Protokoll der Sitzung vom 27.11.2015

Frau Rothe-Beinlich, ich habe trotzdem noch mal eine grundsätzliche Frage: Finden Sie, dass es gerecht ist, wenn Langzeitarbeitslose in einem halben Jahr der Einarbeitung unterhalb der Mindestlohngrenze beschäftigt werden sollen

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Nein!)

und Flüchtlinge grundsätzlich auf der Grundlage des Mindestlohns eingestellt werden müssen? Finden Sie das gerechtfertigt?

Ich halte es überhaupt nicht für gerechtfertigt, Menschengruppen gegeneinander auszuspielen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aus unserer Sicht müssen alle so bezahlt werden, dass sie von ihrer Arbeit auch vernünftig leben können. Vielen herzlichen Dank.

(Unruhe CDU)

Das ist meine Antwort, auch wenn sie Ihnen nicht gefällt.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Frau Rothe-Beinlich, ich darf noch darauf hinweisen: Die AfD ist nicht der parlamentarische Arm der NPD.

(Beifall AfD)

Jetzt habe ich eine weitere Wortmeldung des Abgeordneten Mohring. Herr Mohring, bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich vor allen Dingen wegen der letzten beiden Redemeldungen noch einmal zu Wort gemeldet und will zunächst sagen: Sehr geehrte Frau Kollegin Rothe-Beinlich, wenn Sie so mit voller Empathie davon berichten, auf welchem Weg die hiesige Landesregierung alles sei, was zum Thema des CDU-Antrags auf den Weg gebracht worden ist, dann hätte ich es für sehr parlamentarisch anständig gefunden, wenn die Landesregierung einen Sofortbericht abgegeben hätte. Sie las

(Abg. Rothe-Beinlich)

sen das vermissen. Das ist kein guter parlamentarischer Stil.

(Beifall CDU)

Es fällt im Übrigen auf, dass Sie das nicht zum ersten Mal machen, sondern das zieht sich durch viele Plenartage durch, dass sich die Regierung einem Sofortbericht verweigert, offensichtlich weil sie sich nicht einig sind und erst Klärung brauchen. Und dann schweigen Sie eher in diesem Hause und versuchen, durch parlamentarische Reden das nachzuholen, was die Regierung alltäglich nicht liefert.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Mohring, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten …

Nein, ich habe genau 6,5 Minuten, die brauche ich für meine Rede. Aber ich will gern was sagen zu Herrn Höcke, der sich auch zu Wort gemeldet hat, und das will ich mit ziemlicher Deutlichkeit hier sagen. Sie sprechen vom Amoklauf der deutschen Bundeskanzlerin. Ich will Ihnen ganz deutlich sagen, Ihre Respektlosigkeit gegenüber den Institutionen, Ihre Respektlosigkeit vor der parlamentarischen Demokratie im Allgemeinen, aber auch besonders gegen unsere deutsche Bundeskanzlerin verbitte ich mir als Parlamentarier dieses Landes ausdrücklich.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

Herr Abgeordneter Höcke, der Abgeordnete Mohring hat schon gesagt, dass er Ihnen keine Zwischenfrage beantwortet. Ich bitte Sie, sich zu setzen.

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Ich kann es ja noch mal versuchen!)

(Unruhe AfD)

Meine 6,5 Minuten laufen dahin und es wird nicht besser, wenn Herr Höcke alle 30 Sekunden fragt, ob er eine Zwischenfrage stellen kann.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ändert nichts an meiner Redezeit, die ich brauche, weil ich noch einen weiteren Punkt ansprechen möchte in Bezug auf Ihre Rede hier im Parlament, wo Sie davon gesprochen haben, Sie seien

die einzige Opposition hier in diesem Haus. Ich will mal etwas ganz Grundsätzliches sagen, es fällt mir bei Ihnen sehr auf: Sie haben in Interviews zum Ausdruck gebracht, dass Sie hier als Opposition vermeintlich in diesem Haus nichts erreichen. Das ist Ihr Problem, dass Sie nicht verstehen, welche Rolle Opposition hat. Deswegen haben Sie gesagt, Sie haben Ihren Kampf auf die Straße gelegt und demonstrieren jede Woche. Sie referieren auch dauernd in jeder Rede, die Sie hier halten, was Sie angeblich auf Ihren Mittwochsdemos alles so erreichen. Ich will Ihnen etwas ganz deutlich sagen: Wenn Sie Ihre Oppositionsrolle so verstehen, dass Sie hier mal schnell irgendwelche Anträge von anderen Fraktionen abschreiben, nur damit Sie in der Statistik noch ein paar Papiere vorgelegt haben,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

dann ist das ziemlich dünn und zu wenig. Machen Sie hier Ihre Arbeit, dann können Sie auch draußen demonstrieren! Das wäre nämlich auch ganz wichtig.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Unruhe AfD)

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Ganz tolles Werk!)

Wissen Sie, was mir auffällt – aber das gleicht sich dann auch ein Stück wieder bei ganz links und auch bei Ihnen ganz rechts, da kommt wieder alles zusammen –, das sieht man auch bei den beiden Wortmeldungen: Sie reden, sofort alle raus, keiner darf hierbleiben, egal, ob er anerkannt ist, egal, ob er einen Fluchtgrund hat, egal, ob er einen Asylgrund hat. Das blenden Sie alles aus. Die anderen sagen, jeder darf bleiben, alle müssen hierbleiben. Ich bin sehr dankbar, dass unsere Arbeitsmarktund Wirtschaftspolitiker der Fraktion diesen Antrag so vorgelegt haben, weil wir ganz klar sagen und auch damit eine große Unterscheidung treffen,

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Wir brauchen billige Arbeitskräfte!)

wenn jemand hier nach Flucht und Asylverfahren bei uns eine Perspektive hat, weil er anerkannt ist und offensichtlich ein Asylgrund oder ein Fluchtgrund vorliegt,

(Unruhe AfD)

dann ist es allemal besser, nicht unsere deutschen Sozialsysteme zu belasten, sondern die Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen eine eigene Perspektive für die Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland anzubieten.

(Unruhe AfD)

(Beifall CDU, SPD; Abg. Helmerich, frak- tionslos; Abg. Krumpe, fraktionslos)

Integration gelingt dann am besten, wenn auf dem Arbeitsmarkt Integration stattfindet. Da widerspreche ich Ihnen ausdrücklich, wenn Sie das verneinen. Aber wir müssen auch feststellen – damit geht unser Antrag ziemlich differenziert um –, dass der Großteil der Menschen, der zu uns kommt, noch gar nicht auf dem Arbeitsmarkt integriert werden kann, weil sie weder sprachfähig sind, oft auch keine abgeschlossene Ausbildung haben, die meisten sogar keine Schulausbildung abgeschlossen haben – nicht unverständlich, weil sie oft aus Kriegsgebieten kommen und deswegen unterbrochene Biografien haben. Wir stellen auch fest, viele vor allen Dingen von denen, die aus Afghanistan kommen, sind sogar Analphabeten. Wir müssen eigentlich ziemlich früh ansetzen bei der Ausbildung und bei der Chance, wenn sie bei uns bleiben. Das hilft ihnen auch, wenn sie wieder zurückgehen und ihre Heimat aufbauen können. Da ist es besser, nicht trostlos rumzusitzen, sondern Perspektiven einzuräumen. Das sage ich ganz ausdrücklich.

(Beifall CDU, SPD; Abg. Helmerich, frak- tionslos)

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Wer bezahlt es, Herr Mohring? Sagen Sie es!)

Was machen Sie eigentlich für verquere Wortmeldungen so schräg von der Seite, Herr Höcke?

(Zwischenruf Abg. Höcke, AfD: Sie lassen mich ja nicht reden!)

Die Frage ist doch ganz einfach und die stellt sich doch jeder Bürger in diesem Land jeden Tag aufs Neue: Was ist besser für die Menschen, die bei uns bleiben, weil sie Schutz suchen und offensichtlich auch eine Perspektive haben: Zahlen wir aus Steuerzahlergeld Sozialleistungen und schauen, ob wir das fünf, zehn oder 15 Jahre machen, und schicken sie dann unausgebildet zurück oder nehmen wir dasselbe Geld in die Hand und integrieren sie,

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Helmerich, fraktions- los; Abg. Krumpe, fraktionslos)

machen sie sprachfähig, geben ihnen eine Schulausbildung, geben ihnen eine Ausbildung zum Beruf, qualifizieren sie vielleicht sogar für ein Hochschulstudium und schicken sie dann als ausgebildete Menschen zurück mit einer guten Perspektive in ihrem eigenen Land?

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Helmerich, fraktions- los; Abg. Krumpe, fraktionslos)