Protokoll der Sitzung vom 12.12.2014

An dieser Stelle steht Gotha.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Finanzierungszusagen der Hochschulstrategie 2020 sind in einer langfristigen Rahmenvereinbarung gesichert. Dies beinhaltet die Übernahme wissenschaftsbezogener Kostenaufwüchse um zusätzlich 1 Prozent für die qualitative Entwicklung und Prioritätensetzung der Thüringer Hochschulen. Zum Erhalt und zur weiteren Verbesserung der wissenschaftlichen Infrastruktur in Thüringen wird ein Investprogramm „Lehre und Forschung“ aufgelegt. Dafür verwenden wir die entsprechenden Entflechtungsmittel und die vorgesehenen Mittel des Operationellen Programms der EU. Mit dem Maßnahmenpaket „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ wollen wir Prinzipien der Guten Arbeit auch in der Wissenschaft verankern. Gleichzeitig soll in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen ein Modell zur Frauenförderung vereinbart werden.

(Beifall DIE LINKE)

Mit diesem Modell soll insbesondere der Anteil von Frauen in der Professur deutlich erhöht werden. Familienfreundliche Bedingungen an den Hochschulen müssen zu einer Selbstverständlichkeit werden.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Studienangebote müssen mit den Lebens- und Lernbedingungen von Studierenden besser vereinbar sein. Anwendungsorientierte und Grundlagenforschung stehen gleichberechtigt nebeneinander. Die Freiheit der Wissenschaft ist unantastbar. An dem Ziel, die Innovationskraft der Unternehmen zu stärken und Forschungsergebnisse schnell in vermarktbare Produkte, Verfahren und Dienstleistun

gen umzusetzen, werden wir mit Hochdruck weiterarbeiten.

Meine Damen und Herren, das Internet durchdringt nahezu alle Lebensbereiche. In der digitalen Revolution liegen Gefahren, wie zum Beispiel die Internetkriminalität, aber auch Chancen: Telemedizin und vieles mehr. Mit der Einrichtung eines Ministeriums für die digitale Gesellschaft setzt die Landesregierung einen wichtigen Impuls,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

damit die Menschen im Freistaat von den positiven Facetten der digitalen Welt nachhaltiger profitieren können. Der Zugang zu digitalen Netzen und deren Inhalten gehört für uns zur Daseinsvorsorge. Ein solcher Zugang ist von fundamentaler Bedeutung für politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe. Wir sprechen uns gegen jegliche Zensurversuche im und Überwachung des Internets aus. Es gilt der Grundsatz „Löschen statt sperren“.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der „Breitbandstrategie Thüringen 2020“ wollen wir in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen bis 2020 eine flächendeckende, bedarfsgerechte Versorgung mit schnellen Breitbandanschlüssen für alle Haushalte und Unternehmen erreichen. Hierzu sollen auch verstärkt Mittel aus den europäischen Fonds eingesetzt werden. Wir wollen Vereinbarungen mit dem Bund suchen, um dessen Ziel in Bezug auf einen forcierten Breitbandausbau auch in Thüringen zeitnah zu realisieren und so die Ausbaugeschwindigkeit zu erhöhen. Besondere Anstrengungen werden wir dabei auf den Ausbau im ländlichen Raum richten. Für den schnellstmöglichen Glasfaserausbau ist eine Förderung nicht zuletzt aus Bundesmitteln wichtig. Darüber hinaus werden wir Modellprojekte zum „Kommunalen WLAN“ und zum „WLAN im ÖPNV“ etablieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und meine neue Erfahrung ist: WLAN in Ministerien wäre auch hilfreich.

(Beifall und Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung arbeitet darauf hin, dass immer mehr Behördenangelegenheiten in Zukunft auch online erledigt werden können. Dazu werden wir bestehende Online-Angebote der Verwaltung über ein zentrales Portal zusammenführen und permanent erweitern. Die Landesregierung wird ein Kommunikationssystem zur medienbruchfreien elektronischen Antragstellung für Bürger und Unternehmen bereitstellen. Dieses kann auch dann von den Kommunen genutzt werden.

(Ministerpräsident Ramelow)

Meine Damen und Herren, Gesundheit ist ein hohes Gut, für Junge und Alte, für Menschen mit und ohne Behinderung. Krankheit vorbeugen und die Gesundheit zu fördern, sind zwei Säulen, um Gesundheit zu gewährleisten. Damit dies allen Menschen unabhängig von ihrem Geldbeutel zugutekommt, gehört die gesundheitliche Vorsorge in öffentliche Hände.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dazu wird die Landesregierung ihren Teil beitragen. Dabei werden wir insbesondere die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und alten Menschen stärker als bisher berücksichtigen. Das Stichwort dafür ist die wohnortnahe Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir werden dafür Sorge tragen, dass die medizinische Versorgung gerade auch im ländlichen Raum nachhaltig gesichert wird. Dafür werden wir die Krankenhäuser in ihrem Bestand erhalten und uns für die Einrichtung medizinischer Versorgungszentren einsetzen. Um den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen noch einfacher zu machen, wollen wir innovative Ansätze der telemedizinischen Versorgung ausbauen.

Der Erhalt der Selbstbestimmung im Alter, die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit sowie die Verbesserung der Lebensqualität älterer pflegebedürftiger Menschen ist uns ein wichtiges Anliegen. Das erfordert Anstrengungen im engeren Bereich der Pflege, etwa eine höhere Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Dazu gehören zum Beispiel aber auch mehr altersgerechte Wohnungen und eine gute örtliche Infrastruktur; vom Arzt über den Bäcker bis hin zum öffentlichen Personennahverkehr. Weil auch das Ende des Lebens würdevoll sein soll, werden wir die Arbeit von Hospizeinrichtungen und ambulanter Hospizdienste stärken und wollen die ambulante palliativ-medizinische Versorgung ausbauen.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in Europa – und Thüringen ist ein Teil dessen – die politische und humanitäre Verantwortung gegenüber den Menschen, die aufgrund von Kriegen, zum Schutz vor Verfolgung, lebensbedrohender Diskriminierung, vor Umweltzerstörung und menschenunwürdigen Lebensbedingungen fliehen und nach Schutz suchen, eine offene Tür zu bieten und ihnen eine sichere Obhut zu gewährleisten. Dass dies kein Lippenbekenntnis ist, sondern sich in konkreten politischen Maßnahmen niederschlägt, zeigt eines unserer ersten in dieser Woche bereits verwirklichten Vorhaben: der Winterabschiebestopp.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben Schleswig-Holstein wird auch Thüringen bis zum 31. März 2015 keine Abschiebungen vornehmen, weil nur so garantiert werden kann, dass die Menschen nicht in die in den Wintermonaten nochmals existenziell bedrohten Lebensumstände zwangsweise zurückgeschoben werden. Wir werden diese Zeit nutzen, um die bisherige Abschiebepraxis zu überprüfen. Das in keiner Weise zu tolerierende Verhalten des Leiters der Ausländerbehörde in Sömmerda zeigt:

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir rassistischer Einstellung in der Gesellschaft entgegentreten wollen, so wie es der Landtag der 5. Legislaturperiode mit einer gemeinsamen einstimmigen Erklärung aller Fraktionen vereinbart hat, müssen wir auch das Verwaltungshandeln und die Verwaltungspraxis darauf überprüfen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Vielzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Sozial- und auch den Ausländerbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte leistet eine gute Arbeit, die von Respekt und Achtung Flüchtlingen gegenüber geprägt ist. Wir aber müssen uns fragen, ob das Land ihnen auch bislang die Voraussetzungen für eine humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen ausreichend geschaffen hat. Unser Ziel ist es, gemeinsam Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Thüringen zu schaffen, die sich an der Menschenwürde und an humanitären Grundsätzen orientieren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gemeinsam heißt, dass wir die Kommunen und die Menschen vor Ort mitnehmen werden, das Gespräch mit ihnen suchen, um zusammen gute oder bessere Lösungen zu finden. Deshalb werden wir einen Flüchtlingsgipfel durchführen und mit den Beteiligten in Landkreisen und kreisfreien Städten ein langfristiges und tragfähiges Konzept für die Flüchtlingsaufnahme entwickeln. Eines steht bereits fest: Unser Leitbild ist die dezentrale Unterbringung,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil sie Voraussetzung dafür ist, dass die Flüchtlinge auch eine Aufnahme in die Gesellschaft finden können. Wir werden daher Regelungen, wie vom Landkreistag und Gemeinde- und Städtebund gefordert, korrigieren, die die Schaffung von zentralen Unterbringungseinrichtungen alleinig fördern.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Ministerpräsident Ramelow)

Wir setzen auf ein flächendeckendes und qualitativ gutes Betreuungs- und Beratungsangebot, so, wie wir dafür Sorge tragen, dass Flüchtlinge und Asylbewerber einen unbürokratischen Zugang zu medizinischer Versorgung durch die Einführung einer Gesundheitskarte erhalten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das haben wir gestern auch mit der Bundeskanzlerin besprochen und alle Länder waren sich einig, dass die Gesetzesregelungen dazu jetzt auf den Weg gebracht werden und wir davon ein Umsetzungsgesetz für Thüringen dann auch erleichtert bekommen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir wollen Menschen, die aus verschiedenen Gründen zu uns nach Thüringen kommen, willkommen heißen. Es ist uns dabei eine Verpflichtung, ihnen mit Würde und Respekt zu begegnen und ihnen die Hand zu reichen, um sie in diesem neuen, oft für sie schwierigen Lebensabschnitt von Beginn an zu unterstützen. Es ist der Landesregierung ein besonderes Anliegen, dass die im Land lebenden und zuziehenden Menschen mit Migrationshintergrund erfolgreich integriert werden. Das erfordert auch eine Verbesserung des Miteinanders und die Bereitschaft, sich wechselseitig auf Neues einzulassen und offen für Fremdes zu sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Willkommenskultur ist nur dann effektiv und vor allem glaubwürdig, wenn die Grundhaltung der Menschen in Bezug auf Zuwanderung eine positive ist. Hierzu ist es erforderlich, dass Menschen, die zu uns kommen, gesellschaftlich akzeptiert und gefördert werden. Wir werden die Rahmenbedingungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben verbessern und die dafür notwendigen Mittel aufbringen, um sie in die Lage zu versetzen, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten. Ein Schwerpunkt wird hierbei auch die frühkindliche und schulische Bildung sein sowie die damit verbundene Elternarbeit, wobei der frühzeitige Spracherwerb eine besondere Rolle spielt. Auch hier werden wir verstärkt auf eine enge Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern vor Ort wie den kommunalen Ausländerbeauftragten, der Agentur für Arbeit, Kammern, Migrationsorganisationen hinwirken. Wir begreifen Zuwanderung nicht als Last, sondern sehen darin eine Aufgabe und vielfältige Chancen, die sie für die Menschen und Thüringen beinhaltet. Jeder Mensch sollte uns willkommen sein.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben in Thüringen gute Lebensverhältnisse für die Mehrzahl der Menschen. Dennoch gibt es unter uns auch arme Menschen. Nicht wenige von ihnen sind Kinder und nicht wenige leben im Alter, trotz jahrzehntelanger Arbeit, ohne ausreichendes Einkommen. Darunter befinden sich besonders viele Frauen. Auch unter denjenigen, die schon lange arbeitslos sind, befinden sich viele Frauen und viele Arme und arme Frauen dadurch. Für diese Menschen setzen wir uns im Bund dafür ein, dass das Kindergeld, die Hartz-IV-Leistungen und die Rente erhöht werden. Wir können und werden hier im Land etwas tun, dass dies den Menschen – zugleich allen anderen – zugutekommt. Das Schlüsselwort lautet: Sozialplanung. Das klingt zwar technokratisch, aber dahinter verbirgt sich ein ungemein basisdemokratisches Anliegen. Fachleute schauen gemeinsam mit den Menschen in den Städten und Gemeinden danach, was in ihrem Lebensumfeld verbessert werden kann, sei es durch spezielle Busse für Senioren, sei es durch Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche, sei es durch mobile Sprechstunden von Behörden. Zusammengenommen entsteht aus diesen Maßnahmen ein dichtes Netz von Leistungen, die gerade auch die Bürgerinnen und Bürger mit wenig Einkommen in die Lage versetzen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Genau das entspricht dem Leitbild dieser Regierung. Wir wollen und werden niemanden zurücklassen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Arbeit bedeutet nicht nur Broterwerb. Arbeit bedeutet auch Teilhabe und gesellschaftliche Anerkennung. Schlechte Arbeit bedeutet wenig Lohn, wenig Teilhabe und wenig Wertschätzung. Darum wollen wir nicht Arbeit um jeden auch noch so niedrigen Preis. Wir wollen gute Arbeit, weil jedem Menschen eine anständige Bezahlung, gute Arbeitsbedingungen und Anerkennung für die erbrachte Leistung zustehen. Thüringen soll Vorbildland für gute Arbeit und eine soziale Arbeitsmarktpolitik werden. Überall dort, wo gute Arbeit und faire Löhne verbreitet sind, haben sich diese als Motor für die Produktivkraftentwicklung erwiesen. Wir wollen aus diesen Inseln guter Arbeit ein ganzes Land der guten Arbeit machen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb richte ich jetzt einen ausdrücklichen Gruß an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Autogrill, die heute 16.00 Uhr ihren Streikabschluss gemeinsam feiern. Ich sage: Gut, dass ihr gestreikt habt und – noch besser – dass ihr einen Tarifvertrag erreicht habt.