Protokoll der Sitzung vom 01.03.2019

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion sieht keine wirkliche Lösung in der Forderung nach einem Nachtragshaushalt. Das Zurverfügungstellen von Lehrerstellen löst das eigentliche Problem nur bedingt. Denn schon jetzt können Lehrerstellen vielfach gar nicht oder nicht dem fach- und schulartspezifischen Bedarf entsprechend nachbesetzt werden. Die hohe Zahl der Stellenwandlungen in den letzten Jahren beweist, dass man nicht mehr die Lehrer auf dem Bewerbermarkt findet – das wurde an dieser Stelle auch schon gesagt –, die man eigentlich braucht, um den Generationswechsel an den Schulen erfolgreich zu gestalten. Gerade in einzelnen Schularten, Fächern und Fächerkombinationen gibt es eben auch einen Bewerbermangel. Die Gründe dafür sind vielfältig und ebenso vielfältig müssen die Lösungen sein.

Es braucht endlich ein umfassendes Maßnahmenpaket der Landesregierung zur Bekämpfung des Unterrichtsausfalls. Unserer Ansicht nach braucht es zur Umsetzung der Unterrichtsgarantie unter anderem wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Lehrergesundheit, zur Vereinfachung der Einstellungsverfahren, zur bedarfsdeckenden Lehrer

(Abg. Wolf)

ausbildung sowie zur Entlastung und Anerkennung von Lehrern. Entsprechende Vorschläge der CDUFraktion liegen seit mehreren Jahren auf dem Tisch. Die Ausbildungskapazitäten müssen dabei an den Bedarf angepasst und massiv erhöht werden. Es gilt, die Studienberatung an den Hochschulen dahin gehend zu stärken, dass sie Studierende in Mangelfächer lenkt bzw. ihnen während des Studiums die Aufnahme des Studiums in einem dritten Fach bedarfsorientiert nahelegt.

Es braucht ein Anreizsystem für Lehrer, sich auf Stellen im ländlichen Raum zu bewerben. Da ist eben auch dieses Beispiel der Kamsdorfer Schule treffend und wir haben auch viele weitere kleine Schulen, das kennen Sie aus Ihren Wahlkreisen im gesamten Land Thüringen, die an dieser Stelle auch unsere Unterstützung und keine Schließungsdiskussionen brauchen.

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Die führen Sie doch!)

Einstellungsverfahren müssen weiter optimiert und Wartezeiten zwischen den einzelnen Phasen der Lehrerbildung vermieden werden. Auch hier steht die Landesregierung in der Verantwortung. Da gibt es genug Beispiele, dass junge Lehrer, die fertig sind, auch erst noch mal warten müssen, bis sie eine entsprechende Zuweisung bekommen. Und hier muss man auch auf die Einzelfälle achten und handeln, damit gerade die jungen Lehrer so schnell wie möglich in ihren Beruf einsteigen können.

Leistung muss sich auch für Lehrer lohnen, deshalb braucht es mehr Funktionsstellen an den Schulen. Die Änderung des Besoldungsgesetzes hat das Problem durch die Einschränkung von Beförderungsmöglichkeiten sogar noch verschärft.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: So ist es!)

Der Erhalt der Lehrergesundheit muss stärker in den Fokus gerückt werden. Immerhin gibt es circa 1.000 langzeitkranke Lehrer im Thüringer Schuldienst. Auch da verweise ich wieder auf dieses Beispiel der Kamsdorfer Schule, denn so haben wir auch viele andere Schulen, die Unterstützung und schnelle Hilfe brauchen. Auch da muss die Landesregierung dann entsprechend reagieren.

Lehrer müssen von Zusatzaufgaben und Bürokratie entlastet werden und wieder mehr Zeit für die Arbeit am Kind haben. Die Landesregierung hat hingegen lange über ein Maßnahmenpaket diskutiert und mit dem Thüringenplan „Zukunft Schule“ letztendlich ein unambitioniertes Flickwerk vorgestellt, das tatsächliche Verbesserungen zum Beispiel im Hinblick auf die Lehrergesundheit, die Entlastung der Schul

leitungen und Entwicklungsperspektiven im Lehrerberuf vermissen lässt.

Bei den am Prozess Beteiligten wurde im Rahmen des umfassenden Diskussionsprozesses die Erwartung geweckt, dass sie tatsächlich Einfluss auf künftige Weichenstellungen in der Bildungspolitik der Landesregierung nehmen können und ihre Anregungen ernst genommen und aufgegriffen werden. Letztlich hat die Landesregierung diese Erwartungen und Anregungen aus der Schulpraxis jedoch ignoriert und damit die Akteure bitter enttäuscht. Mit dem neuen Besoldungsgesetz wurde der Lehrerberuf noch unattraktiver, da es außer für Schulleiter und ihre Stellvertreter keine Beförderungsmöglichkeiten für Lehrer in Thüringen mehr gibt. Sie gehen künftig mit ihrem Eingangsamt in Pension.

Wie eingangs bereits gesagt, sieht die CDU-Fraktion keine wirkliche Lösung in der Forderung nach einem Nachtragshaushalt. Im Gegenteil, es ist wichtig, dass auch die Vorschläge der Opposition aufgegriffen und umgesetzt werden. Dann kommen wir auch in diesem Land in den nächsten Jahren und Jahrzehnten wieder in den richtigen Tritt und auf einen guten Weg. Danke sehr.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Astrid Rothe-Beinlich das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste auf der Tribüne, wir haben diese Debatte jetzt gefühlt zum dritten Mal in den drei Tagen – erst die Aktuelle Stunde, dann gestern, heute einmal mehr – und manchmal habe ich das Gefühl, es ist ein bisschen wie bei einer Schallplatte, die einen Riss hat und die sich immer wiederholt. Das macht es nicht unbedingt besser.

Es geht eigentlich um eine ernste Problematik. Allerdings kann ich sie, so wie sie die AfD vorgetragen hat, leider nicht wirklich ernst nehmen. Wenn Sie fragen, Herr Kießling, was denn aus dem Land der Dichter und Denker geworden ist, dann kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Goethe und Schiller solche Reden hören müssten, wie sie von Ihnen hier am Pult gehalten werden, fürchte ich, dass sie sich im Grab umdrehen würden.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Abg. Kowalleck)

Sie haben einen Antrag vorgelegt, mit dem Sie die Landesregierung auffordern, dem Landtag unverzüglich einen Entwurf für ein Nachtragshaushaltsgesetz 2018/2019 vorzulegen. Dort soll festgelegt werden, neue Lehrerinnen- und Lehrerstellen zu schaffen, „um dem massiven Stundenausfall an den Thüringer Schulen entgegenzutreten.“ Ich muss Ihnen leider sagen – es wird auch keine Überraschung für Sie sein –, dass wir diesen Antrag ablehnen werden, und zwar mit guten Gründen. Vielleicht gibt es Ihnen ja auch zu denken – auch wenn ich die Ausführungen von Herrn Kowalleck nicht in Gänze unterschreiben kann –, dass auch die CDU dieses Ansinnen jedenfalls ablehnt.

Bei der CDU kann ich nur sagen: Hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Jetzt wissen Sie, was man alles hätte tun müssen. Die vielen Lehrerinnen und Lehrer, wie Sie vorhin dazwischengerufen haben, die jetzt in den Ruhestand gehen, waren auch schon vor zehn, 15 und 20 Jahren gut bekannt. Da hat ein Personalentwicklungskonzept gefehlt. Das hat es nicht gegeben. Es ist nicht eingestellt worden. Das habe ich hier gestern alles schon mal gesagt. Wir von Rot-Rot-Grün haben 4.200 Lehrerinnen eingestellt. Das sind so viele, wie noch in keiner Legislatur zuvor – das müssen Sie sich auch immer wieder anhören.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Wie viele sind denn gegangen?)

Wir werden Ihren Antrag also auch schon deshalb ablehnen, weil er zur Lösung aktueller schulischer Strukturprobleme einfach untauglich ist.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das können wir doch im Ausschuss behandeln!)

Natürlich wissen wir alle – können sie bitte mal aufhören zu schreien –, dass der Unterrichtsausfall deutlich zu hoch ist, das habe ich auch schon in meiner Rede zur Aktuellen Stunde betont. Viel zu lange – ich sage es noch mal – wurden viel zu wenige Lehrkräfte eingestellt. Vermeintliche Personalüberhänge – so hieß es immer – haben bereits lange bestehende schulische Strukturprobleme in der Unterrichtsabsicherung überdeckt.

Unterrichtsausfall hat aber vielfältige Gründe, das müssen wir uns immer wieder klarmachen. Das sind auf einer Seite die vielen langzeiterkrankten Lehrerinnen und Lehrer. Es sind aber auch fehlende Fachlehrerinnen und Fachlehrer – Stichwort „Mangelfächer“ –, zu wenige ausgebildete Lehrkräfte, beispielsweise für bestimmte Schularten wie Grund- und Regelschulen, und teilweise auch – das wissen wir, das haben wir gestern auch diskutiert – attraktivere Bedingungen in anderen Bundesländern. Deutlich wird daran, dass wir nicht etwa ein

Geldproblem haben, wie Sie es hier suggeriert haben, denn der Antrag richtet sich auf einen Nachtragshaushalt, sondern wir haben ein Fachkräftegewinnungsproblem – und damit sind wir nicht allein.

Um auf diese Problemlagen reagieren zu können, haben wir auch schon ein ganzes Bündel an Maßnahmen zur besseren Lehrkräftegewinnung auf den Weg gebracht. Ich will kurz einige davon benennen: Da wäre zum einen die Wiedereinführung der Verbeamtung zum 01.10.2017. Zur Verbeamtung kann man sehr unterschiedlich stehen, ich bin davon auch nicht überzeugt, aber wenn alle anderen Bundesländer ringsherum verbeamten, bleibt einem im Prinzip fast nichts anderes übrig, als auch dieses Angebot an die Lehrerinnen und Lehrer zu machen. Das haben wir getan. Dann haben wir die Verbesserung der Besoldung von Lehrkräften sowohl in der Grundschule als auch in der Regelschule und der Förderschule. Über die Regelschullehrerinnen und -lehrer haben wir gestern ganz dezidiert gesprochen. Sie werden jetzt die A13 bekommen. Gestern ist auch ausführlich diskutiert worden, dass wir eine gleiche Bezahlung aller Lehrerinnen und Lehrer – gleich welcher Schulart, da sind wir anderer Auffassung als die AfD, die da im Ständedenken verharrt –, selbstverständlich auch für die Grundschullehrerinnen, auf den Weg bringen wollen.

Wir haben eine frühzeitige Bindung von Fachkräften durch Vorverträge auf den Weg gebracht. So etwas hat es unter der CDU übrigens nie gegeben, aber jetzt weiß die CDU natürlich alles besser. Es gibt die Lehrergewinnungskampagne, die auf den Weg gebracht wurde, und wo wir schon sehr gespannt auf die Ergebnisse sind. Wir haben die Lockerung der Einstellungsrichtlinie sowie die Einstellung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern auf den Weg gebracht.

Außerdem haben wir dafür gesorgt – Torsten Wolf hat es erwähnt –, dass jede frei werdende Stelle auch wieder besetzt wird und dass der Stellenabbaupfad – wer hat ihn auf den Weg gebracht? –, den ich übrigens nach wie vor für falsch halte, bis 2025 ausgesetzt wird.

(Beifall DIE LINKE)

Der Stellenabbaupfad ist auch ein Erbe der CDU, wenn ich alle noch mal daran erinnern darf.

Mit den vergangenen Haushalten ab 2015 haben wir die Rahmenbedingungen für mehr als 4.000 Neueinstellungen geschaffen. Auch im vorliegenden Haushalt 2020 haben wir Vorkehrungen dafür getroffen, dass tatsächlich jede frei werdende Stelle auch wieder besetzt werden kann.

Ich will es abschließend noch einmal deutlich machen: Wir haben derzeit im schulischen Personalbereich weniger ein Geldproblem, wir müssen und werden stattdessen in der Fachkräftegewinnung besser werden – die Maßnahmen habe ich genannt. Hier sind wir auf einem guten Weg, übrigens im Gegenteil zur AfD, die sich auf dem Holzweg eines Nachtragshaushalts befindet, aber offenkundig geht es ohnehin nur um Skandalisierung.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Das ist ja nur ein Vorschlag! Dafür habe ich Beispiele in meiner Rede angeführt!)

Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab, Herr Kießling. Da können Sie hier noch so oft wiederholen, die Schallplatte habe ich schon erwähnt, das macht es nicht besser. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Ihre Rede auch nicht!)

Als nächster Redner hat Abgeordneter Dr. Hartung, Fraktion der SPD, das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ja, dreimal haben wir jetzt in drei Tagen darüber geredet. Ich mache es deshalb kurz und schmerzlos, denn die Fakten haben sich seit vorgestern nicht geändert.

Diese Koalition ist die Regierungskoalition, die seit Bestehen des Freistaats die meisten Lehrer eingestellt hat, daran lässt sich nichts deuteln. Ich sage die Zahl noch mal, gerade die Besucher haben das ja vielleicht noch nicht gehört: Wir haben zwischen 2015 und 2018 über 2.500 Lehrer eingestellt, wir werden in diesem Jahr 1.200 Lehrer einstellen, im nächsten Jahr wieder. Und wir haben den Personalabbaupfad für dieses und das nächste Jahr ausgesetzt. Ich muss da kein Prophet sein: Wir werden auch weiterhin sehr intensiv darüber reden, ob man dieses Machwerk – übrigens ein Erbe der CDU – wieder voll in Kraft setzt oder nicht oder zu welchem Zeitpunkt man das tut.

Wir brauchen keinen Nachtragshaushalt, wir brauchen keine Belehrung der AfD, wir tun das, was wir tun. Ich finde das schon spannend, Herr Kowalleck, was Sie hier sagen. Viele von den Vorschlägen sind durchaus vernünftig und die nehme ich auch gern zur Kenntnis. Die Frage ist: Warum haben wir es in der Vergangenheit unter der CDU-Regierung nicht erlebt?

Die Frage, warum es Christoph Matschie nicht gelungen ist, mehr Lehrer einzustellen, kann ich Ihnen beantworten: Ich habe am Tisch gesessen, als Christoph Matschie zusammen mit Hans-Jürgen Döring versucht hat, mehr Lehrerstellen herauszuschlagen und sich von dem CDU-Finanzminister Voß vorrechnen lassen musste, was das denn in den nächsten 35 bis 40 Jahren alles kostet, wenn wir diese Lehrer einstellen. Das war die Debatte in der schwarz-roten Koalition in der letzten Legislatur,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

nicht die Frage, wann gehen die Leute alle in Rente und wir müssen die ersetzen, sondern: Was kostet uns dieses Ersetzen eigentlich, das sollen doch lieber andere machen. Und dieser Debatte müssen wir uns stellen. Ich bin froh, dass die Finanzministerin, die wir jetzt haben, Heike Taubert – Sozialdemokratin –, da etwas weitblickender agiert und das Geld lockermacht, um diese Lehrer einzustellen. Besser wäre es gewesen, wir hätten es in den letzten 15 Jahren schon so gemacht, dann hätten wir nämlich jetzt keine Pensionierungswelle, die auf uns zurollt und danach kein Mittelalter.

Das ist doch unser Problem: Wir haben keinen gesunden Lehrkörper und wir werden ihn – und das ist das nächste Problem – auch nach der Pensionierungswelle nur schwer aufrechterhalten können, denn dann gibt es eine ganze Reihe von Jahren keine älteren Lehrer, da die nicht eingestellt worden sind. Die Lehrer, die Sie damals nicht eingestellt haben, können den jungen Lehrern nicht unter die Arme greifen und ihnen helfen, in ihren Beruf hineinzufinden und gute Lehrer zu werden. Das ist das Problem, das ist das Erbe. Ich würde nicht von „Ruinen“ sprechen, die Gebäude stehen ja da, es ist halt nur keiner drin. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten gibt es eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Tischner, Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich wollte ich heute mal nichts zur Bildungspolitik sagen,

(Beifall SPD)