Hier darüber zu debattieren, wie sie jahrelang in irgendeinem Status bleiben und dann mit Sachleistungen abgespeist werden, hilft in der Tat überhaupt nicht weiter. Und deswegen: Der Blick vor Ort in die Verwaltungen hilft. Eine Wahlmöglichkeit, wie sie das Gesetz vorsieht, ist der richtige Weg.
Was Sie in Ihrem zweiten Punkt noch suggerieren, dass man das Ganze nur auf 48 Monate ausdehnen muss, weil das alles total schlimm ist und dann
keiner mehr nach Deutschland kommt – ein Blick in die Realität hilft auch da. Denn Sie suggerieren ja, dass die Leistungen der Asylbewerber nach Asylbewerberleistungsgesetz signifikant geringer sind als die derjenigen, die dann nach 15 Monaten die Leistungen bekommen. Das ist nicht der Fall! Ich kann Ihnen nur empfehlen, mal den Unterschied zwischen „Leistungen für Asylbewerber im Verfahren“ und „Anerkannte“ zu googeln, dann sehen Sie, dass es keine Unterschiede von 10.000 Euro pro Monat sind pro Person, sondern wenige Euro.
Ich übertreibe gar nicht. Ich versuche hier noch mal das klarzustellen, was Sie suggerieren. Denn mit Ihrem Antrag versuchen Sie das Zerrbild aufzubauen: Bei Brot und Wasser in Deutschland kommt keiner mehr zu uns. Dass dies gar nicht umzusetzen ist, wissen Sie selbst. Denn für so intelligent halte ich Sie alle, jeden, der hier in diesem Parlament sitzt. Sie wissen alle selbst, dass das nicht umzusetzen ist.
Das mag propagandistisch vielleicht ganz toll klingen: Wir streichen die Leistungen jetzt und dann kommt keiner mehr. – Das wird nicht der Fall sein. Es gibt Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die uns in der Leistungsgewährung deutliche Maßstäbe setzen. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren,
denn die Begründung, eine Sogwirkung zu verringern, wenn wir das nicht von 15 Monaten auf 48 Monate ausdehnen, ist einfach Unsinn. Das ist einfach Unsinn!
Und deshalb kann ich nur noch mal dafür werben, zielführender als das, was wir hier an dieser Symptomdokterei mit falschen Grundlagen versuchen, aufseiten der AfD-Fraktion: Helfen Sie der Bundesregierung, helfen Sie der CDU-Fraktion, die Beschleunigung der Verfahren voranzutreiben. Helfen Sie, Leistungsgewährung restriktiv, aber mit Augenmaß zu betreiben. Und helfen Sie mit bei der Umsetzung des Asylpakets II im Bundesrat. Sie tragen ja keine Verantwortung in irgendeinem Landesparlament, aber Sie können dennoch unsere Forderung danach immer wieder mit unterstützen, denn das Asylpaket II, was die meisten ja schon wieder verdrängt haben, hängt immer noch im Bundesrat, unter anderem auch blockiert von Thüringen.
Da können wir nur noch mal ganz deutlich sagen: Geben Sie diese Blockade auf, denn das Asylpaket II hilft uns in Deutschland, diese Maßnahmen entsprechend besser umzusetzen, und helfen Sie uns dabei, zügige Rückführungen für die Menschen umzusetzen, die hier keine Anerkennung und keinen Schutzstatus bekommen. Das wären Maßnahmen, die uns weiterbringen. Ein Herumdoktern auf falschen Grundlagen, mit falschen Argumenten in der Form der Leistungsgewährung hilft uns in keinem Fall, deswegen werden wir den AfD-Antrag auch ablehnen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin zunächst einmal dem Abgeordneten Herrgott für seinen überwiegend sehr sachlichen Beitrag in dieser Frage dankbar, auch wenn wir eine andere Auffassung zum letzten Thema haben, das Sie hier angesprochen hatten. Nichtsdestotrotz sind wir uns, glaube ich, einig, dass vor uns einmal mehr ein rechtspopulistischer Antrag der AfD zum Thema „Asyl“ liegt, und das ist auch wenig überraschend. Diesmal fordert die AfD, dass geflüchtete Asylsuchende keine Geldleistungen mehr erhalten, sondern nur noch Sachleistungen.
Wenn Sie sich ein bisschen mit der Geschichte vertraut gemacht hätten, wüssten Sie, dass es das schon einmal gab und das aus guten Gründen abgeschafft wurde. Auch in Thüringen übrigens wurden über Jahre sogenannte – ich sage es bewusst in Anführungszeichen – „Fresspakete“ und ausschließlich Kundenkontoblätter ausgegeben. Das ist abgeschafft worden, und zwar aus vielen Gründen, und die werde ich Ihnen auch gleich darlegen.
Auslöser des Antrags ist ganz offenkundig die Autosuggestion und die Erzählung der AfD, dass Asylsuchende – Zitat – „bereitwillig“ aufgrund der – Zitat – „erheblichen Anziehungskraft“ der in Deutschland gewährten Sozialleistungen zu uns kommen.
Richtig zitiert – ja, aber mit der Realität hat es leider nichts zu tun, denn Ihr Antrag blendet völlig aus,
dass die Menschen hauptsächlich vor Krieg, vor Verfolgung, vor Diskriminierung, manche auch tatsächlich vor existenzbedrohender Armut fliehen und Schutz in Thüringen suchen. So kamen im Jahr 2015 drei Viertel der geflüchteten Menschen aus Kriegsgebieten wie aus Syrien, dem Irak oder aus Afghanistan. Aber es geht den Rechtspopulisten ja bekanntlich nicht um Fakten, es geht stattdessen einzig und allein darum, Vorurteile zu bedienen und Ressentiments gegenüber Asylsuchenden und gegenüber einer verantwortlichen Asylpolitik zu schüren. Ich habe vorhin den Zwischenruf gemacht: „Unter Millionen machen Sie es ja nicht“, weil Sie gleich von Millionenverarmung der deutschen Bevölkerung gesprochen haben. Das sind Schreckensbilder, die glücklicherweise wahrlich gar nichts mit der Realität zu tun haben.
Ich glaube, das muss auch immer wieder klargestellt werden, weil Sie tatsächlich Bilder bemühen, die schlicht nicht redlich sind, weil Sie Zustände bemühen, die so nicht sind. Das muss auch hier ganz deutlich gesagt werden.
Es geht stattdessen darum, wie gesagt, Vorurteile zu bedienen und Ressentiments gegenüber Asylsuchenden zu schüren, und das auch gegenüber einer verantwortlichen Politik. Jeder Leistungsbezieher, jede Leistungsbezieherin soll sozusagen möglichst als potenzieller Missbraucher oder Missbraucherin gesehen werden. Das ist Ziel Ihres Antrags und das ist ein Schlag ins Gesicht ganz vieler Menschen, die sich mit sehr wenig zufrieden geben.
Für uns als Koalition ist klar, dass wir diesen Antrag selbstverständlich ablehnen, weil wir dem Sachleistungsprinzip grundsätzlich kritisch gegenüberstehen und die in Thüringen – ich sagte es vorhin schon – bis 2015 durchaus übliche oder gelebte Gutscheinpraxis und Lebensmittelpaketpraxis einiger Landkreise über viele Jahre massiv kritisiert haben. Gutscheine nämlich verhindern Teilhabe, weil man durch sie auf bestimmte und begrenzte Angebote ganz bestimmter Anbieter verwiesen wird. Die ausschließliche Gewährung von Sachleistungen entspricht zudem nicht den Grundsätzen von Selbstbestimmung – das sind vielleicht Fremdwörter für Sie, aber ich sage es noch mal –: von Selbstbestimmung, von Privatsphäre und von Diskriminierungsfreiheit. Sachleistungen sind übrigens – das können Sie sich aus der Erfahrung und auch in vielen Statistiken anschauen – teurer, sind ineffizient und – das ist das Entscheidende, meine Kollegin
Zudem wurde erst im Jahr 2015 auf Bundesebene durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz in § 3 im Asylbewerberleistungsgesetz das Vorrangprinzip für Geldleistungen in der Anschlussunterbringung verankert.
Für die Erstaufnahmeeinrichtungen wurde den Ländern ein Ermessen eingeräumt. Genau dieses Ermessen nutzen fast alle Bundesländer. Sie haben auf Geldleistungen umgestellt und das mit guten Gründen. Die aktuelle Praxis nämlich – ich bin Stadträtin und weiß, wovon ich spreche – entlastet insbesondere auch die Kommunen, die mit der vollständigen Ausreichung der Asylbewerberleistungen durch Sachleistungen verwaltungsmäßig stark belastet waren. Eine Änderung ist aus unserer Sicht daher weder notwendig noch wünschenswert.
Zum zweiten Punkt Ihres Antrags, den wir im Übrigen auch ablehnen. Eine Ausweitung des notwendigen Aufenthaltszeitraums von 15 auf 48 Monate zum Rechtskreiswechsel vom Asylbewerberleistungsgesetz in das SGB II lehnen wir ab. Dass Asylsuchende nach 15 Monaten in den Rechtskreis des SGB II oder auch XII wechseln, hat nämlich gute Gründe. Schließlich geht es darum, für alle hier lebenden Menschen ein Mindestmaß an sozialer Teilhabe zu gewährleisten, ansonsten dürfte man sich auch nicht wundern, wenn sich Menschen gar nicht integrieren können. Mit dem Rechtskreis des SGB sind auch viele Verbesserungen verbunden, so im Bereich der medizinischen Versorgung, im Bereich der einmaligen Beihilfen, Leistungen für Kinder und Jugendliche nach dem Bildungs- und Teilhabegesetz. Ich will nur daran erinnern, dass die Hälfte aller Geflüchteten Kinder und Jugendliche oder junge Erwachsene sind.
All diese Leistungen will die AfD den Geflüchteten wegnehmen. Das ist das pure Gegenteil von menschenrechtsorientierter Flüchtlingspolitik. Wir Grüne werben übrigens schon sehr lange für die komplette Abschaffung des integrationsfeindlichen Asylbewerberleistungsgesetzes als Parallelgesetzgebung zur anderen Gesetzgebung, die wir haben. Ginge es nach uns, könnten Asylsuchende bereits ab dem ersten Tag in den Rechtskreis des SGB II oder auch XII aufgenommen werden. Davon würden übrigens auch die Kommunen profitieren, die schließlich für beide Leistungssysteme die Verwaltung vorhalten müssen. Ein Sondersozialleistungssystem für Asylsuchende ist aus unserer Sicht also weder notwendig noch tatsächlich menschenwürdig.
Stattdessen braucht es die konsequente Gleichbehandlung, Diskriminierungsfreiheit im Asylrecht und die Garantie sozialer Teilhabe und soziokulturellen Existenzminimums für alle hier lebenden Menschen. Dafür steht Rot-Rot-Grün, und das ist auch gut so. Deswegen wird es Sie nicht wundern, dass wir Ihren Antrag selbstverständlich ablehnen müssen. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Das ist sie wohl, die neue große Koalition vom nächsten Jahr zwischen der CDU und den Grünen.
Es deutete sich ja heute schon in den Umfragen an, dass Sie etwas zu kompensieren haben und da ein bisschen mehr vorhanden ist.
wenn es darum geht, den Missbrauch von deutschen Sozialleistungen, die unser Steuerzahler finanziert, kleinzureden. Genau das haben wir eben hier erlebt von zwei Seiten des parlamentarischen Lagers. Das stimmt einen ein bisschen traurig, weil man daran auch erkennt, wie fern die Lösung ist. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, solche Lösungen anzustoßen. Das macht unser Antrag, und das macht er aus gutem Grund. Denn jeder von Ihnen hat mitbekommen, was für Skandale wir hatten im Zusammenhang mit dem Sozialleistungsmissbrauch für Ausländer, insbesondere bei den Asylleistungen, und dann auch bei den Sozialleistungen für diejenigen, die schon länger als 15 Monate hier sind. Wir haben es mit Mehrfachauszahlungen zu tun gehabt, wir haben es mit Mehrfachidentitäten zu tun gehabt, wir haben es mit Doppelanmeldungen zu tun gehabt. Da hat das System mittlerweile ein paar Barrieren eingebaut, aber ganz beseitigt sind diese Möglichkeiten des Missbrauchs nie. Wir haben es mit einem riesigen BAMF-Skandal zu tun, der dadurch kleingeredet worden ist, dass man das BAMF selbst hat prüfen lassen, ob denn Fehler passiert
dass das nur ein paar wenige Einzelfälle waren. Wenn man das demnächst auch in der Justiz durchführt, dass sich der Straftäter selbst verurteilt, dann werden ähnlich tolle Ergebnis rauskommen, meine Damen und Herren.