Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

(Abg. Jung)

hörenden in der Anhörung gesagt haben. Im Übrigen vielleicht auch noch die Anmerkung, wer an der Anhörung teilgenommen hat.

Wir hatten also – wie gesagt – die mündliche Anhörung hier im Plenarsaal, bei der der Gemeinde- und Städtebund nicht anwesend war. Nicht anwesend waren die Modellregionen, die bereits seit zwei Jahren dieses Programm umsetzen. Und – man höre und staune – auch die Stiftung FamilienSinn war auch nicht anwesend, die mit diesem Gesetz abgeschafft werden soll. In der Anhörung wurde zumindest deutlich, und da kann ich auch gern die Vertreter der LIGA zitieren, die sagten, sie wüssten momentan überhaupt keinen Ansprechpartner, insbesondere keinen, der die Anträge bearbeitet, und sie sind mit dem Verlauf der Umsetzung nicht zufrieden. Darüber hinaus gab es Kritik vom Gemeindeund Städtebund. Sie sollten bis zum 15.11. Anträge stellen, aber die Richtlinie tritt erst am 01.01.2019 in Kraft – Zitat –: „Dies passt alles nicht zusammen.“

Ich möchte an der Stelle weiter aus der schriftlichen Stellungnahme des Gemeinde- und Städtebundes zitieren – das ist auch das, was unsere Forderung wäre –, ich zitiere: „Aufgrund zahlreicher weiterer offener Fragen zum LSZ und der Tatsache, dass sich derzeit die Kommunikation zwischen den Kommunen und den örtlichen sozialen Trägern wegen der fehlenden Landesregelungen schwierig gestaltet, kam aus unserem Mitgliederbereich die Anregung, den Start des LSZ auf den 1. Juli 2019 zu verschieben.“ Also nicht nur diejenigen, die es betrifft, sondern die, die es letztendlich auch umsetzen sollen, sagen: Wir brauchen mehr Zeit. Und das unabhängig von dem Schweinsgalopp, den man hier im Landtag mit diesem Gesetzesvorhaben durchgezogen hat.

(Beifall CDU)

Aber ich möchte natürlich auch zur inhaltlichen Befassung mit dem Gesetzentwurf, dem Entschließungsantrag und natürlich auch zu unserem eingereichten Änderungsantrag kommen.

Was das neu einzuführende Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ betrifft, so nehmen wir zur Kenntnis, dass das vom überwiegenden Teil der Anzuhörenden positiv gesehen wird. Ich muss sagen, ich finde es auch gut, dass Kommunen zukünftig nicht nur diejenigen sein sollen, die direkt entscheiden, welche Familienförderung in ihrer Region letztendlich umgesetzt wird, sondern dass sie dafür auch mehr finanzielle Mittel bekommen.

Deswegen haben wir uns in unserem Änderungsantrag auch nicht gegen das Landesprogramm gerichtet, sondern uns mit der Stiftung FamilienSinn beschäftigt. Aber – und da muss ich schon Kritik deutlich werden lassen – leider ist die Unzufrieden

heit, die die Voraussetzung betrifft, dass die Kommunen zukünftig eine fachspezifische integrierte Sozialplanung durchführen müssen, nicht ausgeräumt worden. Das ist letztendlich auch der Grund, warum beispielsweise der Landkreistag diesen Gesetzentwurf komplett ablehnt, denn – und ich sagte das schon bei der Einbringung – er stellt infrage, dass so etwas überhaupt zur Verpflichtung gemacht werden kann. Die Anregung war, diese Formulierung abzuschaffen, was aber nicht erfolgt ist.

Wir haben in der Anhörung gehört, dass es nur noch wenige Landkreise gibt, die diese Planungen nicht haben.

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Drei!)

Von daher muss man letztendlich in der Umsetzung abwarten, wie sich das Ganze entwickelt und wie auch diese Landkreise Unterstützung erfahren, um diese Planung voranzutreiben.

Ein weiterer Kritikpunkt, auf den ich mich beziehen möchte, ist, dass die Kommunen aber auch eine tatsächlich stärkere Eigenverantwortung bei der Prioritätensetzung bekommen sollen. Das kritisierte nicht nur der Gemeinde- und Städtebund, sondern auch der Landkreistag. Ich zitiere die Formulierung aus der schriftlichen Stellungnahme des Landkreistags: „Die sehr weit gespannten, in der Öffentlichkeit auch erzeugten Erwartungen an das Landesprogramm sind im Rahmen der Landesförderung insgesamt nicht zu erfüllen. Zwischen der Höhe der Landesförderung und dem Umfang der Handlungsfelder, die der Richtlinienentwurf zum Landesprogramm vorsieht, muss ein aufgabengerechtes, finanziell untersetztes Verhältnis hergestellt werden. Welche Handlungsfelder vor Ort gefördert werden, darf nicht staatlich reglementiert werden, sondern ist vor Ort durch die Landkreise zu entscheiden.“ Deswegen sagt der Landkreistag zu Recht, es ist eine Mogelpackung, wenn man den Kommunen auf der einen Seite durch das Landesprogramm einen freien Handlungsspielraum einräumen will, aber den Rahmen auf der anderen Seite durch die Richtlinie und auch den Entschließungsantrag so weit steckt bzw. letztendlich finanziell so eng macht, dass ein freies Entscheiden vor Ort gar nicht möglich ist.

In unserem Änderungsantrag haben wir – ich sagte es schon – deswegen zum Landesprogramm nicht so viele Änderungsvorschläge gemacht. Allerdings möchten wir an einer Formulierung des Gesetzentwurfs festhalten, nämlich, dass der zu erstellende Landesfamilienförderplan alle fünf Jahre erstellt werden soll. Die Koalition möchte jetzt, dass dies einmal in der Legislatur geschieht. Das ist uns aber zu unkonkret, weil das die Gefahr in sich birgt, dass wir dann möglicherweise einen langen Zeitraum haben – im schlechtesten Fall sogar von zehn Jah

ren –, für den dieser Familienförderplan erstellt wird, und damit letztendlich die Gefahr gegeben ist, dass man zu wenig spontan auf Entwicklungen im Bereich der Familienhilfe reagieren kann oder sich in Erarbeitungsprozessen verliert.

Ein weiterer Punkt, der uns auch bei der Umsetzung dieses Landesprogramms wichtig ist, ist die Frage der Entbürokratisierung des Antrags- und Abrechnungsverfahrens. Ich denke, da muss man aufmerksam schauen, wie sich das entwickelt. Denn es kann nicht dazu führen, dass die Bearbeitungs- und Entscheidungswege letztendlich länger werden als bisher.

Ich möchte darüber hinaus noch auf die Frage der Finanzierung eingehen. Es ist ja so, dass diese Zahl von 10 Millionen Euro im Raum steht, wobei man ehrlicherweise sagen muss, es ist nicht so, dass das 10 Millionen neue Euros sind, die sozusagen für Familien zur Verfügung stehen, sondern man hat das genommen, was bisher für Familien in Thüringen eingesetzt wird, und hat dann noch 3 Millionen Euro draufgelegt, sodass man zu dieser Summe kommt. Die Kommunen haben zu Recht bemängelt, dass das zu wenig Geld ist. Deswegen begrüßen wir, dass nicht nur die 10 Millionen Euro festgeschrieben sind, sondern dass das sozusagen nur eine Untergrenze ist. Aber was zu bemängeln ist, ist die Frage der Dynamisierung dieser Mittel. Denn bezüglich dem, was an Forderungen in diesem Landesprogramm drinsteht, insbesondere was die Lohnkosten, aber auch die Umsetzungskosten betrifft, so ist mit erheblichen finanziellen Mehrbelastungen zu rechnen. Deswegen wäre eine Dynamisierung durchaus berechtigt.

Was die Kommunen aber in jedem Fall erwarten dürfen – vielleicht kann das die Ministerin ja auch nachher bei ihrem Wortbeitrag noch sagen –, ist eine Zusage der Kostenübernahme für die zusätzlich entstehenden Mehraufwendungen. In diesem Zusammenhang kann ich mich nur einer Stellungnahme im Rahmen der mündlichen Anhörung anschließen, die da lautete: Es kann nicht sein, dass wir jetzt vor Ort mehr diskutieren müssen, um weniger Geld zu bekommen. Wir werden beobachten, wie viel von den 10 Millionen Euro letztendlich bei den Kommunen ankommt oder vielleicht im Verwaltungsapparat verloren geht.

Jetzt aber zu unserem Änderungsantrag – um genauer zu sein –, zur Stiftung FamilienSinn: Im Jahr 2005 wurde die Stiftung FamilienSinn durch das Thüringer Familienfördergesetz errichtet. Unserer Meinung nach leistet die Stiftung FamilienSinn einen wesentlichen Beitrag zur Förderung und Unterstützung von Familien in Thüringen.

Mit der Errichtung der Stiftung verfolgte der Freistaat Thüringen das Ziel einer nachhaltigen Sicherung der Familienbildung und Familienförderung. Auch in Anhörungen ist deutlich geworden, dass

die Zusammenarbeit mit der Stiftung eine gute war, aber – Frau Jung, da kann ich Ihnen nur recht geben – dass sich das in den vergangenen Jahren verschlechtert hat. Die fachliche Expertise der Stiftungsmitarbeiter wollen wir zukünftig erhalten, aber auch – wie mit dem Gesetzentwurf geplant – weiterentwickeln. Das heißt, wir haben in den letzten Jahren erlebt, dass die Stiftung FamilienSinn vor dem Hintergrund, dass man sie abschaffen wollte, systematisch geschwächt wurde.

(Beifall CDU)

Deswegen finde ich es unredlich, sich jetzt hier hinzustellen und die Stiftung schlechtzureden, obgleich man selbst daran einen Anteil hat. Ja, ich kenne die Kritik des Rechnungshofs, und ja, der Vorwurf der Ineffizienz und Unwirtschaftlichkeit stand im Raum. Aber ich sage auch ganz ehrlich, wenn man die Stiftung FamilienSinn – das habe ich auch schon bei der Einbringung gesagt – zur Chefsache gemacht und erkannt hätte, welchen familienpolitischen Mehrwert man mit der Stiftung hat, dann hätte man unter einer Sozialministerin Taubert und einer Sozialministerin Werner, die gleichzeitig Präsidenten des Stiftungsrats sind, diese Stiftung gestalten können, indem man sie personell mit Fachkräften ausstattet, aber auch mit ausreichend Mitarbeitern, die die Arbeit der Stiftung gut bewältigen können, sie aber auch inhaltlich mit Aufträgen ausrüstet, die zeitgemäß sind und die eine Weiterentwicklung der Familienpolitik ermöglichen,

(Beifall CDU)

denn genau das ist der Vorteil der Stiftung. Man kann auf Landesebene auf familienpolitische Entwicklungen reagieren. Denken wir beispielsweise an die steigende Zahl von Alleinerziehenden in Thüringen. Auf diese Situation muss man reagieren, indem man beispielsweise Modellprojekte entwickelt oder mit den Betroffenen redet und guckt, was die Hilfsangebote sind, die bei ihnen ankommen. Das kann eine Stiftung machen und das hat sie in der Vergangenheit bei vielen anderen Themen auch gemacht.

Ich denke aber auch an die Problematik der drogenabhängigen Schwangeren und Mütter, wir haben das hier im Landtag diskutiert, auch das ist eine Entwicklung, die in den letzten Jahren zugenommen hat. Das ist etwas, wo die Stiftung FamilienSinn reagieren und überregional Modellprojekte anstoßen kann, die natürlich dann letztendlich auch für die lokale Ebene genutzt werden können.

Aber ich denke dabei – vielleicht als drittes Beispiel –, wie man die Stiftung weiterentwickeln kann – auch an die vielen Migrationsfamilien, die wir haben. Auch die brauchen Unterstützung und dabei denke ich an Integrationsangebote, aber auch an Angebote mit Kindern. Diesen Schwerpunkt möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal betonen. Die

Stiftung FamilienSinn hat die Familie im Blick, also Eltern mit Kindern, und ich finde, dieses Angebot sollten wir in Zukunft nicht nur verstärkt nutzen, sondern wir sollten es in keinem Fall aufgeben, so wie es der Gesetzentwurf durch die Abschaffung vorsieht.

(Beifall CDU)

Frau Jung, Sie haben es gesagt, die Anzuhörenden haben positiv bewertet, dass die monetären Mittel über den Wechsel des Haushaltsjahres durch die Stiftung sofort verfügbar sind und dadurch kein Zeitverzug bei der Bereitstellung der Mittel entsteht. Aber Sie haben auch eines in unserem Gesetzentwurf bzw. in der Änderung nicht erkannt: Wir wollen nicht nur die Stiftung FamilienSinn erhalten, wir wollen auch, dass neben den 10 Millionen Euro für das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“ die 1,8 Millionen Euro für die Stiftung FamilienSinn erhalten bleiben. Wir wollen also die Arbeit auch finanziell verstetigen und dadurch auch Familienpolitik in Thüringen inhaltlich stärken. Neben den 10 Millionen Euro also weitere 1,8 Millionen Euro – und wenn Sie mich jetzt fragen, wo das Geld herkommt: Wir wissen ja, dass die Titel im Sozialhaushalt deckungsfähig sind und ich bezweifle, dass im nächsten Jahr die 10 Millionen Euro vollständig abfließen, allein deswegen, weil das ja ein Prozess ist, der noch im Anlaufen ist. Daher habe ich auch keine Zweifel, dass diese 1,8 Millionen Euro zur Verfügung stehen

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Und das Jahr darauf?)

und dass die letztendlich auch eingesetzt werden können, um im Freistaat Thüringen eine nachhaltige Familienpolitik durchführen zu können.

(Beifall CDU)

Was passiert im nächsten Jahr? Wenn der Gesetzentwurf so kommt und die Stiftung FamilienSinn abgeschafft wird, dann werden wir im nächsten Jahr einen Stillstand in der Familienpolitik erleben, denn die Anträge mussten eingereicht werden und es muss nächstes Jahr erst mal geschaut werden, wer prüft was, wer entscheidet was. Die Stiftung wird abgeschafft, die GFAW springt ein und ich bin gespannt, welche fachliche Expertise dann zur Beurteilung dieser Anträge eingesetzt wird und auch, wie lange dieses Verfahren dauert. Bis dahin wird parallel der Landesfamilienförderplan erarbeitet und nichts Neues passiert. Es gibt einen Bestandsschutz, aber das bedeutet eben auch, bis zum nächsten Landesfamilienförderplan wird es keine Neuerungen, keine neuen Schwerpunkte in der Familienpolitik in Thüringen geben. Ich muss ganz ehrlich sagen, das ist schade und ich bin – wie gesagt – letztendlich auch gespannt, welche Verbesserungen das Gesetz am Ende für Thüringen brin

gen wird. Ich bin enttäuscht darüber, wie mit der Stiftung FamilienSinn umgegangen wurde. Ich sagte es ja schon, es war nicht mal ein Vertreter in der mündlichen Anhörung da, aus welchen Gründen auch immer. Ich finde, es wäre fair gewesen, wenn man die Möglichkeit gehabt hätte, Nachfragen zu stellen, aber ich muss sagen, es passt am Ende auch ins Bild.

Frau Meißner, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Jung?

Nein, am Ende.

Denn bereits jetzt sind alle Verträge der Stiftung gekündigt, vom Telefon über Mietvertrag bis zum Personal. Es ist alles abgewickelt und das, bevor der Landtag hier überhaupt einen Beschluss getroffen hat. Das ist wieder sinnbildlich für das, was man hier mit dem Verfahren an den Tag gelegt hat:

(Unruhe CDU)

Kein Respekt vor dem Parlament, kein Respekt vor der Beratung und auch kein Respekt vor anderen Meinungen,

(Beifall CDU)

die wir hier als Fraktion eingebracht haben.

Mir bleibt deswegen nur zu sagen: Wir wollen die Stiftung FamilienSinn erhalten, neben dem Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“, weil wir glauben, beides ergänzt sich ganz gut – zum einen die kommunale Entscheidung der Förderung direkt vor Ort und zum anderen die landespolitische Gestaltung von Entwicklungen der Familienpolitik, auf die man reagieren sollte. Deswegen kann ich bei Ihnen nur dafür werben, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, denn diese Kombination gibt uns die Möglichkeit, neue Wege zu gehen und auf Bewährtes aufzubauen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

So. Dann die Frage von Frau Kollegin Jung. Bitte.

Danke, Frau Meißner. Ich hatte mich zu dem Zeitpunkt gemeldet, wo Sie gesagt haben, dass es Stillstand ist und nichts Neues entwickelt werden könnte. Woraus resultiert denn Ihre Annahme, dass das so ist?

(Abg. Meißner)

Das resultiert beispielsweise aus meiner Erfahrung aus Gesprächen mit Trägern von Familienverbänden, die bereits bis November dieses Jahres bei der Stiftung FamilienSinn ihre Anträge mit der Vorgabe einreichen mussten, alles nur so einzureichen, wie es bisher war, denn nur das bedeutet Bestandsschutz. Das heißt, sie haben nur eine Chance auf Bewilligung dessen, was bisher bewilligt wurde, bis ein neuer Landesförderplan beschlossen wird. Und das ist für mich Stillstand und vor allen Dingen ein Armutszeugnis für die Gestaltung der Familienpolitik in Thüringen. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Die Familienoffensive kann man sehen wie man will, aber zum damaligen Zeitpunkt waren wir Familienland Nummer 1.

(Beifall CDU)

Rot-Rot-Grün hat das Landeserziehungsgeld abgeschafft.

(Unruhe DIE LINKE)