Warum? Weil wir nicht nur daran festgehalten haben, dass die 20 Prozent Abiturbesten zum Hochschulstudium der Medizin zugelassen werden, sondern inzwischen sind es 30 Prozent. Bayern hatte ausgangs sogar 40 Prozent gefordert, damit alle, die mit 1,0 und 1,1 Abitur machen, einen verlässlichen Zugang zum Medizinstudium bekommen. Aber mir kann bis heute keiner erklären, warum ein Abiturient, der mit 1,2 oder 1,7 oder 2,1 abschließt, hinterher ein schlechterer Arzt werden soll. In jedem Fall ist mit solchen Noten – im Schnitt jedenfalls – sichergestellt, dass die, die einen Medizinstudiengang anfangen würden, ihn auch beenden würden. Deshalb hätte man maximal die 20 Prozent der Abiturbestennoten bei der Zulassung beibehalten sollen und die wegfallenden 20 Prozent der Warteliste substituieren müssen in den Zugang der sogenannten Eignungs- oder Talentquote, also dort, wo beruflich und fachlich Qualifizierte schon medizinische Voraussetzungen mitbringen, dass sie einen verbesserten Zugang zum Medizinstudium bekommen.
Leider haben wir uns nicht durchsetzen können. Wir waren – wenn man so will – das gallische Dorf in den Verhandlungen trotz Sondersitzungen und immer wieder Verschiebung der Beschlussfassung des Staatsvertrags. Am Ende haben wir uns enthalten, weil wir zwei wesentliche Nachbesserungen mit in den Staatsvertrag einbauen konnten: Dass wir nämlich erstens zusätzlich beruflich und fachlich Qualifizierte bei der Vorabquote berücksichtigen können und darüber hinaus im Bereich des Auswahlverfahrens der Hochschulen eine weitere Unterquote festsetzen konnten, von denen die Länder Gebrauch machen können. Thüringen wird das tun, sodass wir auch hier fachlich Qualifizierte und beruflich Qualifizierte besser zuvorderst mit zulassen können. Die Zahl, die Frau Mühlbauer genannt hatte – die 10 Prozent, die über die Eignungsquote in Thüringen kommen –, die können wir dann noch über die Vorab- und Unterquote auf bis zu 60 Studierende aufstocken. Das ist dann schon vergleichsweise gewichtig bei den 260 Studienplätzen Aufnahmekapazitäten, die wir in der Humanmedizin haben.
Wir haben uns am Ende vor allem deshalb auch enthalten müssen und den Weg frei machen müssen für den Staatsvertrag, weil das Bundesverfassungsgericht uns eine Frist vorgegeben hat, nämlich bis Ende dieses Jahres mit allen Bundesländern eine Neuregelung zu verabschieden. Hätten
wir das nicht getan, hätten wir ab 2020 einen nicht verfassungskonformen Zustand gehabt. Mit anderen Worten: Chaos bei der Medizinzulassung. Das wäre nicht verantwortlich gewesen.
Noch wenige Anmerkungen zu den Stichworten, die hier gefallen sind, einmal die Forderung nach der Landeskinderquote: Ich würde auch gern vorrangig Landeskinder zum Medizinstudium zulassen, damit die hier studieren, und auch später hier als Arzt arbeiten. Das Problem ist nur klitzeklein, nämlich die Verfassung. Und das sind jetzt auch keine Mutmaßungen, denn bereits 2013 hat das Bundesverfassungsgericht in Anbetracht von Bremer Ereignissen entschieden, dass die Landeskinderquote schlicht verfassungswidrig ist. Da kann man sich so viel bekennen, wie man will, man kann das rechtlich einfach nicht umsetzen und das muss man dann irgendwann auch mal akzeptieren.
Ich will auch nur darauf hinweisen, dass wir mit diesem Gesetz nicht über die Anzahl der Medizinstudienplätze im Land entscheiden. Das kann an anderer Stelle passieren, wenn man denn die Ausbildungskapazitäten nach oben fahren will, und wenn man das will, muss man sie auch bezahlen. Aber wir haben mit 3,9 Prozent unserer Studienplätze in Medizin im Verhältnis zu allen Studienplätzen, die wir anbieten, eine vergleichsweise gute Quote im Länderschnitt. Im Bundesschnitt liegt diese Quote bei 3,3 Prozent, und wenn man sich mit Blick auf die Versorgung die Einwohnerzahlen anschaut, dann kommt bei uns ein Medizinstudienplatz auf 8.100 Einwohner. Unser Nachbarbundesland Niedersachsen hat einen Studienplatz auf 25.800 Einwohner, das ist ungefähr das Dreifache. Also bevor wir mehr Studienplätze in der Medizin anbieten, müssen erst mal die Niedersachsen ihre Studienplatzzahlen in der Medizin verdreifachen, um auf Thüringer Niveau zu kommen.
Im Übrigen haben wir ein anderes Problem. Wir haben ein Verteilungsproblem bei den Ärzten. Wir bilden aus unserer Sicht, des Wissenschaftsministeriums, genug Mediziner aus, aber nach Angaben des Hartmannbundes gehen nur 60 Prozent dauerhaft in den Arztberuf und die anderen 40 Prozent gehen in die Industrie oder sonst wohin. Deshalb müssen wir bei der Verteilung der Absolventen darauf achten, dass sie wirklich hinterher als Arzt arbeiten, und dazu bedarf es zusätzlicher Anreize. Da macht Thüringen schon eine ganze Menge. Aber das muss man ausbauen, damit die, die wir teuer und lange ausbilden, nicht hinterher irgendwo in der Industrie ihr Geld verdienen. Das wäre aus meiner Sicht zumindest eine vorrangige Maßnahme, die wir uns dann später bei der Umsetzung des Hoch
Danke schön, Herr Staatssekretär. Ich sehe keine Wortmeldungen. Dann schließe ich die Beratung und wir kommen zur Abstimmung, als Erstes über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Wissenschaft in der Drucksache 6/7660. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Dafür sind die Fraktionen der AfD, der CDU und der Koalition. Wer ist dagegen? Ich sehe keine Gegenstimmen. Wer enthält sich? Es enthält sich auch niemand. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.
Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Drucksache 6/7412 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung zur Beschlussempfehlung ab. Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Ich sehe Zustimmung aus allen Fraktionen. Gegenstimmen? Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Da sehe ich auch keine. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer hier dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich jetzt von den Plätzen zu erheben. Das sind alle Fraktionen des Hauses. Wer ist dagegen? Ich sehe keine Gegenstimme. Enthaltungen? Ebenfalls nicht. Dann ist auch in der Schlussabstimmung der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.
Thüringer Gesetz zur Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Senioren (ThürSenMitwBetG) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/7144 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit - Drucksache 6/7663 -
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 9. Mai 2019 wurde der Gesetzentwurf zum Thüringer Gesetz zur Stärkung der Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte von Senioren an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen. Der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit hat den Gestzentwurf in seiner 61. Sitzung am 10. Mai 2019, in seiner 64. Sitzung am 27. Juni 2019 sowie in seiner 65. Sitzung am 5. September 2019 beraten und es wurde ein mündliches Anhörungsverfahren zu dem Gesetzentwurf gemäß § 79 der Geschäftsordnung durchgeführt. Es waren neun Verbände bzw. Organisationen anwesend. Der Gesetzentwurf wurde mit zwei Änderungen durch den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit am 5. September angenommen. Herzlichen Dank.
Danke schön. Ich eröffne die Aussprache und als Erste hat Frau Abgeordnete Holzapfel von der CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, als ich vor fünf Jahren als Alterspräsidentin die Ehre hatte, die konstituierende Sitzung des 6. Thüringer Landtags zu eröffnen, hatte ich im ersten Satz darauf verwiesen, dass Alter für sich kein Verdienst ist. Seinerzeit konnte ich allerdings nicht ahnen, dass mich dieses Thema zum Ende der Legislaturperiode einholt. Insoweit darf ich mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin, nunmehr vollständig zitieren: Alter ist kein Verdienst, aber die Erfahrung des Alters ist ein wertvolles Gut.
Auf dieses wertvolle Gut darf eine Gesellschaft nicht verzichten. Seniorinnen und Senioren sind heute gesünder, vitaler und besser ausgebildet. Sie möchten auch im hohen Alter selbstbestimmt leben und ihre Lebenserfahrung gesellschaftlich einbrin
gen. Sie dabei zu unterstützen, muss das zentrale Ziel der Seniorenpolitik sein. Thüringen hat sich dazu bekannt und kann seit 2012 auf ein modernes Seniorenmitwirkungsgesetz verweisen. Die Begründung des Gesetzes stützt sich auf den demografischen Wandel unserer Gesellschaft und vor allem auf das Anwachsen des Anteils der älteren Bevölkerung. Dieses Potenzial soll zur Mitgestaltung genutzt werden. Allerdings soll die Mitgestaltung im Wesentlichen auf die Partikularinteressen der Seniorinnen und Senioren in der älter werdenden Gesellschaft beschränkt bleiben, indem ausdrücklich die Verbesserung der Beziehungen zwischen den Generationen als Ziel genannt wird.
Die Alterung der Gesellschaft im demografischen Wandel muss aber aus meiner Sicht und Erfahrung auch nicht in einer zwingenden und vorgeschriebenen Mitwirkungspflicht münden. Schauen wir uns in diesem Haus, aber auch in unseren Wahlkreisen um. Die Altersgruppe 60 plus übt längst durch eine hohe Wahlbeteiligung einen sehr großen Einfluss auf die Zusammensetzung der Gemeinde- und Stadträte, der Kreistage und auch dieses Parlaments aus. Darüber hinaus beteiligen sich Seniorinnen und Senioren besonders stark im Ehrenamt in den örtlichen Vereinen und Verbänden. Ohne ihr Engagement als Oma und Opa würde manch eine Familie nicht auskommen.
Deshalb, meine Damen und Herren, beginnt Seniorenpolitik bereits im Kindesalter in der Familie, im Kindergarten, in der Schule und ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die mit dem Respekt gegenüber dem Alter beginnt. Wer frühzeitig ältere Menschen achtet und respektiert, wird das Älterwerden besser verstehen. Wenn man in der Politik frühzeitig darauf hinwirkt, dass der Respekt für ältere Menschen in der Gesellschaft nicht abhandenkommt, dann hat man bereits eine solide Grundlage für ein gutes Zusammenleben der Generationen gelegt.
Das Seniorenmitwirkungsgesetz bestimmt in § 6 die Berufung von beratenden Mitgliedern aus Organisationen, die Relevanz für die Seniorenpolitik haben. Neutral im Sinne des § 3 sind diese Mitglieder der Seniorenvertretung daher keineswegs, sondern sie vertreten die Interessen der Senioren aus dem spezifischen Blickwinkel der Partei oder des Verbands bzw. des Vereins, dem sie angehören. Dieser Umstand spricht aus meiner Sicht aber nicht gegen die Qualität in der Seniorenvertretung. Im
Gegenteil: Wenn Seniorenvertretungen ihren Aufgaben – gerade auf Landesebene – gut nachkommen wollen, brauchen sie Mitglieder, die politisches Know-how und Erfahrungen im Politikbetrieb mitbringen. Deshalb danke ich von dieser Stelle aus allen, die sich in der Seniorenpolitik engagieren. Meine Erfahrungen waren durchweg positiv. Dafür danke ich Ihnen.
Kritisch sehe ich aber die geplanten Änderungen des Seniorenmitwirkungsgesetzes, wie sie heute vorliegen. Die Beauflagung der Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern, Seniorenbeiräte zu wählen, scheint mir eher eine Symbolpolitik der Landesregierung zu sein. Lediglich fünf Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern haben bisher noch keinen Seniorenbeirat.
Eine fragwürdige Neuerung ist auch in § 6 Abs. 1 zu sehen, mit der der Landesseniorenvertretung Thüringen e. V. oder deren Nachfolgeorganisation der Einfluss genommen wird. Warum wird hier das Ministerium beteiligt, wichtige zivilgesellschaftliche Akteure, wie zum Beispiel der Landesseniorenverband oder die Landesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros, nicht? Noch seltsamer scheint mir die Neuerung zu § 6 Abs. 5 zu sein, die in Wirklichkeit ein Rückschritt in vergangene Zeiten ist. Warum wird der im Gesetz verankerte Grundsatz, dass die Sitzungen des Landesseniorenrats öffentlich sind, aufgegeben? Der Ausschluss der Öffentlichkeit – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – ist meinem Demokratieverständnis fremd. Er sorgt für weniger Transparenz und steht den Zielen einer Verbesserung und Unterstützung des Zusammenlebens der Generationen entgegen, die eine wesentliche Grundlage des Seniorenmitwirkungsgesetzes bilden. Im Kontext des Rückzugs aus der Transparenz steht offensichtlich auch die Streichung des § 8, der die Vorlage des Seniorenberichts für die Zukunft aus Sicht der Landesregierung entbehrlich macht.
Nein, meine Damen und Herren, hier befindet sich die CDU-Fraktion in absoluter Übereinstimmung mit dem Landesseniorenrat. Auch wir halten die Erstellung des Seniorenberichts, der mit wissenschaftlichen Methoden erarbeitet wird und eine kompakte und leicht zugängliche Datenbasis zur Lebenswirklichkeit von Thüringer Seniorinnen und Senioren enthält, für unverzichtbar. Heute habe ich den zweiten Seniorenbericht dem Postfach entnommen. Das Verfolgen seniorenpolitischer Ziele und die regelmäßige Überprüfung ihrer Erreichung, zumal es insbesondere über die Lebenssituation von im ländlichen Raum lebenden alten Menschen nur wenig Informationen gibt, muss auch in Zukunft gewähr
leistet sein. Im Übrigen gibt es keinen Grund, dass sich der Landesseniorenrat der öffentlichen Kontrolle entziehen muss. Im Gegenteil: Transparenz und Öffentlichkeit schaffen Vertrauen und fördern den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Erlauben Sie mir zum Schluss als einer Seniorin der Generation 70 plus anzumerken, dass die Grenze des Gesetzes weiterhin bei 60 Jahren geblieben ist, obwohl in der Anhörung eine Anpassung an die Lebenswirklichkeit, mindestens aber an die gesetzliche Altersgrenze angemahnt wurde.
Ich bin mir indes sicher, dass sich ein zukünftiger Landtag diesem Gesetz erneut annehmen wird. Dafür sorgt schon die Evaluationsklausel, die auf Initiative der CDU-Fraktion ihren Weg in die Beschlussempfehlung gefunden hat. Nachdem sich auch die Koalition nach reichlicher Bedenkzeit zu einer Evaluation im Jahr 2023 entschlossen hat, um nicht der von der CDU-Fraktion vorgeschlagenen Evaluation 2021 zustimmen zu müssen, wird auch in der kommenden Legislatur über den besten Weg zur Stärkung der Mitbestimmung und Beteiligung von Senioren gestritten werden.
Aus meiner Lebenserfahrung heraus wird das uns vorliegende Gesetz dazu dienen, den Einfluss des Ministeriums auf den Landesseniorenrat zu verstärken und damit einhergehend den bürokratischen Aufwand bei Gesetzentwürfen und Rechtsverordnungen zu erhöhen. Ebenfalls ist zu befürchten, dass die Transparenz und Offenheit der Mitwirkungstätigkeit der Seniorenbeiräte Schaden nimmt. Deshalb wird die CDU-Fraktion dieser Vorlage nicht zustimmen.
Liebe Kolleginnen, liebe Freunde und Mitstreiter, da ich vermutlich zum letzten Mal von dieser Stelle aus zu Ihnen reden darf – versprechen kann ich das nicht –, will ich die Gelegenheit nutzen, um mich bei Ihnen zu bedanken. Danke dafür, dass ich in den vergangenen fünf Jahren ein Parlament erleben durfte, das die Würde des Menschen weitestgehend geachtet und geschützt hat, und danke dafür, dass wir im ehrlichen Miteinander stets um die beste Lösung für unser Land gerungen haben.
Zuallerletzt möchte ich es noch ein bisschen spaßig gestalten, dafür bin ich ja auch bekannt. Vor 8 oder 14 Tagen stand eine Überschrift in der TA oder TLZ – die „Bild“ war es nicht – und davor möchte ich Sie alle warnen. Da stand: „Wer Rentner quält, wird nicht gewählt.“
Ich wünsche unserem Land, unseren Menschen und allen, die es ehrlich meinen: Bleiben Sie gesund! Das ist das Allerwichtigste, was wir auch in