Ich werde dann entsprechend bei den anderen auch so verfahren. Als nächste Rednerin hat Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hatte ja ehrlich gehofft, dass wir inhaltlich über das Thema „Regelschulen und Unterrichtsausfälle“ reden können. Aber nach dieser Rede von Herrn Höcke über „die familienzerstörende Pest“, die Wirkung von Hausaufgaben und die Lehrer und Schüler, die in den Wahnsinn getrieben werden, frage ich mich, ob es irgendwie noch eine Nummer aberwitziger oder vielleicht auch wieder eine Nummer sachlicher geht. Ich weiß nur nicht, ob Sie daran wirklich Interesse haben.
Die Aktuelle Stunde ist ja mit dem Titel überschrieben „SOS an Regelschulen – gefährdet der Anstieg von Unterrichtsausfällen die Regelschulen als Rückgrat des Thüringer Schulwesens?“ Ich habe erst gedacht, okay, die AfD hat ein bisschen bei der CDU gewildert und sich jetzt das Herzstück Regelschule ausgeguckt, aber darum ging es ja gar nicht, sondern Herr Höcke hat uns einmal mehr – das haben wir ja im letzten Plenum schon erlebt – an seinem Familienleben teilhaben lassen. Wenn ihm da nichts anderes einfällt als Hausaufgaben gegen eine zerstörte Familie, dann frage ich mich manchmal, was da los ist – nun ja, ich will es gar nicht so genau wissen.
Ich finde es übrigens auch bemerkenswert, dass die AfD mit ihren Aktuellen Stunden überaus durchschaubar versucht, bildungspolitische Aktivität zu simulieren. Denn mal ehrlich: Aus den vergangenen Jahren ist hier keine ernsthafte bildungspolitische Initiative der AfD bekannt,
Für mehr als 5 Minuten Stimmungsmache reicht es offenkundig nicht, so muss ich das leider zusammenfassen. Darüber kann auch nicht der unsinnige
Herhalten für diese Politiksimulation muss seitens der AfD einmal mehr der Unterrichtsausfall, welcher ohne Zweifel eine große Herausforderung darstellt und deswegen will ich darauf durchaus ernsthaft eingehen. Denn dieser ist nicht vom Himmel gefallen, das wissen wir alle. Er war lange absehbar und durch eine jahrelange – das muss man so deutlich sagen – verfehlte, auch Personalpolitik der CDU im Bildungsbereich geradezu vorprogrammiert. Viel zu lange wurden zu wenige Lehrkräfte eingestellt. Ich weiß, Sie wollen das ungern hören. Stattdessen wurde auf vermeintliche Personalüberhänge verwiesen. Nur jetzt, wo die Personalüberhänge weg sind, wird deutlich, welche schulischen Strukturprobleme, nämlich bei der Unterrichtsabsicherung, existieren.
Während die AfD also in Ausschuss und Parlament maßgeblich durch Inaktivität auf sich aufmerksam macht, stellen wir uns als rot-rot-grüne Koalition seit Jahren diesem Problem und das durchaus konsequent.
Ich will nur daran erinnern, dass wir in den vergangenen fünf Jahren mehr als 4.200 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt haben, so viele wie in noch keiner Legislaturperiode zuvor. Hinzu kommt, dass wir alles dafür getan haben, um im Wettbewerb der Länder um gute Lehrkräfte zukünftig besser bestehen zu können. Dazu haben wir – das werden wir auch noch diskutieren – die bessere Bezahlung der Regelschullehrerinnen auf den Weg gebracht. Auch das wird noch Thema der nächsten Plenartage sein. Wir haben – wie gesagt – dafür gesorgt, dass Regelschullehrkräfte ab 2018 zunächst eine Besoldung nach A12 plus, also eine A12 mit Zulage, erhalten und ab 2020, so wir das hier beschließen, sie genauso wie die Gymnasiallehrerinnen die Besoldungsstufe A13 erhalten. Von einer Benachteiligung der Regelschulen kann also tatsächlich überhaupt keine Rede sein – im Gegenteil, diese haben einen ganz wichtigen Stellenwert in unserem Schulsystem, der auch von niemandem – außer der AfD vielleicht – infrage gestellt wird.
Was mich aber besonders ärgert, ist, dass die AfD für eine vermeintlich befürchtete Schwächung der Regelschulen jetzt auch noch das neue Schulgesetz heranzieht, weil das wirklich hanebüchen ist, denn das Schulgesetz dient ja gerade dazu, dass die Thüringer Schulen eine zukunftssichere Per
Wir alle wissen natürlich, dass gerade kleine Schulen besonders personalintensiv sind und eine hohe Anzahl erkrankter Lehrkräfte auch gleich zu einem bedenklichen Ausmaß an Unterrichtsausfall führt. Genau deshalb, damit eben unsere Schulen zukunftsfähig werden, haben wir Kooperationsmodelle für Schulstandorte vorgeschlagen, auch für die Regelschulstandorte. Ausschlaggebend ist für uns, dass die Schulen tatsächlich wohnortnah vor Ort bleiben, Schulschließungen vermieden werden und der Unterrichtsausfall durch eine flexible Schulorganisation deutlich verringert wird.
In diesem Sinne lassen Sie uns sachlich diskutieren, aber sparen Sie uns bitte diese Untergangsszenarien der AfD. Vielen herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, beginnen möchte ich meinen Beitrag mit einem Zitat des allseits geschätzten Vorsitzenden des Thüringer Lehrerverbands Rolf Busch, der festgestellt hat: Die Regelschule ist das Herzstück des Thüringer Schulwesens. Inzwischen muss man manchmal aber sagen: Die Regelschule ist der Herzpatient des Thüringer Schulwesens.
Ein Beispiel: An der staatlichen Regelschule in Königsee werden derzeit aktuell in mehreren Klassenstufen tagesbezogen lediglich zwei Unterrichtsstunden gegeben – dabei teilweise Kunst oder Sport –, zwei weitere Stunden werden beaufsichtigt, nach der vierten Stunde werden die Schülerinnen und Schüler nach Hause entlassen mit der Folge, dass sie zwei weitere Stunden in und außerhalb des Schulbereichs warten müssen, bis sie der Schulbus in ihre Wohnorte zurückbringt.
fallen. Der Unterrichtsausfall an den Thüringer Regelschulen befindet sich auch im Vergleich zu anderen Schulformen auf höchstem Niveau. Im Jahr 2017 haben 285 Klassen an Regelschulen fehlende Zeugnisnoten gehabt. In diesem Winterhalbjahr waren es nach bisherigem Kenntnisstand 406 Klassen und damit 43 Prozent aller Klassen der Regelschulen in Thüringen. Dieser Zustand ist skandalös und unverantwortlich.
Thüringen hat einen nachhaltigen Unterbesatz an Lehrern an Regelschulen. Systematisch werden in jedem Landeshaushalt Lehrerplanstellen entzogen, zuletzt für 2019 170 Lehrerplanstellen an Regelschulen. In den Jahren seit der Wiedervereinigung wurde unter allen Landesregierungen in Thüringen bis 2014 die Regelschule tatsächlich als Herzstück des Thüringer Schulsystems betrachtet und auch gepflegt – auch unter Beteiligung der SPD. Seit dem Amtsantritt der linken Kultusminister verliert die Regelschule an Leistungsfähigkeit und pädagogischer Kompetenz. Sie wird personell ausgetrocknet, sie wird Opfer ideologisch geprägter Schulpolitik, die die Regelschule und die Gymnasien in Thüringens Fläche in Gemeinschaftsschulen zusammenführen will. Der leistungsfähigen Thüringer Regelschule droht so das Schicksal der einstmals stolzen Hauptschule in den alten Bundesländern. Sie wird so ganz beabsichtigt zur Restschule. Die Schulpolitik dieser Landesregierung richtet sich gegen die Fläche, gegen den ländlichen Raum.
Das neue Schulgesetz passt sich haarscharf an die groteske Absicht zu Anfang der Legislaturperiode an, die Thüringer Landkreise zu zerschlagen und durch Monsterkreise zu ersetzen, die auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion vom Verfassungsgerichtshof gestoppt werden musste.
Dieses Schulgesetz mit seinen Mindestgrößen wird zu einem Schulsterben in den Landkreisen führen, angefangen von den Grundschulen über die Regelschulen zu den Gymnasien. Gymnasiale Standorte wie – ich zähle sie auf – Königsee, Gerstungen, Ruhla, Bad Lobenstein, Großengottern, Bleicherode, Weida, Ohrdruf, Schleusingen, Hermsdorf, Lengenfeld unterm Stein, Schlotheim, Kölleda, Dingelstädt, Kaltensundheim und Meuselwitz, nur um eini
ge zu nennen, drohen diesen Status zu verlieren und ganz einfach zu Gemeinschaftsschulen zu werden. Das ist die Absicht dieser Landesregierung. Der Verlust dieser Gymnasialstandorte wird für alle diese Mittelzentren und Grundzentren einen strukturellen Aderlass bedeuten, der durch die Gemeinschaftsschule bei Weitem nicht ausgeglichen werden kann. Die Politik dieser Landesregierung stärkt die Städte, die Konzentration in den Zentren Thüringens nimmt zu. Der ländliche Raum, in dem noch immer die Mehrheit der Thüringerinnen und Thüringer lebt, wird einem ideologischen Kalkül geopfert. Linke Ideologie und der haushalterische Eifer der Finanzministerin läuten das Sterbeglöcklein für eine wohnortnahe und leistungsfähige Schulstruktur in unserem schönen Freistaat Thüringen ein.
Der AfD, die diese Aktuelle Stunde beantragt hat, sei ins Stammbuch geschrieben, dass eine Aktuelle Stunde nicht Ersatz für fehlende fachliche Kompetenz und fehlenden Fleiß in der Ausschussarbeit dieses Parlaments sein kann. Denn das, meine sehr geehrten Damen und Herren der AfD, fehlt uns leider. Ich glaube, zu diesem Thema ist alles gesagt. Beim Herzstück unserer Schullandschaft, der Regelschule, ist mehr Aufmerksamkeit und mehr Kompetenz gefragt. Deswegen, Herr Minister Holter, kümmern Sie sich um die Regelschule in Königsee, damit die Kinder nicht zwei Stunden auf den Bus warten müssen, nur weil der Unterricht ausfällt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere mich noch gut an die vielen Pressemitteilungen einer Abgeordneten Rosin, die vehement den Aufbau der TGS, der Thüringer Gemeinschaftsschule, gefordert hat.
Es ist zum Glück so, dass Sie dort sitzen und nicht mehr bei uns. Da können Sie solche Reden halten, zur Lösung trägt es überhaupt nicht bei.
Kollegin Rothe-Beinlich ist schon darauf eingegangen, wenn Privates politisch wird, jetzt zum zweiten Mal, das wird dann lustig hier. Punkt eins: Wir haben hier eine Aktuelle Stunde von der AfD, die zwei Sachen beschreibt, dass wir eine unzureichende Besetzung an den Regelschulen, nur an den Regelschulen, hätten, und zweitens die Schwächung der Regelschulen durch das Schulgesetz. Wenn man sich jetzt mal nicht mit den Beschreibungen der alternativen Fakten der AfD beschäftigt, sondern mit dem, was wirklich Realität in Thüringen ist, stelle ich Folgendes fest: Erstens, sehr geehrter Herr Kollege Höcke: Wir können nur die Lehrer einstellen, die wir tatsächlich haben. Es ist eben nicht so, dass wir keine Stellen haben, es ist so, dass wir keine Lehrkräfte haben. Deswegen gehen wir auch den Weg, dass wir die Regelschullehrer zukünftig genauso bezahlen wie die Gymnasiallehrer, weil wir dann eine laufbahngleiche Verwendung haben, weil wir dann auch die Gymnasiallehrer an den Regelschulen einsetzen können, ohne dass sie die Laufbahn wechseln müssen. Das stärkt die Regelschule. Nur, dass Sie es mal gehört haben, vielleicht kommt es irgendwann mal an.