Protokoll der Sitzung vom 30.09.2015

Herr Abgeordneter Möller, Ihre Redezeit ist um. Danke. Das Wort hat Abgeordnete Henfling, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr geehrte Präsidentin, wir haben jetzt hier schon viel über das Thema „internationale Wirtschaftsbeziehungen“ gehört und was das für die Entwicklung in Thüringen bedeutet. Lassen Sie mich aus grüner Sicht noch mal auf Fragen von ökologischen und sozialen Standards eingehen, die ich insbesondere bei der Betrachtung dieses Themenbereichs für essenziell erachte.

Eine Welthandelspolitik, die nicht zur Verletzung der Menschenrechte sowie ökologischer und sozialer Standards führt, kann nur durch eine effektivere und kohärentere Globel Governance gewährleistet werden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Abg. Möller)

Die acht Kernnormen der internationalen Arbeitsorganisation, der internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und jener über bürgerliche und politische Rechte, die ILO-Konvention 169 sowie die Konventionen und Abkommen im Bereich des Umweltschutzes müssen zu einem Leitmotiv eines multilateralen Handelsregimes werden. Und das gilt es auch in Thüringen zu beachten. Dazu müssen internationale Organisationen, vor allem im Rahmen der vereinten Nationen, gestärkt und reformiert, die internationalen Finanzund Rohstoffmärkte stärker kontrolliert, verbindliche Regeln für Unternehmen zur Einhaltung von Sozialund Umwelt-, Transparenz- und Menschenrechtsstandards erlassen sowie gerechtere Handels-, Investitions- und Rohstoffabkommen abgeschlossen werden.

Wir Grünen stehen der Verbreitung von bi- und plurilateralen Abkommen und der damit verbundenen Abkehr von den multilateralen Handelssystemen kritisch gegenüber, die Stichworte TTIP und CETA sind hier schon gefallen. Diese bilateralen Handelsabkommen gehen oftmals zulasten insbesondere von Ländern in Afrika, von Ländern, die als sogenannte Entwicklungsländer bezeichnet werden, weil sie deren Perspektive und deren Märkte nicht einbeziehen. Das betrachten wir als eine sehr problematische Entwicklung.

Auch eine stärkere Förderung von Fairtrade – und auch das ist in der letzten Legislatur vonseiten der grünen Fraktion hier immer wieder eingebracht worden – etwa durch das öffentliche Beschaffungswesen, Standards bei der Finanzierung der Außenwirtschaftsförderung und durch Entwicklungsbanken sowie Transparenz in den Geschäften transnationaler Konzerne, birgt große Potenziale. Fairer Handel hat in den vergangenen Jahren Lebensbedingungen von Millionen von Menschen in den Entwicklungsländern verbessert. Aus einem Nischenmarkt hat sich inzwischen ein ernst zu nehmendes Segment entwickelt. Der faire Handel beweist, wir haben es in der Hand und auch hier in Thüringen können wir etwas dafür tun, dass Menschen fair entlohnt werden, dass ihre Arbeitsbedingungen in den Staaten stimmen, in denen die Sachen produziert werden. Durch unser Einkaufsverhalten und auch das Einkaufsverhalten der öffentlichen Hand haben wir direkten Einfluss auf die Arbeitsweise von Unternehmen, jeden Tag an der Ladenkasse und auch bei den Entscheidungen, wie wir vergeben bzw. woher wir beispielsweise die Steine beziehen, mit denen wir unsere Straßen in Thüringen bauen.

Frau Berninger hat da oben einen Stein, den ich sehr gut finde, das ist nämlich ein sogenannter Handschmeichler. Der ist unglaublich beruhigend, wenn man den in der Hand hat. Es ist in diesem Plenum leider Gottes auch nötig, den zu haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kundinnen und Kunden wollen, dass die Menschen in den Entwicklungsländern fair behandelt und bezahlt werden, und so kaufen sie auch ein, wenn wir sie entsprechend aufklären. Der faire Handel ermöglicht es, das Prinzip „Global denken, lokal handeln“ gesellschaftlich zu verankern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir als Bündnis 90/Die Grünen setzen uns dafür ein, dass in der Diskussion um internationale Wirtschaftsbeziehungen genau diese Aspekte des fairen Handels eine gewichtige Rolle spielen und wir eben auch auf die Menschen und Grundrechte schauen, wenn wir mit anderen Ländern Handel betreiben. Das steht für uns im Vordergrund und dafür werden wir uns auch weiterhin in diesem Plenarsaal und auch in diesem Landtag einsetzen. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat sich Minister Tiefensee zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, in dieser Aktuellen Stunde reden wir über die Außenwirtschaftsbeziehungen Thüringens und ich sehe dabei drei große Handlungsfelder, die bereits angeklungen sind in den Reden der Kolleginnen und Kollegen vor mir.

Das erste Handlungsfeld ist: Wie stellt sich Thüringen nach außen dar? Wie nimmt man international und wie nimmt man europäisch unseren Freistaat wahr? Das zweite Thema ist: Wie kommen wir zu einer verstärkten Exporttätigkeit? Wie können wir Auslandsmärkte erschließen, um unsere Produkte zu verkaufen bzw. Firmen zu gründen, Kooperationen einzugehen? Und das dritte, auch das ist angeklungen, insbesondere bei Frau Henfling: Wie gestalten wir eigentlich unsere Wirtschaftsbeziehungen aus Thüringen, aus Deutschland heraus?

Das erste Thema, Marketing Thüringens nach außen: Ich bin Herrn Hausold sehr dankbar, dass er die Daten aus dem Haushalt 2016/2017 bereits genannt und berichtet hat, dass wir, wenn der Haushalt so von Ihnen beschlossen wird, einen kräftigen Aufwuchs haben werden. Thüringen stellt sich nach außen stark dar. Thüringen – das meint die Gesellschaft insgesamt, aber insbesondere die Wirtschaft – ist weltoffen und international.

Sehr verehrter Herr Möller – nicht anwesend – von der AfD-Fraktion. Ich will es in aller Deutlichkeit und Entschiedenheit in Ihre Richtung sagen: Wenn Herr

(Abg. Henfling)

Höcke unlängst vor der Staatskanzlei – oder war es auf dem Anger – einen Satz propagiert hat, „Erfurt ist schön deutsch, Erfurt soll schön deutsch bleiben.“, dann ist das zunächst ein sehr dummer Satz.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und zum Zweiten: Neben der Frage, die in der Aktuellen Stunde zuvor besprochen worden ist, dass Sie sich bemühen sollten, das menschliche Angesicht Thüringens zu zeigen und diejenigen zu unterstützen, die menschlich handeln – die AfD und namentlich ihr Vorsitzender schaden der Thüringer Wirtschaft, vernichten potenzielle und bestehende Arbeitsplätze.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin froh, dass wir hier in Thüringen weitgehend eine andere Botschaft senden. Wir senden die Botschaft nach außen, dieses Land Thüringen ist bereit und in der Lage, Menschen willkommen zu heißen und insbesondere auch Unternehmen anzuziehen.

Der zweite Bereich ist: Wie können wir uns international besser aufstellen? Die Fakten sind angesprochen worden, wir haben eine Exportquote von reichlich 32 Prozent. Im Osten Deutschlands liegt sie bei etwa 37 Prozent und – vorhin klang, glaube ich, eine falsche Zahl an – in Deutschland insgesamt liegen wir bei knapp 50, also bei 48 Prozent Exportquote, die uns auch immer mal wieder vorgeworfen wird. Wir haben also Luft nach oben, zwei Drittel unserer Exporte gehen in die EU und das ist gut so und das soll auch so bleiben. Aber bei dem einen Drittel internationaler Markt ist noch Nachholbedarf. Auch wenn beispielsweise der Export nach Asien in den letzten zehn Jahren von 9 auf 15 Prozent gestiegen ist, ist das zu wenig. Die Kleinteiligkeit ist angesprochen worden und so müssen wir hier auf ganz unterschiedliche Art und Weise als öffentliche Hand Unterstützung geben. Die zwei Säulen sind einmal die Außenwirtschaftsstrategie, die wir gerade überarbeiten. Wir diskutieren sie mit Ihnen und wollen sie im November vorstellen. Das andere ist die Förderung, die Exportförderung.

Zum Ersten: Wir werden uns neu aufstellen und die alte Exportstrategie, Außenwirtschaftsstrategie, fortschreiben. Wir wollen anders als in der bisherigen Lesart nicht mehr nur die Wachstumsmärkte bearbeiten, sondern wir setzen darüber hinaus auf die Regionen, die zu unseren Branchen passen und zu einzelnen Unternehmen und wir knüpfen dort an, wo bereits Unternehmen in gewissen Clustern in der Welt vorhanden sind. Dazu sollen folgende Kriterien eingehalten werden: Diese Märkte müssen branchengeeignet sein für Thüringen. Diese Märkte müssen, nachdem sie erkundet und erschlossen sind, nachhaltig zu bearbeiten sein. Sie

müssen kontinuierlich bearbeitet werden. Wir müssen uns die nötige Flexibilität erhalten, in der Legislaturperiode gegebenenfalls nachsteuern zu können. Wir werden darüber hinaus die Märkte weiter bearbeiten, die in der Vergangenheit begonnen worden sind, aufzuschließen. Deshalb meine Reise nach Brasilien, die an die Reise von 2012 anknüpft. Aber wir werden auch neue Märkte erschließen, zum Beispiel Südafrika. In das Land hat mich eine Reise im Mai dieses Jahres geführt.

Zur Förderung ist bereits angeklungen, dass wir im Jahr 2015 1,1 Millionen Euro aufgewandt haben für die Förderung und im Jahr 2016 diesen Betrag auf 1,7 Millionen Euro aufstocken wollen. Wir haben auch hier zwei Säulen vorgesehen. Die eine Säule ist, dass wir Einzelbetriebe fördern wollen – zum Beispiel dabei, auf Messen aufzutreten –, entsprechende Werbematerialien zur Verfügung zu stellen, für Schulungen und dergleichen mehr. Das Zweite ist die Förderung von Gemeinschaftsständen. Wir wissen aus Unternehmensbefragungen, dass das ein ganz wirksames Instrument ist, um Märkte zu erschließen bzw. nachhaltig zu bearbeiten. Auch das ist bereits angeklungen: Wir haben ein ganz wichtiges Instrument eingeführt, haben noch einmal die EU-Richtlinien mit der Lupe gelesen. Es ist möglich, eine Pauschalförderung für Messeauftritte zu gewähren. Das wollen wir dann mit dieser neuen Richtlinie, mit dieser neuen Förderrichtlinie gewährleisten. Unsere Partner in beiden Säulen, also sowohl der Außenwirtschaftsstrategie als auch der Exportförderung, sind die IHKs, die Handwerkskammern, ist natürlich die Landesentwicklungsgesellschaft mit „Thüringen international“, ist mein Haus, aber darüber hinaus, auch das ist angeklungen und wird selbstverständlich bearbeitet, der enge Kontakt zu den Außenhandelskammern, German Trade & Invest, dem Instrument, das sowohl im Ausland für die deutsche Wirtschaft auftritt, als auch umgekehrt Investoren nach Thüringen zieht.

Meine Damen und Herren, auf diese Art und Weise sollte es gelingen, dass wir die Kontakte stärken. Wenn ich Ihnen von meiner letzten Reise aus Brasilien kurz berichten darf, dann ist alles das, was an Instrumentarien nötig ist, dort zu finden gewesen. Die erste Botschaft ist: Wir sind in ein Land gefahren, das momentan durch eine politische und wirtschaftliche Talsohle geht. Wir kommen genau zum richtigen Zeitpunkt, denn Kooperationen schließt man nicht nur dann, wenn der andere stark ist, sondern sie werden ganz besonders wach und freudig entgegengenommen, wenn es einem mal nicht so gut geht. Wir sind dort in eine Region gefahren, Brasilien mit seinen 200 Millionen Einwohnern, in eine Region, Santa Catarina, die zweitstärkste Wirtschaftsregion nach São Paulo, die uns mit offenen Armen empfangen hat. Dort fanden die deutschbrasilianischen Wirtschaftstage mit 1.000 Unternehmerbesuchen statt, davon 200 Unternehmen aus

(Minister Tiefensee)

Deutschland. Wir hatten die Möglichkeit, uns dort zu präsentieren mit einem hervorragenden Stand, mit Foren, die wir besucht und die wir wahrgenommen haben und mit der Staffelstabübergabe, meine Damen und Herren, für die deutsch-brasilianischen Wirtschaftstage, die dann im Oktober 2016 hier in Thüringen stattfinden werden. Ein hohes Interesse besteht, beispielsweise auch direkte wirtschaftliche Kontakte abzuschließen, und auch die Wissenschaft ist gefragt in Kooperation mit Universitäten, zum Beispiel in Brasilien in diesem Falle, an dieser Brücke mitzubauen. Die TH Schmalkalden hat ein Abkommen mit der Universität in Joinville, die Willy Brandt School aus Erfurt ein Partnerschaftsabkommen mit einer Universität in São Paulo, das Kunststoffinstitut mit der Sanea, einem Innovationsinstitut in São Paulo. Das alles sind ganz fruchtbare, ganz hoffnungsvolle Instrumente, um die schwierige Situation, die wir in Thüringen vorfinden, ein Stück zu beheben. Wir werden die Kleinteiligkeit der Wirtschaft nicht im Handumdrehen ändern können, sondern wir müssen sie zu einem Vorteil generieren. In engen Partnerschaften der Wirtschaft mit den Partnern, die ich aufgezählt habe, durch eine Unterstützung, durch eine Strategie, die die Nachhaltigkeit, die Kontinuierlichkeit als ein maßgebliches Kriterium setzt, und durch Förderrichtlinien, die punktgenau das Geld dort einsetzen, wo es hingehört, das Geld, das Sie der Regierung und damit der Wirtschaft zur Verfügung stellen. Ich freue mich auf eine interessante Debatte über die Außenwirtschaftsstrategie, bin für jeden Ratschlag, für jede Kritik offen, damit Thüringen im Laufe der nächsten Jahre von dem nicht ganz berauschenden Stand im Ranking der Bundesländer Plätze weiter vorn einnimmt und wir am Ende unserer Legislaturperiode sagen können, die Außenwirtschaft Thüringens ist in diesen fünf Jahren gestärkt worden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Wirtschaftsminister hat Ihnen eine halbe Minute Redezeit zugestanden. Gibt es Wortmeldungen? Keine. Dann schließe ich die Aussprache zum fünften Teil der Aktuellen Stunde und schließe den Tagesordnungspunkt.

Entsprechend unserer heutigen Verabredung rufe ich auf den Tagesordnungspunkt 2

Fünftes Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen (Gesetz zur Gleich- stellung der Schulen in staatli- cher und in freier Trägerschaft) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/974

ZWEITE und DRITTE BERATUNG

Wir beginnen mit der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs und ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Abgeordnete Muhsal, Fraktion der AfD.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, in der ersten Beratung unseres Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen zugunsten der freien Schulen war das Altparteienkartell sich einig: Eine Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen zugunsten der freien Schulen sei überflüssig.

Meine Damen und Herren, das wundert mich wenig, denn alle Altparteien sind sich ja auch darin einig, dass sie die freien Schulen am langen Arm verhungern lassen wollen. Ich dachte eigentlich, Sie lesen die Gesetzentwürfe, zu denen Sie sich hier äußern, vorher. Deswegen habe ich die Erklärung zur Zielsetzung unserer Verfassungsänderung beim letzten Mal relativ kurz gehalten. Da diese Zielsetzung bei Ihnen offenbar weder angekommen ist, noch verinnerlicht wurde, bekommen Sie hier noch mal unsere Begründung zum Gesetzentwurf, und weil sie so schön prägnant ist, im Wortlaut: „Bildung und Kultur sind nach der Verfassung des Freistaats Thüringens zentrale Staatsziele des Freistaats Thüringen. Die Verwirklichung des Rechts auf Bildung ist nicht allein Sache des Staates. Neben den öffentlichen Schulen, die sich in der Trägerschaft einer Gebietskörperschaft befinden, stehen gleichberechtigt die Schulen in privater Trägerschaft. Die Bildung im allgemeinbildenden und im berufsbildenden Bereich erfolgt gleichermaßen an staatlichen wie auch an Schulen in freien Trägerschaft. Das Grundgesetz garantiert in Artikel 7 Abs. 4 die Gewährleistung der Einrichtung einer Schule in freier Trägerschaft. Der bisher geltende Artikel 26 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen gewährleistet inhaltsgleich mit Artikel 7 Abs. 4 Grundgesetz das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft. Grundrechtlich geschützt ist damit das Recht, einen eigenverantwortlich geprägten Unterricht zu erteilen, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethoden und die Lehrinhalte. Der Anspruch auf Bezuschussung der genehmigten Ersatzschulen ergibt sich ebenfalls aus der Verfassung des Freistaats Thüringen. Nicht in der Verfassung vorgesehen ist jedoch das Nebeneinander von staatlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft für die Erfüllung des staatlichen Bildungsanspruchs. Eine Klarstellung mit Verfassungsrang, welche die enorme Bedeutung, die die freien Schulen in Thüringen [inne]haben, betont, fehlt jedoch. Deren Unerlässlichkeit wird insbesondere vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussionen um

(Minister Tiefensee)

die Ausgestaltung der Finanzierung der freien Schulen deutlich.“ So weit unsere Begründung.

Sie halten eine Verankerung der Bedeutung der freien Schulen in der Thüringer Verfassung für überflüssig – wir nicht. Sie meinen, die freien berufsbildenden Schulen seien mit 60 bzw. 65 Prozent dessen, was die staatlichen Schulen bekommen, auskömmlich finanziert. Wir meinen das nicht. Gerade in diesem Punkt der Finanzierung zeigt sich wieder, dass bei Rot-Rot-Grün zwar alle gleich sind, aber manche gleicher als andere.

(Beifall AfD)

Oder wie anders soll ich Ihre Wortmeldung in der letzten Plenardebatte zu diesem Thema, Frau Rothe-Beinlich, in der Sie sagten, die Gleichstellung der freien mit den staatlichen Schulen sei Ihrer Meinung nach bereits verwirklicht, in Bezug auf die 65 Prozent verstehen? Anders als Sie, Frau RotheBeinlich, in der letzten Plenardebatte suggeriert haben, ergibt sich weder aus dem Grundgesetz noch aus der Thüringer Landesverfassung ein Nebeneinander von staatlichen Schulen und freien Schulen für die Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags. Allerdings gestehe ich Ihnen zu, dass Sie eventuell mit den Begriffen „Gleichwertigkeit“, „Gleichartigkeit“, „Gleichberechtigung“ und „Gleichstellung“ durcheinandergekommen sind. Denn das Durcheinanderwerfen dieser Begriffe ist im Bereich des „Gender Mainstreamings“ bei allen Parteien, von der Linken bis zur CDU, gängige Praxis. Von daher ist Ihre Verwirrung verständlich.

(Beifall AfD)

Dass sich das Nebeneinander von staatlichen Schulen und freien Schulen für die Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags gerade nicht aus dem Grundgesetz ergibt, kann man tatsächlich in handelsüblichen Kommentaren zum Grundgesetz nachlesen. Also in genau den handelsüblichen Kommentaren, die Sie mir vorwarfen, nicht gelesen zu haben, die Sie aber wohl selber entweder nicht gelesen oder nicht verstanden haben. Aber Sie haben Glück. Zumindest das Lesen können wir hier und jetzt gern nachholen: „Das dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag entsprechende Gebot der Gleichwertigkeit der Ersatzschule ist nicht ein Gebot der Gleichartigkeit. Gerade deswegen aber kann nicht gesagt werden, dass die Ersatzschulen in einer gleichartigen Weise wie öffentliche Schulen zur Erfüllung staatlicher Aufgaben beitragen und dass der allgemeine Gleichheitssatz zu einem verfassungsrechtlichen Anspruch aller Ersatzschulen auf finanzielle Förderung durch den Staat in einem Umfang führe, der den Aufwendungen entsprechender öffentlicher Schulen gleichkomme.“ – Maunz/Dürig, Artikel 7, Randnummer 103, ein absoluter Standardkommentar des Grundgesetzes, wenn nicht sogar der Standardkommentar. Der handelsübliche Grundgesetzkommentar sagt uns

also, dass aus dem Grundgesetz heraus die freien Schulen eben keinen Anspruch auf gleiche finanzielle Förderung haben. Genau diese Möglichkeit der gleichen finanziellen Förderung wollen wir mit unserem Entwurf zur Änderung der Thüringer Verfassung ermöglichen. Wir wollen den Satz einfügen: „Für die Bildung der Schülerinnen und Schüler“ – Sie sehen hieran unsere Anpassungsfähigkeit an Sie – „sorgen Schulen in staatlicher und in freier Trägerschaft gleichermaßen.“ Dieser Satz ist in der Tat identisch mit Artikel 102 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung, wie Sie, Frau Rothe-Beinlich, auch richtig erkannt haben. Unrecht haben Sie aber, wenn Sie, wie in der letzten Plenarsitzung behauptet, meinen, dass der einzige Unterschied der Thüringer zur Sächsischen Verfassung in Artikel 102 Abs. 4, nämlich der sächsischen Regelung der Finanzierung, bestünde. Zwar regeln die Sachsen in ihrer Verfassung die Finanzierung auf die von Ihnen zitierte Weise. Das heißt aber nicht, dass wir das in Thüringen auch unbedingt in der Verfassung in gleicher Weise tun müssten. Der springende Punkt, nämlich das Nebeneinander staatlicher Schulen mit Schulen in freier Trägerschaft, ist in Artikel 102 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung geregelt und genau den wollen wir übernehmen. Die gleichwertige tatsächliche Finanzausstattung müssen Sie nicht unbedingt in der Verfassung regeln, das kann auch einfachgesetzlich erfolgen. Genau das ermöglichen wir mit unserer Verfassungsänderung.

Um Ihrem Vorwurf, ich würde irgendetwas nicht richtig lesen, gleich vorzubeugen, zitiere ich Ihnen auch noch den Satz aus dem von den Grünen erstrittenen Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs zur Finanzierung der freien Schulen, in dem das auch steht. Dort erklärt der Thüringer Verfassungsgerichtshof: „Weiterreichend ist allein der Ausgleichsanspruch nach Art. 102 Abs. 4 SächsVerf, weil nach Art. 102 Abs. 2 SächsVerf das Nebeneinander staatlicher Schulen mit Schulen in freier Trägerschaft für die Erfüllung des staatlichen Bildungsanspruchs ausdrücklich vorgesehen ist.“ Unsere Verfassungsänderung ermöglicht eine gleichwertige Finanzierung. Und gerade das, meine lieben Kollegen der Grünen-Fraktion, würde Ihnen als ursprüngliche Streiter für die Rechte der freien Schulen, wenn Sie zu Ihren Grundsätzen stehen würden, gut anstehen. Mit unserer Verfassungsänderung wird der Weg zu einer besseren Finanzierung jenseits des Drei-Säulen-Modells geebnet, denn in der Praxis funktioniert das Drei-Säulen-Modell vor allem, wenn die Eltern selbst die Träger der Schule in Form eines Vereins sind, eben nicht. Denn in diesem Fall fällt die dritte Säule, nämlich die Mittel des Trägers, die eigentlich neben den Mitteln der Eltern und der staatlichen Finanzierung stehen, einfach weg. Aus dieser Falle kommen die Träger der freien Schulen mit der derzeitigen Regelung nicht anders heraus, als entweder die Einnah

men – also das Schulgeld – zu erhöhen oder die Kosten zu reduzieren, sprich die Ausgaben für das Lehrpersonal noch weiter zu senken, obwohl es gerade den kleinen Trägern ohnehin schon schwerfällt, die Lehrer angemessen zu bezahlen. Finanzierungssätze von 60, 65 und 80 Prozent, Schulgelderhöhung und keine leistungsgerechte Bezahlung der Lehrer, das ist asoziale Politik, die Kindern aus finanziell schlechtergestellten Familien die freie Schulwahl unmöglich macht und ihnen so Bildung vorenthält.

(Beifall AfD)

Leider muss man sagen, das ist die asoziale Politik von Rot-Rot-Grün. Wir von der Alternative für Deutschland wenden uns entschieden gegen diese asoziale Politik und bitten um Zustimmung zu unserer Verfassungsänderung zugunsten der freien Schulen.

(Beifall AfD)