Protokoll der Sitzung vom 29.05.2015

(Ministerin Keller)

prozentuale Verteilung verschieden großer Kastenstände in seinem Betrieb ersichtlich ist. Abweichungen nach oben von den in den derzeitigen Ausführungshinweisen genannten Mindestmaßen sind nicht nur zulässig, sondern vor dem Hintergrund der zuvor getroffenen Ausführungen bei großrahmigen Tieren auch erforderlich.

Abschließend möchte ich betonen, dass Ministerin Werner und ich uns einig sind, dass es einheitliche Orientierungshilfen für ganz Thüringen geben muss, die sowohl das persönliche Ermessen der Veterinärbehörden als auch der Landwirte auf ein Mindestmaß beschränken. Das zuständige Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie als zuständige Behörde hat die an die Behörden übergebenen Orientierungshilfen zu Kastenstandsbreiten auch in den bundesweiten Abstimmungsprozess der Arbeitsgruppe Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz eingebracht.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, am Ende geht es doch darum: Wir brauchen Verbraucherschutz, wir wollen das Tierwohl im Blick haben, wir wollen aber auch bezahlbare Lebensmittel und wir wollen Landwirte und Beschäftigte in der Landwirtschaft, die von ihrer Hände Arbeit leben können und sich am Markt behaupten. Das ist der Spannungsbogen, dem wir gerecht werden müssen und auch wollen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall im Hause)

Gemäß § 29 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung werden Beratungen zu Berichten der Landesregierung grundsätzlich in langer, also doppelter Redezeit verhandelt. Ich frage: Wer wünscht die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags? SPD-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, CDU-Fraktion. Auf Verlangen der Fraktionen eröffne ich die Beratung zum Sofortbericht zu Nummer I des Antrags. Gleichzeitig eröffne ich die Aussprache zu den Nummern II und III des Antrags. Für die SPD-Fraktion hat sich Abgeordnete Becker zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Abgeordnete! Frau Ministerin, ich möchte mich erst mal ganz herzlich für Ihren Sofortbericht bedanken, der schon allerhand über die jetzigen Probleme, die wir in der Landwirtschaft haben, angesprochen hat. Ein bisschen überrascht war ich schon über den Antrag der CDU-Fraktion. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie so schnell in der Opposition ankommen, denn der Antrag ist ganz bestimmt nicht ideologiefrei und der ist auch ein ganz klein wenig populistisch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Schon die gewählte Überschrift zeigt, dass Sie klar auf einem falschen Weg sind. „Behördenaktionismus“ nennt es die CDU, wenn die Landesregierung sich anschickt, die Einhaltung von Recht und Gesetz stärker und stringenter zu kontrollieren und umzusetzen. Frau Ministerin hatte es schon gesagt, es geht um die schwarzen Schafe. Denen muss Einhalt geboten werden und die sind es, die die ganze Branche in Verruf bringen. Es ist nicht der Landtag, es ist nicht die Politik, es sind die schwarzen Schafe, die dieses tun.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Schwarze Schweine!)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Es geht um Schweine!)

Ach so, die schwarzen Schweine, ja, so könnte man sie auch nennen.

Aber es sind die Landwirte und nicht die Schweine. Es sind die Menschen, die es tun. Dann sind wir wieder bei den Schafen. Wenn Sie sagen, wenn die Sorgen und Ängste der Verbraucherinnen und Verbraucher endlich ernst genommen werden, so, wie das Frau Ministerin auch angedeutet hat, dann ist das doch der richtige Weg, den die Landesregierung geht. Wenn das Tierwohl in den Mittelpunkt gestellt wird und nicht wirtschaftliche Aspekte, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Ihr Antrag geht meiner Meinung nach nicht in die richtige Richtung. Auch Sie wissen, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, dass der Tierschutz als Staatsziel in Artikel 20 a des Grundgesetzes verankert wurde. Diese Landesregierung handelt im Sinne des Grundgesetzes. Es ist kein Behördenaktionismus, das muss ich noch mal deutlich sagen, es ist Einhalten des Grundgesetzes, was hier geleistet wird!

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Der Antrag der CDU strotzt, wie ich es schon gesagt habe, nicht nur vor ideologischen Vorverurteilungen und Falscheinschätzungen, er zeigt auch deutlich, dass Sie weiterhin die wirtschaftlichen Belange vor das Tierwohl setzen. Das halte ich nicht für richtig.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist die falsche Bewertung, Frau Becker!)

Das geht jedenfalls so, wenn ich den Antrag lese, ganz klar hervor. Die SPD-Fraktion hat da eine andere Position. Wir wollen den Tierschutz in der Nutztierhaltung stärken und damit auch die Akzeptanz stärken. Das ist doch entscheidend. Es ist doch nicht so, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung im Moment sehr hoch ist. Das hat wieder nichts mit diesem Behördenhandeln zu tun, sondern mit den Menschen, die die Schweine halten.

(Ministerin Keller)

Die müssen darüber nachdenken, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten schiefgegangen ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da kann ich Sie doch auch nicht aus der Verantwortung lassen. In Thüringen wurde der Minister in der Landwirtschaft 24 Jahre lang von der CDU gestellt und jetzt wollen Sie Öffentlichkeitsarbeit forcieren und besser dastehen. Ich frage mich: Was haben sie in den letzten 24 Jahren gemacht?

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da ist doch irgendwas schiefgelaufen. Auch der Bundeslandwirtschaftsminister Herr Schmidt – CSU, nicht CDU, aber CSU – sieht es genauso und sagt in seiner Pressemitteilung vom 29. April 2015: Tierschutzmaßnahmen in der Nutztierhaltung auszubauen, sehe ich als Wettbewerbsvorteil für die heimische Landwirtschaft. – Das ist es doch.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das müssen wir doch auf einen Nenner bringen. Wir haben doch da auch eine Riesenchance, denn unsere Landwirte sind im Großen und Ganzen gut aufgestellt. Wir müssen denen helfen und zur Seite stehen, damit sie endlich das umsetzen können, was dem Tierwohl auch guttut und was eine artgerechte Tierhaltung auch bringt. Das ist doch ganz wichtig.

Die gesellschaftliche Akzeptanz ist im Moment – so will ich mal sagen – nicht so gegeben. Da sage ich, da hilft Ihr Antrag nicht, er schadet ihr, wenn man so populistisch umgeht wie mit Ihrer Überschrift. Wenn das die Oppositionsparteien vor fünf Jahren gemacht hätten, da hätte ich Sie mal sehen wollen, wenn so eine Überschrift gekommen wäre.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber gut, so ändern sich die Zeiten und es ist ja auch gut so, dass sie sich ändern und dass die CDU die Oppositionsbänke mal kennenlernt, das ist ja von großem Vorteil.

(Beifall DIE LINKE)

Wir erkennen die Anstrengungen des Berufsstands natürlich sehr wohl an. Wir ermuntern die Landwirtschaft, sich laufend weiterzuentwickeln, denn sie trägt – auch das hat Frau Ministerin schon gesagt – zur Wertschöpfung und zur gut bezahlten Arbeit und zu einem sicheren Einkommen im ländlichen Raum bei. Das ist ganz wichtig für den ländlichen Raum. Wir haben schon genug Probleme. Wir müssen im ländlichen Raum die Landwirtschaft und die Tierhaltung stärken. Da sind wir auch vollkommen bei Ihnen und da sind wir auch nicht weit weg. Da sind wir mit Ihnen an einer Seite. Viele Menschen

lehnen aber die intensive Haltungsform in der Landwirtschaft aus Tierschutzgründen ab. Darüber muss man reden, denn oftmals werden die arteigenen Bedürfnisse der Tiere ignoriert, tiergerechte Haltungsbedingungen sind oft nicht ausreichend umgesetzt – auch darauf ist Frau Ministerin schon eingegangen. Ferkeln werden die Schwänze ohne Betäubung kupiert, Hühnern werden die Schnäbel gekürzt und trotz Alternativmethoden werden Tiere betäubungslos kastriert. Die Tiertransporte sind zu lang und auch ungenügend abgesichert. Der Einsatz von Medikamenten, insbesondere auch von Antibiotika, ist die Folge von zu hohem Tierbesatz. Dies müssen wir alles ändern, gemeinsam ändern, natürlich. Da gibt es auch Grundlagen, auf denen wir arbeiten können. Da haben wir, wie gesagt, den Bundeslandwirtschaftsminister der CSU jetzt auf unserer Seite. Ich hoffe, dass Sie das dann auch noch nachvollziehen können, meine Damen und Herren der CDU.

Wir sagen ganz deutlich: Die Missstände aufdecken, öffentlich machen und bekämpfen! Das schadet nicht dem Ansehen der Thüringer Tierhalter, denn der Schaden geht ganz klar von den schwarzen Schafen aus, die die ganze Branche in Verruf gebracht haben. Da müssen wir anfangen und da müssen wir Öffentlichkeitsarbeit tun und umsetzen. Es ist aber schon – ich habe es schon mal kurz angesprochen – verwunderlich, wenn Sie in Ihrem Antrag schreiben, wie die neue Landesregierung jetzt Öffentlichkeitsarbeit aufbauen und mehr Transparenz und mehr Öffentlichkeit reinbringen soll. Bei den Radwegen fordern Sie das ganze Gegenteil. Also, Sie müssten als CDU-Opposition auch mal wissen, was Sie von der Landesregierung wollen. Bei den Schweinen wollen Sie die Öffentlichkeitsarbeit verstärken, bei den Radwegen ist es aber nicht notwendig. Da muss man abwägen, was man will oder nicht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe CDU)

Die Öffentlichkeitsarbeit der letzten Landesregierung war da scheinbar nicht so ganz erfolgreich, wenn wir jetzt die Hoffnung auf die neue Landesregierung legen. Solange ist das ja noch nicht her, da Sie leider so lange regiert haben.

Es ist ganz klar: Wir wollen auch klare und verlässliche Kennzeichnung von Produkten aus artgerechter Tierhaltung, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst entscheiden können mit ihrem Kaufverhalten, wofür sie sich bekennen. Natürlich ist dieses mit einem höheren Marktpreis verbunden. Natürlich stehen wir an der Seite der Landwirte, um auch einen deutlich höheren Preis für ihre Produkte zu erzielen. Das ist etwas, worüber wir schon jahrelang reden, leider politisch schwer beeinflussen können mit dem Markt und den Konzernen und all

diesen Dingen, die da die Marktpreise bestimmen. Das ist nicht ganz einfach.

Frau Abgeordnete Becker, der Abgeordnete Malsch würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Aber selbstverständlich.

Bitte.

Frau Becker, stimmen Sie mir zu, dass die derzeitig in der Presse veröffentlichten Kontrollmeldungen, bevor überhaupt Ergebnisse der Kontrolle festzustellen sind, dazu beitragen, ein negatives Bild auf die kontrollierten Betriebe zu werfen und nicht den Fokus auf die gesetzesmäßige Kontrolle?

Ja, sicher, darüber können wir diskutieren, aber dazu wird meine Kollegin Frau Mühlbauer noch etwas sagen. Ich sehe das etwas anders. Ich finde Transparenz gerade in diesen Bereichen ganz wichtig. Wenn Kastenställe immer noch zu klein sind, dann muss man das benennen, dann kann man das auch öffentlich benennen. Da muss man auch davon weggehen, dass ständig gesagt wird, man kann die Betriebe nicht öffentlich benennen, weil sie dann wirtschaftliche Nachteile haben. Wer gegen Gesetz und Verordnung verstößt, muss auch öffentlich benannt werden. Dafür bin ich.

(Beifall SPD)

Da muss der Verbraucher auch die Chance haben zu wählen, ob er das will oder nicht. Natürlich hat das alles mit Preisen zu tun. Es ist nicht ganz einfach. Aber wir werden das sicherlich hinbekommen.

Dann noch eins, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion: Einheitliches Behördenhandeln. Wer hat denn nur diese Veterinärämter kommunalisiert? Wer hat das denn runtergegeben auf die Landkreise?

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da hat sogar Ihr Landrat Henning hier flammende Reden gehalten.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Die Fach- aufsicht ist oben geblieben!)

Die Fachaufsicht ist oben, aber kontrolliert wird durch die Veterinärämter. Sie haben das verteilt in eine Kleinstaaterei, jeder Landrat ist der Fürst der

Veterinärämter und die CDU-Landräte, wie Herr Henning, haben vehement – Herr Claus auch, muss ich sagen, CDU-Landrat in Nordhausen – dagegen gekämpft, dass Sie es tun. Sie haben es trotzdem getan. Sie haben die ganzen Bedenken nicht ernst genommen und haben die Veterinärämter kommunalisiert. Das war ein schwerer Fehler, das sehen wir immer wieder. Es ist ja nicht nur da so, auch bei den Umweltämtern halte ich das immer noch für einen Fehler und das wird teurer.

(Unruhe CDU)