Protokoll der Sitzung vom 05.07.2019

(Beifall AfD)

Sie wollen die Volkssouveränität nicht nur unterminieren, Sie wollen sie sogar abschaffen.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Deswegen werden wir alle erforderlichen Schritte einleiten, damit Ihr Gesetzentwurf notfalls die Beerdigung vor dem Verfassungsgerichtshof bekommt.

(Beifall AfD)

Aber wahrscheinlich ist es ja so, dass Sie der Wähler bis dahin schon in der Wahl im Oktober aus dem Amt gejagt hat und man dann auch eine politische Lösung für dieses Desaster finden kann, was Sie heute hier anrichten werden. Danke.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Stange von der Fraktion Die Linke.

Werte Kolleginnen und Kollegen, heute Morgen hat die Rednerin der SPD bei Punkt 1 mit viel Freude hier an dem Pult gestanden und hat gesagt, es wird ein guter Tag. Ich würde das gern an der Stelle wiederholen: Es wird ein guter Tag

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

für Thüringen, für die Thüringer Frauen, wenn wir dieses Paritätsgesetz auf den Weg bekommen, woran wir auch lange gearbeitet haben.

Herr Kellner, Herr Möller, ich verstehe gar nicht, warum Sie – ach nein, doch, ich verstehe, warum Sie hier so rumjaulen. Es geht den Männern an die Macht mit dem Gesetz. Und das, denke ich, ist ein wunderbarer Tag heute, genau darum geht es.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Es geht also darum, dass wir Landeslisten quotieren sollen. Welch ein Graus für Sie! Wenn ich in Ihre Reihen schaue, da gibt es nicht allzu viele Frauen. Es wird Gründe haben, warum die nicht da sind. Ich hoffe einfach, dass die demokratischen Parteien auch perspektivisch viele toughe Frauen finden, die sie auf ihre Liste nehmen, damit hier im Thüringer Landtag endlich eine ordentliche Diskussionskultur einziehen kann, damit vor allen Dingen eine ordentliche Politik auch für Frauen im Thüringer Landtag gemacht wird.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das Beste ist, dass die Männer erst gar nicht hierher- kommen!)

(Unruhe im Hause)

(Abg. Möller)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Emotionen wieder etwas runter!

Werte Kolleginnen und Kollegen, in den zurückliegenden Monaten habe ich immer gehört: Um Gottes willen,

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Frauen an die Macht!)

Quotierung ist unnötig, die Frauen schaffen das auch ohne Quote und die Quotierung verstößt gegen die formale Wahlrechtsgleichheit. Das haben die Männer vor mir auch gerade noch mal diskutiert. Ich denke, Frau Marx hat auf unsere Thüringer Verfassung hingewiesen, das muss ich nicht noch mal formulieren, dass genau darin steht, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind, und dass das unsere politische Grundlage ist, werte Kolleginnen und Kollegen.

Mit dem heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf, der dann Gesetz wird, setzen wir auch ein Urteil des EuGH um. Hören Sie genau hin, Herr Möller! Ich denke, das ist für Ihren Zuwachs an Bildung äußerst wichtig, denn der EuGH hat sich in seiner ständigen Rechtsprechung dafür ausgesprochen, dass Unterstützungsmaßnahmen gegen Frauendiskriminierung für zulässig gehalten und geboten sind. Der EuGH hat sogar gesagt, dass er es bis zur Beseitigung der Frauenbenachteiligung für zulässig hält, wenn Männer durch die Umsetzung der Frauenfördermaßnahmen direkt oder indirekt benachteiligt werden. Genau das setzen wir gerade um. Ich glaube, gerade in dem Jahr von 100 Jahren Frauenwahlrecht ist das ein gutes Signal, das wir hier auch an Thüringer Frauen und natürlich auch an die Männer geben.

In einem Interview anlässlich der 100 Jahre Frauenwahlrecht sagte Frau Doris König, Richterin des Bundesverfassungsgerichts, ich zitiere: „Frauen bekommen nie etwas geschenkt, nie. Das muss man nicht glauben, dass Männer freiwillig ihre Macht abgeben.“ Weiter äußerte sie: „diese Frauenquoten [sind] politisch wichtig […]. Es ist kein Zufall, dass viele Frauen, die die Maschinerie durchlaufen haben, der Auffassung sind: Ohne Quoten geht es nicht. Wir brauchen die Quoten“, werte Kolleginnen und Kollegen. Das mit der Quote bringen wir in den Wahllisten jetzt zum Ausdruck, damit es ordentlich „Frau – Mann – Frau – Mann“ auf den Weg gebracht wird. „Divers“ haben wir mit eingepflegt in die Änderung des Gesetzes und damit ist das auch in Ordnung.

Sie haben auf Brandenburg hingewiesen, Herr Kellner. Das Verfassungsgericht Brandenburg ist eigenständig. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Wenn Sie meinen, es wird beklagt, dann muss das Thüringer Verfassungsgericht urteilen. Wir können nicht Brandenburg zur Quote heranziehen. Ich sage, immer da, wo Quoten in den zurückliegenden Jahren von den Parteien ernst genommen worden sind, sieht man es auch, wie Frauen – weibliche Vertreterinnen – und Vertreter im Bundestag und in den Landtagen sitzen. Ich schaue da nur zu meiner Fraktion, Die Linke, oder zu den Grünen oder auch jetzt zur SPD. Da klappt es. Wenn wir Sie mit diesem Gesetzentwurf ein Stückchen auf den Weg bringen für mehr Weiblichkeit in Ihrer Fraktion, so wollen wir das gern tun, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Zwischenruf Abg. Prof. Dr. Voigt, CDU: Schauen wir uns die Bundeskanzlerin an, schauen wir uns die Landtagspräsidentin an, schauen wir uns die EU-Kommissionspräsi- dentin an!)

Lassen Sie mich an der Stelle noch zwei, drei Dinge sagen. Ich glaube – und das wissen Sie auch aus den Diskussionen –, dass wir mit diesem Gesetzentwurf nur einen ersten Aufschlag machen. In einer nächsten Legislatur muss man schauen, dass man sich auch die Wahlkreise anschaut, damit die wirklich quotiert wählbar sind für die Bürgerinnen und Bürger in Thüringen. Wir wissen auch, dass da das Gejaule aus Ihren Reihen sicher noch etwas höher wird, aber wir werden den Gesetzentwurf an der Stelle noch einmal gemeinsam überarbeiten.

Natürlich braucht es eine bessere Umgangskultur und bessere Kultur überhaupt. Wir brauchen frauenfreundlichere Sitzungszeiten. Die Männerbünde, die an Stammtischen Politik gemacht haben, müssen zerschlagen werden. Politik wird da gemacht, wo sie hingehört: in den Ausschüssen und den Zeiten, wo Frauen auch beteiligt werden können. Davor haben Sie Angst, werte Kolleginnen und Kollegen.

Ich möchte an der Stelle noch einmal auch im Namen von Rot-Rot-Grün um die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf werben. Ich denke, damit ist heute ein guter Tag für die Thüringer Frauen, auch für die Männer, auf den Weg gebracht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Abgeordneter Adams.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Damen, vor 100 Jahren war eine Frau am Redepult der Nationalversammlung genauso ungewöhnlich und umstritten, wie es ein heute mit Frauen und Männern paritätisches Parlament immer noch ist. Es waren, meine sehr verehrten Damen und Herren, die dummen, lachenden Männer auf den alten Tonbandaufnahmen des Jahres 1919 genauso gut zu hören wie heute hier in diesem Plenarsaal.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frauen und Männer sind gleichberechtigt, aber Frauen sind tatsächlich unterrepräsentiert, insbesondere in Führungspositionen.

(Zwischenruf Abg. Herold, AfD: Dann heult doch!)

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wer heult denn hier?)

Das war genauso klein wie primitiv, Frau Kollegin.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frauen und Männer sind gleichgestellt, aber Frauen sind tatsächlich unterrepräsentiert, insbesondere in Führungspositionen. In diesem Landtag haben die Frauen einen Anteil von 41 Prozent und es ist eine Schande – ich betone: eine Schande – für den deutschen Parlamentarismus, dass das der höchste Wert aller Landesparlamente ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau darum musste unser Grundgesetz ergänzt werden, und zwar um den Satz 2 des Absatzes 2 des Artikels 3. Ich lese ihn gern noch einmal vor: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Dies ist ein Auftrag, und Rot-Rot-Grün erfüllt diesen Auftrag, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Frankreich hat es uns vorgemacht. Brandenburg ist in Deutschland den ersten Schritt gegangen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ihr gutes Recht im Lichte – Frau Kollegin Marx hat es noch einmal ausgeführt – auch unserer Landesverfassung, hier auch des Artikels 2 Abs. 2 Satz 2, dieses Gesetz in Weimar überprüfen zu lassen. Ich darf Ihnen sagen: Die Abgeordneten von Rot-Rot-Grün stehen dieser Überprüfung extrem gelassen gegenüber,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

denn Sie kommen an dem Auftrag unserer Verfassung, endlich auch Frauen gleichzustellen, nicht vorbei, und wir erfüllen diesen Verfassungssauftrag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn heute hier erzählt wird oder nahegelegt wird, dass es wohl ein Unding sei, dass in einem Parlament ein Landeswahlgesetz erweitert, fortentwickelt würde, das Parteien in ihrer Freiheit eingrenzen würde, wie man Listen aufstellt, dann ist das doch an einem solchen Tag ein Witz. Die AfD in Sachsen hat doch heute erlebt, dass es natürlich Regeln gibt,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

an die man sich halten muss. Wenn man sich nicht daran hält, dann darf man nicht kandidieren. So einfach ist das, meine sehr verehrten Damen und Herren. So einfach ist das im Übrigen auch in Thüringen.

Dieses Gesetz, das ist mir besonders wichtig, ist auch ein Statement gegen eine rein binäre Geschlechterwelt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist so grausam, was man Menschen, diversen Personen, jahrhundertelang angetan hat, und wir sind der parlamentarische Arm einer Bewegung, die das nicht mehr zulässt,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die nicht mehr zulässt, dass sich die neuen Rechten wieder lächerlich machen für alle die, die nicht dem heteronormativen Weltbild entsprechen. Und wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die politische Kraft, die Ihnen widerspricht, und deshalb haben wir dieses Gesetz eingebracht. Vielen Dank und ich bitte um Zustimmung für dieses Gesetz.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Gibt es weitere Wortmeldungen? Herr Möller, Sie wollten die 32 Sekunden? Nein. Herr Fiedler?