Protokoll der Sitzung vom 01.10.2015

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Was ist bis dahin?)

Jetzt will ich noch mal ganz kurz auf die Funktionalund Gebietsreform eingehen. Auch darauf ist Herr Mohring eingegangen. Morgen haben wir noch mal ein großes Thema dazu. Wir werden auch diese Aufgabe leisten. Das ist das, was die CDU über viele Jahre hin überhaupt nicht geschafft hat, an Re

formen ranzugehen. Wir machen das. Ich bin fest überzeugt, darauf richte ich mich ein,

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Reden Sie mit den Gemeinden!)

dass wir viel Kritik aus der Bevölkerung bekommen. Aber wissen Sie was? Diese Kritik werden wir konstruktiv annehmen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Und dann machen Sie doch, was Sie wollen!)

Wir haben nicht in der Staatskanzlei ein Buch gefertigt, nach dem sich Thüringen neu ordnen soll. Sondern wir haben einen Innenminister, der ein Projekt aufgestellt hat, und darüber werden wir morgen diskutieren. Er hat ein Leitbild formuliert und das wird erst einmal mit den Bürgern diskutiert. Was haben Sie denn anzubieten gehabt an Diskussionen? Sie haben ein blaues Wunder gehabt, das haben Sie hochgehalten. Das war mit Zahlen, die waren weit weg von der Realität, weit weg von der Realität sind Sie durchs Land gefahren und haben den Leuten gesagt, so wird es oder wird nicht. Dann haben Sie als Fraktion das kassiert.

(Zwischenruf Abg. Kalich, DIE LINKE: Ihr habt gekniffen!)

Das Ergebnis ist ja vielleicht sogar gut gewesen. Aber das Problem in der CDU-Reformpolitik ist doch folgendes: Sie schauen auf eine Geschichte von zehn Jahren zurück, wo Sie über eine Enquetekommission, über jede Menge Kommissionen, die zur Findung der Frage in der letzten Legislatur angestellt wurden, dann Stabstellen in der TSK und dann das blaue Wunder. Sie haben viel Papier gemacht, Sie haben viel geredet und haben aber nichts bewirkt. Und das nehmen Ihnen die Leute übel. Das nehmen sie Ihnen übler als die Kritik, die Sie uns durchaus sagen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Unruhe CDU)

Wir nehmen diese Hürde, auch diese Aufgabe zu nehmen. Wir freuen uns auf die Debatte in den Ausschüssen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir freuen uns auf die Debatte in Thüringen, die wir führen wollen.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Wir freuen uns auch darauf! Wir sind gespannt!)

Wir wollen Thüringen gestalten, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden Thüringen gestalten. Dieser Haushalt ist ein guter weiterer Schritt dazu. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Herr Adams, wir werden abwarten!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Adams.

Bevor ich die weitere Rednerliste aufrufe, noch ein kleiner Hinweis: Die Fraktionen haben vereinbart, erst nach der Debatte zu den Tagesordnungspunkten 7, 8 und 9 in die Mittagspause einzutreten.

Jetzt erteile ich dem Minister für Inneres und Kommunales das Wort zur Einbringung des Gesetzes über den Kommunalen Finanzausgleich.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich finde, das passt sehr schön – ich kann also nahtlos an das anschließen, was der Abgeordnete Adams gesagt hat. Ich will noch ein paar Erläuterungen machen zum neu gestalteten Kommunalen Finanzausgleich, der ja einen erheblichen Anteil am Landeshaushalt ausmacht und deshalb auch an dieser Stelle zu Recht mit beraten wird. Das betrifft nicht nur die Höhe von nunmehr 1,9 Milliarden Euro, sondern auch die Verteilung der Finanzausgleichsmasse, die wir an vielen Stellen neu justiert haben. Die Mittel sollen nämlich künftig zielgerichteter und genauer am realen Bedarf fließen.

Lassen Sie mich zunächst ein paar Worte zur Entstehung des Gesetzes sagen. Zunächst haben wir umfangreiche Berechnungen des Thüringer Landesamts für Statistik zugrunde gelegt. Das Thüringer Landesamt für Statistik hat insbesondere die angemessene Finanzausstattung der Kommunen nach der ursprünglichen Methodik der Bedarfsermittlung im Jahr der sogenannten Eintaktung im Jahr 2012 errechnet. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, stand als Ergebnis zum Schluss der Berechnungen auf Basis des Eintaktzeitpunkts 2012 eine Finanzausgleichsmasse von nur noch 1,6 Milliarden Euro. Dieser Betrag liegt deutlich unter der FAGMasse des Jahres 2015 in Höhe von 1,853 Milliarden Euro. Dies zeigte eben sehr eindrücklich, dass die Systematik der bisherigen Berechnung in einigen Punkten nicht sachgerecht war und deshalb auch neu zu bewerten ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

In der Gesetzesbegründung zeigt sich daher auch die Aufstellung von Positionen, die in Verbindung mit der Leistungsfähigkeit des Landes eine Finanzausgleichsmasse von nunmehr rund 1,901 Milliarden Euro rechtfertigen. Die Finanzausgleichsmasse wird damit deutlich angehoben und der Anteil der Kommunen an der sogenannten Steuerverbund

(Abg. Adams)

masse soll insgesamt von 36,47 auf 36,92 Prozent steigen. Obwohl das nur geringe Prozentzahlen sind, bedeutet das immerhin eine Anhebung der Finanzausgleichsmasse um circa 48 Millionen Euro gegenüber 2015. Da sich diese Anhebung über eine Anhebung des kommunalen Anteils am Partnerschaftsgrundsatz eben auch vollzieht, setzt sich diese Höhe auch für das Folgejahr unverändert fort.

Hinzu kommen die Zuweisungen des Landes an die Kommunen außerhalb des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes. Diese steigen von 2015 auf 2016 trotz des Auslaufens des kommunalen Hilfspakets um rund 152 Millionen Euro. Das ist natürlich – wir haben das heute mehrfach gehört – im Wesentlichen auch auf die hohen Zahlungen an die Kommunen aufgrund des Anstiegs der Flüchtlingszahlen zurückzuführen. Allerdings wird beispielsweise auch ein Schulbauprogramm finanziert, auch das ist bereits besprochen worden.

Betrachtet man die Summe aus kommunalen Steuereinnahmen, Finanzausgleichsmasse und Zuweisungen des Landes außerhalb des Thüringer FAG, so ergibt sich ein Anstieg von 2015 auf 2016 von rund 251 Millionen Euro für die Kommunen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, neben der Neubestimmung der Höhe der FAG-Masse sind mit dem Gesetzentwurf eine Reihe weiterer Änderungen beabsichtigt. Einige wurden bereits vorgestellt, ich will Ihnen kurz noch mal die restlichen erläutern: Es ist vorgesehen, den Partnerschaftsgrundsatz zur Bestimmung der FAGMasse und die Pauschalen für die Mehrbelastungsausgleiche zukünftig in kürzeren Abständen zu evaluieren. Wir wollen also die Revision künftig im zweijährigen Rhythmus erfolgen lassen und wir glauben, dass wir damit zielgerichteter und besser reagieren können. Die pauschalen Zuweisungen bei der Kita-Finanzierung werden um 20 Millionen erhöht. Herr Abgeordneter Mohring hat vorhin kritisiert, dass auch die Schlüsselzuweisungen dadurch fallen würden. Aber man kann nicht beides haben. Man kann beim gegebenen Haushaltsvolumen, wenn man die Kita-Finanzierung deutlich erhöht, nicht auch gleichzeitig deutlich die Schlüsselzuweisungen an derselben Stelle erhöhen. Wir erreichen durch unseren Vorschlag mehr Transparenz. Als dritten Punkt will ich den Kinder- und Soziallastenansatz nennen. Der wird deutlich angehoben, die Verteilung der Schlüsselmasse natürlich auch an dieser Stelle nachjustiert. Die Anpassungen basieren konkret auf den Auswertungen der kommunalen Jahresrechnungsstatistik. Die Ermittlung des Kinderansatzes ist hier sehr wohl zusammen mit der Erhöhung der Kita-Pauschalen zu sehen, denn die Anhebung des Soziallastenansatzes trägt der Entwicklung Rechnung, dass die Sozialausgaben die kommunalen Haushalte sehr stark belasten. Auch damit wird sich unserem Ziel angenähert, ei

ne bedarfsgerechtere Verteilung der Schlüsselzuweisungen zu erreichen.

Wir schaffen drei neue Sonderlastenausgleiche. Wir werden einmal für Kurorte etwas tun, auch dazu ist schon Stellung genommen worden. Auch der Betrieb und die Einführung des Digitalfunks und die Beseitigung besonderer Umweltbelastungen sind hier zu nennen. Der Betrieb und die Einführung des Digitalfunks werden uns im Jahr 2017 an dieser Stelle rund 1,2 Millionen Euro wert sein. Damit entfallen rund 900.000 Euro auf die Beschaffung der neuen Technik, die daneben vom Land zu 70 Prozent gefördert wird. Wir werden die Kommunen also hier entsprechend der jeweils tatsächlichen Ausbaustufe am Betrieb des Digitalfunknetzes beteiligen, ohne dass jede Kommune einen individuellen Beitrag leisten muss, weil wir wollen, dass die Einführung des Digitalfunks möglichst unkompliziert erfolgt und wir unterstützen dies durch eine zentrale Landesstelle.

Ein weiterer Punkt, den der Abgeordnete Adams schon genannt hat, ist der gesonderte Ansatz für die Beseitigung von Umweltbelastungen. Hier handelt es sich um Fälle, die einzelne kommunale Aufgabenträger betreffen und im Hinblick auf ihre finanziellen Dimensionen in den Pauschalen zum Mehrbelastungsausgleich nicht berücksichtigt werden können. Hier ist bereits die Kettenfabrik in Barchfeld genannt worden. Für die Beseitigung von Umweltbelastungen sind hier für das Jahr 2016 3,5 Millionen Euro und für das Jahr 2017 4,5 Millionen Euro vorgesehen.

Weiterhin werden wir die Mittel im Landesausgleichsstock erhöhen. Hier sollen zum einen künftig die Haushaltsreste aus Vorjahren, die Einnahmen aus der Finanzausgleichsumlage und Rückzahlungen tatsächlich zu einer Aufstockung der Mittel des Landesausgleichsstocks im jeweiligen Jahr führen. Zum anderen soll die jährliche Mittelzuführung auf 47 Millionen Euro erhöht werden, um den aktuell sehr hohen Bedarf der Kommunen in diesem Bereich decken zu können.

Der Mehrbelastungsausgleich wurde überarbeitet und die Berechnung systematisch zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaftsebenen vereinheitlicht. Der Mehrbelastungsausgleich war übrigens vom Thüringischen Landkreistag bisher sehr deutlich kritisiert worden und auch in diesem Bereich haben wir daher eine Veränderung durchgeführt, die sich bezahlt machen wird. Zusätzlich zu den errechneten statistischen Werten wurden auch die erhöhten Verwaltungskosten für die Flüchtlingsunterbringung aufgrund steigender Flüchtlingszahlen in Form eines Aufschlags in Höhe von insgesamt rund 24 Millionen Euro berücksichtigt, da sich diese in der Statistik noch nicht abgebildet haben. Hierdurch werden wir Kreise und Kommunen entlasten, die durch den gegenwärtigen Zustrom von

(Minister Dr. Poppenhäger)

Asylsuchenden und Flüchtlingen eben auch erheblichen Herausforderungen ausgesetzt sind. Durch die verschiedenen Anpassungen bei der Berechnung des Mehrbelastungsausgleichs erhöhen sich die Einwohnerpauschalen teilweise deutlich.

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt nennen. In der Finanzausgleichsumlage haben wir ebenfalls Veränderungen vorgenommen. Die wird populär gern auch die Reichensteuer genannt. In dieser sogenannten Reichensteuer ist nunmehr ein Freibetrag vorgesehen und der sorgt dafür, dass die Kommunen eben nicht mehr jeden über den eigenen Bedarf hinaus erwirtschafteten Euro automatisch der Umlage zuführen müssen. Wir glauben, dass die Anreizwirkung zur Erzielung eines höheren Steueraufkommens nicht durch sofortige Entnahmen gebremst wird und auch die betreffenden Gemeinden zusätzliche Handlungsspielräume erhalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich zusammenfasse, glaube ich, dass im Ergebnis den Kommunen mit der Novellierung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes eine angemessene Finanzausstattung zugutekommt und die Verteilung der Mittel stärker an den tatsächlichen Bedarfen der Kommunen ausgerichtet wird. Das ist jedenfalls das Ziel unserer Novellierung. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Als Nächster hat der Abgeordnete Maik Kowalleck, CDU-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten uns im Vorfeld zur Bestimmung der Tagesordnung darauf geeinigt, dass wir die drei Punkte zusammen beraten. Erst mal vielen Dank, dass wir hier die Möglichkeit haben, das insgesamt zu machen.

(Beifall SPD)

Ich möchte zunächst auf die Ausführungen des Innenministers eingehen. Unser Fraktionsvorsitzender hat hierzu auch schon heute Morgen entsprechende Ausführungen gemacht. Wir sind uns sicher alle einig, dass die Kommunen in unserem Land die notwendige Unterstützung brauchen und auch die notwendige finanzielle Ausstattung, um ihre Aufgaben leisten zu können.

(Beifall CDU, AfD)

Wir haben aber auch hier an dieser Stelle gesehen, dass die Zuweisungen um 100 Millionen Euro pro Haushaltsjahr sinken. Das ist für uns das falsche

Zeichen, Herr Minister, das wir in der heutigen Zeit in Richtung unserer Kommunen senden. Rot-RotGrün nimmt den Kommunen 100 Millionen von der Finanzausgleichsmasse weg und zusätzlich wird die darin enthaltene Schlüsselmasse um 130 Millionen Euro gekürzt. Wir sehen gerade auch vor Ort – viele unserer Abgeordneten, gerade in der CDUFraktion, kommen aus dem ländlichen Raum –, dass den Kommunen das Wasser bis zum Hals steht.

(Beifall CDU, AfD)

Da müssen wir ganz klar gegensteuern. Wir haben alle unsere Beispiele in den Kommunen. Ich nenne hier meine Heimatstadt Saalfeld. Wir haben bis zum heutigen Tag für dieses Jahr keinen Haushalt beschlossen und das liegt eben auch an den Rahmenbedingungen, die wir vorfinden.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das habt ihr doch aber auch geschaffen!)

Ich nenne hier weiterhin aus den kleinen Gemeinden das Beispiel Lichte-Reichmannsdorf. Herr Kuschel, das stand erst vorige Woche in der Zeitung. Gerade die Gemeinde Lichte hat mit Pressemitteilung vom Innenminister und unserem Landrat in Saalfeld-Rudolstadt im Frühjahr die Zusage erhalten, dass die Bedarfszuweisungen kommen. Monat um Monat haben Lichte und Reichmannsdorf auf diese Zuweisung gewartet. In der vorigen Woche hat dann der Bürgermeister der Gemeinde Lichte den Rücktritt des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow gefordert.

(Beifall CDU, AfD)