Protokoll der Sitzung vom 08.05.2019

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Prof. Dr. Voigt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, LNG; ich muss gestehen, dass wir heute einen guten Ritt durch den – sage ich mal – klimapolitischen Gemüsegarten erlebt haben. Im Prinzip war es eine sehr simple Frage, nämlich: Sind wir dafür, dass wir zwei Terminals in Deutschland bauen oder nicht? Und da sind jetzt FrackingGase reingekommen und alles mögliche andere, Russland und USA. Also ich will mal eines sagen: Wir machen Klimapolitik mit Augenmaß

(Zwischenruf Abg. Harzer, DIE LINKE: Ihr macht gar keine! – Der war gut!)

und das bedeutet für uns ganz klar, dass wir auf der einen Seite Umweltbezogenheit, Bezahlbarkeit, aber gleichzeitig auch die Versorgungssicherheit in den Blick nehmen.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: … ist der höchste in Europa – wegen euch!)

Nehmen Sie es mir nicht übel, Herr Möller, aber dass Sie Ihre Sprechpunkte direkt aus dem Kreml zugesendet bekommen und die dann hier vortragen, das sagt viel mehr über Sie aus als das,

(Beifall CDU)

was Sie jetzt an Sachargumenten hier noch schnell reinzustreuen versuchen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und ich will Ihnen auch eines sagen: Wenn Sie das nächste Mal bei Facebook Ihre Besuche da in Russland posten, wahrscheinlich stehen Sie da gerade wieder auf einer Gasleitung,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ich falte euch gleich einen Aluhut!)

ist alles okay, ja – aber heute nicht! Und ich will Ihnen eines sagen: Wenn wir über LNG reden, reden wir auch über die Fragestellung, ob Deutschland auch weiterhin ein Industrieland bleiben soll. Und wenn wir uns das anschauen – und wir reden über Grundlastfähigkeit, Spitzenlast –, da muss man doch eines feststellen: In 2018 gab es schon Produktionsbeeinträchtigung wegen Stromschwankungen. Genau aus dem Grund sagen wir: Lasst uns einerseits in der Versorgungssicherheit diversifizieren, also unser Gas eben nicht nur über solche Debatten wie Nord Stream, Nord Stream 2 letztlich klären, sondern breiter aufgestellt sein. Und im Übrigen – und das ist, glaube ich, die viel spannendere Frage –, geht es ja auch um die Ökologie dahinter. Und wenn wir uns anschauen, was LNG letztlich auch an Möglichkeiten bietet, um zukünftig bei Power-to-X-Technologien dafür zu sorgen, dass Öko-Strom auch in Gas übersetzt wird, dann kann ich Ihnen nur zurufen, da verwundert mich schon, dass Sie hier mit so einer Verve das versuchen vorzutragen, aber Sie gleichzeitig genau wissen, dass wir auch solche Beiträge brauchen, um letztlich da die Investitionen für die Zukunftstechnologien sicherzustellen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Stimmt doch überhaupt nicht!)

Energiesicherheit auf der einen und auf der anderen Seite natürlich auch Innovationstechnologie durch Power-to-X führen am Ende nicht an der Fragestellung vorbei, wie wir mit Gas klug umgehen können, um es auch als ein grundlast- und spitzenlastfähiges Energiemedium zu nutzen. Wir als CDU sprechen uns ganz klar dafür aus, dass das, was Minister Altmaier vorgelegt hat, auch gilt, nämlich dass Deutschland dort für zwei LNG-Terminals einsteht, dass wir die an das deutsche Gasnetz anbinden. Und 134 Millionen Euro – Herr Harzer, also ich meine, wir können alle ein bisschen Mathematik machen, und wenn wir uns das anschauen, Abschreibung plus die Bevölkerung auf Deutschland, dann kann ich Ihnen genau sagen, wie viel da am Ende hängen bleiben wird. Das hat nichts mit all den Versprechungen, die Sie jetzt hier gerade an Investitionen gemacht haben, zu tun. Die 134 Millionen Euro sind gut investiertes Geld in ein diversifi

ziertes Energienetz in Deutschland, sie sind gut investiertes Geld in den Industriestandort Deutschland, weil das am Ende eben unsere Produktionskapazitäten sicherstellt. Und es ist gut investiertes Geld in die Zukunftstechnologie, die wir auch brauchen, wenn Deutschland auch weiter in Klimaschutz und Klimawandel investieren will.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Vorher beim Wald jammern und jetzt den alten Stiefel weitermachen!)

Und übrigens, da brauchen wir keine Nachholung, weil letztlich gilt eines: Wir haben den ersten Umweltminister eingeführt, wir haben den Grünen Punkt eingeführt und wir haben viele, viele klimapolitische

(Beifall CDU)

und energiepolitische Maßnahmen gemacht. Da brauchen wir von Ihnen keinen Nachholebedarf, denn schulmeistern können Sie in irgendwelchen kurzen Aktuellen Stunden,

(Unruhe DIE LINKE)

aber wenn es um die Zukunft von Deutschland geht, da gibt es in diesem Rund leider nur eine Partei und das ist unsere.

(Beifall CDU)

(Unruhe DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat Ministerin Siegesmund das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Übrigens ist der erste Umweltminister am Samstag zu Gast in Jena im Klimapavillon. Den kann man ja dann fragen, wie er dazu steht, dass es LNG-Terminals gibt. Spannende Frage!

Danke für die Aktuelle Stunde, lieber Steffen Harzer.

Es ist ja richtig, dass Erdgas noch nach Erdöl die zweitwichtigste Energiequelle in der Bundesrepublik ist. Aber wenn man weiß, dass 2015 das Pariser Weltklimaabkommen geschlossen wurde, wenn man weiß, dass diese Bundesregierung eigentlich Ziele vorhat, bis 2020 40 Prozent CO2 einzusparen, bis 2050 übrigens CO2-neutral zu produzieren, dann kann man doch jetzt nicht hergehen und sagen, diese Herausforderung stemmen wir, indem wir an dieser Stelle – ja, das ist richtig, Steffen Har

(Abg. Prof. Dr. Voigt)

zer – vor allem Fracking-Gas aus den USA importieren. Und das kann man zu Recht kritisieren und das ist auch richtig zu kritisieren. Im Übrigen gibt es durchaus Anlass, sich auch hier in Thüringen mit dem Thema zu befassen. Im Bundesrat haben die sich damit befassenden Ausschüsse bereits darüber diskutiert. Wir haben – das kann ich Ihnen versichern – als Landesregierung Thüringens bislang sehr kritisch argumentiert. Die Befassung auf Bundesebene ist noch nicht abgeschlossen. Da steht es den Landtagsfraktionen selbstverständlich auch zu, im Thüringer Landtag nicht nur ein Meinungsbild einzufangen und abzubilden, sondern auch die Position der Landesregierung über eine Aktuelle Stunde noch einmal in die Öffentlichkeit zu tragen.

Zum Sachstand: Bisher gibt es ja keine sogenannten „LNG-Terminals“ im Bundesgebiet. Im Norden Deutschlands sind allerdings drei Standorte in Planung. Ein Hemmnis beim Bau dieser Terminals stelle, so die Bundesregierung, der gesetzliche Rahmen dar. Deswegen müssen sich auch Bundestag und Bundesrat damit befassen, damit die Anlagenbetreiber den Netzanschluss nicht selbst bauen und bezahlen müssen. Um diese wirtschaftlichen Hemmnisse für die Anlagenbetreiber abzubauen, hat die Bundesregierung diesen Verordnungsentwurf zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland vorgelegt. Der wiederum bedeutet, dass eine Änderung der Gasnetzzugangsverordnung sowie der Anreizregulierungsverordnung notwendig ist. Im Ergebnis werden dann durch die beabsichtigten Änderungen die Fernleitungsnetzbetreiber verpflichtet, die Leitungen zwischen den LNG-Anlagen und dem Fernleitungsnetz zu errichten und dadurch die Anlage an das Gasnetz anzuschließen. Die Errichtungskosten des Netzanschlusses, wenn alles so bliebe – ich stelle nur den Sachstand dar, wie es bislang geplant ist –, sollen zukünftig die Fernleitungsnetzbetreiber zu 90 Prozent tragen. Außerdem werden die Fernleitungsnetzbetreiber mit den Betriebskosten der Leitungen belastet. Diese Kosten können diese wiederum bei der Netzentgeltkalkulation geltend machen und dadurch auf die Netzentgelte umlegen. Mit anderen Worten: Die Frage, was das für die Umlage in die Netzentgelte heißt, betrifft uns.

Jetzt komme ich zur Wertung und Einordnung. Erstens: Herr Abgeordneter Voigt, ich finde es interessant, dass Sie von Produktionseinschränkungen aufgrund der Tatsache, dass es Schwankungen im Energienetz der Bundesrepublik gegeben habe, sprachen. Die würden mich einmal interessieren. Was ich Ihnen versichern kann, ist, dass auf Grundlage des stattfindenden Klimawandels, auf Grundlage des Hitze- und Dürresommers 2018 Firmen wie

BASF beispielsweise Verluste in Höhe von 250 Millionen Euro eingefahren haben, weil sie die entsprechenden Transportmöglichkeiten auf den Flüssen nicht nutzen konnten. Das sind Produktionseinschränkungen, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, die wir ernstnehmen müssen und die wir noch öfter vorfinden werden, wenn wir nicht entschlossen handeln.

(Beifall DIE LINKE)

Wenn das mal nicht ein Grund ist, zu sagen, ökologisch denken und ökonomisch handeln muss noch mehr Hand in Hand gehen. Das ist das Entscheidende.

Das Zweite, was dieses Vorhaben des Bundes verkennt, ist, dass die künftige Ausrichtung des Energiesystems auf die vollständige Dekarbonisierung abzielt.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ob und wie sich da neue Technologien für erneuerbares Gas einbinden lassen, ist erst einmal zweitrangig.

Das Dritte: Natürlich schwebt auch uns vor, dass wir beispielsweise mit grün erzeugtem Gas deutlich bessere Strom- und Wärmequellen noch erschließen können. Noch ist es für Thüringen relevant, dass wir in den vielen kleineren Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die sehr effizient sind, vor allen Dingen fossiles Gas einsetzen. Wenn das potenziell grünes Gas sein soll, ist die Technologie, die Struktur dafür aber bereits vorhanden.

Das gilt viertens übrigens auch – die Frage würde sich dann für Thüringen noch stellen – für die dazugehörige Infrastruktur. Die Frage ist ja: Brauchen wir diesen Ausbau, um unsere Netze – grundlastfähig sollen sie sein, aber die Netze sollen ja auch als Speicher fungieren – zusätzlich mit beispielsweise grün erzeugtem Gas zu befüllen? Ist es notwendig, diese Infrastruktur auszubauen? Nach gängiger Expertenmeinung ist es nicht notwendig. Von daher ist auch diese Investition und Infrastruktur eine, wo wir sagen, das ist verfrüht. Deswegen ganz klar auch aus Sicht des Landes Thüringen große Skepsis, bis hin zu meinem letzten Punkt: Selbstverständlich steht im Vordergrund der Debatte, dass einerseits im Land – das werden wir am Freitag über das Wassergesetz auch noch mal festschreiben – Fracking ausgeschlossen ist. Im Wassergesetz steht das klare Verbot von Fracking. Da wäre es schon absurd, wenn wir dann auf der anderen Seite eine Pro-Diskussion für LNG-Terminals führen würden, wo es am Ende ermöglicht wird, Fracking-Gas aus den USA hierher zu importieren. Das ist nicht

(Ministerin Siegesmund)

die klima- und energiepolitische Zukunft, wie wir sie uns wünschen und vorstellen.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Nur gut, dass Fracking-Gas im Moment importiert wird!)

Von daher sage ich, es reicht die Infrastruktur, maximal gibt es noch einen Modernisierungsbedarf. Darüber muss man reden, das ist der richtige Weg. Ansonsten stabilisieren wir unser Energiesystem mit Sicherheit besser, indem wir auf Zukunftstechnologien setzen, die dekarbonisiert sind, und nicht welche, die die Dekarbonisierung konterkarieren. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich schließe damit die Aktuelle Stunde und auch diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 23

Tätigkeitsbericht 2014 bis 2018 des Beauftragten der Thüringer Landesregierung für Menschen mit Behinderungen Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/7142 -

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass diese Beratung von Gebärdensprach- und Schriftdolmetschern übersetzt und über Monitor in den Raum F 125 übertragen wird sowie per Internet-Livestream auf „Plenum Online“ verfolgt werden kann.

Aus den Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen wünscht niemand das Wort zur Begründung. Die Landesregierung erstattet einen Sofortbericht zur Nummer 1 des Antrags. Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Werner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Schrift- und Gebärdendolmetscherinnen, sehr geehrte Gäste auf der Tribüne, am Livestream, vor allem sehr geehrter Herr Beauftragter für Menschen mit Behinderungen, sehr geehrter Herr Leibiger! Ich möchte mit zwei Daten beginnen: Am 26. März jährt sich zum zehnten Mal die Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte der Men