am 16. Mai 2018, ein schriftliches Anhörungsverfahren sowie ein ergänzendes schriftliches Anhörungsverfahren zu dem Änderungsantrag in Vorlage 6/4603 durchgeführt. Der Gesetzentwurf war Gegenstand einer Onlinediskussion gemäß § 96 Abs. 2 Geschäftsordnung.
Der Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten hat den Gesetzentwurf – Drucksache 6/ 4919 – in seiner 55. Sitzung am 25. Oktober 2018 und in seiner 57. Sitzung am 6. Dezember 2018 beraten und empfiehlt, den Gesetzentwurf mit den vom Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz empfohlenen Änderungen, vergleiche Vorlage 6/4783, anzunehmen.
Somit haben sich alle beteiligten Ausschüsse für den Gesetzentwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen des Umweltausschusses ausgesprochen und ich denke, nach diesen umfangreichen Beratungen kann dieser hier heute beraten werden. Wir freuen uns als Ausschuss auf die Debatte. Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Wünscht aus den Fraktionen Die Linke, SPD, Bündnis 90/Die Grünen jemand das Wort zur Begründung des Änderungsantrags?
Danke schön. Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer, wir beschließen heute das Thüringer Gesetz zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Das war in den letzten Wochen und Monaten immer Thema in Funk und Fernsehen. Es wurde öffentlich genügend debattiert über den trockenen Sommer. Ich glaube, Klimaschutz geht uns alle an.
Dennoch sind wir der Meinung – es gibt ja immer Dinge, die kann man in einem Gesetz nicht optimal gestalten und nicht umsetzen –: Klimaschutz sollte sozial verträglich sein. In dem Klimaschutzgesetz ist geregelt, dass die Ein- und Zweifamilienhäuser zukünftig, also ab dem Jahr 2030, 25 Prozent erneuerbare Energien haben sollen. Dies ist aber nur machbar, wenn wir uns heute schon darauf vorbereiten, langfristig planen. Deshalb wird die Landesregierung gebeten, ihr Beratungsangebot, was jetzt schon durch Thüringen fährt, auszuweiten, auch zu kombinieren und so zu gestalten, dass eine soziale Verträglichkeit gegeben ist. Nicht, dass Oma Müller mit 70 Jahren noch das Haus verkaufen muss, das
wäre schade, sondern wir leben alle in einer Welt und ich glaube, das tun wir unserer Umwelt und auch unseren Kindern und Enkelkindern zuliebe, dass wir hier gemeinsam an einem Strang ziehen.
Deswegen der Entschließungsantrag mit der Bitte an die Landesregierung, den Klimaschutz sozial verträglich zu gestalten. Danke.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Gruhner von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will gern einige Anmerkungen, Bemerkungen zum Klimagesetz machen, das wir in der Tat in den letzten Monaten umfangreich beraten haben. Ich darf zunächst erst mal feststellen, dass ich davon ausgehe, dass wir alle Klimaschutz wollen – vielleicht mit Ausnahme der AfD –, weil wir natürlich zur Kenntnis nehmen müssen,
das ist gerade schon deutlich geworden, dass 2018 in der Tat der heißeste und trockenste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen stattgefunden hat und dass im Übrigen, auch das muss man zur Kenntnis nehmen, die wärmsten, heißesten und trockensten zehn Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in den letzten 15 bis 20 Jahren stattgefunden haben. Deswegen, glaube ich, kann niemand ignorieren, dass wir tatsächlich mitten im Klimawandel sind und dass natürlich Politik auch darauf reagieren muss, weil das unsere gemeinsame Verantwortung ist. Ich glaube, da sind wir uns in der Tat alle gemeinsam einig.
Aber dann, wenn man zur Frage kommt, wie man Klimaschutz nun klug angeht, da scheiden sich die Geister und da gehen wir auch unterschiedliche Wege, weil es in der Tat unterschiedliche Ansätze gibt mit Blick auf die Frage, wie wir klugen Klimaschutz politisch und auch in Gesetzen umsetzen. Und da könnte man sagen, da gibt es sozusagen die eine Herangehensweise, die eine Philosophie, die ganz klar sagt: Ja, wir wollen Klimaschutz, aber gleichzeitig auch Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft erhalten. Die Seite, die sagt: Wir wollen keinen Zwang und keine Gebote, wir wollen Anreize schaffen, wir wollen, dass die Menschen, dass die Unternehmen den Eindruck haben, dass sich Klimaschutz lohnt. Und dann gibt es die andere Seite,
Mein Eindruck ist, dass gerade zum Zweiten, also zur Frage Zwang, Gebote, Verbote, die rot-rot-grüne Landesregierung neigt, und das hat sie auch mit diesem Klimagesetz hier dokumentiert.
Wir sind der Überzeugung, Bürger müssen zum Gewinner auch von Klimaschutz werden. Deswegen ist unsere Herangehensweise eben Freiwilligkeit und kein Zwang. Ich will Ihnen das auch noch mal darlegen, weil man das aus Ihrem Gesetz gut herauslesen kann, dass Sie eben den beschriebenen Weg gehen – Zwang, Gebote, Verbote.
Erstens: Sie schreiben in diesem Klimagesetz für den Freistaat Thüringen ein Prozent Flächenziel für die Windkraftnutzung vor. Ein Prozent der Landesfläche soll für Windkraft genutzt werden. Das werden Sie mit diesem Gesetz verankern. Da will ich Ihnen sagen, warum auch das Zwang und am Ende eben auch Bevormundung bedeutet, und das haben die kommunalen Spitzenverbände auch in allen Anhörungen deutlich gemacht. Landkreistag, Gemeinde- und Städtebund, beide haben gesagt: Damit greifen Sie in die Hoheit der Regionalen Planungsgemeinschaften ein, die eigenverantwortlich festlegen, wo sie Windvorranggebiete ausweisen und wo nicht. Und weil Sie diesen Eingriff machen, zwingen Sie die Kommunen zu diesem Handeln, Sie nehmen den Kommunen Gestaltungsfreiheit und damit bevormunden Sie die Kommunen. Deswegen gilt für dieses 1-Prozent-Ziel: Das ist Bevormundung, die Sie ganz konkret hier mit dieser politischen Zielstellung, mit diesem Gesetz auch betreiben.
Dann will ich an dieser Stelle auch noch mal sagen: Es geht bei diesem 1-Prozent-Ziel natürlich nicht nur um Bevormundung, um Gebote und Verbote. Es geht vor allem darum – und das haben wir in vielen Debatten hier im Haus auch schon diskutiert –, dass Sie die Akzeptanz für die Energiewende gerade auch mit dieser Zielstellung verringern, dass Sie mit diesem Klimagesetz – auch mit Blick auf die Fragestellung „1-Prozent-Flächenziel“ – das Klima für Klimaschutz in diesem Lande verschlechtern. Deswegen kann man nur sagen – wir haben diesen Antrag im Umweltausschuss gestellt, dass diese Zielstellung aus dem Gesetz rauskommt –: Sie verschlechtern Akzeptanz. Und im Übrigen – auch das sagen uns alle Experten – macht es doch gar keinen Sinn, ein Flächenziel zu definieren,
wenn man davon ausgeht, dass Windkraftanlagen heute zehnmal so leistungsfähig sind wie vor zehn Jahren noch. Deswegen sollten wir über Leistungen, über erzeugte Menge diskutieren und nicht über die Frage von Flächenzielen. Deswegen gehen Sie den falschen Weg, gerade mit Blick auf das 1-Prozent-Ziel im Klimagesetz. Deswegen haben wir auch ganz klar gesagt, dass diese Regelung nicht thüringengerecht ist, und deswegen ist das Gesetz schon allein wegen dieser Fragestellung ein schlechtes Gesetz.
Dann will ich Ihnen ein zweites Beispiel sagen, warum Ihr Gesetz „Zwang, Gebote und Verbote“ heißt und warum es vor allem „mehr Bürokratie“ heißt. Ihr Gesetz verlangt – und der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen hat es nicht besser gemacht –, dass Unternehmen Daten zu liefern haben, dass Unternehmen Energiedaten zu liefern haben. Jetzt will ich zunächst erst einmal sagen: Wenn wir über die Unternehmen, wenn wir über die Wirtschaft in diesem Lande sprechen – gerade mit Blick auf Klimaschutz –, will ich zunächst erst mal feststellen, dass die Thüringer Wirtschaft in den letzten Jahren unheimlich viel in den Klimaschutz investiert hat. Das muss man zunächst erst mal unterstreichen, wenn man dieses Klimagesetz diskutiert. Jetzt geht es um die Frage, wie wir in diesem Land Mittelstand und Wirtschaft wettbewerbsfähig halten und wie wir Wirtschaft in diesem Land auch unterstützen. Da ist Ihre Antwort neben anderen Fragestellungen, die Sie im Bereich der Wirtschaftspolitik setzen, zunächst erst einmal: mehr Bürokratie. Mehr Bürokratie heißt Ihr Klimagesetz, bedeutet Ihr Klimagesetz für die Thüringer Wirtschaft.
Anfänglich hieß es in Ihrem Gesetz, die Unternehmen sollen die Daten direkt an die Kommunen liefern. Jetzt haben Ihre Koalitionsfraktionen selbst gesagt: Ganz so weit darf es auch nicht gehen, das haben Sie etwas korrigiert, wie so oft. Aber jetzt sollen die Unternehmen die Daten an das Landesamt für Statistik liefern. Die Thüringer Wirtschaft, die Industrie- und Handelskammern haben einen klugen Vorschlag gemacht; das haben Sie ignoriert. Die haben gesagt: Wir sollten mindestens eine Bagatellgrenze einführen und sagen: Wir befreien beispielsweise jene Unternehmen, die weniger als 200 Mitarbeiter haben, weil es doch wirklich so ist, dass kleine Unternehmen mit ein paar wenigen Angestellten doch nun wirklich schon genug Statistikpflichten haben, dass sie schon genug bürokrati
sche Lasten zu erfüllen haben und dass im Übrigen der Beitrag des kleinen Handwerkers zum Klimaschutz wahrscheinlich nicht so enorm sein wird, dass er die Welt damit retten wird. Deswegen wird Ihr Gesetz gerade an dieser Stelle null Effekt für das Klima haben, aber einen Rieseneffekt für mehr Bürokratieaufbau für die Thüringer Wirtschaft.
Dann will ich Ihnen ein drittes Beispiel nennen, warum Ihr Gesetz „Zwang, Gebote, Verbote“ heißt. Sie legen mit Ihrem Gesetz verbindliche Quoten mit Blick auf die Nutzung von erneuerbaren Energien fest, die Gebäudeeigentümer in Thüringen erbringen müssen. Da sagen Sie einerseits: Bei genehmigungspflichtigen Umbauten müssen zum 01.01.2030 25 Prozent erneuerbare Energien erfüllt sein. Dann sagen Sie: Wer aber Fördermittel für den Bereich Klimaschutz haben will, muss 50 Prozent Erneuerbaren-Quote vorweisen.
Dann sagen Sie: Gut, wir relativieren das etwas, dort, wo Fernwärme-, Nahwärmenetze eine Rolle spielen, sind wir bei diesen Quoten nicht so streng, um es mal salopp zu sagen. Aber da muss man auch mal sagen: Die Realität in Thüringen ist doch die, dass beispielsweise der Großteil des ländlichen Raums – und wir reden in Thüringen maßgeblich über den ländlichen Raum – gar nicht an Fern- und Nahwärmenetze angeschlossen ist. Deswegen ist diese Zielstellung, sind diese Quoten vor allem – wie in anderen Politikfeldern auch – ein Angriff auf den ländlichen Raum, sind sie eine Belastung für den ländlichen Raum. Gebote, Verbote, Zwang für den ländlichen Raum, das bedeutet Ihr Klimagesetz.
Und deswegen ist auch das ein Beispiel, wo Sie das gesellschaftliche Klima für Klimaschutz in diesem Land verbessern.
Schließlich will ich Ihnen sagen, was wir machen würden, wenn wir die Verantwortung hätten. Sie rufen nichts rein, ich will Ihnen sagen, da haben Sie offensichtlich nicht aufgepasst in den letzten vier Jahren – das kommt aber durchaus gelegentlich vor –, denn wir haben vor gar nicht so langer Zeit, am Beginn dieser Legislaturperiode, ein eigenes Gesetz vorgelegt, ein Energieeffizienzgesetz.
Dass Sie das gekonnt ignorieren, mag Ihr politischer Stil sein. Sie haben ja damals nicht mal die Kraft gehabt, das Gesetz an die Ausschüsse zu überweisen, um auch den Sachaustausch zu füh
ren. Aber jetzt will ich Ihnen schon mal sagen, dass das eben auch beschreibt, wie wir uns Klimaschutz vorstellen, nämlich auf Freiwilligkeit setzen, auf Anreize setzen, Bürgern und Wirtschaft auch vermitteln, dass sich Klimaschutz tatsächlich lohnt und dass Klimaschutz eben nicht heißt, wir legen mal alle schön an die grüne Leine. Es geht darum, dass wir vor allem auch das Prinzip der Technologieoffenheit in unseren Gesetzen zu verankern haben. In Ihrem Gesetz ist von Technologieoffenheit keine Rede. Auch das ist ein klares Prinzip, was wir verankern würden, wenn wir die Verantwortung hätten.
Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel sagen: Wir würden in ein Klimagesetz auch nicht reinschreiben, dass 1 Prozent der Landesfläche in diesem Land mit Windrädern verspargelt wird,
(Zwischenruf Siegesmund, Ministerin für Um- welt, Energie und Naturschutz: Aber die an- deren machen es!)
erstens, weil wir die Planungshoheit der Kommunen und weil wir zweitens im Gegensatz zu Ihnen die kommunale Selbstverwaltung achten und weil wir eben der Überzeugung sind, dieses Land nicht mit Windrädern zu verspargeln.
Dann haben wir einen weiteren Vorschlag gemacht, auch den haben wir zumindest hier im Plenum schon diskutiert, dass wir gesagt haben: Okay, wenn wir Vorbildwirkung der öffentlichen Hand im Bereich beispielsweise der Steigerung der Energieeffizienz wollen, wäre es doch klug, dass der Freistaat auch für seinen eigenen Gebäudebestand, für seine eigene Nutzung einen Energieeffizienzfonds einrichtet, der sich dann aus den eingesparten Mitteln speist, die durch Energieeffizienzmaßnahmen erreicht werden. So würden wir nachhaltig und dauerhaft auch Geld sichern, damit Energieeffizienz immer wieder auch bei den Landesimmobilien finanziert werden kann.