3. Mit welchen Maßnahmen stellt die Landesregierung den Schutz der Flüchtlingsunterkünfte und der Asylsuchenden sicher?
4. Wie unterstützt die Landesregierung zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine und Verbände, die sich gegen rassistische und rechte Übergriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte und Asylsuchende engagieren?
Es antwortet für die Landesregierung das Ministerium für Inneres und Kommunales, Staatssekretär Götze.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Rothe-Beinlich beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Im polizeilichen Informationssystem werden Vorkommnisse, also nicht nur Straftaten, im Zusammenhang mit Asylbewerberunterkünften seit dem 01.01.2015 gesondert erfasst. Mit Stand 7. September 2015 wurden 633 Vorkommnisse registriert. Vorkommnisse im Zusammenhang mit Asylbewerbern außerhalb von Asylbewerberunterkünften werden ebenso seit dem 01.01.2015 extra erfasst. Mit Stand 7. September 2015 waren 1.110 Sachverhalte registriert. Im Weiteren stelle ich die uns vorliegenden Erkenntnisse zur Teilmenge Straftaten der oben genannten Vorkommnisse dar.
Die Angehörigen der rechtsextremen Szene nutzen Vorkommnisse, welche sich zwischen Flüchtlingen untereinander – wie jüngst in Suhl – ereignet haben propagandistisch für ihre Zwecke. In verbal-radikaler Fiktion rufen sie zu Widerstand gegen die angeblich drohende Überfremdung Deutschlands auf. Aus diesem Szenario leiten sie eine Berechtigung zur vermeintlichen Selbstverteidigung ab und bereiten so agitatorisch den Boden für fremdenfeindliche Gewalttaten. Im Freistaat Thüringen wurden mit Stand 07.09.2015 bisher 23 Straftaten bekannt, die sich gegen Asylsuchende richteten. Damit hat sich die Zahl gegenüber 2014 bereits jetzt mehr als verdoppelt. Im gesamten Jahr 2014 wurden neun Delikte erfasst.
Zu Straftaten gegen Flüchtlinge und Asylsuchende möchte ich einführend sagen, dass die Bezeichnungen wie „Flüchtling“, „Asylsuchender“ usw. im Rahmen der polizeilichen Kriminalstatistik bei Opfern nicht erfasst werden. Damit können sie nicht in dem vorhandenen polizeilichen System recherchiert werden. Die Thüringer Polizei verfolgt alle Straftaten, die ihr bekannt werden, unabhängig vom Aufenthaltsstatus und der Nationalität der geschädigten Personen. Im ersten Halbjahr 2015 wurden der
Thüringer Polizei 90 fremdenfeindliche Taten bekannt. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2014, das waren damals 60 Fälle, ist damit eine deutliche Steigerung der Fallzahlen zu verzeichnen.
Zu Frage 2: Zunächst möchte ich zu Straftaten gegen Asylunterkünfte Auskunft geben. Von den 23 Straftaten gegen Asylunterkünfte wurden 15 Fälle der politisch-motivierten Kriminalität rechts zugeordnet. In den anderen Fällen haben die Ermittlungen zur Aufklärung der Sachverhalte erst begonnen bzw. die Prüfungen dauern an. Es ist also möglich, dass sich nach Abschluss der Ermittlungen weitere Delikte der PMK-rechts zuordnen lassen. Von den 90 fremdenfeindlichen Straftaten wurden 89 Fälle dem Phänomenbereich politisch motivierte Kriminalität – rechts zugeordnet.
Zu Frage 3: In den Landesaufnahmeeinrichtungen stellt der Freistaat Thüringen rund um die Uhr einen Einlass-, Wach- und Streifendienst sicher. Sie sind bzw. werden zeitnah durch Zäune gesichert. Zudem finanziert das Land entsprechend den geltenden Bewachungsstandards – abhängig von der Größe der Unterkünfte – einen mobilen nächtlichen bzw. 24-stündigen Wachdienst. Darüber hinaus stellen die Einsatz- und Streifendienste der Polizeidienststellen individuell für einzelne Objekte festgelegte spezielle Schutz- und Kontrollmaßnahmen sicher. Dabei werden sie durch die Bereitschaftspolizei umfassend unterstützt. Seit dem Jahr 2014 entwickelt die Polizei einen polizeilichen Kontaktdienst für zentrale und dezentrale Asylbewerberunterkünfte. Der sogenannte KODA soll zielgruppenorientiert vor Ort Angelegenheiten im Zusammenhang mit entsprechenden Unterbringungen bearbeiten. Am 21.08.2015 wurde ein Rahmenbefehl im Zusammenhang mit Ereignissen in bzw. an Gemeinschaftsunterkünften, Landesaufnahmestellen und sonstigen Unterkünften von Flüchtlingen oder Asylsuchenden in Kraft gesetzt und am 08.09.2015 fortgeschrieben. Mit diesem Befehl werden die Rahmenbedingungen für die Bewältigung von Lagen in und an Gemeinschaftsunterkünften einheitlich festgelegt, um eine schnelles, wirksames Handeln bei optimaler Eigensicherung für die Einsatzkräfte zu ermöglichen.
Zu Frage 4: Auf Grundlage der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund unterstützt das Land seit mehreren Jahren jährlich etwa 30 Integrationsprojekte im Weg der Kofinanzierung. Unterstützt werden insbesondere Projekte, die von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und gemeinnützigen Vereinen durchgeführt werden und vor allem auf eine sprachliche Förderung der Zuwanderer sowie eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt ausgerichtet sind. Im aktuellen Haushaltsgesetz sind für 2015 rund 730.000 Euro für die Förderung von Integrationsprojekten vorgesehen. Das Thüringer Lan
desprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit stärkt das bürgerschaftliche Engagement und die Zivilgesellschaft insbesondere auf kommunaler Ebene durch die flächendeckende Förderung von lokalen Aktionsplänen.
Vielen herzlichen Dank zunächst für die Antworten. Ich habe eine Nachfrage bezüglich des Brandanschlags in Rockensußra, und zwar ob es hier schon aktuell neue Erkenntnisse gibt, ob und wer gegebenenfalls hier als Täter infrage kommt.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich habe eine Frage zu Suhl: Wie viele rechtsextreme Straftaten gab es im 1. Halbjahr im Vorfeld des zentralen Aufnahmelagers in Suhl?
Gemäß einem Pressebericht in der Online-Ausgabe der „WELT“ vom 31. August 2015 äußerte der parteilose Bürgermeister von Suhl, Herr Triebel, dass laut der neuen Polizeistatistik die Zahl der Kaufhausdiebstähle in Suhl in letzter Zeit um 50 Prozent gestiegen sei. Die Täter kämen laut Polizei vor allem vom Westbalkan.
Laut der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 400 des Abgeordneten Henke, AfD, in der Drucksache 6/982 werden in Thüringen zwar grundsätzlich weder vom Land noch durch die Kommunen Erstattungen für Schäden aufgrund von einfachem Diebstahl gewährt. Unklar bleibt nach
der Beantwortung, ob es – auch ausnahmsweise – Fälle von Entschädigungen durch das Land, die Gemeinden, kreisfreien Städte und Landkreise gegeben hat, zumal sich nach Kenntnis des Fragestellers entsprechende Gerüchte in der Bevölkerung halten.
1. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen vom Land, den Gemeinden, Landkreisen oder kreisfreien Städten in Ausnahmefällen vollständige oder teilweise Erstattungen der finanziellen Schäden von Einzelhandelsunternehmen im kausalen Zusammenhang mit mutmaßlichen oder festgestellten Ladendiebstählen bzw. vergleichbaren Delikten (z. B. Qualifikationen) gewährt wurden?
2. Falls Frage 1 mit Ja beantwortet wurde: In welchen konkreten Fällen ist dies auf der Grundlage welcher Kriterien und welcher Rechtsgrundlagen der Fall gewesen?
3. Falls Frage 1 mit Ja beantwortet wurde: Was sind die Hintergründe für diese Entschädigungspraxis?
4. Falls Frage 1 mit Ja beantwortet wurde: Von welchen Voraussetzungen wird die Entschädigung abhängig gemacht?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Möller beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Wenn Sie es schon so kurz machen können, dann meine Nachfrage: Sind denn entsprechende Forderungen von Einzelhandelsunternehmen oder Großhandelsunternehmen an die Landesregierung oder an kommunale Gebietskörperschaften in Thüringen nach Kenntnisstand der Landesregierung herangetragen worden?
Ich hatte Ihre Frage 1 gerade mit Nein beantwortet. Also es liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor.
Es gibt keine weiteren Nachfragen. Ich rufe auf die Anfrage des Abgeordneten Dr. Voigt in der Drucksache 6/1011.
Die Landesregierung hat sich ausweislich des „Berichts zum aktuellen Stand des Breitbandausbaus in Thüringen 2014“ auf Seite 5 in ihrer Koalitionsvereinbarung dazu bekannt, die erfolgreiche Breitbandstrategie Thüringen 2020 fortzusetzen. Derzeit liegen erst in 56 Prozent aller Haushalte Bandbreiten von 30 Megabit pro Sekunde und in 53 Prozent aller Haushalte Bandbreiten von mehr als 50 Megabit pro Sekunde vor. Auch für Unternehmen sind schnelle Anschlüsse von großer Bedeutung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für die aktuelle Förderperiode will die Landesregierung hierfür insgesamt 15 Millionen Euro bereitstellen, wovon im Haushalt 2015 rund 1,3 Millionen Euro eingestellt sind. Bis zum heutigen Tag liegt noch keine entsprechende Richtlinie für die Breitbandförderung vor. Die Konsequenz ist, dass keine Fördergelder beantragt werden können und daher auch unklar ist, ob die eingestellten Fördermittel tatsächlich für den Breitbandausbau verwendet werden.
1. Was ist der derzeitige Stand bezüglich der Förderrichtlinie zum Breitbandausbau in Thüringen bzw. wann tritt die geplante Förderrichtlinie in Kraft?
2. Mit welcher Begründung hat die Landesregierung bisher keine Planungssicherheit gebende Förderrichtlinie erlassen?
3. Wie viele Förderanfragen von Gemeinden und/ oder Unternehmen liegen der Landesregierung zum Breitbandausbau aktuell vor?
4. Beabsichtigt die Landesregierung, die im Haushalt 2015 für die Breitbandförderung eingestellten Mittel in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro vollumfänglich dem Breitbandausbau zukommen zu lassen?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich die einzelnen Fragen beantworte, eine Vorbemerkung: Soweit durch Herrn Dr. Voigt ausgeführt wird, dass bis zum heutigen Tag noch keine entsprechende Richtlinie für die Breitbandförderung vorliege, ist dies unzutreffend. Tatsächlich besteht mit der Richtlinie des Freistaats Thüringen über die Gewährung von Zuwendungen aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung zur Errichtung von Breitbandinfrastrukturen in unterversorgten Gebieten Thüringens, Richtlinie Breitbandinfrastrukturausbau, vom 12.12.2011 eine nach wie vor geltende Bestimmung, auf deren Basis eine Bewilligung der im Haushalt eingestellten Mittel für den Breitbandausbau durch den Zuwendungsgeber, die Thüringer Aufbaubank, erfolgt. Diese Richtlinie ist bis zum 31.12.2015 in Kraft. Hierbei ist es unschädlich, dass seit der Förderperiode 2014 bis 2020 ab 2015 die Mittel für den Ausbau der Breitbandinfrastruktur aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums bereitgestellt werden. Darüber hinaus können auf Basis dieser Richtlinie auch Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ verausgabt werden. Schließlich kann der Freistaat Thüringen gemäß den §§ 23 und 44 Thüringer Landeshaushaltsordnung Zuwendungen für im Haushaltplan festgelegte Zwecke außerhalb bestehender Förderrichtlinien auf Basis der sonstigen haushaltsrechtlichen Bestimmungen gewähren. Vor diesem Hintergrund bestand zu keinem Zeitpunkt die Gefahr, dass Fördermittel nicht abfließen können. Im Gegenteil war es den Gemeinden immer möglich, Fördermittel für den Breitbandausbau zu beantragen. Dies ist auch ausweislich der Unterlagen der Thüringer Aufbaubank geschehen.