Protokoll der Sitzung vom 06.11.2015

(Beifall CDU, AfD)

Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen – deswegen bringen wir das noch mal deutlich: Das ist der falsche Weg. Und da es der falsche Weg ist, muss man, denke ich, auch nicht alles schönreden. Frau Kollegin Marx, Sie erinnern sich vielleicht daran: Auch zu unseren Zeiten gab es da und dort Fehler. Wir haben uns nicht gescheut, das hier anzusprechen. Wir haben uns nicht gescheut zu sagen, das und das sollte man wirklich anders machen. Aber jetzt alles hier schönreden, das wird nicht funktionieren. Ich will noch mal auf das Rundschreiben verweisen, weil ja immer wieder gesagt wird – und ich komme dann noch einmal auf den Ministerpräsidenten – irgendwo: Ach, das war doch nur der Präsident vom Landesverwaltungsamt. Vielleicht hat er gerade mal einen schlechten Tag gehabt und da hat er das Ding losgeschickt.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das war der Abteilungsleiter, das war nicht der Präsident!)

Ich bin der Meinung, das ist nicht sachgerecht, denn in dem Brief steht, in dem Rundschreiben Nummer 2/2015 steht: „In Abstimmung mit dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales wird auf Folgendes hingewiesen“. Das ist doch wohl mehr als deutlich, dass das in Abstimmung passiert ist. In dem Zusammenhang will ich noch mal darauf eingehen, was der Ministerpräsident zum Gemeinde- und Städtebund gesagt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, einige von uns waren dabei und viele Hunderte Bürgermeister waren dabei. Ich bin jetzt 25 Jahre in der Politik, aber ich habe noch nicht erlebt, wie ein Ministerpräsident auf offener Bühne seinen Innenminister und seinen Präsidenten des Landesverwaltungsamts zum Affen gemacht hat. So etwas habe ich noch nicht erlebt.

(Beifall CDU, AfD)

Und wenn das die Regierungsarbeit ist, die Sie hier so vertrauensvoll darstellen, dass der eine dasitzt und sagt: Naja, also das ist doch alles gar nicht so. Ich will die Thüringer Landeszeitung dazu nehmen: „Kritik übte er am Landesverwaltungsamt. Den von dort ausgesandten „Maulkorb-Erlass“ für Bürgermeister, die sich in der Flüchtlingsfrage nicht mehr umfassend äußern sollten [...], nannte er ‚peinlich und falsch‘. Das Landesverwaltungsamt habe den Ministerpräsidenten desavouiert.“ Ja, meine Damen und Herren, man versucht, es nach unten zu schieben. Jetzt sage ich mal was: Selbst wenn es Fehler in Ministerien gibt – das wird es immer wieder geben –, aber auf offener Bühne das so vor sämtlichen Bürgermeistern oder sehr vielen im Land zu machen, halte ich schon für sehr bedenklich.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, DIE LINKE: Al- so, Herr Fiedler, wirklich!)

Ich denke, die Landesregierung hat es dringend nötig, sich besser abzustimmen, damit solche Dinge im Interesse des Landes nicht passieren, und weder die Bürgermeister und hoffentlich auch nicht die Polizisten lassen sich einen Maulkorb verpassen, sondern werden wacker – dafür sind wir mal auf die Straße gegangen – ihre Meinung sagen.

(Beifall CDU, AfD)

Herr Abgeordneter Fiedler, es gibt eine Anfrage der Abgeordneten Jung. Lassen Sie diese zu?

Herr Abgeordneter Fiedler, mich würde interessieren, ob Sie mit den letzten Sätzen, die Sie gesagt haben, meinen, dass es besser gewesen wäre, wenn der Ministerpräsident dazu geschwiegen hätte oder nicht seine Meinung gesagt hätte.

Das habe ich nicht so gesagt. Ich habe nur gesagt, sowas kann man innerhalb der Regierung klären und dann kann man eine gemeinsame Erklärung rausgeben und sagen, das war ein falscher Moment und nicht ganz richtig. Aber auf offener Bühne – Sie heizen es jetzt eigentlich noch an – quasi seinen Koalitionspartner und den Präsidenten so bloßzustellen, das halte ich einfach nur für unwürdig.

Herr Kollege Fiedler, eine weitere Anfrage des Kollegen Kräuter.

Da er ehemaliger Polizist ist, will ich natürlich antworten.

(Zuruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Ich rede nachher!)

Ach, war es wieder nichts. Danke.

(Beifall CDU)

Danke, Herr Fiedler. Ich erteile nun das Wort dem Kollegen Adams.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Thüringer Landtag, wir haben in den letzten Minuten eine emotionale Debatte gehört. Ich finde, Herr Fiedler hat etwas sehr Richtiges gesagt, dass in diesem Zusammenhang vielleicht als ein Leitsatz, als eine Prämisse, dann aber auch für alle geltend, über die Diskussion zu stellen ist. Sie haben gesagt: Das Recht gilt für alle.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich würde das von diesem Pult hier aus noch einmal bekräftigen. Das Recht gilt für alle. Geben wir das auf, sind wir schnell am Ende. Was ist jetzt daran falsch, was in dem Rundschreiben des Landesverwaltungsamts steht? Welche falsche rechtliche Würdigung wird hier ausgedrückt?

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Ihr versteht das nicht!)

(Unruhe CDU)

Wo versteigt sich das Landesverwaltungsamt in dem Rundschreiben zu einer falschen rechtlichen oder diskussionswürdigen rechtlichen Äußerung?

(Unruhe CDU)

Das sage nicht ich, dass hier alles korrekt ist, was darin steht, sondern das hat der Präsident des Gemeinde- und Städtebunds ausdrücklich gesagt. Er hat mehrfach auf der Messe gesagt, alles richtig, was da drin steht, alles richtig.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Gucken Sie doch mal richtig rein!)

Wir fassen zusammen. Erstens, Recht gilt für alle. Zweitens, es ist alles richtig, was da drin steht. Das sind nicht meine Worte, sondern die von Herrn Brychcy.

(Unruhe CDU)

Machen wir mal ganz ruhig nacheinander, Herr Heym. Wenn es denn so ist, dann frage ich, warum die CDU versucht hat, den Eindruck zu erwecken, dass hiermit ein Maulkorb verpasst werden sollte. Herr Thamm hat das heute noch einmal gesagt. Dieses Rundschreiben sei gerade zu dem Zeitpunkt gekommen, einem, wie hat er gesagt, ersten Höhepunkt der Auseinandersetzung in der politischen Diskussion über die Frage der Unterbringung von Flüchtlingen. Warum ist es der CDU so wichtig, aus einem Sachverhalt, wo wir uns darauf geeinigt haben, Recht gilt für alle und immer – und das, was da drin steht, ist Recht, was dort ausgedrückt wird –, ein solches Spektakel zu machen?

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist doch kein Spektakel!)

Warum ist es Ihnen so wichtig? Warum behauptet Herr Thamm hier, in dieser Runde, dass der Ministerpräsident das auch noch verteidigt hätte, wobei doch Herr Fiedler hier kritisiert – und das ist die richtige Darstellung, ich bin auch auf der Messe gewesen –, dass der Ministerpräsident es scharf kritisiert hat. Also, wir stellen noch einmal fest: Eine rechtlich richtige Sache mit einem zweifelhaften, hoch zweifelhaften Anlass hat der Ministerpräsident kritisiert. Und was ist jetzt Ihr Problem? Probieren wir noch mal herauszufinden, was Ihr Problem ist. Alle verhalten sich in diesem Sachverhalt relativ vernünftig. Aber Ihnen ist es wichtig, im Land eine Stimmung zu erzeugen, ein Gefühl zu vermitteln – das kann man nicht belegen, das fühlt man nur irgendwie –, dass man nicht mehr alles sagen darf. Jetzt schauen wir doch mal, wie die Realität ist. Ich schaue einfach in die Presse, sozusagen der letzten Wochen. „Gothas Landrat kritisiert“, 05.11. Thüringische Landeszeitung. „Die Landräte und Ober

bürgermeister von SPD und LINKE fordern, …“, 02.11.; „Landräte aus Südthüringen“, 21.10., Freies Wort Suhl, „…kritisieren“. „Landrat des Wartburgkreises kritisiert“, kommt noch öfter. Landrat, Wartburgkreis und Eichsfeld fordern: Alle in diesem Land dürfen sagen, was sie möchten, und tun das im Übrigen auch. Aber Sie versuchen, ein Gefühl aufzubauen, dass man das gar nicht mehr dürfte. Und genau deshalb stehe ich hier vorn. In diesem Land darf jeder sagen, was er will. Daran gibt es kein Deuteln.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das hat es noch nie gegeben!)

Liebe Frau Tasch, wenn es dann ein Rundschreiben aus dem Landesverwaltungsamt gibt, das ganz nüchtern darstellt, dass es zwischen dieser Möglichkeit, sich auch als Landrat politisch zu äußern, weil man auch eine politische Person ist, aber die Eingrenzung dessen, dass man auf der Internetseite und im Amtsblatt eben nicht mehr der Mensch ist, sondern die Gemeinde vertritt...

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das weiß man doch!)

(Unruhe CDU)

Frau Marx hat uns allen mehr als deutlich vorgetragen, um welchen Sachverhalt es sich dabei handelte: Das waren nämlich die mehrfachen Äußerungen von M. in einem Amtsblatt, in dem er seine persönliche Meinung an den Anfang gestellt hat. Das ist nicht in Ordnung, weil Recht gilt, so wie es Herr Fiedler gesagt hat.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Recht gilt in diesem Land und diese Landesregierung wird das Recht auch durchsetzen.

Jetzt kommen wir noch zu einem weiteren Punkt: dem Rundschreiben der Landespolizeiinspektion. Herr Kollege Fiedler versucht darzustellen, dass dieses Rundschreiben der Landespolizeiinspektion Nordhausen an ihre nachgeordneten Dienststellen

(Zwischenruf Abg. Walk, CDU: Zufall war!)

das Handeln der Landesregierung war. Natürlich muss sich die Landesregierung jedes Handeln eines jeden Beamten zurechnen lassen. Aber in der politischen Debatte darzustellen, dass das Wille und Wollen des Innenministeriums ist... Herr Walk, dann müssten Sie jetzt erst mal erklären, warum Wille und Wollen nur in einer Landespolizeiinspektion umgesetzt wurden. Das können Sie nicht erklären. Dass es Menschen gibt, die Fehler machen – da wollen Sie doch jetzt nicht der Erste sein und den Kopf desjenigen fordern, der das geschrieben hat. Vielleicht hat der Mensch das gut gemeint, aber dann können wir uns doch sachlich … Das haben wir auch im Innenausschuss so gemacht und

da ist das diskutiert und klargestellt worden: Da hat jemand gedacht, dass er das tun muss. Außerordentlich fair steht der Innenminister vor diesem Beamten und macht es eben nicht zum Thema, zerrt ihn nicht in die Öffentlichkeit, so wie es die CDU jetzt hier macht. Sie zerren doch die Leute in die Öffentlichkeit. Da hat jemand einen Fehler gemacht, hat gedacht, er müsse das so tun. Das ist geklärt worden. Im Übrigen haben sechs Landespolizeiinspektionen das nicht so gesehen, haben diesen Druck, den Sie den Menschen erzählen wollen und einreden wollen, eben nicht gespürt, solche Rundschreiben zu machen. Deshalb bitte ich darum, dass wir unter der großen Prämisse „Recht gilt in diesem Land“ den Menschen auch nicht einreden, dass daran irgendetwas geändert wird, nicht von dieser Landesregierung, nicht von den Fraktionen, die sie tragen, und auch von keinem Landrat und von sonst niemandem. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält nun Abgeordneter Henke für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kollegen, werte Gäste! Natürlich versucht die Landesregierung, die Dinge, um die es hier geht, kleinzureden. Und natürlich kann man behaupten, dass das Landesverwaltungsamt mit dem hier in Rede stehenden Rundschreiben Nummer 2/2015 vom 3. September nur die geltende Rechtslage in Erinnerung gerufen habe. Natürlich kann man sagen, dass die öffentliche Berichterstattung über Vorfälle in Asyleinrichtungen keineswegs behindert oder manipuliert werde. „Kein Grund zur Aufregung“ ruft uns die Landesregierung zu. Kein Grund zur Aufregung? Das wäre schön. Schauen wir uns den Erlass vom September an. Das fragliche Schreiben des Landesverwaltungsamts ist durchaus ein Grund zur Aufregung.

(Beifall AfD)

Die breite Kritik, die daran nicht nur von Thüringer Bürgermeistern und Landräten geübt wurde, ist allzu berechtigt. Denn diese Amtsträger wissen sehr wohl, was ihre Pflichten und Rechte sind