Protokoll der Sitzung vom 04.11.2015

fangreich ermittelt hat, was da alles schiefgelaufen ist. Das wurde zum Teil auch in den Untersuchungsausschüssen bestätigt. Das zeigt an der Stelle deutlich, dass man unverzüglich gehandelt hat, wir als regierungstragende Fraktion mit der SPD gemeinsam, und die vielen Maßnahmen, die auf den Weg gebracht wurden, sprechen letztendlich auch dafür. Was die Zusammenarbeit mit dem Bund anbelangt, die hat sich an der Stelle erheblich verbessert. Es gibt eine höhere Kommunikation zwischen Bund und Ländern. Auch hier wurden in der Bund-Länder-Kommission Festlegungen getroffen, wie zukünftig die Zusammenarbeit der Länder und der Verfassungsschutzämter der Bundesländer erfolgen soll. Ich denke, wir haben da deutliche Zeichen gesetzt in Thüringen, dass wir die Sache ernst meinen. Ich denke auch, dieser Untersuchungsausschuss, der jetzt wieder ins Leben gerufen wurde, zeigt, dass wir die Sache auch weiterhin ernst nehmen und an Aufklärung interessiert sind. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Herr Kellner, vielen Dank. Nun kommen wir zur Frau Abgeordneten Marx aus der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, heute vor vier Jahren wurde das brennende Wohnmobil in Eisenach-Stregda aufgefunden. Es zeigte sich dann, dass dort zwei Tote in dem Wohnmobil lagen und dass sich eine große Anzahl von Waffen in dem Wohnmobil befand. Bei weiteren Untersuchungen wurde festgestellt, dass hier ein Zusammenhang bestand mit der Brandstiftung in Zwickau und es um eine Serie schwerster Verbrechen ging, die beispiellos ist und die lange Jahre falschen Tätern oder falschen Verdächtigen zugeordnet worden ist. Die Aufklärung, die sich dann angeschlossen hat, bedeutet nicht nur einen Einschnitt in unser Land und die Geschichte hier und die Verantwortung, die auch Thüringen selber hatte, sondern auch einen starken Einschnitt in das Vertrauen in unsere Rechtsordnung. Ich danke auch noch einmal allen im letzten Thüringer Landtag vertretenen Fraktionen – der CDU, der Linken, der SPD, der Grünen und auch der FDP – dafür, dass sie sich alle an dem überparteilich betriebenen Prozess der Aufklärung beteiligt haben. Das war ein Prozess – das Ergebnis: unser erster Abschlussbericht, der bundesweit wirklich starke Anerkennung erfahren hat. In vielen anderen Bundesländern ist die Aufklärung noch nicht so weit, sie ist teilweise erst angelaufen. Es werden auch andere Vorgehensweisen gewählt. Die parteiübergreifende Zusammenarbeit, die wir hier in Thüringen gepflegt haben und auch weiter pflegen wollen, ist sehr wichtig. Das war

auch im Bundestag so und soll auch im nächsten Bundestagsausschuss so gehandhabt werden. In anderen Bundesländern läuft es, wie gesagt, anders. Das erschwert am Ende wirklich das gemeinsame Ziel einer Aufklärung, die leider auch nach vier Jahren immer noch nicht komplett gelungen ist. Wir haben hier in Thüringen Hürden beim Aufklärungsprozess gefunden, die wir schon in der letzten Landesregierung – darauf hat Kollege Kellner zuletzt zu Recht hingewiesen – versucht haben abzubauen. Wir haben ein weitgehendes Einsichtsrecht in alle Unterlagen bekommen – die noch da waren – und wir haben uns auch nicht mit geschwärzten Akten abgefunden oder mit irgendwelchen Dingen, die wir angeblich hätten gar nicht bekommen sollen. Eine wichtige Erkenntnis des Ausschusses war und ist, dass es in einem Rechtsstaat keine kontrollfreien Räume gibt und dass natürlich auch ein Geheimdienst oder ein Verfassungsschutz von den Vertretern des Souveräns zu kontrollieren ist, also von Abgeordneten. Wenn man sich anderswo immer beklagt – ich reise immer noch durch die Republik, ich war erst diese Woche wieder in Frankfurt am Main –, dass man bestimmte Sachen nicht bekommt, dann frage ich immer zurück: Wer beschließt denn, was Sie bekommen? Die Grundlagen für die Kontrolle der Geheimdienste sind Gesetze. Und wo werden Gesetze gemacht? Im Parlament, das wissen wir alle hier am besten. Wir haben Gesetze gemacht und sind auch weiter dabei, Maßnahmen zu treffen.

Zu den V-Leuten, die wir jetzt in Rot-Rot-Grün hier erst einmal abgeschaltet haben, sofern sie nicht im terroristischen Umfeld aktiv sind, probeweise, um zu sehen, ob wir diese Erkenntnis tatsächlich brauchen: Es stimmt, Herr Kellner, das hat erst einmal bundesweit Aufsehen erregt und natürlich auch für Nachfragen gesorgt, ob denn dann hier die Sicherheit noch gewährleistet ist. Ich möchte Ihnen aus unserer Sicht sagen: Wir machen uns damit überhaupt nicht blind. Es ist nicht so, dass es nicht auch andere Möglichkeiten der Überwachung gäbe. Aber gerade, weil ich jetzt am Montag auch wieder Clemens Binninger getroffen habe, den CDU-Obmann im bisherigen Bundestagsuntersuchungsausschuss – und er wird wohl auch der Vorsitzende des nächsten Untersuchungsausschusses –, auch er hat ganz deutlich gesagt: Beim NSU hat sich herausgestellt, dass Aufwand und Ertrag der in diesem Bereich eingesetzten V-Leute in keinem akzeptablen Verhältnis zueinander gestanden haben. Deswegen lassen Sie uns gemeinsam diesen Versuch hier abwarten und ganz ideologiefrei betrachten, ob es nicht besser ist, auf ein so schwieriges und untaugliches Mittel zu verzichten.

Wir sind mit der Aufklärung noch nicht am Ende. Wir machen hier gemeinsam weiter. Ich freue mich darüber und möchte Ihnen heute mit auf den Weg geben, dass diese weitere Aufklärung und der Um

(Abg. Kellner)

bau von Behörden nicht nur eine Verpflichtung gegenüber den Opfern des NSU ist, sondern auch unsere gemeinsame Aufgabe bei der Sicherung rechtsstaatlicher Demokratie. Vielen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Marx. Das Wort hat nun Abgeordneter Henke für die Fraktion der AfD.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, werte Gäste, ich möchte mich im Vorfeld erst einmal für die momentan gute Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss bedanken, der auch wirklich zielführend ist.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Das hat wenig mit Ihnen zu tun!)

Die thematische Umschreibung der Aktuellen Stunde „Vier Jahre danach – Schlussfolgerungen aus dem NSU-Skandal in Thüringen konsequent umgesetzt?“ bedarf einer etwas ausführlicheren Auseinandersetzung, als es sich die Fraktion Die Linke vielleicht erhoffen mag. Die Begriffskombination aus Schlussfolgerung und Thüringen kann dem ausufernden Komplex NSU aus meiner Sicht nicht annähernd gerecht werden, denn wie wir wissen, werden den als NSU-Trio bezeichneten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe Tötungsverbrechen quer durch das gesamte Bundesgebiet zur Last gelegt. Zumindest die Vorgeschichte zu diesen Ereignissen spielt jedoch maßgeblich in Thüringen. Insofern ist die Zielsetzung zu begrüßen, hier in Thüringen Schlussfolgerungen zu ziehen und diese auch konsequent umzusetzen. Bevor jedoch Schlussfolgerungen gezogen werden können, muss die Tatsachengrundlage geklärt sein. Genau hier muss, bei Lichte betrachtet, konstatiert werden, dass dies bei Weitem noch nicht der Fall ist. Mehr als zwei Jahre Strafprozess vor dem Oberlandesgericht München haben es nicht vermocht, die angeklagten Taten gerichtlich nachzuweisen. Eine ganze Reihe Untersuchungsausschüsse des Bundestags sowie der Landtage haben kaum der Aufklärung dienende Ergebnisse erbracht. Positiv hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Untersuchungsausschüsse des Thüringer Landtags.

Auch die Beweisermittlungen des aktuellen Untersuchungsausschusses zeigen deutlich auf, dass die Geschehnisse um den 4. November 2011 – nämlich die Auffindung der Leichen von Böhnhardt und Mundlos in einem durch Brandeinwirkung stark zerstörten Wohnmobil in Eisenach-Stregda und die darauf verkündete rechtsextremistische Terrorzelle namens NSU – weiter der Aufklärung bedürfen.

Selbst in einer Hintergrundreportage der ARD vom vergangenen Montag wurde jenseits aller Ungenauigkeiten und Falschdarstellungen berichtet, dass zumindest Teile der Anklage in München so nicht zutreffend sein können. Wie auch die Abgeordnete König in dieser Fernsehdokumentation erläutert, gibt es zum Beispiel immer noch offene Fragen bezüglich der Auffindung der Dienstwaffen der in Heilbronn ermordeten Polizistin Kiesewetter und ihres dort schwer verletzten Kollegen im Wohnmobil in Eisenach-Stregda.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Aus Ih- rer Sicht also Lügenpresse!)

Auch Kriminalistikexperten sowie Rechtsmediziner äußern vor laufender Kamera Zweifel an bislang als gesichert dargestellten Geschehensabläufen. Vor diesem geschilderten Hintergrund halten wir die hier gewählte Themenbeschreibung für bedenklich. Der sogenannte NSU-Skandal ist keineswegs aufgeklärt. Für die verschiedenen Untersuchungsausschüsse in den Ländern sowie den zweiten Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags zu diesem Gegenstand bleibt ein riesiger Berg an Aufgaben, die gelöst werden müssen.

Angesichts dieser Tatsache halte ich es für verfrüht, von der konsequenten Umsetzung von Schlussfolgerungen sprechen zu können. Thüringen hat sich in bundesweit exponierte Stellung gebracht, die es – aus einem anderem Blickwinkel betrachtet – auch angreifbar macht. So hat Thüringen als einziges Bundesland beschlossen, auf den Einsatz von V-Leuten zu verzichten. Unabhängig von politischer Ausrichtung begibt man sich durch einseitige Festlegungen, die nicht auf Tatsachen gestützt sind, auf dünnes Eis. Denn schon ein Sonnenstrahl der Aufklärung vermag dieses Eis seiner Tragfähigkeit zu berauben, sodass ein vorschnell getroffenes Maßnahmenpaket sich in sein Gegenteil verkehren kann.

Ich appelliere daher nachdrücklich dafür, in der Aufklärung nicht nachzulassen und diese nach Möglichkeiten sogar noch voranzutreiben. Ich erinnere daran, dass in diesem Themenkomplex der Tod vieler Menschen immer noch nicht aufgeklärt ist. Das Gesetz aber verlangt die Aufklärung von Tötungsverbrechen – ohne Ausnahme. Wer den Rechtsstaat schützt und erhalten will, muss diesen Auftrag ernst nehmen und alles Notwendige veranlassen, dass dem Genüge getan werden kann. Wir können den Toten das Leben nicht wiedergeben, aber wir können versuchen, den Angehörigen Gewissheit über die Umstände des Todes ihrer Lieben zu verschaffen. Darin sollten wir nicht nachlassen. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

(Abg. Marx)

Vielen Dank, Herr Henke. Das Wort hat nun Abgeordnete Henfling für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Henke, der Untersuchungsausschuss 5/1 der letzten Legislaturperiode hat einen Bericht vorgelegt. In diesem Bericht kann man sehr wohl – wenn man ihn gelesen hat – lesen, dass man Konsequenzen aus dem, was wir dort erfahren haben, ziehen kann.

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist zu viel Text!)

Es kann doch keiner leugnen, dass eines der Hauptprobleme im NSU-Komplex institutioneller und gesellschaftlicher Rassismus ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wer sich hinstellt und sagt, wir wüssten das noch nicht und müssten hier bis zum Ende noch aufklären, bevor wir Konsequenzen ziehen können, der hat sich mit dem letzten Untersuchungsausschuss nicht beschäftigt und auch nicht mit den Untersuchungsausschüssen, die sonst gelaufen sind.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Natürlich kann man aus diesen Untersuchungsausschüssen Konsequenzen ziehen, das muss man auch, wenn wir davon ausgehen, dass die tatsächliche Aufklärung – in welcher Weite das auch passieren wird – wahrscheinlich noch mehrere Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern wird. Dann muss man eben auch in Zwischenschritten Konsequenzen ziehen, wenn man die Erkenntnisse hat, und wir haben die Erkenntnisse: Das Problem heißt Rassismus. Dann können wir die Erkenntnisse ziehen – auch für Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Zu dem Thema der V-Leute: Ich bin immer etwas irritiert, wenn Menschen, die in diesen Untersuchungsausschüssen mitgewirkt haben, nicht übersehen konnten, dass wir, wenn wir vom NSU-Komplex reden, von 44 V-Leuten sprechen, von denen wir wissen, dass sie sich in diesem Umfeld bewegt haben. Trotzdem konnten zehn Morde passieren, Raubüberfälle, Sprengstoffanschläge. Trotzdem kommen Sie zu der Erkenntnis, dass V-Leute ganz wichtig sind. Das ist ein Gedankengang, den ich nicht nachvollziehen kann.

(Beifall DIE LINKE)

Ich finde nicht, dass wir uns isoliert haben in Deutschland, ich finde, wir sind einen progressiven Weg gegangen. Die zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich seit Jahren und Jahrzehnten in diesem Bereich beschäftigen, fordern schon lange die Abschaffung des V-Leute-Systems, weil es eben nicht funktioniert. Es sind und bleiben bezahlte Nazis. Auch dann, wenn Sie immer wieder von linkem oder von islamistischem Terror sprechen, sind es bezahlte Islamisten. Die Frage ist: Wie qualitativ hochwertig sind die Informationen, die wir von solchen Leuten bekommen, und was bringt uns das? Der NSU-Komplex sagt uns, es bringt uns nichts, im Gegenteil, es sorgt dafür, dass dort Geld reinfließt und dort Strukturen begünstigt werden. Das ist eine konsequente Umsetzung der Sachen, die wir im letzten Untersuchungsausschuss festgestellt haben, wenn wir sagen, wir schalten die VLeute ab.

(Beifall DIE LINKE)

Das ist keine Isolierung, das ist konsequent und das wollen Sie nicht wahrhaben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist viel Richtiges von meinen Kolleginnen Marx und König hier gesagt worden. Ich bin sehr dankbar dafür – ich merke auch in den anderen Untersuchungsausschüssen der anderen Bundesländer, wie dort die Aufklärung läuft –, dass wir es hier über die Parteigrenzen hinweg schaffen, auch wenn wir uns im Detail durchaus nicht immer einig sind, was die Konsequenzen beispielsweise angeht, einen guten Umgangston miteinander zu pflegen, und es auch durchaus sehr gut läuft bei der Bearbeitung der unterschiedlichen Komplexe. Schön wäre es – die Komplexität haben Sie angesprochen, Herr Kellner –, wenn wir dieser Komplexität beispielsweise auch an unseren Sitzungstagen Rechnung tragen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wiederhole das gebetsmühlenartig, es wäre schön, wenn wir darüber noch einmal reden könnten.

Eine Sache, die hier nicht erwähnt wurde, die ich aber unglaublich wichtig finde, gerade mit Blick auf die jetzige Situation: Wir haben allein in diesem Jahr – was wir wissen – 600 Übergriffe auf Migrantinnen und Migranten, auf Geflüchtete, auf Asylunterkünfte, die angezündet wurden, Menschen, die zusammengeschlagen werden, die mit dem Tod bedroht werden und die hier massiver Gewalt ausgesetzt sind. Angesichts dieser Tatsache ist es besonders wichtig, dass wir auch einen Blick darauf werfen, inwieweit wir zum Beispiel das Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt hier in den Vordergrund rücken. Ich bin wirklich sehr über das erschrocken, was wir hier in den letzten Monaten erleben mussten. Ich glaube, es wäre ein wichtiges und richtiges Signal, wenn wir Menschen, die beispielsweise in

Duldung hier sind oder einen ungeklärten Aufenthaltsstatus haben, einen Aufenthaltsstatus zuerkennen, wenn sie Opfer rechter Gewalt werden. Das ist nämlich genau das richtige Signal an die Täterinnen und Täter, wenn wir ihnen sagen: Ihr kriegt uns hier nicht klein und ihr kriegt diese Menschen nicht klein und das Ergebnis von eurer Gewalt ist die Solidarität dieser Gesellschaft. Ich bin dafür und werde mich auch dafür einsetzen, dass wir uns in Thüringen für ein Bleiberecht auf Bundesebene einsetzen, was es diesen Menschen ermöglicht, hier zu bleiben, einen rechtsstaatlichen Prozess durchlaufen zu dürfen und als Opfer Gerechtigkeit erfahren zu dürfen und vor allen Dingen die Täter auch zur Verantwortung zu ziehen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen, dass wir vieles nicht wissen. Das ist es, glaube ich, was wir sagen können. Wir bewegen uns oft in Millimeterschritten, aber ich glaube und ich bin sehr dankbar dafür, dass wir hier Leute haben, die sich engagieren und die das weitermachen, auch wenn das wirklich unglaublich müßig ist und man den Satz „Das ist mir nicht erinnerlich.“ nicht mehr hören kann. Vielen, vielen Dank an alle, die das schon länger machen als ich und die das hier so gut durchhalten. Ich glaube, wir tun damit eine sehr wichtige Aufgabe, und ich hoffe, dass wir das auch in der gebotenen Intensität in den nächsten Jahren tun werden, auch wenn es nur Millimeterschritte sind – jeder Schritt ist wichtig. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Nun hören wir Herrn Minister Poppenhäger für die Landesregierung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, nach dem 4. November 2011 fand eine Vielzahl von behördeninternen und externen Untersuchungen zu den Geschehnissen statt. Ich will gleich vorab sagen: Die Arbeiten der Untersuchungsausschüsse zeigen, dass der Themenkreis, wie Frau Abgeordnete König zu Recht sagte, der NSU-Komplex, oder wie Frau Abgeordnete Marx sagte, die beispielslose Verbrechensserie, noch immer nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann. Die Untersuchungen beweisen das ja auch. Betroffen hiervon waren Polizeibehörden, der Verfassungsschutz, die Justizbehörden sowie die Zusammenarbeit der genannten Behörden untereinander. Eine der zentralen Forderungen aus dem

Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses der letzten Legislatur war und ist die Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft und der Prävention gegen Rechtsextremismus. Und: Einer in der Gesellschaft verankerten Verharmlosung rechtsradikaler und rassistisch motivierter Straftaten muss entschieden entgegengetreten werden. Die Forderung nach einer starken demokratischen Zivilgesellschaft bei der Bekämpfung von rechtsextremistischen, menschenverachtenden Ideologien ist von enormer Bedeutung. Dementsprechend wurde auch im Koalitionsvertrag vereinbart, stärker als bisher noch gegen jede Erscheinungsform von Neonazismus, Rassismus und Antisemitismus vorzugehen. Es wurde vereinbart, die mobile Beratungsstelle MOBIT sowie die Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt ezra als zweite Anlaufstelle in Thüringen dauerhaft zu garantieren. Darüber hinaus soll das bestehende Landesprogramm für Demokratie, Toleranz, und Weltoffenheit – was es ja schon gegeben hat – im Laufe des Jahres 2016 grundsätzlich überarbeitet werden und vor der Überarbeitung des Landesprogramms soll die Gefährdungsanalyse aktualisiert werden. Hierfür fand bereits eine öffentliche Ausschreibung statt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, eine weitere Forderung des Untersuchungsausschusses ist eine verbesserte demokratische und parlamentarische Kontrolle der handelnden Behörden. Dies wurde für den Bereich des Verfassungsschutzes mit dem Inkrafttreten des novellierten Thüringer Verfassungsschutzgesetzes zum 1. Januar dieses Jahres bereits umgesetzt. Neben einer verstärkten amtsinternen Kontrolle durch eine unabhängige Controllingstelle wurden die Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission präzisiert und gestärkt. Die gesetzlichen Berichtspflichten des Amts für Verfassungsschutz gegenüber der Parlamentarischen Kontrollkommission wurden ausgeweitet. Auch die personelle Ausstattung der Parlamentarischen Kontrollkommission mit einem ständigen Geschäftsführer wurde gesetzlich festgelegt. Es gibt aber auch bereits eine Reihe umgesetzter Änderungen im Bereich der Sicherheits- und Justizbehörden. Das betrifft insbesondere den Bereich des Verfassungsschutzes. Der Verfassungsschutz wurde als Amt für Verfassungsschutz beim Ministerium für Inneres und Kommunales neu aufgestellt. Die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz wurde verändert. Es wurde unter anderem eine gesetzliche Übermittlungspflicht zum Zwecke der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr bei bestimmten Delikten, zum Beispiel Staatsschutzdelikten, eingeführt. Das Zusammenwirken des Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamts in der Thüringer Informations- und Auswertungszentrale wurde gesetzlich verankert und institutionalisiert. Des Weiteren wurde die Einrichtung der Rechtsextremismusdatei des Gemeinsamen

(Abg. Henfling)

Extremismusund Terrorismusabwehrzentrums und des Gemeinsamen Abwehrzentrums gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus als wesentlicher Informationsaustausch zwischen Ermittlungsbehörden erreicht.

Mit dem Inkrafttreten der Änderungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes wird mit dem Zweck einer besseren Zusammenarbeit innerhalb des Verfassungsschutzverbundes die Zentralstellenfunktion des Bundesamts für Verfassungsschutz gestärkt. Damit hat auch der Bundesgesetzgeber auf die Ereignisse des Bundestagsuntersuchungsausschusses reagiert.