In der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung heißt es ganz deutlich in § 30 Abs. 2 – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis –: „Jungsauen und Sauen sind im Zeitraum von über vier Wochen nach dem Decken bis eine Woche vor dem voraussichtlichen Abferkeltermin in der Gruppe zu halten.“, also nicht im Kasten. Dann heißt es in Absatz 4: „Jungsauen und Sauen dürfen vorbehaltlich des Absatzes 2 Satz 1“ – den ich gerade zitiert habe – „in Kastenständen nur gehalten werden, wenn nicht offensichtlich erkennbar ist, dass diese Haltungsform zu nachhaltiger Erregung führt, die insbesondere durch die Gabe von Beschäftigungsmaterial nicht abgestellt werden kann.“ Also Herr Primas hat hier vorhin einfach Märchen erzählt und falsch zitiert. Sie dürfen nur dann in Kästen gehalten werden, wenn sie das
nicht offensichtlich aufregt. Wenn das so ist, dann müssen sie anders gehalten werden. Das ist die grundsätzliche Vorgabe für alle Halter.
Ich persönlich möchte auch bei Schweinen und Sauen Haltungsbedingungen durchsetzen, die es den Tieren immer ermöglichen, sich zu bewegen. Genauso wie ich die Käfighaltung in der Hühnerhaltung abgelehnt habe, möchte ich auch die Kästen in der Sauenhaltung durch angepasste wirtschaftliche Haltungsformen, die den Tieren gerecht werden, ersetzen. Denn es ist auch nicht ganz von der Hand zu weisen – Herr Malsch hat es mal erwähnt –, dass, wenn die Kästen größer gestaltet werden, sich die Sauen umdrehen und dann keinen Zugang zum Fresstrog und zur Tränke haben.
Andererseits zeigt das auch, wie schlimm diese Kastengefängnisse für die Sauen sind und es zeigt, dass sie sich unbedingt befreien wollen. Tierleid in der Tierproduktion kann nicht hingenommen werden. Es ist unser aller ethische Aufgabe und auch der gesetzliche Auftrag durch das Tierschutzgesetz, das Tierleid zu verringern und abzustellen. Nicht zuletzt dienen tiergerechte Haltungsformen, wo sich die Tiere frei bewegen können, auch der Gesundheit der Tiere, weil die Durchblutung gefördert wird usw. – Stichwort Antibiotikaeinsatz reduzieren –, und letztlich auch der Qualität des Fleischs.
Deshalb sind Kontrollen der erste Schritt. Das macht unsere Landesregierung deshalb auch sehr richtig, wenn sie Kontrollen ermutigt. Aus diesen Gründen unterstütze ich auch voll und ganz die Einrichtung einer Taskforce, um hier weiter voranzukommen.
Dann unterstützen wir natürlich Maßnahmen, wie die Tierwohl-Initiative, obwohl bei der noch großer Verbesserungsbedarf besteht und diese Initiative auch allein nicht ausreichen wird. Dass nur 22 Betriebe von den 67, die sich in Thüringen beworben hatten, an der Initiative teilnehmen können, ist schade und ist zu wenig. Auch wird vom Bauernverband, aber insbesondere von Tierschutzvereinen beklagt, dass die Kriterien zur Teilnahme zu weich sind, dass zu wenig Transparenz und eine unzureichende Kennzeichnung vorliegen und dass eben keine flächendeckende Teilnahme möglich ist. Diese Kritik muss man ernst nehmen, denn sonst verpufft diese ganze Initiative oder verkommt ganz schnell zu so etwas wie dem QS-System, das in der Schweineproduktion überhaupt nicht weitergebracht hat.
Alles in allem ist der Antrag eine Menge Prosa ohne viel Gehalt, strotzt vor ideologischen Kampfbegriffen, heizt die Atmosphäre an, lenkt von der eigenen Verantwortung ab und ist deshalb kontraproduktiv. Wir lehnen ihn ab, und wir brauchen das auch nicht im Ausschuss diskutieren. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnetenkollegen, liebe Gäste! Die Anfrage der CDU-Fraktion ist aus unserer Sicht gerechtfertigt. Wir sind auch der Meinung, dass das Thema der konventionellen Tierhaltung zu negativ betrachtet wird. Allerdings muss ich hier Frau ScheringerWright recht geben mit den Russland-Sanktionen. Da ist die AfD eigentlich der gleichen Meinung, dass die schändlich und schädlich sind und beendet werden sollten.
Aber jetzt zum eigentlichen Thema: Das Tierwohl sollte bei der Haltung in jeder Wirtschaftsform an erster Stelle stehen. Dabei ist es wichtig, die Situation die Tierhalter zu verstehen und diese bei Problemen zu unterstützen und sie nicht durch unnütze bürokratische Auflagen und Prüfungen zu verunsichern. Ich denke, jedem Landwirt ist es wichtig, dass es seinen Tieren gut geht. „Es muss [bei der Betrachtung des Themas] dem Tierschutzrecht, dem Tier selbst, den Mitarbeitern in den Ställen und der Ökonomie Rechnung [getragen werden]“ – das ist ein Zitat von Herrn Telle, Landesarbeitsgruppe „Tiergerechte landwirtschaftliche Nutztierhaltung“ beim Thüringer Agrarministerium –, wenn es um konventionelle Tierhaltung geht. Derzeit stehen die Schweinehalter in verschiedenster Kritik von allen Seiten, obwohl in Deutschland sehr hohe Standards an die Tierhaltung gestellt werden, höher als in vielen anderen EU-Ländern, wenn nicht sogar die höchsten. Vorschriften und Normen zur konventionellen Tierhaltung haben immer das Tierwohl im Auge. Sollte es zu Abweichungen kommen, liegt es doch meistens an Einzelnen, die gegen diese Vorschriften verstoßen. In solchen Fällen ist ein umgehendes und rigoroses Eingreifen erforderlich.
Ziel sollte es sein, den Tierhaltern Anreize zu geben, die Haltung an die Bedürfnisse der Tiere anzupassen und nicht die Tiere an die Haltung. Eine Förderung solcher Maßnahmen wäre für alle eine gute Alternative, Anreize für Tierhalter zu schaffen, die Haltungsbedingungen der Tiere ohne behördliche Auflagen zu verbessern.
Bedenken Sie, dass eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Fleisch bisher nicht durch ökologische Tierhaltung gewährleistet werden kann. Auch bei diesen Betriebsformen kann es passieren, dass das Tierwohl nicht Priorität Nummer 1 ist. Behördenaktivismus zur Kontrolle der
Umsetzung von Haltungsvorschriften ist nicht zielführend. Gemeinsam mit den Tierhaltern sollten Lösungen gefunden werden, die beide Seiten zufriedenstellen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! „Schweinehaltung ideologiefrei“ – die CDU stellt sich mit diesem Antrag allerdings sehr einseitig in den Dienst der Schweinehalter.
Sie zeigt damit auf, wen sie vertreten will, aber zeigt damit auch auf, wen Sie im Zweifel nicht vertreten will: die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Rechte der Tiere.
Es gibt in Thüringen eine Vielzahl von Schweinemastbetrieben. Wie jedes Unternehmen müssen sich die Betriebe an Recht und Gesetz halten. Dazu gehören auch das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Das sollte selbstverständlich sein, aber gerade weil sich einige Betriebe nicht daran halten, ist das ein Problem. Es ist sogar ein Skandal, dass in manchen Schweinehaltungsanlagen mittlerweile Polizei und Staatsanwaltschaft ein- und ausgehen müssen.
In Thiemendorf wurden zum Beispiel Tiere ohne Betäubung getötet, viel zu lange in viel zu enge Stände eingepfercht ohne artgerechte Beschäftigungsmaterialien und ohne angemessenen Kontakt zu den Artgenossen. Dies widerspricht klar der Gesetzeslage und muss entsprechend geahndet und abgestellt werden. Dass die Landesregierung und die lokalen Behörden darauf reagieren und weiterhin durch verstärkte Kontrollen ähnliche Vorfälle verhindern wollen, bezeichnet die CDU sarkastisch als „Behördenaktionismus“. Dass Sie das gesetzeskonforme Handeln der Landesregierung weiterhin als Ideologie bezeichnen, ist allein schon eine Frechheit. Aber Sie fordern in der Konsequenz des Gedankens sogar Rechtsbeugung von der Landesregierung.
(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Sie sind ja nicht ganz dicht! Ist langsam Schluss? Das (Abg. Dr. Scheringer-Wright)
Herr Primas, wenn Sie geäußert haben, dass er nicht ganz dicht ist, dann muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen.
Insgesamt erscheint Ihr Antrag so, als wenn Sie aus einem 24-jährigen Traum erwachen. Ja, seit es keinen CDU-Landwirtschaftsminister mehr gibt, müssen plötzlich diese unangenehmen bürokratischen Tierschutzstandards konsequent eingehalten werden. Ja, es gibt jetzt auch noch eine neue, engagierte Ministerin, Frau Werner, die auch noch die Frechheit besitzt, die Tierschutzstandards überprüfen zu lassen. Da sage ich als Grüner: Na, Gott sei Dank
engagiert sich hier Frau Werner und ich bin froh, dass nach 24-jähriger Schonzeit alle Schweinemastanlagen bei der Umsetzung gesetzlicher Mindeststandards konsequent geprüft werden.
Sie als CDU fordern tatsächlich von der Landesregierung, die Öffentlichkeitsarbeit unverzüglich auf die Vermittlung eines realistischen Bildes der Thüringer Landwirtschaft auszurichten. Schon der Duktus dieser Formulierung erinnert mich allerdings mehr an eine Depesche des SED-Politbüros als an einen ernsthaften Vorschlag für einen Beschluss im Thüringer Landtag, sehr geehrte Damen und Herren.
Ich denke, die Menschen können sich ohne Bevormundung selbst ein Bild von Haltungsbedingungen in Schweinemastanlagen machen, wenn sie transparent gemacht werden.
Wenn wir als Grüne auf „thueringen-massentierhaltung.de“ für die Bürgerinnen und Bürger aufklären, wo und mit welcher Tieranzahl in Thüringen Schweinemastanlagen stehen, so gehört das auch zur Transparenz für eine Meinungsbildung. Schließlich ist es für den Verbraucher doch wichtig zu wissen, wo und unter welchen Bedingungen und mit welchen Bestückzahlen Schweine gehalten werden und so im Discounter auch Schweinefleisch für 3,49 Euro das Kilo angeboten werden kann.
Wir verwahren uns ausdrücklich davor, dass der Landwirtschaftsministerin Frau Keller bei Podiumsdiskussionen mit auf den Weg gegeben wird, dass sie doch mal von Frau zu Frau mit Frau Ministerin Siegesmund sprechen solle und diese störende Internetseite abschaltet. Wir von Bündnis 90/Die Grünen lassen uns nicht den Mund verbieten,
schon gar nicht, wenn es um das Wohl von Lebewesen geht. Natürlich müssen wir den Schweinezüchtern in Thüringen faire Bedingungen ermöglichen.
Die allermeisten sind schließlich verantwortungsvolle Unternehmerinnen und Unternehmer, doch auch sie haben eine besondere Verantwortung für die Gesundheit der Menschen und das Wohl der Tiere. Es müssen auch die Landwirte aushalten, wenn sie von Verbrauchern und auch von der Politik an ihre Verantwortung erinnert werden.
Sehr geehrter Herr Primas, gerne möchte ich jetzt konkret auf das aufgegriffene Thema „Kastenstände“ eingehen. Es ist für die Allgemeinheit immer ein bisschen schwierig, sich da auch eine Vorstellung zu machen, um was es da geht, in welchen Größenordnungen wir sprechen. Deswegen habe ich Ihnen einmal eine Größe mitgebracht und ich darf Ihnen das einmal zeigen. Also das ist jetzt ein Kastenstand …
Ja, Herr Primas, jetzt sehen Sie es auch einmal eins zu eins, wie bis jetzt die Mindestgrößen sind, wie sie tausendfach gebaut worden sind, auf dessen Größe Sie jetzt als Bestandsschutz abheben. Vergessen Sie aber nicht, Herr Primas, dass sich seitdem die Größe der Schweine deutlich erhöht hat oder sogar neue, größere Rassen angeschafft wurden. Es ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel, wenn die Schweinezüchter erst Kastenstände bauen, die für kleinere Schweine geeignet sind, und dann Schweine dort einpferchen, die aufgrund ihrer Genetik zu groß für die Stände sind. Das widerspricht – anders, als die CDU dies in ihrem Antrag suggeriert – auch der geltenden Gesetzeslage. Denn dort ist klar definiert, dass die Tiere ausreichend Platz haben müssen, um sich legen zu können. Das ist bei Ständen unter 65 Zentimetern Breite regelmäßig nicht gegeben.
Herr Abgeordneter Kobelt, der Abgeordnete Primas möchte Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das?
Herr Kobelt, können Sie mir sagen, wenn Sie schon das schöne Papier hier hinlegen, wann waren Sie das letzte Mal in der Schweinemastanlage und haben die tatsächlich besichtigt?