Protokoll der Sitzung vom 17.06.2015

Kinder, mit denen nicht gesprochen wird, lernen auch nicht, ordentlich zu sprechen.

Frau Jung, Entschuldigung. Wir sind hier nicht im Zwiegespräch, ich bitte darum, dass Frau Jung ihre Rede halten kann. Sie können sich dann alle wieder äußern.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Führen wir so eine Debatte?)

Kinder, deren Fragen nicht beantwortet werden, hören auf, Fragen zu stellen. Wem nicht vorgelesen wird, der wird viel schlechter lesen lernen. Die Kinder in dieser Phase nicht zu fördern, ist fatal.

Hier muss aus Sicht der Linken die finanzielle Situation dieser Eltern über bessere Hartz-IV-Sätze, eine Grundsicherung und familientaugliche Arbeits

plätze verbessert werden, nicht aber dadurch, dass das Fernbleiben vom Kindergarten belohnt wird.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das stimmt ja alles. Was hat das aber mit dem Thema zu tun?)

Aus diesem Grund stellt sich das Thüringer Erziehungsgeld für uns als eine familien- und bildungspolitische Fehlentscheidung dar.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist doch gar nicht wahr!)

Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag die Abschaffung vereinbart.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Genau!)

Frühkindliche Bildung hat gerade für Kinder von Alleinerziehenden sehr positive Auswirkungen, da unter anderem das Armutsrisiko, von dem Alleinerziehende überdurchschnittlich häufig betroffen sind, durch eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung gesenkt werden kann. Das ist eines der Ergebnisse auch einer wissenschaftlichen Studie „Gesamtgesellschaftliche Effekte einer Ganztagsbetreuung von Kindern von Alleinerziehenden“ des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln im Auftrag des Bundesfamilienministeriums und des Deutschen Roten Kreuzes.

Deshalb ist es, um meine Rede mit den Ausführungen zum Abschluss zu bringen, zwingend, dass unsere Koalitionspartner heute das Gesetz und damit die Abschaffung des Landeserziehungsgelds beschließen werden. Ich danke Ihnen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Gegen die Eltern!)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Das Wort hat nun Kollegin Beate Meißner von der CDU-Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Gegen die Eltern, wie zu DDR-Zeiten, alle Kinder mit ei- nem Jahr in die Kita!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, liebe Gäste auf der Besuchertribüne! Liebe Familien, liebe Eltern, die Sie gerade der Debatte an den Bildschirmen live folgen, seien Sie aufmerksam, hören Sie genau, was hier gesprochen wird und messen Sie die Abgeordneten an ihren Worten!

(Beifall CDU)

Heute ist aus unserer Sicht ein trauriger Tag in der Geschichte Thüringens.

(Beifall CDU)

Heute trifft dieser Landtag mit der Mehrheit von Rot-Rot-Grün eine Entscheidung, die der Familienfreundlichkeit dieses Landes schadet.

(Beifall CDU)

Heute wird Thüringen ein Stück unsozialer und schuld daran ist die rot-rot-grüne Mehrheit in diesem Hause.

(Beifall CDU, AfD)

(Zwischenruf Abg. Heym, Abg. Tasch, CDU: Genau!)

Und Ihre Reaktion, teilweise sogar mit einem Lächeln begleitet, zeigt mir, dass Sie immer noch nicht verstanden haben, dass es hier nicht um die CDU geht, sondern um Tausende von Familien in Thüringen, deren Entscheidung Sie nicht akzeptieren

(Beifall CDU, AfD)

und deswegen hier familienfeindliche Politik betreiben. Aus unserer Sicht ist es Aufgabe einer erfolgreichen Familienpolitik, Familien zu fördern und ihnen eine freie Entfaltungsmöglichkeit hier in unserem Freistaat zu bieten. Dazu gehört eben auch, dass wir die unterschiedlichen Lebensstile und Lebensentwürfe von Familien berücksichtigen und ihnen die Möglichkeiten geben, diese zu leben. Wir wollen als Fraktion – und das war damals auch 2006 der Hintergrund der Thüringer Familienoffensive – das Ja zu Kindern erleichtern.

(Beifall CDU, AfD)

Und ein Ja zu Kindern erleichtern wir nicht, indem wir familienpolitische Leistungen abschaffen, sondern Rahmenbedingungen schaffen, in denen Familien sich gut aufgehoben in unserem Land fühlen und sich vielleicht auch überlegen, ein Kind mehr in unsere Gesellschaft zu setzen.

(Beifall CDU, AfD)

Ich möchte es an dieser Stelle auch gleich ganz deutlich sagen: Uns ist es deswegen als Fraktion auch ganz wichtig, dass wir keinerlei Betreuungsformen schlechtreden. Für uns gibt es keine Rabeneltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen beziehungsweise, die ihre Kinder in die Kita geben. Nein, deswegen gibt es für uns auch keine Diskriminierung durch solche Bezeichnungen wie „Herdprämie“. Für uns ist jede Betreuung eines Kindes, egal ob sie zu Hause geschieht oder in der Kita, eine gute Betreuung.

(Beifall CDU, AfD)

(Abg. Jung)

Deswegen wollen wir alle Betreuungsformen unterstützen und auch die Entscheidung zu dieser jeweiligen individuell gewählten Betreuungsform. Deswegen haben wir in den vergangenen Jahren die Kindertagesstätten unterstützt, wollen jetzt auch noch weiter die Kindertagespflege unterstützen, und haben eben auch das Thüringer Erziehungsgeld eingeführt, um die Betreuungsleistung zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr zu fördern und anzuerkennen. Wir als Unionsabgeordnete sind der Meinung, dass sich Politiker keine Meinung anmaßen dürfen, wie Familien ihre Kinder betreuen bzw.

(Beifall CDU, AfD)

wie die Entscheidung zu werten ist, dass eine Familie sagt, sie möchte ihr Kind in diesem sensiblen Lebensjahr zu Hause betreuen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das machen wir doch gar nicht!)

Das machen Sie! Ich bringe Ihnen gern die Beispiele: Letzten Samstag Podiumsdiskussion, Sie hätten gern folgen können. Hier vor dem Thüringer Landtag war es Frau Mühlbauer, die da sagte, man könne es doch Frauen nicht zumuten, dass sie zwei Jahre zu Hause bleiben und dann schlecht in den Beruf reinkommen.

(Unruhe im Hause)

Ist das nicht die Entscheidung der Frau selbst, ob sie das machen will? Das ist doch nicht Aufgabe der Politik, ihr vorzuschreiben, wann sie wieder arbeiten zu gehen hat und was ihr schadet oder nicht.

(Beifall CDU)

Auch gern ein weiteres Beispiel von der Kollegin Jung, die Gast in der Sendung „Fakt ist...!“ beim MDR war und die da wörtlich sagte: Niemand bleibt wegen der 150 Euro zu Hause, außer in Familien, wo wir vielleicht manchmal doch gern hätten, dass die Kinder den Bildungsansatz von Anfang an auch entsprechend erhalten. Wir hätten gern, dass diese Kinder den Bildungsansatz von Anfang an erhalten. – Wir als Politiker haben doch nicht den Eltern und Familien vorzuschreiben, wie wir das gern hätten. Das ist doch bitte die individuelle Entscheidung der Familien.

(Beifall CDU)

Deswegen sagen wir ausdrücklich: Wir maßen uns nicht an in die Entscheidungshoheit der Familien einzugreifen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Genau, so ist das!)

In dem Zusammenhang gehe ich auch gern noch mal auf das ein, was Sie gerade sagten, Frau Jung. Es ist immer in der Rede, dass das die bildungsfer

nen Schichten wären, die das Erziehungsgeld nutzen und sozusagen missbrauchen.