Protokoll der Sitzung vom 14.12.2018

Das Jahr würde mir reichen. Noch dieses Jahr oder noch in dieser Wahlperiode?

(Heiterkeit im Hause)

Auf jeden Fall in 2019.

Danke schön.

Wir kommen damit zur dritten Fragestellung, Fragesteller ist Herr Abgeordneter Schaft von der Fraktion Die Linke, Drucksache 6/6518. Herr Kollege Schaft.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Voraussetzungen für Durchsuchungsbeschlüsse und Ermittlung gegen Unbeteiligte

Im „Freien Wort“ vom 15. November 2018 wurde über mögliche Fehler der staatlichen Ermittlungsbehörden im Rahmen von Durchsuchungen von Privat- und Geschäftsräumen, unter anderem auch innerhalb des Abgeordnetenbüros des Fragestellers am 6. März dieses Jahres, berichtet. In dem betreffenden Zeitungsbericht wird dargestellt, wie der von den Durchsuchungen Betroffene in den Fokus der Staatsanwaltschaft Gera und der Kriminalpolizei geraten ist: laut seinem Anwalt durch einen Fehler der zuständigen Ermittler, der Staatsanwaltschaft und des Amtsgerichts Gera. Weiterhin wird auch die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme angezweifelt, bei der sowohl die Wohnung, der Keller und das Auto des Betroffenen durchsucht wurden. Zudem wurde er am Tag der polizeilichen Maßnahmen dazu aufgefordert, die Räumlichkeiten des Abgeordnetenbüros des Fragestellers zu öffnen, obwohl er zu diesen Räumlichkeiten keinen Schlüssel besitzt und gar keinen Zugang hatte. Der Anwalt des Betroffenen zweifelt, wie dem Zeitungsbericht zu entnehmen ist, daher sowohl an der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen als auch an der Wahrung der Sorgfältigkeit der zuständigen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden in diesem Fall.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Voraussetzungen gibt es für einen Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses nach den §§ 102 und 103 Strafprozessordnung?

2. Wie und durch wen werden die Voraussetzungen nach Frage 1 des Fragestellers für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses geprüft?

3. Welche Möglichkeiten haben Personen, gegen die möglicherweise ohne begründeten Anfangsverdacht ermittelt wird, gegen solche Beschlüsse vorzugehen?

4. Unter welchen Voraussetzungen sind Durchsuchungen von Räumen innerhalb von Abgeordnetenbüros möglich?

(Staatssekretär Götze)

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, Herr Staatssekretär von Ammon.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Schaft beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Voraussetzungen einer Durchsuchung nach § 102 StPO, das heißt die Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie der Person des Beschuldigten und der ihm gehörenden Sachen, sind erstens der Verdacht, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist, und zweitens, dass die Durchsuchung entweder der Ergreifung des Beschuldigten dient oder zu vermuten ist, dass sie zur Auffindung von Beweismitteln führen werde. Voraussetzungen einer Durchsuchung nach § 103 StPO, das heißt die Durchsuchung bei allen anderen Personen, gegen die kein Strafverdacht besteht, sind erstens, dass ein Ermittlungsverfahren wegen einer Straftat geführt wird, zweitens, dass die Durchsuchung entweder der Ergreifung des Beschuldigten oder der Verfolgung von Spuren einer Straftat oder der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände dient, und drittens Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Letztgenannte Beschränkungen gelten nicht für Räume, in denen der Beschuldigte ergriffen worden ist oder die er während der Verfolgung betreten hat. Zum Zwecke der Ergreifung eines Beschuldigten, der dringend verdächtig ist, eine Straftat einer Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89 a StGB, der Terrorismusfinanzierung nach § 89c Abs. 1 bis 4 StGB oder der Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b StGB, oder eine der in § 129a StGB bezeichneten Straftaten begangen zu haben, ist eine Durchsuchung von Wohnungen und anderen Räumen auch zulässig, wenn diese sich in einem Gebäude befinden, von dem aufgrund von Tatsachen anzunehmen ist, dass sich der Beschuldigte in ihm aufhält. Selbstverständlich ist aufgrund des Rechtsstaatsprinzips auch immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Zu Frage 2: Die vorgenannten Voraussetzungen werden erstmals durch die ermittelnde Polizeibeamtin oder den ermittelnden Polizeibeamten auf der Grundlage des bisherigen Ermittlungsstandes geprüft, wenn sie oder er bei der Staatsanwaltschaft die Beantragung eines Durchsuchungsbeschlusses oder aufgrund Gefahr im Verzug die Anordnung einer Durchsuchung anregt oder als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft aufgrund Gefahr im

Verzug die Durchsuchung selbst anordnet. Die Staatsanwältin oder der Staatsanwalt prüft die vorgenannten Voraussetzungen in der Regel aufgrund der vorliegenden Akten, bevor sie oder er einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss beantragt oder aufgrund Gefahr im Verzug eine Durchsuchung anordnet. Schließlich prüft die Ermittlungsrichterin oder der Ermittlungsrichter die Voraussetzungen für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses in der Regel auf Grundlage der vorliegenden Akten.

Zu Frage 3: Richterliche Anordnungen von Durchsuchungsanordnungen bei Beschuldigten oder anderen Personen nach den §§ 102 und 103 StPO können mit dem Rechtsmittel der Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird. Erachtet das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so hilft es der Beschwerde ab. Ansonsten entscheidet das jeweilige Landgericht über die Beschwerde. Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung grundsätzlich nicht gehemmt, das heißt, die Maßnahmen vor Ort sind zu dulden. Jedoch können sowohl das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, als auch das Beschwerdegericht anordnen, dass die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen ist. Auch nach Beendigung der Durchsuchung kann Beschwerde gegen die richterliche Durchsuchungsanordnung mit dem Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit erhoben werden. Gegen die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung kann grundsätzlich Verfassungsbeschwerde eingelegt werden. Durchsuchungsanordnungen der Staatsanwaltschaft oder ihrer Ermittlungspersonen wegen Gefahr im Verzug können zwar nicht mit der Beschwerde angefochten werden, in diesem Fall ist jedoch ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung möglich. Gegen diese Entscheidung ist dann wiederum die Beschwerde zulässig. Auch zum Zweck der Überprüfung der Art und Weise des Vollzugs einer abgeschlossenen Durchsuchung kann der Betroffene die richterliche Entscheidung beantragen.

Zu Frage 4: Grundsätzlich sind Durchsuchungen von Räumen innerhalb von Abgeordnetenbüros nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Es gelten hier jedoch wesentliche Einschränkungen. Zum einen sind Durchsuchungen nach § 102 StPO bei Abgeordneten nicht zulässig, soweit gegen sie aufgrund ihrer bestehenden Immunität bereits kein Ermittlungsverfahren geführt werden darf. Zum anderen darf die Durchsuchung, soweit das Ermittlungsverfahren sich nicht gegen den Abgeordneten selbst richtet, nicht auf die Aufspürung von Gegenständen gerichtet sein, die aufgrund der Abgeordneteneigenschaften nicht der Beschlagnahme unterliegen. So ist die Beschlagnahme von Gegenständen unzulässig, soweit das Zeugnisverweigerungsrecht von Abgeordneten reicht. Diese können

das Zeugnis verweigern über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst. Die Beschlagnahmefreiheit setzt ein Gewahrsam des Abgeordneten an den Gegenständen nicht voraus, sodass etwa Unterlagen, die ein Abgeordneter in dieser Eigenschaft anderen Personen anvertraut hat, auch dort geschützt sind. Dies gilt insbesondere für Gegenstände, die von Abgeordneten den an ihre Berufstätigkeit mitwirkenden Personen anvertraut sind, mithin den Mitarbeitern des Abgeordnetenbüros unabhängig davon, wo diese die Gegenstände aufbewahren. Soweit von der Durchsuchung Räume des Landtags betroffen sind, darf sie nur mit Zustimmung des Präsidenten bzw. der Präsidentin vorgenommen werden. Vielen Dank.

Gibt es Nachfragen? Frau Kollegin Berninger.

Herr Staatssekretär, hat es an dem 6. März noch andere Durchsuchungsmaßnahmen auch außerhalb Erfurts gegeben und liegen zu diesen Beschwerden oder die gerichtlichen Überprüfungsanträge, die Sie in der Antwort auf Frage 3 beschrieben haben, vor?

Dazu liegen mir keine Erkenntnisse vor.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Können wir es rausfinden?)

War das eine offizielle zweite Nachfrage? Dann müssen Sie an das Mikrofon gehen und sie bitte dort stellen.

Ist es möglich, diese Erkenntnisse herauszufinden und nachzuliefern?

Ich werde dem nachgehen und – soweit es möglich ist – nachliefern.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht.

(Zwischenruf Abg. Schaft, DIE LINKE: Ich habe noch eine Frage!)

Okay, der Fragesteller selbst hat noch zwei Möglichkeiten. Bitte, Herr Schaft.

Genau, von der ich nur eine nutze. Noch mal in Bezug auf die Antwort zu Frage 1 kurz die Bitte zu konkretisieren: Wenn bei einer Durchsuchung Gegenstände, beispielsweise technische Geräte, zur Beweismittelsicherung beschlagnahmt werden, gibt es Regelungen oder zumindest eine Regelfrist, in der die Beweise dann auf diesen technischen Geräten gesichert werden, damit die Betroffenen diese Geräte dann wieder zurückbekommen, oder nicht, und wenn ja, wie lang ist diese Frist oder die in der Regel angewendete Frist?

Das entscheidet die Staatsanwaltschaft. Soweit es zur Führung der Ermittlungen notwendig ist, werden die Gegenstände in ihrem Gewahrsam bleiben. Soweit es nicht mehr notwendig ist und es gerechtfertigt werden kann, dass die Gegenstände herausgegeben werden, dann werden die grundsätzlich wieder herausgegeben. Feste Fristen dazu existieren nicht, weil es natürlich immer vom Einzelfall abhängig ist.

Gibt es jetzt noch weitere Nachfragen? Das sehe ich nicht. Dann kommen wir zur vierten Frage. Fragestellerin ist Frau Abgeordnete König-Preuss, Fraktion Die Linke, in der Drucksache 6/6519.

Neonazi-Konzert am 10. November 2018 in Kirchheim

Für den 10. November 2018 wurde mit Flyern in der Neonazi-Szene ein Konzert an einem nicht näher beschriebenen Ort angekündigt, an dem vier deutsche Neonazi-Bands unter dem Motto „United We Stand“ auftreten sollten, darunter „Heiliger Krieg“, „Confident of Victory“, „Exzess“ und „Uwocaust“. Nach mir vorliegenden Informationen soll das Konzert in Kirchheim stattgefunden haben und wurde aus Hammerskin-Strukturen organisiert.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Informationen liegen der Landesregierung über Verbindungen zu den Hammerskins, insbesondere seitens des Veranstalters oder Anmelders, sowie deren regionaler Herkunft vor?

2. Welche Informationen liegen der Landesregierung über Veranstaltungsort und organisatorische Einzelheiten (zum Beispiel Teilnehmerzahl und - herkunft, auftretende Bands, Höhe der Teilnehmer- beiträge) vor?

3. Welche behördlichen Maßnahmen wurden im Zusammenhang mit der Veranstaltung eingeleitet und wie war die Polizei präsent?

(Staatssekretär von Ammon)

4. Welche geplanten extrem rechten Veranstaltungen mit Musikbezug sind der Landesregierung für Dezember 2018 und im 1. Halbjahr 2019 in Thüringen bisher bekannt?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten König-Preuss beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die rechtsextremistische Konzertveranstaltung in Kirchheim war von den Hammerskins organisiert worden. Als Anmelder fungierte ein Neonazi aus Brandenburg. Dieser wird der Hammerskin-Szene zugerechnet.

Zu Frage 2: Das Konzert fand in der Erlebnisscheune im Veranstaltungszentrum Erfurter Kreuz in Kirchheim statt. Es nahmen nach polizeilichen Erkenntnissen einschließlich des Funktionspersonals etwa 250 Personen teil. Die Teilnehmer reisten aus Thüringen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie aus dem europäischen Ausland, und zwar aus der Schweiz, Tschechien und Dänemark, an. Es traten folgende rechtsextremistische Bands auf: „Confident of Victory“ aus Brandenburg, „Exzess“ aus Brandenburg, „Flak“ aus Rheinland-Pfalz und "Uwocaust" aus Brandenburg. Während des Veranstaltungszeitraums wurde eine Straftat wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen festgestellt.

Zu Frage 3: Seitens des Veranstalters war die Veranstaltung schriftlich datiert auf den 22. September 2018 und mit Eingang bei der zuständigen Ordnungsbehörde am 2. Oktober 2018 nach § 42 Ordnungsbehördengesetz angezeigt worden. Die Verwaltungsgemeinschaft Riechheimer Berg erließ einen Auflagenbescheid. Im Vorfeld fand mit dem Stellvertreter des Anmelders ein Kooperationsgespräch statt. Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurde ein Polizeieinsatz unter Bildung einer besonderen Aufbauorganisation mit Einsatzabschnitten durchgeführt. Neben allgemeinen polizeilichen Maßnahmen wurden insbesondere zwei Kontrollstellen eingerichtet, an denen circa 230 Personen kontrolliert wurden. Im Weiteren hielten sich zur Beweissicherung durchgängig Polizeibeamte im Veranstaltungsobjekt auf und es erfolgten Kontrollen im Veranstaltungsraum. Die polizeiliche Präsenz war von Veranstaltungsbeginn

bis Veranstaltungsende sichergestellt. Es waren insgesamt 49 Polizeibeamte im Einsatz.

Zu Frage 4: Nach derzeitigem Erkenntnisstand fand am 8. Dezember 2018 in Eisenach im dortigen Szeneobjekt „Flieder Volkshaus“ eine Jahresabschlussveranstaltung mit Liederabend statt. Für das erste Halbjahr 2019 liegen derzeit Anmeldungen für insgesamt acht Kundgebungen mit Musikbeiträgen für den 4. Mai in Kloster Veßra und den 25. Mai in Themar vor.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.