Protokoll der Sitzung vom 19.06.2015

3. Wie steht die Landesregierung zur Schaffung einer Gebietsstruktur gemäß § 9 Abs. 2 Thüringer Kommunalordnung mit der Gemeinde Kaulsdorf als erfüllende Gemeinde und in welchem angemessenen Zeitrahmen wäre dies realisierbar?

4. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Situation vor Ort, sollte der Stadtrat Leutenbergs aufgrund der laufenden Klageverfahren gegen den Bescheid vom 26. Februar 2015 einer Änderung der Hauptsatzung der Stadt Leutenberg nicht zustimmen und es bei der Festschreibung eines hauptamtlich tätigen Bürgermeisters gemäß § 7 Abs. 1 der Hauptsatzung der Stadt Leutenberg belassen?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Inneres und Kommunales, Herr Staatssekretär Götze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kowalleck beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Entscheidungsgründe, welche letztendlich zur Rücknahme des Bescheids des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 28. Januar 1997 und damit zur Versagung einer Ausnahme im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz Thüringer Kommunalordnung führten, wurden der Stadt Leutenberg im Rahmen des Rücknahmebescheides des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 26. Februar 2015 dargelegt. Der Stadt Leutenberg wurde insoweit mitgeteilt, dass aufgrund verschiedener Entscheidungen des Thüringer Oberverwaltungsgerichts – unter anderem Beschluss vom 08.04.2010, Beschluss vom 20.02.2012 sowie Beschluss vom 23.02.2012 –, die im Laufe der derzeitigen Amtszeit des Bürgermeisters der Stadt Leutenberg ergangen sind, die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz Thüringer Kommunalordnung nicht mehr vorliegen.

Im Rahmen des diesbezüglichen Anhörungsverfahrens wurde der Stadt Leutenberg zudem die Möglichkeit eingeräumt, sich zu der vorstehenden Angelegenheit zu äußern und die Voraussetzungen, welche die Zulassung einer entsprechenden Aus

nahme begründen könnten, darzulegen. Erst in dessen Folge wurde der Rücknahmebescheid erlassen. Gegen die Vorgehensweise des Thüringer Landesverwaltungsamts bestehen aus Sicht der Landesregierung keine Bedenken.

Ein sachlicher Grund dafür, die Stadt Leutenberg durch Aufrechterhaltung des Zulassungsbescheids gegenüber vergleichbaren anderen Gemeinden zu privilegieren, ist nicht ersichtlich. Gleichwohl bleibt eine obergerichtliche Klärung der mittlerweile durch die Stadt Leutenberg gegen den Beschluss des VG Gera vom 1. April 2015 eingelegten Beschwerde abzuwarten.

Zu Frage 2: Eine Ausnahme von der durch § 28 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Thüringer Kommunalordnung grundsätzlich vorgegebenen Ehrenamtlichkeit des Bürgermeisteramts kann die obere Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz Thüringer Kommunalordnung nur auf Antrag und nur in begründeten Einzelfällen zulassen. Den Regelungen des § 28 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Thüringer Kommunalordnung liegt die Einschätzung des Landesgesetzgebers zugrunde, dass die örtliche Verwaltung in Gemeinden unter 3.000 Einwohnern ihrem Umfang nach ehrenamtlich geleitet werden kann und deshalb im Hinblick auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von der Wahrnehmung des Amtes durch einen Beamten auf Zeit abzusehen ist.

Mit der Ausnahmeregelung in § 28 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz Thüringer Kommunalordnung soll den Besonderheiten der örtlichen Gegebenheiten Rechnung getragen werden können – siehe Landtagsdrucksache 1/2149. Bezogen auf die Stadt Leutenberg wurden diese örtlichen Gegebenheiten seitens des Thüringer Landesverwaltungsamts im Rahmen seines Rücknahmebescheids vom 26. Februar 2015 ausführlich geprüft und bewertet.

Zu Frage 3: Für eine Zuordnung zu einer erfüllenden Gemeinde ist § 46 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 51 Abs. 1 Satz 2 der Thüringer Kommunalordnung einschlägig. Danach ist die Übertragung der Aufgaben einer Verwaltungsgemeinschaft nach § 51 Thüringer Kommunalordnung möglich, sofern Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen. Sie bedarf eines Gesetzes. Ein Antrag auf Vereinbarung einer erfüllenden Gemeinde nach § 51 Thüringer Kommunalordnung zwischen der Stadt Leutenberg und der Gemeinde Kaulsdorf liegt der Landesregierung bislang nicht vor. Eine Bewertung der Gründe des öffentlichen Wohls setzt jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Vorliegen entsprechender Antragsunterlagen voraus. Daher kann derzeit nicht eingeschätzt werden, ob Gemeinwohlgründe einer solchen Neugliederung entgegenstehen.

Zu Frage 4: Der Stadt Leutenberg wurde im Rahmen des Rücknahmebescheids des Thüringer Lan

(Abg. Kowalleck)

desverwaltungsamts vom 25. Februar 2015 sowie unter Verweis auf die Rechtsprechung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts erläutert, unter welchen Voraussetzungen von der in § 28 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Thüringer Kommunalordnung vorgegebenen Ehrenamtlichkeit des Bürgermeisteramts abgewichen werden kann. Diese lagen im Fall der Stadt Leutenberg nicht vor.

Entsprechend dem in Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz normierten Prinzip, dass die Rechte der Gemeinden nur im Rahmen der Gesetze bestehen und die Gemeinden bei all ihrem Handeln diese Gesetze beachten müssen, hat auch die Stadt Leutenberg für eine gesetzmäßige Verwaltungstätigkeit Sorge zu tragen. Sollte sie diesem Prinzip nicht nachkommen, dienen die §§ 116 ff. Thüringer Kommunalordnung der Sicherung der gesetzmäßigen Verwaltungstätigkeit von Gemeinden und Landkreisen.

Eine Nachfrage des Kollegen Kowalleck. Bitte.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung der Fragen. Ich habe eine Rückfrage betreffs des geschäftsführenden Beamten: Inwieweit wird jetzt die Möglichkeit gesehen, dass die Verwaltung auch ohne einen geschäftsführenden Beamten handlungsfähig ist? Sie haben gesagt, es ist nicht notwendig, ihn einzusetzen. Sieht die Landesregierung es als ausreichend an, dass die Gemeinde bzw. Stadt Leutenberg nur durch einen ehrenamtlichen Bürgermeister geführt wird?

Das habe ich hier beantwortet. Das sieht die Landesregierung so, dass auch ein ehrenamtlicher Bürgermeister die Gemeinde leiten kann.

Weitere Nachfragen sehe ich …

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Doch, doch, doch!)

Doch, bitte schön. Noch eine Nachfrage des Abgeordneten Kuschel.

Danke, Herr Präsident. Herr Staatssekretär, liegen der Landesregierung Informationen vor, mit welcher Begründung 1997 eine unbefristete Ausnahmegenehmigung für einen hauptamtlichen Bürgermeister für die Stadt Leutenberg erteilt wurde, gab es doch damals schon die eineindeutige Regelung in der Thüringer Kommunalordnung, dass Gemeinden un

ter 3.000 Einwohner als selbstständige Gemeinden nur im Ausnahmefall einen hauptamtlichen Bürgermeister haben dürften? Sind diese Gründe bekannt? Wenn ja, welche sind das?

Ich kann es Ihnen aus dem Kopf nicht beantworten. Das müsste ich recherchieren lassen und würde diese Frage dann schriftlich beantworten.

Danke schön.

Vielen Dank. Wir kommen nun zur Frage der Abgeordneten Herold in der Drucksache 6/702. Frau Herold.

Entschuldigen Sie, Herr Präsident, ich habe die jetzt nicht gefunden im AIS und ausgedruckt liegt sie auch nicht vor. Da muss technisch etwas schiefgegangen sein. Sie haben sie? Danke schön, vielen Dank, Frau Kollegin.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Sie müssen jetzt einen Aufsatz schreiben!)

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Einen Vortrag halten!)

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Ge- nau!)

Kosten durch Steigerung der Betreuungsquote in Kindertagesstätten

Die geplante Abschaffung des Landeserziehungsgeldes wird voraussichtlich zu einer Erhöhung der Betreuungsquote führen. Die Plätze in Kindertagesstätten werden entsprechend der §§ 18 und 19 des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes unter anderem durch Landesmittel finanziert. Entsprechend einer Zuschrift zum schriftlichen Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Gesetz zur Aufhebung des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes und der Verordnung zur Durchführung des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes ist eine Steigerung der Kosten für Kindertagesbetreuung sowohl bei Kommunen als auch beim Freistaat Thüringen sehr wahrscheinlich.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie wird sich mit der Abschaffung des Landeserziehungsgeldes die Anzahl der in öffentlicher Kinderbetreuung befindlichen Kinder verändern, wenn 20 Prozent der bisherigen Gruppe von Beziehern von Landeserziehungsgeld ihre Kinder in eine öf

(Staatssekretär Götze)

fentlich geförderte Kinderbetreuung geben? Bitte jährlich für die Jahre 2015 bis 2020 angeben.

2. Welche zusätzlichen Kosten entstehen, die Prognosen in Frage 1 zugrunde legend, für die Kinderbetreuung auf kommunaler und auf Landesebene jeweils jährlich für die Jahre 2015 bis 2020?

3. Welcher Mehrbedarf an Kinderbetreuungsplätzen entsteht auf Grundlage der Prognose in Frage 1?

4. Können die Mehrbedarfe in den städtischen und ländlichen Gebieten des Freistaats jeweils abgedeckt werden oder entstehen zusätzliche Investitionskosten?

Für die Landesregierung antwortet das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Frau Staatssekretärin Ohler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Herold namens der Landesregierung insgesamt wie folgt beantworten:

Der Thüringer Landtag hat in seiner 17. Plenarsitzung am 17. Juni 2015 mehrheitlich dem Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt und damit die rechtliche Grundlage für die Aufhebung des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes geschaffen. Damit existiert seit zwei Tagen eine rechtliche Grundlage für eine Prognoseberechnung, wie sie den Fragen 1 bis 4 zugrunde liegt. Eine weitere Grundlage für eine Prognoseberechnung im Sinne der Mündlichen Anfrage ist die Entscheidung zu einem gebührenfreien Kitajahr. Dazu befindet sich die Landesregierung im Abstimmungsverfahren. Es wird derzeit davon ausgegangen, dass eine Planung frühestens im Rahmen der Haushaltsaufstellung für das Jahr 2018 erfolgen kann. Ein entsprechendes Szenario also zu prognostizieren, wie viele Kinder zusätzlich zu den üblichen Steigerungen der Inanspruchnahme einer Kindertageseinrichtung eine Einrichtung besuchen, welche zusätzlichen Kosten entstehen, welcher Mehrbedarf an Plätzen besteht sowie welche zusätzlichen Investitionskosten anfallen, kann somit derzeit nicht abgebildet werden.

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin Ohler. Ich sehe keine Nachfrage. Wir kommen damit zur nächsten Anfrage der Frau Abgeordneten Leukefeld in der Drucksache 6/704.

Danke, Herr Präsident.

Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Suhl

Die Erstaufnahmestelle in Suhl war als Außenstelle der Erstaufnahmestelle Eisenberg im vergangenen Jahr kurzfristig geschaffen worden, um die große Anzahl von Flüchtlingen, die Thüringen aufzunehmen hatte, menschenwürdig unterzubringen. Mit viel Unterstützung aller Verantwortungsträger, der Stadtverwaltung und des Stadtrats Suhl sowie durch aktives bürgerschaftliches Engagement konnte in der Stadt Suhl innerhalb kurzer Zeit eine gute Willkommenskultur entwickelt werden.

Auf der Grundlage eines Antrags der Thüringer Landesregierung wird die Einrichtung nach Bestätigung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge eine eigenständige Erstaufnahmestelle werden. Wie Medien mitteilen, werden nun die Erstuntersuchungen der Flüchtlinge und die Asylverfahren in Suhl abgewickelt. Außerdem würde in diesem Fall das Personal deutlich aufgestockt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Konsequenzen für die Stadt Suhl hat die Tatsache, dass die Einrichtung auf dem Friedberg jetzt eine eigenständige Erstaufnahmestelle ist?

2. Welche Unterstützung erhält das SRH Zentralklinikum Suhl zur Absicherung der medizinischen Erstuntersuchung?