Protokoll der Sitzung vom 19.06.2015

Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf genauso wie die Überweisung an den Ausschuss ab. Danke schön.

(Beifall AfD)

Danke schön, Herr Abgeordneter Brandner. Als Nächster hat sich Abgeordneter Adams für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste hier im Thüringer Landtag! Ich musste heute schon einmal nach Ihnen sprechen, Herr Brandner, und in mir ringt es nach einer Balance zwischen Peinlichkeit ignorieren und natürlich Dinge nicht unwidersprochen im Raum stehen zu lassen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Mit einem solchen Luftgeschoss beschäftigt man sich nicht!)

Wissen Sie, Herr Brandner, von Ihnen brauche ich vor allen Dingen keine Stichworte, weil das, was Sie nicht nur hier am Pult, sondern auch was Sie hier immer wieder als Zwischenrufe bringen, doch eines beweist, dass Alter an sich nichts über Vernunft aussagt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Ich will eins nur ganz klar für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagen – und ich denke, dass ich vielleicht auch für die anderen Fraktionen hier noch sprechen darf:

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Nicht „vielleicht“, du sprichst für uns!)

Wer hier im Hohen Haus dieses Freistaats Thüringen glaubt, dass es im Jahr 2015 angebracht ist, darüber zu reden, dass man Frauen, die der Antifa nahestehen, doch irgendwie das Wahlrecht aberkennen sollte, ist einfach so etwas von daneben!

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen mehr Demokratie wagen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dieser Tagesord

(Abg. Brandner)

nungspunkt ist Ausdruck einer neuen politischen Kultur von der Landesregierung, von der Mehrheit dieses Parlaments, dass dieses Gesetz, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die kommunale Ebene auf jeden Fall auch durchbringen wird. Wir wollen zuhören, weil es uns wichtig ist, junge Menschen zu beteiligen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Deshalb wollen wir gelebte Demokratie ein Stück breiter aufstellen. Das ist unser Wunsch und das ist unser Wille. Ob dieser Wunsch und Wille dann auch angenommen wird, das wird auf einem anderen Blatt Papier stehen. Das wird davon abhängen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob wir es denn tatsächlich authentisch darstellen können, dass es uns wichtig ist, Menschen, die unter 18 sind, am politischen Diskurs und an der politischen Entscheidung mittun zu lassen.

All die Argumente, dass junge Menschen insbesondere länger von den politischen Entscheidungen partizipieren werden oder davon betroffen sein werden oder dass sie über viele Dinge nicht mitentscheiden können, die sie aber ganz originär angehen – die Frage der Bildungspolitik ist hier angesprochen worden –, sind alle schon hier in der Debatte gesagt worden. Ich will aber gerade, weil Herr Brandner auch versucht hat, das ins Lächerliche zu ziehen, einen der wesentlichen und wichtigsten verfassungsrechtlichen Gedanken dazu noch mal hier in die Debatte mit einbringen. Schauen wir in unser Grundgesetz in den Artikel 20. Darin steht ganz klar, wer in diesem Land durch Wahlen und Abstimmungen die Macht ausübt: das Volk. Zu diesem Volk gehört man mit der Geburt oder mit der Einbürgerung. Dann ist man dabei. Rein theoretisch ist es so, dass jedes Baby in diesem Land mitwählen muss.

(Heiterkeit AfD)

Es ist verfassungsrechtlich höchst geboten, erläutern zu können, warum jemand noch nicht an der Wahl teilnehmen darf. Ich glaube, bei einem Baby, bei einem Neugeborenen liegt das auf der Hand. Die Frage, ob sich dieser junge Mensch äußern kann, ist durchaus infrage zu stellen. Aber die große Frage ist, ob wir das überhaupt noch bei einem 16-Jährigen oder einer 60-Jährigen darstellen können. Uns zeigen die Entwicklungspsychologie und die Forschungen, dass sich das weiterentwickelt hat. Die jungen Menschen sind heute mit 18 reifer, mit 16 auch.

Herr Adams, es gibt eine Zwischenfrage der Abgeordneten Muhsal, wenn Sie sie zulassen.

Ja, bitte.

Frau Muhsal, bitte.

Vielen Dank, Herr Adams. Vor dem Hintergrund, was Sie gerade gesagt haben, würde mich interessieren, warum Sie die Grenze denn gerade bei 16 ziehen und vielleicht nicht bei 14, 12 oder irgendeiner anderen Altersgruppe.

Vielen Dank für die Frage. Da war ich gerade beim Ausführen. Entschuldigen Sie bitte den Versprecher. Die neuesten Forschungen – nicht nur neuesten –, Forschungen seit über zehn Jahren zeigen, dass junge Menschen mit 16 reif genug sind, um Entscheidungen zu treffen. Sie staunen darüber. Ich denke, wir können das in einer Anhörung sehr einfach machen, indem wir einfach ein paar Leute einladen, die an solchen Studien mitgewirkt haben. Dann wird man das darstellen, 16-Jährige sind heute in der Lage, solche Entscheidungen zu treffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nicht irgendwer, der das in diesem Land erzählt. Wenn der Bundesverfassungsgerichtspräsident Herr Voßkuhle sagt, natürlich können 16-Jährige diese Entscheidung treffen, dann stellt sich die CDU hin und sagt, dass Herr Voßkuhle nicht recht hat. Das finde ich ein starkes Stück, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen, dass Thüringen mit auf diese Karte kommt, dass Thüringen mit zu einem Land wird, das hier auf dieser Karte grün ist. Ein Land, meine sehr verehrten Damen und Herren, in dem Menschen mit 16 Jahren auch auf der Ebene der Kommune mit wählen dürfen und auch auf der Ebene des Landes, wenn sie denn mit dabei sind, mit wählen dürfen. Wenn die CDU sich an dieser Stelle verweigert, dann müssen wir das akzeptieren. Wir werden nicht lockerlassen, diese Debatte zu führen.

Dann bin ich noch einmal bei Herrn Kellner: Sehr geehrter Herr Kellner, Sie haben gesagt, den Wählerwillen, den Willen der Bevölkerung, den Bürgerwillen, den haben Sie erforscht mit einer Umfrage der CDU-Fraktion. Das finde ich – ehrlich gesagt – auch relativ weitgehend, dass Sie davon ausgehen, dass dies in jedem Fall der Bürgerwille sei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde, man muss auch noch einmal, weil das eine grundsätzliche Debatte um Politik, um Bürgerrechte ist, die Frage stellen, welche Aufgabe wir hier haben. Haben wir die Aufgabe nachzuvollziehen, was Demoskopen herausgefunden haben, mehr oder weniger wissenschaftlich gesichert, oder

sind wir hier aufgerufen, unserem Gewissen und unserer inneren Überzeugung zu folgen? Meine innere Überzeugung, und da spreche ich für die ganze grüne Fraktion, ist die, Menschen mit 16 können wählen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielleicht ein Gedanke noch, lieber Herr Kellner, das liegt mir so auf der Zunge: Wenn es denn darum gehen würde, dass immer in der Welt geschehen muss, was Demoskopen herausfinden, dann bestehen wir Grüne darauf, dass das Bundestagswahlergebnis danach hergestellt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren, welches demoskopische Ergebnis wir ein halbes Jahr vor der letzten Bundestagswahl hatten. Sie wissen, da hatten wir 18 Prozent, die wollen wir jetzt auch sofort wiederhaben. Da sehen Sie mal, wie volatil solche Dinge sind, die Sie hier vortragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Rot-RotGrün geht auf den Weg, jungen Menschen eine Stimme in Thüringen zu geben. Rot-Rot-Grün will mehr Demokratie wagen und deshalb freuen wir uns auf die Debatte im Ausschuss, vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Und jetzt freuen wir uns auf den Beitrag von Herrn Abgeordneten Bühl aus der CDUFraktion.

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Gäste auf der Besuchertribüne und am Livestream, wie wichtig uns als CDU-Fraktion dieses Thema ist, junge Leute zu beteiligen, das zeigt sich schon allein daran, dass wir uns das aufgeteilt haben, dass wir hier nicht nur mit einer Person, sondern mit zweien sprechen,

(Beifall CDU)

was mich zu der Vorbemerkung führt, dass ich den Eindruck habe, dass der Landesregierung dieses Thema nicht so wichtig ist, wie Sie das hier anführen. Zum einen hat der Herr Staatssekretär eher ambitionslos vorgetragen,

(Unruhe DIE LINKE)

der Innenminister ist bei einer Verfassungsänderung, die Sie anstreben, gar nicht anwesend, der Ministerpräsident auch nicht. Vom Justizministerium hat sich überhaupt keiner blicken lassen. Also ich frage mich

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Dr. Albin ist doch da!)

ach da, na gut, die Namen kenne ich noch nicht so, sind zu frisch.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber Sie sind ja auch recht unauffällig.

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Bühl, ich möchte Sie bitten, sich etwas zu mäßigen.

Ja, das mache ich natürlich. Um zum Thema zurückzukommen: Das Thema ist uns natürlich sehr wichtig und noch eine weitere Vorbemerkung: Besonders beschäftigt hat mich die Wortmeldung der Frau Engel. Wir sitzen hier in diesem Raum mit Menschen, die für parlamentsunwürdig erklärt wurden. Wir diskutieren mit diesen Menschen, wir lassen uns von ihnen Fragen stellen,

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Wenn Sie keine Argumente haben, dann kommen Sie damit!)

wir ertragen auch deren Wortmeldungen. Von daher finde ich es ganz wichtig, dass wir als Demokraten hier untereinander, die alle gewählt sind, auch miteinander sprechen. Da frage ich mich schon, warum Sie dann Leute ausschließen wollen, die auch gewählt sind, und nicht mit denen diskutieren.

(Beifall CDU, AfD)

Das frage ich mich schon. Ich weiß nicht, ob das ein gutes Vorbild für junge Menschen ist, was Sie doch sein wollen. Sie haben doch vorhin gesagt: gutes Vorbild, Sie wollen Interesse für Politik wecken. Ich weiß nicht, ob diese Diskussion dazu beiträgt, dass Sie hier Interesse für Politik wecken. Das frage ich mich ernsthaft.