Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

dazu: Evaluierung der Entwicklung der Widersprüche gegen Verwaltungsakte der unteren Tierschutzbehörden in Thüringen Entschließungsantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 6/7270 -

ZWEITE BERATUNG

Das Wort hat zunächst Frau Abgeordnete Stange aus dem Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zur Berichterstattung. Bitte, Frau Kollegin.

(Ministerin Siegesmund)

Werte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuschauer auf der Tribüne, die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit zum Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/4763, Thüringer Gesetz zur Änderung des Thüringer Tiergesundheitsgesetzes und weiterer Bestimmungen mit veterinär- und verbraucherschutzrechtlichem Bezug, lautet:

Durch Beschluss des Landtags vom 13. Dezember 2017 wurde der Gesetzentwurf an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit – federführend – sowie an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten überwiesen.

Der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit hat den Gesetzentwurf in seiner 41. Sitzung am 18. Januar 2018, in seiner 42. Sitzung am 15. Februar 2018 sowie in seiner 62. Sitzung am 6. Juni 2019 beraten und gemäß § 79 der Geschäftsordnung ein schriftliches Anhörungsverfahren zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Die Stellungnahmen des Anhörungsverfahrens wurden den Mitgliedern des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit, den Fraktionen, den fraktionslosen Abgeordneten und der Landesregierung verteilt. Sämtliche Beratungsunterlagen wurden auch im AIS für alle Abgeordneten bereitgestellt.

Der mitberatende Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten hat den Gesetzentwurf in seiner 64. Sitzung am 12. Juni 2019 beraten.

Die Beschlussempfehlung lautet wie folgt: Der Gesetzentwurf wird mit folgenden Änderungen angenommen: I. Artikel 1 wird wie folgt geändert: 1. Der Einleitungssatz erhält folgende Fassung: „Das Thüringer Tiergesundheitsgesetz in der Fassung vom 30. März 2010 […], zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Mai 2019 […], wird wie folgt geändert:“. 2. In Nummer 1, Buchstabe a ist in § 1 Abs. 4 Satz 2 das Wort „Standardarbeitsanweisung“ durch das Wort „Verfahrensanweisung“ zu ersetzen.

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Wahn- sinn!)

II. Artikel 2 wird wie folgt geändert: 1. Der Einleitungssatz erhält folgende Fassung: „Das Thüringer Lebensmittelüberwachungsgesetz vom 8. Juli 2009 […], zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. Mai 2019 […], wird wie folgt geändert:“. 2. In Nummer 5 wird die Angabe „vom 22. Mai 2013“ […] durch die Angabe „in der Fassung vom 21. November 2018“ […] ersetzt.

III. Artikel 3 wird gestrichen.

IV. Der bisherige Artikel 4 wird Artikel 3.

Wir bitten um Annahme des Gesetzentwurfs. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Wünscht jemand aus den Koalitionsfraktionen das Wort zur Begründung des Entschließungsantrags? Bitte schön, Frau Dr. ScheringerWright.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Besucher, wie die Berichterstatterin Kollegin Stange gerade schon ausgeführt hat, gab es im Beratungsverlauf zu diesem Gesetz einige Änderungen, insbesondere wurde Artikel 3 gestrichten. Das ist richtig und gut so, das begrüße ich ausdrücklich, aber es ist natürlich sozusagen ein zweischneidiges Schwert oder eine bedeutende Sache, wenn man einen Artikel herausnimmt, der als Verwaltungsvereinfachung gedacht ist, und dann nicht weiß, wie sich das weiter gestaltet. Deswegen haben die Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen hier einen Entschließungsantrag vorgelegt, der genau in diese Richtung geht. Da geht es um die Evaluierung der Entwicklung der Widersprüche gegen Verwaltungsakte der unteren Tierschutzbehörden in Thüringen, um eine Zeit lang Daten zu ermitteln, zu analysieren. Dann soll im zuständigen Ausschuss bis zum 1. April 2021 darüber berichtet werden. Den Antrag werden wir in der Debatte zum Gesetz auch noch mal genauer beraten und mit dieser Einführung habe ich ihn jetzt eingebracht. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Ich eröffne hiermit die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Thamm von der CDUFraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Gäste auf der Tribüne, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, das Gesetz zur Änderung des Thüringer Tiergesundheitsgesetzes und weiterer Bestimmungen mit veterinär- und verbraucherschutzrechtlichem Bezug wurde genau am 22.11.2017 in die parlamentarische Runde eingeworfen. Frau Stange sagte es

schon: Es hat alle parlamentarischen Hürden genommen, aber allein die Zeit lässt sich dabei hinterfragen – dazu komme ich zum späteren Zeitpunkt noch mal.

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Gute Beratung!)

Ja, das werden wir noch sehen.

Die Anpassung der Gesetzeslage an die bundesrechtlichen und europäischen Vorschriften ist für uns in der Tierseuchenbekämpfung unstrittig. Gegen eine Taskforce für die Bewältigung des Tierseuchenausbruchs im Krisenfall ist ebenfalls durch uns nichts einzuwenden, gerade nach den vergangenen und gegenwärtig aktuellen und immer wieder neu drohenden Seuchengefahren wie zum Beispiel der Afrikanischen Schweinepest, der Aviären Influenza – also der Geflügelpest –, der BSE-Erkrankungen bei Rindern und nicht zuletzt auch der Varroamilbe bei den Bienen. Die Schäden, die durch diese und weitere Erkrankungen direkt oder in deren Folge verursacht werden, sind nicht unerheblich für die Landwirtschaft, für die Menschen, aber natürlich auch für die Natur und für die Umwelt.

Aus diesen Gründen ist es ein richtiger und wichtiger Schritt, die Voraussetzungen für ein schnelles und fachlich richtiges Handeln zu schaffen. Gegen die fachliche Unterstützung durch das Landesamt für Verbraucherschutz für die unteren Veterinärbehörden ist im Grunde erst mal nichts einzuwenden. Aber besonders der Landkreistag und der Thüringer Bauernverband kritisieren hier die Befugnisse, die dem Landesamt übertragen werden sollen, bzw. die nicht eindeutig erkennbaren Befugnisse des Kontrolleurs. Unklar bleiben an dieser Stelle die Ermächtigungen der kommunalen Veterinärbeamten im Vergleich oder nebeneinander zu den Mitarbeitern der Taskforce. Hier wäre noch eine klarstellende Information an die Akteure notwendig, um daraus entstehende unklare Situationen zu vermeiden. Aber vielleicht gibt es diesen Erlass nach der langen Warteschleife des Gesetzes im Ausschuss schon im Entwurf und es gibt ihn zeitnah nach Verabschiedung für die betreffenden Personen.

Auch die gesetzliche Festschreibung der Schulungen der Bienensachverständigen auf mindestens alle drei Jahre ist unstrittig und nach meinen Rückfragen mit den Akteuren ist es bereits heute schon auf freiwilliger Basis der Akteure im Land üblich, eine regelmäßige Schulung durchzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Anhörung des Gesetzes hat sich gezeigt, dass viele der Anzuhörenden bei Artikel 1 und 2 des Gesetzes keine erheblichen Bedenken haben. Im Gegenteil,

die meisten begrüßen die Anpassung, ausgenommen die Kompetenzunsicherheiten, die ich bereits ansprach.

Aber warum hat das Gesetz von der Einbringung bis heute 19 Monate gebraucht, um wieder ins Plenum zu kommen?

(Beifall CDU)

Es liegt am Artikel 3 des Gesetzes.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Wenn wir es nicht gemacht hät- ten, dann hätte sich da gar nichts getan!)

Hier geht es um die Streichung des Vorverfahrens, wie Frau Stange schon sagte, für das Widerspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte der Tierschutzbehörden im Sinne des Gesetzes der Thüringer Tierschutzzuständigkeitsverordnung. Dieser Artikel ist von den meisten der Anzuhörenden stark kritisiert oder gänzlich abgelehnt worden. Die Verfahrensvereinfachung und der positive Effekt auf die Verfahrensdauer wurden hier angezweifelt. Wenn die Verfahrensgerichtsbarkeit länger dauert als die Widerspruchbearbeitung der unteren Behörden, dann ist das ein Grund der Ablehnung, und auch die Tatsache, dass heute schon durch das Verwaltungsprozessrecht die sofortige Umsetzung der angeordneten Maßnahmen eingefordert und festgelegt werden kann. Ja, auch durch sofortige mündliche Anordnung der Kontrolleure zu den festgestellten Mängeln der unteren Tierschutzbehörde kann unverzüglich gehandelt und angeordnet werden. Das Handeln im Interesse der Tiere, dass diese eben keine unnötigen Qualen, Leiden, Schmerzen erleiden, sollte immer unser Ziel der Gesetzgebung und der Unterstützung/Umsetzung sein.

Ein weiterer Kritikpunkt bezüglich der Streichung des Widerspruchsverfahrens ist die Ungleichbehandlung zwischen Haltern von Vieh (Nutztiere), wie es im Gesetz heißt, und den anderen Haltern von Tieren. Sicher ist die Voraussetzung der eigentlichen Bestimmung der Haltung der Tiere recht unterschiedlich. Aber wer sich mit den Mitarbeitern der unteren Naturschutzbehörde unterhält, bekommt zur Auskunft, dass es meist dieselben Halter von Vieh sind, die dann auch ihre Haustiere nicht richtig behandeln oder mit ihnen nicht artgerecht umgehen. Es wäre nach der eingebrachten Gesetzesvorlage notwendig gewesen, verschiedene Bescheide für eine Kontrolle zu erlassen, einmal ohne Widerspruch und einmal mit dem Recht des Widerspruchs. Dies wäre ein zusätzlicher Bürokratieaufwand, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten leisten müssen. Dies kann nicht vordergründig das Ziel einer Gesetzesänderung sein. Auch wird hier die vertrauensvolle Arbeit zwischen

den Behörden und den Tierhaltern aus unserer Sicht infrage gestellt, wenn man auf dieser Ebene nur noch die gerichtliche Lösung zulässt. Dies kostet Zeit und viel Geld, eben auch vertrauensvolles gemeinsames Handeln. Denn wir gehen davon aus, dass es Einzelfälle sind, die durch den Gerichtsweg zu klären sind und einer Gerichtsentscheidung bedürfen. Der überwiegende Teil der Halter von Vieh kommt seinen Verpflichtungen in der Haltung der Tiere nach. Sollten dennoch Verstöße festgestellt werden, sind die Halter auch bereit, diese zeitnah im gegenseitigen Einvernehmen zu beseitigen. Also lässt sich doch nur schlussfolgern, dass der Artikel 3 des Gesetzes nicht benötigt wird und daher gestrichen werden kann und sollte. Dies haben wir mit der Einreichung des Änderungsantrags in Vorlage 6/4031 zum Gesetz am 16. Mai 2018, vor einem Jahr, getan

(Beifall CDU)

und auf den Weg gebracht. Nun mussten wir im Ausschuss eine Warteschleife nach der anderen drehen. So war der Gesetzentwurf 2018 achtmal auf der Tagesordnung im Ausschuss,

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Das ist peinlich!)

davon fünfmal ohne Beratung abgesetzt oder geschoben, und dreimal 2019, auch hier zweimal ohne Beratung und Aussprache, bis es am 06.06. dieses Jahres zum Abschluss kam. Und der Grund dafür ist, dass die Koalitionsvertreter eigentlich das Gleiche wollten, wie es der Antrag der CDU-Fraktion auch fordert: die ersatzlose Streichung des Artikels 3 des Gesetzes.

Nun ist zum letzten Ausschuss am 06.06. nach 19 Monaten ein Änderungsantrag der Koalitionäre eingereicht worden. Dieser hat – ich sagte es schon – im Grundtenor auch nur die Streichung des Artikels 3 der Gesetzesvorlage zum Inhalt. Aber da man ja einem Änderungsantrag unserer Fraktion nicht zustimmen kann, wurde ein Wort im Gesetzestext in Artikel 1 geändert. Somit wurde der inhaltsgleiche Antrag der CDU-Fraktion vom Mai 2018 abgelehnt und die Ablehnung damit begründet, dass der eigene Änderungsantrag weiter geht.

(Zwischenruf Abg. Meißner, CDU: Oberpein- lich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, ob das Wort „Verfahrensanweisung“ gegenüber dem bisherigen „Standardarbeitsanweisung“ weitergehend ist, darüber kann man sich sicher lange und ausgiebig streiten. Aber es ist

für uns nicht nachvollziehbar, dass Sie für diese Änderung über ein Jahr gebraucht haben.

(Beifall CDU)

Dies lässt nur einen Schluss zu: Sie konnten und wollten nicht über Ihren Schatten springen, um einem Antrag der CDU-Fraktion zuzustimmen.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: So sieht es aus!)

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: So ein Quatsch!)

Und ich vermute einmal, dass es dazu auch in der Koalition neben Standardarbeitsanweisungen auch Verfahrensanweisungen gibt, wie man mit solchen Fällen umzugehen hat.

(Beifall CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden uns im Interesse der Tiergesundheit und der Tierseuchenbekämpfung sowie der Möglichkeit, durch die Streichung des Artikels 3 gegen Verwaltungsakte ein Vorverfahren durchzuführen, also auch unseres Antrags, dem Gesetz nicht verschließen. Aber wir werden dem Gesetz nicht zustimmen, sondern uns enthalten. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)