich besser da als die anderen ostdeutschen Bundesländer. Das kann uns doch stolz sein lassen. Ich habe mich über beide Werte sehr gefreut, weil sie Selbstbewusstsein vieler Bürgerinnen und Bürger dokumentieren, vielleicht sogar ein wenig Stolz. Ich möchte erreichen, dass genau das so bleibt. Die ökonomischen Voraussetzungen sind vorhanden, die individuellen und kollektiven Fähigkeiten der Thüringer auch. Was noch fehlt, ist die Bereitschaft, den Stolz auf das Erreichte verstärkt – und ich sage auch: laut – nach außen zu tragen, also sich nicht rechtfertigen zu sollen oder wollen, sondern umgekehrt zu sagen, was wir mit einbringen und was alles aus Thüringen heute kommt und nicht nur, was historisch aus Thüringen gekommen ist.
Ich habe oftmals den Eindruck, da sind wir insgesamt viel zu bescheiden. Ich blicke immer wieder in zuerst staunende, dann anerkennende Gesichter, wenn ich im In- und Ausland erkläre, dass Thüringen viel mehr ist als Bratwurst und Kloß. Aber das Werben für und das Neugierigmachen auf unser Land ist nicht alleinige Aufgabe des Ministerpräsidenten, es sollte unser aller Anliegen sein, dass wir Menschen neugierig machen auf Thüringen.
Ja, wir haben 60 Unternehmen, die in ihrem Bereich Weltmarktführer sind. Wir müssen es der Welt aber auch mitteilen. Wir müssen es aber auch unseren Menschen mitteilen.
Wir sind industriell sehr breit aufgestellt und das macht uns stark. Die Metallbranche, die Elektrotechnik, die Optik, der Kraftwagen- und Kfz-TeileBereich sowie das Ernährungsgewerbe als die großen Thüringer Industriebranchen haben jeweils einen Anteil am Gesamtumsatz zwischen 12 und 17 Prozent. Deshalb können uns Krisen einzelner Branchen nicht so sehr treffen wie andere Regionen, die in der Regel von einer Sparte abhängig sind.
Unser Mittelstand schreibt Erfolgsgeschichten. Ich darf Ihnen einige wenige Beispiele nennen: Dem Biotechunternehmen InflaRx gelang 2017 der Börsengang an die NASDAQ und kürzlich eine weitere Finanzierungsrunde. Das Thüringer Biotech-Unternehmen InflaRx hat erfolgreich seinen Börsengang an der US-Technologie-Börse NASDAQ durchgeführt und dabei rund 100 Millionen Dollar eingeworben, die nach Thüringen fließen – nach Jena. Das Geld soll in Forschung, Studien und die Zulassung von Wirkstoffen investiert werden. InflaRx wurde 2007 gegründet und hat sich auf Therapien zur Regulierung des Komplementsystems spezialisiert.
Oder: Die Bildbearbeitungssoftware der Fayteq AG war so interessant, dass Fayteq von Facebook schlicht gekauft wurde. Der US-amerikanische Internetkonzern Facebook hat das deutsche StartupUnternehmen Fayteq gekauft. Die Erfurter entwickeln eine Software, mit der Inhalte in Videos integriert oder entfernt werden können. Das soll auch in Live-Videos funktionieren. Und sie ermöglicht, das Material zu verändern und beispielsweise Werbung einzubauen. Das muss für uns als Endnutzer nicht das Schönste sein, aber es macht doch deutlich, wie interessant unsere Firmen sind.
Das Optikunternehmen asphericon GmbH war ursprünglich eine Ausgründung aus der Universität Jena, ist überwiegend auf internationalen Märkten aktiv und hat heute über 150 Mitarbeiter. Asphericon gehört zu den Technologieführern auf dem Gebiet der Asphärenherstellung. Fertigungsgrundlage ist eine selbst entwickelte und patentierte Technologie zur Steuerung von CNC-Schleif- und Poliermaschinen. Mit dieser weltweit einzigartigen Ausstattung lassen sich kleine Stückzahlen bis hin zu Großserien in hoher Genauigkeit produzieren.
Das Unternehmen Häcker Automation GmbH feierte im Jahr 2015 sein 20-jähriges Firmenjubiläum und war bereits für den Thüringer Innovationspreis nominiert. Seit mehr als 20 Jahren steht der Name „Häcker Automation“ für zukunftsträchtige Lösungen in der Mikrosystemtechnik. Das familiengeführte Unternehmen agiert weltweit in den Bereichen
Ich hatte vor wenigen Wochen Gelegenheit, die QUNDIS GmbH an ihrem Standort in Erfurt zu besuchen. QUNDIS hat sich auf die Erfassung und Auswertung von Daten des Wasser- und Wärmeverbrauchs spezialisiert, eine Thematik, die jeder Bürger kennt. QUNDIS trägt mit seiner Technologie zur Ressourceneinsparung bei und ist damit – wie viele andere Thüringer Unternehmen auch – im Zukunftsthema „Energie“ engagiert. Das Unternehmen investiert stark in Forschung und Entwicklung, unterhält eine eigene Entwicklungsabteilung und hat sich dadurch international eine hervorragende Marktposition erarbeitet. Der Hauptsitz der QUNDIS GmbH, die ihre Wurzeln in Ost- und Westdeutschland hat, wurde 2009 in Erfurt etabliert, sodass die Wertschöpfung für diesen Betrieb wenigstens bei uns im Freistaat stattfindet.
Diese Liste lässt sich endlos fortsetzen, aber ich denke, es ist deutlich geworden, dass die Thüringer Wirtschaft innovationsfreudig, kreativ und durchsetzungsstark ist. Dafür gebührt der Unternehmerschaft unseres Landes Dank und Respekt.
Eine Bemerkung in dem Zusammenhang: Ich war vor einigen Wochen in den Niederlanden zu Gast und war bei der Firma ASML. ASML ist die Firma, die 85 Prozent aller Chipfabriken der Welt baut, also nicht nur Weltmarktführer, sondern der Technologieführer in diesem Bereich. Als ich in den Showroom der Firma ASML kam, waren wir alle bass erstaunt, denn die entscheidende Formel in dem Showroom ist die Ernst-Abbe-Formel aus Jena. Auf die Frage, wie die Lieferbedingungen und Lieferverflechtungen sind, bekam ich die Antwort, dass 100 Thüringer Firmen Zulieferer für ASML sind. Und die entscheidende Technologie dieser Chipfabriken der Welt kommt aus Jena, von Jenoptik und von Carl Zeiss. Das ist etwas, bei dem ich mir wünschen würde, dass unsere Menschen es auch lesen könnten, dass sie es auch hören würden, dass auch Medien darüber mal berichten, welche Firmen wir alle bei uns am Start haben, die jeden Tag auf den Weltmärkten bestehen und den Kampf für unser Land auch führen. Schade, dass keiner Zeit hatte außer der „Südthüringer“ und „Freies Wort“ Redakteure mitzuschicken, um sich so was selber anzugucken. Es geht da weniger um den Ministerpräsidenten als um die Firmen und den Respekt vor den Firmen und der Leistung dieser Firmen.
Wir können auch auf viele andere Bereiche unseres Landes mit großem Selbstbewusstsein blicken. Die Thüringer Schüler belegen Jahr für Jahr in allen Bildungsrankings vorderste Plätze. Unsere Hochschulen haben einen ausgezeichneten Ruf. So hat die Friedrich-Schiller-Universität Jena mit dem erfolgreichen Exzellenzcluster-Antrag einen großen
Thüringen gehört mit seinen Theatern, Burgen, Residenzen und Museen zu den kulturell attraktivsten Bundesländern. Die neue ICE-Trasse lässt unser Land zu einem Hotspot für Kongresse und Veranstaltungen werden, mit sehr guten Aussichten für die Entwicklung des Hotel- und Gastgewerbes. Die für unseren Freistaat so eminent wichtige Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Verbindung, die diese Landesregierung auf den Weg gebracht hat, schlägt zu Buche mit – und hier sagt mein Redemanuskript noch 350 Millionen Euro und es stimmt schon nicht mehr, es ist jetzt auf 480 Millionen Euro aufgestockt worden. Und die Strecke ist durchelektrifiziert in der Planung bis Leinefelde, sodass auch die Querung nach Norddeutschland gleich mit in die Planung geht.
Ich rede gerade gemeinsam mit dem Kollegen Kretschmer in Sachsen und dem Kollegen Haseloff in Sachsen-Anhalt darüber, dass wir diesen Weg mitteldeutsch gemeinsam weiter gehen müssen. Die Bahnlinien dürfen nicht an den Rändern unseres Bundeslandes dann auf einmal wieder auf Analogverkehr reduziert werden.
Die Carl Zeiss AG investiert 300 Millionen Euro in die Zukunft des Standorts Jena. Die Ansiedlung von CATL am Erfurter Kreuz ist die wohl bedeutendste Investitionsentscheidung der letzten zehn Jahre und stellt eine industriepolitische Weichenstellung mit enormer Langzeitwirkung dar. Ein chinesischer Produzent, der seine Technologie mitbringt, sein Investment mitbringt, nach Thüringen kommt, auf den europäischen Markt zum allerersten Mal geht. Und die entscheidenden Komponenten – nicht nur die Begleitung von Wolfgang Tiefensee und der LEG und all denen, die sich da engagiert haben – sind in Hermsdorf, im Fraunhofer Institut in Hermsdorf, weil da die entscheidenden Forschungskompetenzen liegen, die die Chinesen überzeugt haben. Also Thüringen nicht nur als Anbieter, der über Geld darüber entscheidet, ob man kommt, sondern der über Qualität und Know-how entscheidet, auch bei einem der großen Investoren.
Oberhof hat vor Kurzem den Zuschlag für die Biathlon-WM 2023 erhalten und wir sind zuversichtlich und arbeiten daran, dass wir auch die Rodel-WM austragen dürfen. Die österreichische Mayer-HotelGruppe wird hier in den kommenden Jahren für 50 Millionen Euro ein großartiges Familienhotel bauen. Das alles kommt nicht von ungefähr. Sportstätten, hervorragende Athleten und ein so fachkundiges, begeisterungsfähiges Publikum bildeten die Voraussetzungen für diesen großen Erfolg.
Natürlich ist bei uns auch nicht alles Gold, was glänzt. Es gibt Rückschläge und Ungewissheiten, die uns Sorge bereiten. Opel, die Folgen des Brexit, der Fachkräftemangel, die Zukunft der Pflege, um nur einige Bereiche zu nennen. Wir dürfen Defizite und Probleme nicht verschweigen, das hat die Landesregierung jedenfalls noch nie getan. Aber wir dürfen und wollen uns über die vielen positiven Entwicklungen unseres Landes aufrichtig freuen und wir sollten – das sage ich mit Bewusstsein – dem Rest der Republik das auch mitteilen und sie daran teilhaben lassen, an unserer Freude. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Das Erreichte verdanken wir in allererster Linie dem Fleiß, dem Mut und der Innovationskraft der Thüringerinnen und Thüringer.
Die Politik hat die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen die vorhandenen Potenziale gehoben werden können. Hierzu haben alle Landesregierungen, die jetzige wie auch die Vorgängerregierungen, jeweils ihren Beitrag geleistet. Natürlich haben wir auch Fehler gemacht, haben Entwicklungen falsch eingeschätzt, unsere Politik nicht immer richtig vermitteln können. Aber das Positive in der Entwicklung überwiegt und es macht mich stolz, diese Entwicklung als Ministerpräsident begleiten und ein Stück weit weiterhin mitgestalten zu können. Ich habe allerdings einen Wunsch an die Opposition in diesem Haus: Es ist selbstverständlich ihr gutes Recht, die Arbeit der Regierung zu kritisieren. Aber es gibt auf der anderen Seite auch keine Pflicht, jedes Mal reflexartig Nein zu sagen, wenn ein Lösungsvorschlag oder eine neue Idee auf den Tisch kommt, nur weil sie nicht von Ihnen selbst kommt. Lassen Sie uns alle Ideen und Vorschläge gemeinsam prüfen, werten und dann auch umsetzen, wenn sie dazu dienen, unser Land voranzubringen. Oder wie sagte es Bernhard Vogel? Zuerst das Land, dann die Partei.
Die Zufriedenheit der Thüringer mit ihrer Heimat ist kein abstraktes Gefühl, sie speist sich aus konkreten Lebensumständen.
Der Thüringen-Monitor hat detailliert nachgefragt und die Antworten lohnen einer genaueren Betrachtung. Zufrieden sind in ihrer Umgebung mit den Bildungsangeboten 67 Prozent, den Freizeit- und Kulturangeboten 62 Prozent, den Umweltbedingungen 81 Prozent, den Lebensbedingungen allgemein, wie schon erwähnt, 90 Prozent. Mit deutlicher Mehrheit zufrieden oder gar sehr zufrieden sind die Thüringer in ihrer konkreten Wohngegend mit den Einkaufsmöglichkeiten, der Ärzteversorgung, den Pflegeeinrichtungen, der Erreichbarkeit von Behörden, der Kinderbetreuung und dem Internetzugang.
5.000 Einwohner wünschen sich bessere Teilhabemöglichkeiten und Anbindung. Daran werden wir hart weiterarbeiten.
Ein Befragungsergebnis scheint mir wirklich bemerkenswert angesichts vieler und nahezu täglich verbreiteter Schreckensmeldungen. Deutliche 85 Prozent äußern sich zufrieden mit der öffentlichen Sicherheit in ihrer Wohngegend, davon 33 Prozent sogar sehr zufrieden. Die übergroße Mehrheit fühlt sich in ihrem Alltag von Kriminalität nicht bedroht. Das ist, ich sage es gern, ein großes Kompliment des Souveräns, also unseres Volkes, an die Arbeit von Polizei und Justiz in unserem Land. Und ich schließe mich diesem Kompliment mit voller Überzeugung an.