Sehr geehrte Damen und Herren, eine Studie der Bertelsmann Stiftung vom 2. November 2015 macht deutlich: In Thüringen ist ein weiterer Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung dringend notwendig. Thüringen liegt laut dieser Studie im hinteren Teil der Versorgungsdichte, gemeinsam mit anderen ostdeutschen Bundesländern. Das ist nicht gut und spornt uns an, hier etwas zu ändern. Insbesondere im ambulanten Bereich, in ländlichen und strukturschwachen Regionen sowie bei der Versorgung von schwerstkranken Kindern und Jugendlichen sowie bei der Beratung und Begleitung von Schwerstkranken und ihren Angehörigen sollten noch Verbesserungen erfolgen. Hier könnten wir uns durch den Ausbau der unabhängigen Patientenberatung und der Pflegestützpunkte eine individuelle und neutrale Pflegeberatung, Unterstützung und Begleitung vorstellen.
Im Bereich der Ausbildung könnten wir uns vorstellen, die Palliativmedizin in der Ausbildung, aber auch in der berufsbegleitenden Weiterbildung der verschiedenen Gesundheits- und Pflegeberufe stärker zu verankern. Das schlägt auch die Bertelsmann Stiftung in ihrer Studie vor. Hier werden verstärkte Anstrengungen in der ärztlichen und pflegerischen Qualifikation gefordert.
Ich möchte noch einmal kurz auf die Bundesebene eingehen, da der Bundestag kürzlich das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland verabschiedet hat. Diesem Gesetz hat die grüne Bundestagsfraktion zugestimmt. Wir begrüßen dieses Gesetz, weil es in allen Versorgungsbereichen eine Verbesserung bringt, auch wenn es noch viel zu tun gibt, damit eine menschenwürdige Begleitung und Pflege am Lebensende selbstverständlich wird. Als Kritikpunkt muss allerdings genannt werden, dass es gut gewesen wäre, die unabhängigen Beratungsstellen zu stärken. Die bereitgestellten Mittel sind zwar ein Anfang, aber sie werden nicht ausreichen, ein lückenloses Netz an Hilfen zu spannen. Es gibt, wie gesagt, noch viel zu tun. Auch der Verband der Thüringer Ersatzkassen unterstützt das Vorhaben ausdrücklich, die Hospiz- und Palliativversorgung in Thüringen zu stärken und flächendeckend ein Angebot zur Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen zu etablieren.
Um diese wichtigen Fragen auch aus Ihrem Antrag zu klären, haben wir als Koalition schon einen Selbstbefassungsantrag an den Sozialausschuss eingereicht. Mit Ihrem Antrag zusammen gehen wir davon aus, dass wir über die Fraktionen hinweg einen guten Weg im Sinne der Patienten finden und würden den Antrag an den Sozialausschuss überweisen. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Besucher auf der Tribüne und Zuschauer im Internet! Der Gedanke der Hospizversorgung basiert auf einer bejahenden Haltung zum Leben wie auch zum Tod. Der Tod ist Teil unseres Lebens und muss als solcher auch angenommen werden. Dabei leisten die Hospize hervorragende Arbeit.
Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, Sie haben ein wichtiges Thema ausgewählt und wir sind überzeugt davon, dass Konsens über alle Fraktionen hinweg darüber besteht, dass schwerkranke Menschen einer besonderen Fürsorge und einer qualitativ hochwertigen Versorgung bedürfen. Dabei muss zunächst einmal der Wunsch des Sterbenden im Vordergrund stehen, auszuwählen, wie er seine letzten Tage verbringen möchte. Die meisten Menschen wünschen sich, dies nicht allein in einem Hospiz, sondern im Kreise ihrer Lieben zu tun, in der eigenen Wohnung, in den eigenen vier Wän
den, in vertrauter Umgebung. Es mag auch Menschen geben, die sich wünschen, ihre Familie nicht zu belasten und daher die Unterbringung in einem Hospiz bevorzugen. Unsere Gesellschaft hat sich verändert. Es gilt heute als normal, dass sich Menschen dafür entscheiden, ihre Angehörigen in Alten- und Pflegeheimen unterzubringen. Die meisten Menschen tun das nicht, weil sie das als die bestmögliche Unterbringung erkannt haben, sondern weil sie schlicht dazu gezwungen sind. Sie haben Angst um ihren Arbeitsplatz, um ihre eigene Zukunft. Unter diesen Umständen kommt es dazu, wie es heute ist: Tod und Krankheit sind kein Teil der Gesellschaft mehr, sondern werden in Heime und hinter verschlossene Türen verfrachtet. Diese Entwicklung ist mehr als bedenklich und zeigt einmal mehr, dass sich unsere Gesellschaft immer mehr loslöst von ihrer grundständigen Struktur.
Worauf es ankommt ist Folgendes: Sterbende und ihre Familien sollen die Wahl haben zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten der Unterbringung und niemand sonst. Die Landesregierung ist angehalten, ihr Möglichstes zu tun, um die Voraussetzungen zu schaffen, die gegeben sein müssen, um die Wünsche der Sterbenden zu erfüllen.
Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, Ihr Antrag ist überschrieben mit „Die Würde von Schwerstkranken und Sterbenden achten – Hospizund Palliativversorgung in Thüringen ausbauen“. Dann bitten Sie um die Erstellung eines Konzepts und die Einrichtung eines Runden Tischs. Aber was wir brauchen, sind keine Runden Tische, keine Konzepte, in die Tausende von Euro fließen, und keine überteuerten Evaluationen.
Wir brauchen klare Aussagen der Landesregierung und ein klares Ja zur Hospizversorgung. Runde Tische gibt es mittlerweile für alles Mögliche – für Hebammen, für Suchtprävention, nun auch für Hospize. Manchmal drängt sich mir der Eindruck auf, Runde Tische sind ein Förderprogramm für die Möbelindustrie.
Die Landesregierung wird sich auch weiterhin mit denjenigen Interessenvertretern unterhalten, die sie selbst für interessant erachtet, und mit denjenigen nicht reden, die sie nicht anhören möchte. Keine Aufforderung zur Bildung des nächsten Stuhlkreises wird daran etwas ändern.
Wir als AfD-Fraktion fordern, dass zunächst einmal Familien, die diesen schweren Weg mit ihren Angehörigen gehen wollen, alle notwendige Unterstützung erhalten, die sie benötigen, sei es organisatorisch oder sei es finanziell. Wir wollen nicht, dass Familien schweren Herzens ihre Lieben in eine fremde Umgebung schicken müssen, weil sie die täglichen Herausforderungen nicht in den eigenen
vier Wänden bewältigen können. Dafür brauchen die Familien selbstverständlich Unterstützung, Information und Hilfe und sie müssen wissen, dass sie in dieser Situation nicht allein sind. Im Haushalt 2016/17 stellt die Landesregierung 341.000 Euro jährlich für die Zuschüsse für Hospizarbeit ein. Wir fragen uns hier: Wie hoch sind eigentlich die Kosten eines Runden Tisches und einer Konzepterstellung? Was kostet es, wenn sich Vertreter der Landesregierung, Experten aus der Praxis, Träger und Vertreter des Landtags zusammensetzen und über Palliativmedizin und Hospizarbeit diskutieren? Nehmen Sie einfach das Geld, das Sie für Konzepte und Runde Tische ausgeben wollen, und machen Sie bitte Nägel mit Köpfen! Stärken Sie die Palliativund Hospizarbeit und reden Sie nicht nur darüber! Nehmen Sie bitte Geld in die Hand, geben Sie den Hospizen und den palliativmedizinischen Angeboten in Thüringen eine Planungssicherheit für die nächsten Jahre und schaffen Sie Möglichkeiten, dass Menschen in ihrem gewohnten Umfeld sterben können! Stärken Sie die Familien und geben Sie diesen die Möglichkeit, sich ungezwungen für eine Unterbringung zu entscheiden! Aber bitte verschwenden Sie keine Zeit und kein Geld mit Runden Tischen und der Erarbeitung von überflüssigen, zusätzlichen Konzepten! Herzlichen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Gäste! Zunächst ein herzliches Dankeschön auch an die CDU-Fraktion für diesen Antrag. Wir haben uns bereits bei der Einbringung des Selbstbefassungsantrags der Koalitionsfraktionen im Ausschuss darauf geeinigt, dass wir diesen Antrag an den Sozialausschuss überweisen und beide Anträge gemeinsam diskutieren werden, weil – das sage ich ganz deutlich – sich dieses Thema, die Würde von Schwerstkranken und Sterbenden zu achten, die Hospiz- und Palliativversorgung in Thüringen auszubauen, auf keinen Fall für parteipolitisches Geplänkel eignet.
Es ist ein Thema, bei dem wir alle zusammenarbeiten müssen. Ich verwahre mich allerdings gegen den einen Satz meiner Vorrednerin, dass Menschen in Heime verfrachtet werden.
reichen sehr engagiert zeigen – den Dank hat Herr Kubitzki schon ausgesprochen –, auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Einrichtungen Dank sagen, in stationären, in ambulanten Einrichtungen, auch in den Krankenhäusern, das ist absolut anerkennenswert. An dieser Stelle einen herzlichen Dank dafür.
Es ist eben nicht so einfach, den Menschen bis zum Ende zu Hause zu behalten, selbst wenn man das will.
Wenn das jeder für sich könnte, dann gäbe es den Berufsstand des Altenpflegers oder der Krankenschwester oder andere Berufsstände nicht.
Wenn man zum Beispiel in einer Familie einen 80-jährigen Mann und eine 83-jährige Frau hat, wo der Mann pflegebedürftig ist und die Kinder nicht vor Ort sind, dann ist irgendwann die Situation überhaupt nicht leistbar, alles alleine machen zu können. Ich verwahre mich auch dagegen, dass aus dieser Diskussion herauskommt, dass es sich Familienangehörige leicht machen, jemanden in eine Einrichtung zu geben.
Das ist eine ganz, ganz schwere Entscheidung. Diese Familienangehörigen begleiten dann die Angehörigen auch in den Einrichtungen weiter, wo sehr professionell betreut und begleitet werden kann, und sind mit vor Ort. Ich wollte das an dieser Stelle nur noch mal klarstellen.
Es ist schon sehr viel gesagt worden von meinen Kolleginnen und Kollegen, dass schwerkranke und sterbende Menschen in ihrer letzten Lebensphase die bestmögliche Pflege und Versorgung brauchen. Ich gehe davon aus, dass wir diese Überzeugung hier alle gemeinsam teilen. Auf das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung auf Bundesebene brauche ich jetzt nicht mehr einzugehen. Über den Hinweis, dass wir darüber reden müssen, ob es noch eines Runden Tischs bedarf, weil ja 2005 der Runde Tisch „Hospizarbeit und Palliativmedizin in Thüringen“ zunächst als informelles Gremium gegründet worden ist, sich aber mittlerweile als feste Institution manifestiert hat, sollten wir diskutieren, denn ich glaube, dieser Runde Tisch mit all denen, die dort mitarbeiten, ist das, was wir brauchen und worauf wir uns in der Diskussion zu diesem Thema verlassen können.
Vielleicht noch ein letzter Satz dazu, dass man immer, wenn auch alles normal läuft, davon ausgeht, dass der Mensch im Alter zu versorgen ist und auch irgendwann sterben wird, sterben muss. Es ist schon gesagt worden: Natürlich gehört der Tod
zum Leben. Die besondere Situation und Herausforderung bezieht sich aber insbesondere auf Kinder und Jugendliche. Ich selber, wie viele andere auch im Hause, begleite aktiv als Botschafterin das Kinderhospiz Mitteldeutschland in TambachDietharz. Die Situation ist auch für die Gesellschaft noch mal eine besondere Herausforderung, wenn es um Kinder geht, wenn es darum geht, dass Geschwisterkinder mitleiden, weil sie natürlich auch eine andere Rolle spielen, wenn es vorrangig darum geht, sich um ein krankes Kind zu kümmern, und was Eltern, Großeltern und Familien an diesem Punkt zu durchleben haben. Ich glaube, dass wir in der Gesellschaft vermehrt ein Augenmerk auf die Finanzierung, Begleitung und den Ausbau dieser Einrichtungen haben müssen.
Bei aller Wertschätzung, dass das Kinderhospiz Mittelthüringen öffentliche Gelder bekommen hat, aber auch sehr viel an Spendengeldern akquiriert hat, mit viel Unterstützung auch von Ehrenamtlichen und von dem Verein, finde ich es doch ab und an bedauerlich, dass man in solchen Bereichen in einem reichen Staat wie der Bundesrepublik auf Spenden angewiesen ist, genauso wie man Spenden für Kinderkrebsstationen einsammeln muss.
Ich halte das für traurig. Dieses Geld müssten wir eigentlich zur Verfügung stellen. Insofern hoffe ich und wünsche mir, im Ausschuss eine Diskussion im Interesse und in der Notwendigkeit für den Menschen zu führen, in der Hoffnung, dass wir noch besser begleiten und betreuen können. Wie gesagt, Herr Kubitzki hat es angesprochen, die Situation, in die Rolle des zu Pflegenden zu kommen, kann jeden treffen, vom Kind über das mittlere Alter bis ins hohe Alter. Ich glaube, das ist eine Herausforderung und eine Aufgabe, die wir in unserer Gesellschaft gut und ausreichend abzuleisten haben, denn das zeichnet auch eine Gesellschaft aus. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Zunächst einen Dank an den Großteil meiner Vorredner für die guten Redebeiträge und auch für den sensiblen Umgang mit dem Thema. Ich denke, das zeigt wirklich, wie wichtig das Thema ist und dass wir hier im Hohen Haus auch verstanden haben, dass man bei
Ich will zur Begründung unseres Antrags „Die Würde von Schwerstkranken und Sterbenden achten – Hospiz- und Palliativversorgung in Thüringen ausbauen“ noch zwei, drei grundlegende Dinge sagen, um auch noch einmal der Thematik die entsprechende Tiefe zu geben.
Ich möchte daran erinnern, wo dieser Begriff „Hospiz“ eigentlich herkommt. Er stammt aus dem Lateinischen: hospitium – die Herberge. Genau darum geht es: Wir wollen Menschen eine Herberge geben. So waren es im Mittelalter vor allen Dingen die christlichen Orden, die Hospize errichteten und dort nicht nur Sterbenden, sondern auch Reisenden, Armen und Kranken Schutz boten. Die Bereitschaft, sich um Sterbende zu kümmern, ihnen die Angst vor dem Sterben zu nehmen, ist also uralt.
Im Jahr 2014 gab es eine repräsentative Umfrage, in der die Menschen angaben, dass ihr Wunschsterbeort zu 50 Prozent das Zuhause ist, und immerhin 27 Prozent gaben an, ihre letzten Stunden und Tage gern im Hospiz verbringen zu wollen. Die Statistik sagt etwas anderes aus: Sie sagt, dass knapp die Hälfte im Krankenhaus stirbt, etwa 40 Prozent im Pflegeheim und 10 Prozent zu Hause.
„Sterben in Würde“ – es geht also nicht nur um Hospize, sondern es spielt sich in allen Bereichen des Lebens ab. In allen Bereichen ist dies ein wichtiges Thema – in Krankenhäusern, in Pflegeheimen. Wie schon angedeutet wurde, ist es ein Thema, das sich breit aufstellt und mit dem sich jeder Mensch einmal beschäftigen muss.
Fakt ist aber auch: Wenn eine funktionierende Palliativversorgung vorhanden ist, gibt es weniger Einweisungen in Krankenhäuser. Dies ist durch Zahlen deutlich zu belegen. Dem Bedürfnis der Menschen, zu Hause behandelt und versorgt zu werden, kann durch eine qualitativ hochwertige und in der Fläche ausreichende Palliativversorgung entsprochen werden. Ich denke, bei der Bedeutung dieses Punkts sind wir uns einig.
Wie auch schon angedeutet wurde, hat der Bundestag vor drei Wochen das Hospiz- und Palliativgesetz beschlossen. Auch ich denke, das ist ein wichtiger Meilenstein zur Verbesserung der ambulanten und stationären Versorgung von Patienten in ihren letzten Lebensmonaten. Das Gesetz ist auch die Antwort auf das Bedürfnis der Menschen, am Lebensende selbstbestimmt zu entscheiden, wo sie sterben möchten und wie sie sterben möchten. Nun gilt es, auch auf Landesebene die richtigen Weichen zu stellen und weitere Schritte zu gehen. Die Nachfrage nach stationären Hospizplätzen nimmt stetig zu, vor allem die ambulante Versorgung muss aber auch gestärkt werden.