Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, da es sich hier um ein explizit gesundheitspolitisches Thema handelt, darf ich hier wieder das Wort ergreifen, insbesondere weil es um das gemeinsame Landesgremium geht – ein Gremium, über das wir hier in diesen Reihen schon mehrmals gesprochen haben und von dem die CDU weiterhin überzeugt ist, dass es eine wichtige Rolle spielen kann. Das gemeinsame Landesgremium für sektorenübergreifende Versorgung kann diese wichtige Rolle spielen. Die Betonung liegt wieder einmal auf „kann“, Frau Ministerin.

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Wenn alle mitspielen, dann kann es!)

Es kommt mir vor, als wenn ich vor wenigen Stunden schon hier gestanden hätte und ich auch da schon mal Kritik losgeworden bin, dass Sie nicht ganz das Potenzial nutzen, was darin liegt. Aber ich werde noch ausführen.

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Ich wusste, dass Sie das sagen werden!)

Das Beispiel anderer Bundesländer zeigt nämlich, wie das sogenannte 90a-Gremium – benannt nach dem entsprechenden Paragrafen im fünften Sozialgesetzbuch – funktionieren kann. Der Unterschied zu anderen Bundesländern, wo dieses Gremium entsprechend genutzt wurde: Dort herrscht ein klarer politischer Wille und eine klare Kommunikation der Politik in das Gremium hinein. Beides sehe ich in dieser Form in Thüringen leider nicht. Die Teilnehmer des Gremiums müssen wissen: Was soll das Gremium eigentlich tun? Was ist die Aufgabe? Wo wollen wir eigentlich hin? Warum sitzen wir hier?

Die Verlängerung der Befristung vor einem Jahr, als wir hier genau über diese Bedeutung auch schon gesprochen haben, war ein wichtiger Punkt. Die Begründung der Landesregierung damals war: Wir brauchen die Zeit, weil so viel zu tun ist. Die Realität 2018 sieht anders aus. Soweit Sie das auch letztens erst berichtet hatten, fand im Jahr 2018 gerade einmal eine Sitzung des Gremiums statt und zwar im Juni. Eine Bilanz, die doch etwas zweifelhaft ist. Außerdem sollte die Verlängerung genutzt werden, um Änderungen zu beraten. Meine Frage jetzt an Sie – Sie werden dazu sicherlich ausführen: Sind das jetzt die Änderungen, für die Sie ein Jahr gebraucht haben? Was haben Sie in dem Jahr überhaupt gemacht? Um es deutlich zu sagen: Ich sehe ein Ministerium, das bei diesem Thema verzögert und auf Teufel komm raus aufschiebt. Ich sehe ein Ministerium, das verzweifelt versucht, Zeit zu gewinnen. Aber ich frage mich: Warum? Sie scheinen gar nicht zu wissen, was Sie mit dieser Zeit anfangen sollen. Einfach nur moderieren und sich Vorträge anhören, ist einfach zu wenig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als CDU-Fraktion haben die Verlängerung vor einem Jahr auch schon mitgetragen und tragen auch heute die Entfristung wieder mit, weil wir weiterhin davon überzeugt sind, dass das 90a-Gremium ein sinnvolles Instrument ist. Aber das Ganze ist sinnlos, wenn die Gesundheitsministerin nicht endlich Antworten auf die entscheidenden Fragen findet. Wohin wollen wir mit dem Gremium? Dazu habe ich bis heute noch keine Antwort von Ihnen gehört. Sie sagen jedes Mal: Es ist wichtig, die Leute müssen eingebunden werden. Aber wohin wollen wir, was planen Sie mit diesem Gremium? Mit welchen Aufgaben soll es vielleicht zukünftig betraut werden? Was erwarten Sie auch von den Teilnehmern? Wenn man mit Teilnehmern des Gremiums spricht oder allgemein mit Akteuren der Gesundheitspolitik, dann bekommen diese keine Signale vom Gesundheitsministerium, vom Sozialministerium, was sie

eigentlich für eine Perspektive mit diesem Gremium haben.

Wir alle sind hier d’accord, sind uns einig, dass das Potenzial hat. Aber Sie müssen dort klarer kommunizieren, Frau Ministerin. Wie soll das Gremium weiter entwickelt werden? Das hat Potenzial, wir müssen aber nicht an der Stelle stehen bleiben, wo wir jetzt sind oder wo wir meinen, dass wir jetzt vielleicht alles erreicht hätten. Hierauf erhoffe ich mir Antworten von Ihnen und vor allem erhoffe ich mir von Ihnen, Frau Ministerin, auch endlich den Mut, bei diesem Thema Initiative zu zeigen und auch mal die Menschen zusammenzuführen, die Akteure, die vielleicht auch etwas misstrauisch sind bei der Einrichtung dieses Gremiums oder bei der Bedeutung dieses Gremiums.

Es genügt nicht, die Wichtigkeit der sektorenübergreifenden Versorgung zu betonen und dann ein Jahr lang quasi nichts zu tun. Also, Frau Ministerin, werden Sie aktiv, zeigen Sie Mut, gehen Sie voran! Wir haben hier viel Potenzial und es ist wieder einmal Potenzial, was leider nicht genutzt wird. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. Herr Kubitzki von der Fraktion Die Linke hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich wollte eigentlich heute nicht mehr zu diesem Thema reden, weil wir darüber schon ausführlich gesprochen haben. Aber, Herr Zippel, da Sie in Ihren jungen Jahren schon sehr zeitig auf Wahlkampfmodus umgeschaltet haben, wünsche ich Ihnen viel Ausdauer und muss dazu doch noch etwas sagen.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Das ist kein Wahlkampf!)

Und zwar werde ich einiges wiederholen, was ich Ihnen, Herr Zippel, hier schon bei der ersten Lesung gesagt habe. Aus der Historie heraus hatten die Länder die Möglichkeit, nachdem im Jahre 2012 das Sozialgesetzbuch V – Krankenversicherung – geändert wurde, nämlich dahin gehend, dass § 90 a eingeführt wurde, worin steht: „Nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen kann für den Bereich des Landes ein gemeinsames Gremium aus Vertretern [...] der Kassenärztlichen Vereinigung, [...] der Krankenkassen [...], der Landeskrankenhausgesellschaft [...] gebildet werden.“ Dort – und das ist schon die erste Aufweichung des Ganzen, was dort im SGB V gemacht wurde – steht dann weiter drin: Das gemeinsame Gremium kann zur Aufstellung von Bedarfsplänen durch die Planungsausschüsse Stellungnahmen und Empfehlun

gen abgeben. Das heißt, dieses Gremium hatte von vornherein nur einen empfehlenden Charakter. Das habe ich schon damals 2012 hier an dieser Stelle kritisiert und habe die Erwartungshaltung an dieses Gremium heruntergeschraubt.

Dann wurde dieses Gremium hier im Landtag geschaffen und da war auch schon wieder dieser empfehlende Charakter darin, das konnte auch nicht anders gemacht werden, weil Bundesgesetzgebung dort im Prinzip das Entscheidende ist. Ich bin bei Ihnen, Herr Zippel, das Gremium hat gearbeitet und ich war am Anfang unzufrieden mit der Arbeit dieses Gremiums. Aber – Herr Zippel – das Gremium besteht aus Akteuren und die habe ich aufgezählt: Kassenärztliche Vereinigung, Krankenkassen, Landeskrankenhausgesellschaft, Landesärztekammer – also zum Teil Selbstverwaltungsorgane, denen wir als Landtag gar nicht vorschreiben können, wie sie arbeiten. Das sind alles Vertreter, die im Gesundheitssystem auf verschiedenen Seiten stehen. Die einen sind Leistungserbringer und die anderen haben das Geld. Dadurch sind unterschiedliche Interessen gegeben.

Eines musste ich feststellen: Als wir nämlich – und dazu hatte ich Sie eingeladen, Herr Zippel – die Koalition hatte in diesem Jahr ein Fachgespräch dazu durchgeführt und hatte die Akteure des Landesgremiums mit eingeladen. Wir wollten auch – und das war unsere Absicht – Gesetzesänderungen vornehmen, auch inhaltlicher Art. Das fand dort am Anfang in dieser Beratung sogar Zustimmung. Ich habe zum Beispiel dann Änderungen an diesem Gremium vorgeschlagen, nämlich dass dieses Landesgremium tagt, bevor der Landesplanungsausschuss, der Krankenhausplanungsausschuss, Entscheidungen trifft und Empfehlungen an den Krankenhausplanungsausschuss abgeben kann. Zu meiner großen Enttäuschung wurde das plötzlich von denen abgelehnt, als die Ministerin das diesen Gremiumsmitgliedern vorgelegt hatte.

Ich gebe zu, ich war baff und auch enttäuscht, habe aber auch erkannt, woran es liegt. Es liegt ganz einfach daran, dass die gleichen Vertreter, die zum Beispiel in den Planungsausschüssen sind, auch Mitglied im Landesgremium sind – oder zum größten Teil – und dass es dort Interessengruppen gibt, die in den Planungsausschüssen sind und die nichts an ihrer – wie soll ich mal sagen – Befugnis – drücke ich mich mal höflich aus, ich will nicht sagen „Macht“ – einschränken möchten. Da, sage ich, lassen sie sich auch ungern von dem gemeinsamen Landesgremium beeinflussen. Man hat sich in diesem Gremium – es hat nämlich getagt, aber dazu kann die Ministerin dann etwas sagen –, das in diesem Jahr getagt hat, geeinigt, dass man sich über sektorenübergreifende Maßnahmen besprechen will, beraten will, einigen will für einzelne medizinische Fachgebiete.

(Abg. Zippel)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zippel?

Immer – weil er doch im Wahlkampfmodus ist.

Herr Kubitzki, Sie kennen mich genau, das ist meiner Dauermodus.

Vielen Dank für die Möglichkeit, vielen Dank auch, Frau Präsidentin. Eine kurze Frage: Sie haben die verschiedenen Probleme dargelegt, auch in der Kommunikation. Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass es doch eine Frage der Moderation ist, diese Widerstände, von denen Sie gerade gesprochen haben, aufzulösen, und dass es auch eine Aufgabe des Ministeriums wäre, all diese Widersprüche beiseitezuschieben? Es ist ja nachvollziehbar, dass jeder seine Befindlichkeiten hat, aber das wäre doch in einem kommunikativen Prozess, der über eine einmalige Einladung hinausgeht, durchaus auflösbar. Meinen Sie nicht auch, Herr Kollege?

Ich gebe Ihnen recht, aber ich kenne die Akteure, die in diesen Gremien sind. Und die Ministerin, muss ich an dieser Stelle sagen, hat zum Beispiel die Vorschläge, die wir dort erarbeitet hatten, in dieses Gremium eingebracht. Ich sage Ihnen das so. Mir erzählen die Kassen: Jawohl, sie könnten mit meinen Vorschlägen mitgehen. In dem Gremium erzählen sie auf einmal: Nein, wollen wir nicht! Das hat mich bitter enttäuscht.

Wir müssen mal eines bedenken und das sage ich jetzt hier an dieser Stelle: Das ist vor vielen Jahren von der Politik so gewollt worden. Die Politik hat sich aus manchen Bereichen im Gesundheitswesen verabschiedet, nämlich dahin gehend verabschiedet, dass sie Dritte mit Aufgaben betraut hat. Nämlich wer entscheidet zum Beispiel – ich nehme das nur als Beispiel – für die Niederlassung von Ärzten in irgendeinem Dorf oder einer Stadt? Nicht mehr die Politik! Der Bürgermeister kann nur betteln, wenn er einen Arzt braucht. Entscheiden tut das Gremium Kassenärztliche Vereinigung. Das ist so! Das ist von der Politik im Prinzip so gewollt. Wenn es um die Krankenhausplanung geht – das wissen Sie auch –, können wir einen Krankenhausplan machen, die Anträge werden von den Krankenhäusern gestellt; letzten Endes hat der Landesplanungsausschuss für Krankenhäuser empfehlenden Charakter oder fast beschließenden Charakter.

Und wenn die Akteure – das sage ich noch einmal, Herr Zippel – aus diesen Bereichen, die alle ihre ei

genen Interessen vertreten, Selbstverwaltungen sind – das hohe Gut der Selbstverwaltung –, wenn die nicht wollen, dann kann die Ministerin hoch und runter springen, dann wollen die nicht, und das habe ich hier mit dem gemeinsamen Gremium mit unseren Vorschlägen erfahren. Da bin ich sauer, das gebe ich hier an dieser Stelle zu. Jetzt könnte ich sagen, da hätte die Ministerin die Faust nehmen, mal auf den Tisch hauen sollen: Und wir machen das! Das kann sie gar nicht. Wo steht die gesetzliche Handhabe, dass sie das machen kann? Das Gremium entscheidet über diese Sache. Nur reden – also mir ist es langsam leid, zu dieser Thematik noch zu reden, weil ich mich hier fusselig rede. Manche wollen es nicht verstehen und die anderen wollen es nicht. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Frau Herold, bitte schön.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Sehr geehrte Kollegen, liebe Besucher auf der Tribüne und im Internet, der vorliegende Gesetzentwurf, das Zweite Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Entwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen – der Name des Gesetzes ist so lang wie seine Geschichte –, zielt darauf ab, einen gesundheitspolitischen Transformationsprozess vorzuschreiben, der gegenwärtig relativ intransparent und schwerfällig verläuft und dessen Bilanz nach Jahren gesetzgeberischer Initiativen insgesamt sehr ernüchternd ausfällt. Im Kern handelt es sich dabei um die Überwindung einer historisch gewachsenen, streng sektoralen Bedarfsplanung mit dem Ziel einer besseren Integration der Versorgungsbereiche und um eine Daueraufgabe der deutschen Gesundheitspolitik.

Beklagt wird, dass die mangelnde Integration der Versorgungsplanung über die Sektorengrenzen hinweg die Effektivität und die Effizienz der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland nachhaltig beeinträchtigt hat. Viele gesetzgeberische Impulse der vergangenen Jahre scheiterten an den Beharrungskräften der Akteure und ihren sektorenspezifisch geprägten Sichtweisen. Die Förderung der integrierten und sektorenübergreifenden Versorgung ist mit Blick auf eine wünschenswerte Abmilderung von Negativfolgen der Bedarfsplanung, wie zum Beispiel einer Über- oder Unterversorgung bzw. der oft besprochenen Allokationsprobleme, dem Grunde nach ein unterstützungswürdiges Anliegen. Nur scheinen die konkreten Maßnahmen im vorliegenden Gesetzentwurf aus unserer Sicht nur bedingt zielführend.

Im Rahmen einer kritischen Betrachtung bleibt vor allem zu fragen, welche konkreten Arbeitsergebnisse das Gemeinsame Landesgremium bis heute vorzuweisen hat. Wie mein Kollege Zippel dankenswerterweise schon ausgeführt hat, ist die Bilanz eher dünn. In der 55. Sitzung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit am 6. Dezember dieses Jahres wurde fraktionsübergreifend festgestellt, dass bisher kaum Nennenswertes geschehen ist. Das Arbeitsergebnis des Gemeinsamen Landesgremiums ist unbefriedigend, der gesamte Prozess geht viel zu langsam voran und leidet unter mangelnder Führung durch das Land. Das wird dann in Zukunft hoffentlich besser, wenn das Land als alleiniger Kostenträger nicht nur das Geld gibt, sondern auch Ansagen macht, in welche Richtung der ganze Marsch zu gehen hat.

Wir als AfD-Fraktion würden es begrüßen, wenn das gesamte Verfahren mit der heutigen Verabschiedung neue Fahrt aufnehmen würde und wenn das Gemeinsame Landesgremium künftig in der Gemeinschaft aller Beteiligten steuernd zum Wohle des Thüringer Gesundheitswesens beitragen könnte. Nach der Abwägung von Nutzen sowie Vor- und Nachteilen des in Rede stehenden Änderungsgesetzes stimmen wir heute mit Enthaltung, wobei wir allerdings die Fortführung dieses Gemeinsamen Landesgremiums ausdrücklich als Chance begreifen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank. Gibt es weitere Wortmeldungen? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Möchte die Landesregierung sprechen? Ja. Bitte schön, Frau Ministerin Werner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das Thüringer Gesetz zur Entwicklung sektorenübergreifender Versorgungsstrukturen entfristet und die Kostentragung der entstehenden Personalkosten der Geschäftsstelle geändert. Mithilfe des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde die Möglichkeit geschaffen, in jedem Bundesland ein Gemeinsames Landesgremium für sektorenübergreifende Versorgungsfragen zu bilden. Auch das Land Thüringen hat davon Gebrauch gemacht und am 9. April 2013 ein entsprechendes Gemeinsames Landesgremium in Thüringen errichtet. Es besteht aus Vertretern des Ministeriums, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft sowie weiteren Beteiligten. Das Interesse an

der Mitarbeit war von Anfang an sehr groß. So haben neben den vom Gesetzgeber genannten Institutionen auch die Landesärztekammer Thüringen, der Verband der Leitenden Krankenhausärzte sowie der Thüringische Landkreistag Interesse an einer Mitarbeit bekundet und wurden entsprechend durch einen ständigen Sitz im Landesgremium berücksichtigt.

Natürlich ist die Größe schon das erste Problem. Es sind eine ganze Menge Akteure, die unter einen Hut gebracht werden wollen. Aber würden Sie jemanden herausstreichen oder aus dem Gremium wegschicken wollen? Ganz im Gegenteil! Wir wollen das gern so weiterführen, auch in der Größe. Aber das hat natürlich seine Herausforderungen. Wir wissen, dass es anfänglich große Hoffnungen in das Landesgremium gab, dem aber dann auch irgendwann der Frust folgte, weil es schwierig war, zu greifbaren Ergebnissen des Landesgremiums zu kommen. Dafür sind verschiedene Punkte, denke ich, von Bedeutung: Das eine – Herr Kollege Kubitzki hat es schon genannt – ist, dass die Beschlüsse nicht unmittelbar verbindlich sind und lediglich Empfehlungscharakter haben. Ein weiteres Hemmnis – und darauf ist Herr Kubitzki auch schon weiter eingegangen – ist die in Deutschland angewandte sektorale Budgetierung, das heißt die strikte fiskalische Trennung von ambulanten und stationären Sektoren. Aus diesen Gründen stoßen im Gemeinsamen Landesgremium immer wieder unterschiedliche Interessenlagen aufeinander, die ein gemeinsames Handeln erschweren, weil verschieden geplant wird, verschieden finanziert wird und es verschiedene wirtschaftliche Interessen gibt.

Symptomatisch war der Versuch in der letzten Legislatur, sich mit dem Thema „psychiatrische Versorgung“ auseinanderzusetzen. Das hat man sich als inhaltliches Thema für das Landesgremium gesetzt. Und es scheiterte schon bereits daran, Herr Zippel, dass man sich nicht gegenseitig Daten geben wollte, dass man nicht in der Lage oder nicht willens war oder vielleicht auch Gefahren sah, sich gegenseitig Datenlagen zu offenbaren und aufgrund der Bedarfslagen und der Zahlen der Angebote vor Ort zu gemeinsamen Empfehlungen zu kommen.

Sie haben zwar jetzt gesagt, dass das in anderen Ländern alles sehr viel besser wäre. Wir wissen aber aus unseren Konferenzen, aus den Arbeitsgruppen, dass es hier ein ähnliches Bild gibt und dass es überall die Probleme gibt, die mit dieser verschiedenen sektoralen Finanzierung zusammenhängen.

Erschwerend kam in Thüringen die Kritik an der anteiligen Finanzierung der Geschäftsstelle des gemeinsamen Landesgremiums hinzu. Um dem zu begegnen, soll gemeinsam mit der Entfristung die Bedeutung des Gremiums für das Land und dessen

(Abg. Herold)

Führungsrolle durch das Land unterstrichen werden. Das war eine Forderung, die die Beteiligten des Landesgremiums eingefordert haben. Ich habe das am Anfang so verstanden, dass es ein Gemeinsames Landesgremium ist, in dem man versucht, sich gemeinsam Ziele zu setzen. Ich musste aber in diesem Prozess erfahren – ich stehe sehr für Partizipation, Beteiligung, das Einbeziehen der Akteure –, dass die Beteiligten des Landesgremiums etwas anderes wollen, nämlich die Führungsrolle des Ministeriums. Dessen nehme ich mich natürlich an, diese Führungsrolle werden wir gern umsetzen. Diese Rolle, diese Aufgabe nehme ich gern an und wir werden das unter anderem dadurch untersetzen, dass wir die Kosten der Geschäftsstelle künftig in Gänze durch das Ministerium tragen werden. Wir hätten es uns auch einfach machen können und das Gremium vielleicht auslaufen lassen. Aber ich bin der Überzeugung, dass sektorenübergreifende Versorgung in Zukunft immer weiter an Bedeutung gewinnen wird und muss.

Lassen Sie mich deswegen aus der Arbeit des Landesgremiums berichten. Anlässlich der Arbeitssitzungen am 11. Januar sowie am 25. Juni dieses Jahres wurde unter anderem das von mir vorgeschlagene Thema „Schaffung von Versorgungsnetzwerken im Bereich der Geriatrie“ intensiv beraten. Dabei wurde von den ständigen Mitgliedern folgender Beschluss einstimmig gefasst: Die ständigen Mitglieder des Gemeinsamen Landesgremiums nach § 90a SGB V erkennen an, dass insbesondere aufgrund des demografischen Wandels die gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Alterserkrankungen vermehrt Beachtung finden muss. Hierzu gehört besonders die Verbesserung der geriatrischen Versorgung an den Schnittstellen zwischen dem ambulanten und dem stationären Gesundheits- und Pflegesektor. Da diese von vielfältiger Natur sind, besteht darin Einigkeit, dass sich die Arbeit des Gemeinsamen Landesgremiums auf aktuelle Problemstellungen bzw. konkrete Ansatzpunkte fokussieren sollte.

Ich will nur mal sagen, um den Beschluss zu fassen, haben wir einige Monate gebraucht. Das liegt daran, dass die Interessenlagen so verschieden sind. Es macht keinen Sinn, ein Thema vorzugeben, an dem sich dann nicht auch alle beteiligen wollen. Das kann nur im Konsens gefasst werden und insofern ein Blick auf die Arbeit der letzten Monate. Aber wir haben diesen Beschluss jetzt gefasst und ich bin sehr froh, weil ich glaube, dass tatsächlich die geriatrische Versorgung gerade von Thüringen mit vielen älter werdenden und hochbetagten Menschen eine besondere Herausforderung ist und wir tatsächlich auf die Schnittstellen zwischen ambulant und stationär schauen müssen. Ich bin froh, dass es jetzt eine Akzeptanz für das Thema gibt und wir gemeinsam an diesem Thema arbeiten werden.

Es wurde auch von mir im Landesgremium vorgeschlagen – Herr Kubitzki hat das schon erzählt, das war auch in der Diskussion, die wir gemeinsam mit den Akteuren des Landesgremiums geführt haben –, dass das Gemeinsame Landesgremium im Rahmen der Beratungen der Planungsausschüsse angehört wird. Ja, das wäre eine Möglichkeit gewesen, den Mitgliedern mehr Befugnisse zu geben, aber das war vonseiten der ständigen Mitglieder nicht gewollt. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt, weil keine Notwendigkeit gesehen wird.

Wir werden uns das nächste Mal im März 2019 als Landesgremium zusammensetzen. Auch wenn die Arbeit im gemeinsamen Landesgremium nicht einfach ist, bin ich der Meinung, dass wir das nicht aus der Hand geben sollten. Ich bin gespannt, wie wir gemeinsam das Thema weiter bearbeiten werden.

Dass wir uns auf Bundesebene auch daran machen müssen, über das Landesgremium insgesamt zu sprechen, zeigt auch, dass es eine Einigkeit auf Länderebene und auch auf Bundesebene gibt, weil jetzt eine Reformkommission „Sektorenübergreifende Versorgung“ eingesetzt wurde. Diese Reformkommission hat sich am 24. September 2018 konstituiert. In dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe sollen bis 2020 entsprechende Vorschläge für die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung im Hinblick auf Bedarfsplanung, Zulassung, Honorierung, Codierung, Dokumentation, Kooperation und so weiter zusammengefasst werden. Ich gehe davon aus, dass die Vorschläge und die Interessen der Länder hier nicht nur mit eingebracht werden können, sondern natürlich auch entsprechend beraten und umgesetzt werden.

Sehr geehrter Herr Zippel, ich will zum Schluss noch mal sagen: Ich weiß, Sie sind ein ungeduldiger Mensch. Ich bin auch ein ungeduldiger Mensch, aber ich musste auch lernen, dass man hier sozusagen gar nicht selbst aktiv werden will, sondern immer wieder die Moderation des Ministeriums einfordert. Wir machen das auch und sind da auch zu guten Ergebnissen gekommen. Ich erinnere an den Runden Tisch zur Versorgung mit Hebammenleistungen, ich erinnere an die Landesgesundheitskonferenz, an die Umsetzung der Rahmenvereinbarung Präventionsbereich, auch wenn es um Hospizund Palliativversorgung geht. Aber das sind Themen, die brauchen ihre Zeit, Partizipation, Moderation brauchen Zeit. Wir müssen natürlich auch berücksichtigen – das wurde auch schon genannt –, dass es Themen wie Selbstverwaltung, Tarifautonomie gibt, die wir natürlich auch mit berücksichtigen müssen.

Insofern vielleicht noch ein kleiner Hinweis. Sie wissen, dass auch viele Vertreterinnen und Vertreter der Lobbyverbände unterwegs sind und uns jeweils ihre Bedarfe nennen und wollen, dass das möglichst schnell umgesetzt wird. Ich würde sagen, die