Protokoll der Sitzung vom 27.09.2019

Dann würden manche ihr Lebenswerk als vernichtet sehen. Also wir müssen da Lösungen finden, die nicht ganz einfach sind, aber wo es die nächste rotrot-grüne Regierung sicherlich schaffen wird, das umzusetzen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was natürlich verhindert werden muss, das sind Landgrabscher. Die „taz“ schreibt darüber, dass gerade solche Unternehmen wie Aldi in Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern Ländereien aufkaufen. Dadurch wird alles entzogen, die ganze Kaufkraft, alles wird entzogen. Die Wertschöpfung geht in die alten Bundesländer. Sie schöpfen noch von der EU die Förderung ab und es geht nur darum, dem Niedrigzinssektor zu entkommen. Sie machen damit richtig Kohle. Das kann es doch nicht sein. Sie nehmen uns die Kaufkraft und sie nehmen die Agrarsubventionen mit. Versteuert und ausgegeben wird alles dann in den alten Bundesländern. Dagegen müssen wir umgehend etwas tun, dass das nicht weiter passiert, dass all die AldiErben nicht noch reicher werden und wir im Osten immer ärmer. Da ist ja auch so ein Gefühl der Hilflosigkeit, weshalb viele ostdeutsche Bürger dann sagen: Das geht doch nicht, jetzt verkaufen die, wie Südzucker oder Aldi, auch noch unser Land.

Es ist aber auch nicht einfach. Die haben teilweise auch Unternehmen, die im Agrarbereich arbeiten. Wir müssen da wirklich ganz langwierig nach Lösungen suchen, dass wir nicht irgendwo falsche Voraussetzungen schaffen. Also, wie gesagt, es ist kein einfacher Prozess. Die SPD steht für ein Agrarstrukturgesetz, eins, was umsetzbar ist, eins, was unseren Genossenschaften und allen hilft, den kleinen und den großen, was Thüringen nicht schadet und wo die Landgesellschaft vielleicht noch eine neue Aufgabe bekommen könnte, über die wir aber reden müssen. Denn ich glaube nicht, dass es gut ist, immer alles weiterzuverkaufen. Also da müssen wir noch mal schauen, ob das möglich ist. Da bin ich guten Mutes, dass wir auch eine Lösung finden. Dass wir die jetzt noch nicht gefunden haben, das finde ich nicht so schlimm. Wie gesagt, andere Länder arbeiten daran auch schon länger. Es ist in zwei Bundesländern gescheitert, deshalb lassen wir uns mehr Zeit und dann kommt ein gutes Gesetz heraus, da bin ich sehr optimistisch, zum Wohl unserer Genossenschaften und zum Wohl unserer Kleinbauern und zum Wohle von Thüringen. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. Es gibt noch eine Wortmeldung. Herr Abgeordneter Kummer.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Rudy, Sie sehen, wir haben keine zerstrittene Koalition. Die Koalition ist sich ausgesprochen einig bei dem Thema. Es gibt ja einen bösen Spruch: Die deutsche Einheit wäre erst dann vollzogen, wenn der letzte Ostdeutsche aus dem Grundbuch verschwunden ist. Ich sage mal, dass wir es nicht so weit kommen lassen werden, haben wir in dieser Legislatur deutlich gemacht.

Meine Damen und Herren, wir brauchen uns auch nicht von irgendwem kleinreden zu lassen. Wir haben eine Geschichte in dieser Legislatur geschafft, die bei dem Ziel, dass Landwirte, dass Forstwirte ihre Flächen, die sie bewirtschaften, auch besitzen sollten, ein ganzes Stückchen weiterhilft. Wir haben ein forstwirtschaftliches Vorkaufsrecht geschaffen. Dieses forstwirtschaftliche Vorkaufsrecht dient denjenigen, die mit dem Kauf der Grundstücke die Bewirtschaftung ihrer Flächen verbessern können.

Was hat das jetzt mit landwirtschaftlichem Vorkaufsrecht zu tun? Bisher war es so, dass jemand, der eine landwirtschaftliche Fläche verkauft hat, wenn er sie zusammen mit einer forstwirtschaftlichen Fläche verkauft hat, das Vorkaufsrecht nicht zu fürchten brauchte. Vor dem Hintergrund war es eben eine Umgehungsmöglichkeit. Man hat einfach Grundstücke mehrerer Arten zusammengepackt, das Vorkaufsrecht wurde nicht vollzogen und Flächen konnten an landwirtschaftsfremde Investoren verkauft werden. Das haben wir mit dem forstwirtschaftlichen Vorkaufsrecht beendet. Aber – und soweit auch zur Notwendigkeit der Großen Anfrage, Herr Malsch – ich brauche, wenn ich eine solche Regelung treffe, die auch verfassungsmäßig geprüft sein muss, eine entsprechende Datengrundlage, die beweist, dass diese Regelung notwendig ist. Um diese Datengrundlage zu erheben, dafür brauchten wir diese Große Anfrage. Wir haben bei der Datenerhebung festgestellt, dass es noch eine ganze Reihe von Lücken bei den Daten gibt. Die müssen wir schließen. Zum Beispiel die Fragen, die im Forstwirtschaftsbereich drinstehen, brauchen wir, um nach Vorgabe des neuen Waldgesetzes innerhalb von zwei Jahren ein Leitbild für das forstwirtschaftliche Vorkaufsrecht zu schaffen, ein Leitbild dafür zu schaffen, wer ein zu begünstigendes Unternehmen sein sollte. Dafür brauchen wir diese Daten. Das wird am Ende die spannende Diskussion. Wir haben ein solches Leitbild auch beim

(Abg. Becker)

landwirtschaftlichen Vorkaufsrecht noch nicht. Auch hier muss es erarbeitet werden, um zu sagen, welche Landwirtschaftsstruktur wir uns denn zukünftig wünschen, weil natürlich auch ein großer Hedgefonds ein landwirtschaftliches Unternehmen sein kann. Aber ich sage mal, bei einer bestimmten Flächengröße wird Bodenbesitz auch zu einem Machtfaktor. Das ist eine Geschichte, über die man sich auch im Klaren sein muss, wo wir mit einem Leitbild gegensteuern können.

Von der Warte her ist es ausgesprochen wichtig, dass die Große Anfrage beantwortet wurde. Es ist auch ausgesprochen wichtig, dass wir sehen, welche Lücken es in den Erkenntnissen noch gibt, dass wir diese Lücken perspektivisch schließen und uns dann an die Arbeit machen können, die Leitbilder zu erarbeiten, damit wir perspektivisch nicht nur das forstwirtschaftliche Vorkaufsrecht, sondern auch noch das Vorkaufsrecht bezüglich Unternehmen und Unternehmensanteilen hinbekommen. Dann haben wir etwas Wesentliches für unsere Landwirtschaft erreicht. Dazu diente die Große Anfrage. Vielen Dank für die Beantwortung und vielen Dank für den Weg, der hier eingeschlagen wurde.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Für die Landesregierung hat Staatssekretär Dr. Sühl das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die in einigen Regionen zu verzeichnenden hohen Kaufpreissteigerungen und ein zunehmendes Kaufinteresse außerhalb der Landwirtschaft stehender Kapitalanleger am landwirtschaftlichen Bodenmarkt werden seit geraumer Zeit in der Politik und zunehmend auch in der Gesellschaft intensiv diskutiert. Die Diskussion bewegt sich mitunter nach wie vor auf einer nicht eindeutigen Datenlage. Zunehmend wird jedoch Handlungsbedarf auf dem Bodenmarkt festgestellt. Seitens verschiedener Interessenvertretungen werden Novellierungen vor allem im Bereich der Genehmigungspflicht sogenannter Share Deals für mögliche Preisbremsen sowie für mehr Transparenz gefordert. Für die Regierungskoalition war dies Anlass genug, im März dieses Jahres eine Große Anfrage zum Thema „Eigentum, Nutzung und Spekulation mit Grundvermögen in Thüringen“ zu stellen. Dafür will ich mich an dieser Stelle ausdrücklich ganz herzlich bedanken.

Meine Damen und Herren, der Umfang der Bearbeitung war aufgrund der Komplexität der Themen Ihrer Fragestellung und wegen der zu beteiligenden Stellen sehr aufwendig. Seit Ende März liegt die Antwort der Landesregierung als Ergebnis einer umfangreichen Recherche vor. Die Große Anfrage fügt sich in das Thema „Land- und forstwirtschaftlicher Boden“ als Baustein mit einer umfangreichen Fakten- und Datenlage für Thüringen ein.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung am Bodenmarkt und die Meldungen über Anteilskäufe landwirtschaftlicher Unternehmen, insbesondere aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, aber auch in Thüringen, betrachten wir, das haben wir schon früher gesagt, mit großer Sorge. Der landwirtschaftliche Bodenmarkt, so wie wir ihn kannten, funktioniert insbesondere vor dem Hintergrund der Niedrigzinspolitik nicht mehr. Deswegen müssen wir alle uns zur Verfügung stehenden gesetzlichen Möglichkeiten nutzen, um den Ausverkauf der Landwirtschaft zu stoppen. Wir haben damit begonnen, ein Agrarstrukturgesetz für Thüringen zu erarbeiten, womit wir regionale landwirtschaftliche Unternehmen stärken, eine gezielte Agrarstrukturentwicklung unterstützen und eine möglichst breite Streuung des Eigentums an Grund und Boden sichern wollen. Uns ist natürlich bewusst, meine Damen und Herren, dass dieses Gesetz nicht mehr in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden kann. Nach meinen Erfahrungen ist dieses Gesetz nicht in 100 Tagen, auch nicht in 200 Tagen, zu erstellen, abzustimmen und vom Landtag zu beschließen. Es ist ein wirklich großes Vorhaben, das zu einem der großen Vorhaben für die nächste Landesregierung gehören wird. In einem ersten Schritt ist ein agrarstrukturelles Leitbild für Thüringen zu erstellen. Auch daran arbeiten wir bereits. Hierzu bedarf es selbstverständlich eines intensiven Dialogs mit den unterschiedlichen Interessengruppen sowie Wirtschafts- und Sozialpartnern.

Darauf aufbauend werden wir dann in einem zweiten Schritt das Agrarstrukturgesetz für Thüringen vorlegen, in dem unter anderem der Grundstücksverkehr, der Landpachtverkehr, das landwirtschaftliche Siedlungsrecht wie auch der Erwerb von Anteilen an Gesellschaften mit wesentlichem Grundvermögen geregelt werden. Wir erwarten hierfür auch Erkenntnisse aus den Beratungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Landwirtschaftlicher Bodenmarkt“. Obwohl die Gesetzgebungskompetenz für das landwirtschaftliche Bodenrecht im Zuge der Föderalismusreform auf die Länder übergegangen ist, bedarf es weiterhin einer Mitwirkung des Bundes bei der Modernisierung des länderspezifischen Bodenrechts.

(Abg. Kummer)

(Beifall DIE LINKE)

Die von der Bundesregierung zugesagte Unterstützung der Länder wird auch von Thüringen im Interesse einer ausgewogenen Agrarstruktur und der Abwehr außerlandwirtschaftlicher Investoren intensiv genutzt. Thüringen wird sich zudem für bundesweit einheitliche Vorgaben für die Länder im Bereich der jährlichen statistischen Erfassung von landwirtschaftlichen Kauf- und Pachtverträgen für die Verbesserung der notwendigen Transparenz einsetzen.

Dass wir uns in Thüringen nicht allein mit den Problemen des Bodenmarkts befassen, zeigen die Befassung der Agrarministerkonferenz in ihrer anstehenden Herbsttagung mit dem Thema „Landwirtschaftlicher Bodenmarkt“ sowie ein entsprechender Antrag Sachsen-Anhalts im Bundesrat. Aus bodenpolitischer und agrarstruktureller Sicht lässt sich die politisch zu diskutierende Share-Deal-Problematik auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt letztendlich nur durch ein Gesamtpaket von Gesetzesänderungen lösen. Hierzu gehört nicht nur eine Gesetzesinitiative zum Bodenrecht in Thüringen, es sind auch bundesgesetzliche Regelungen betroffen, beispielsweise im Grunderwerbsteuergesetz. Es gilt, den Umgehungen der Grunderwerbsteuer bei Anteilsübertragung bzw. Share Deals mit geeigneten Gesetzesänderungen entgegenzuwirken. Hierzu, meine Damen und Herren, laufen gegenwärtig Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe tagt und es werden verschiedene Initiativen in der Sache im Bundesrat beraten. Ich freue mich darauf, dieses Problem in der nächsten Legislatur mit Ihnen gemeinsam zu lösen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich schließe die Aussprache und schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Wir sind mit den PGFs übereingekommen, die Sitzung um 17.00 Uhr und nach diesem Tagesordnungspunkt zu schließen. Ich danke Ihnen, wünsche ein schönes Wochenende. Wir sehen uns wieder am 1. Oktober zur Sondersitzung hier im Hause.

Ende: 16.39 Uhr