Protokoll der Sitzung vom 27.11.2015

Wie auch schon angedeutet wurde, hat der Bundestag vor drei Wochen das Hospiz- und Palliativgesetz beschlossen. Auch ich denke, das ist ein wichtiger Meilenstein zur Verbesserung der ambulanten und stationären Versorgung von Patienten in ihren letzten Lebensmonaten. Das Gesetz ist auch die Antwort auf das Bedürfnis der Menschen, am Lebensende selbstbestimmt zu entscheiden, wo sie sterben möchten und wie sie sterben möchten. Nun gilt es, auch auf Landesebene die richtigen Weichen zu stellen und weitere Schritte zu gehen. Die Nachfrage nach stationären Hospizplätzen nimmt stetig zu, vor allem die ambulante Versorgung muss aber auch gestärkt werden.

Bei der stationären Versorgung sind weiße Flecken auf der Landkarte zu schließen, die insbesondere regional in Ostthüringen bestehen. Besonderes Augenmerk haben wir auch auf den ländlichen Raum zu legen. Eine bessere Vernetzung von Palliativund Hospizarbeit ist ebenfalls wichtiger denn je. Damit kommen wir zu dem Punkt, der jetzt schon mehrfach angesprochen wurde, der uns aber auch am Herzen liegt und den ich an der Stelle noch einmal begründen möchte, nämlich die Frage nach dem Runden Tisch „Palliativmedizin und Hospizarbeit in Thüringen“. Ja, es gibt so einen Runden Tisch. Und wir fordern einen Runden Tisch oder wir sagen deswegen, dass dieser Runde Tisch vielleicht noch einmal überdacht werden sollte, weil er als ursprünglich informelles Gremium gegründet wurde, aber inzwischen einen Umfang angenommen hat, der vielleicht für diese Art der Auseinandersetzung nicht mehr optimal geeignet ist.

Ich war selbst oft dort zu Gast, saß dort auch mit Vertretern der Landesregierung, Experten aus der Praxis und Wissenschaft, Interessenvertretern, Einrichtungs-, Kostenträgern, Vertretern der Kirchen und Vertretern des Landtags – aber nicht immer mit Vertretern der Politik, nicht immer mit Vertretern des Landtags. Es gab auch schon Runde Tische, bei denen ich der einzige Vertreter der Politik war.

Das Ziel des Runden Tisches soll es sein, Konzepte für die Weiterentwicklung der ambulanten und stationären Palliativ- und Hospizversorgung auszuarbeiten – eine Aufgabe, die jetzt bei diesem Runden Tisch nicht besteht, sondern dieser Runde Tisch hat sich als Gremium etabliert, in dem natürlich ein stetiger Austausch besteht. Aber wir wollen ganz bewusst, dass sich mit den Themen „Stationäre Hospize“, „Ambulante und stationäre Palliativversorgung“, „Kinder- und Jugendhospize“, „Medizinisches und Pflegepersonal“, „Pflegende Angehörige“, „Ehrenamtlich tätige Hospizbewegung“ auseinandergesetzt wird. Ich denke, da kann man an diesem Runden Tisch noch an einigem feilen.

Der Runde Tisch des Thüringer Hospiz- und Palliativverbands, auf den schon abgezielt wurde, besteht bereits. Die Arbeit ist auch durchaus zu loben, wir wollen da gar keine Abstriche machen.

(Beifall CDU)

Er ist auch wichtig für Vernetzung und informelle Diskussion. Aber, wie angedeutet, ist die Arbeit des Runden Tisches aus dem informellen mehr in den formellen Rahmen zu führen. Der Runde Tisch des THPV ist weiterzuentwickeln. Ich fordere ganz bewusst eine bessere Anbindung an die Politik. Oft genug habe ich das Gefühl, dass sich am Runden Tisch des THPV intensiv mit Themen beschäftigt wird, aber sie werden nicht konsequent in die Politik transportiert. Das ist ein Kernanliegen unserer Diskussion. Ich freue mich darauf, wenn wir uns im Ausschuss gemeinsam damit auseinandersetzen,

wenn wir überlegen, wie wir das Ganze – die Thematiken, die Ideen der Praktiker – wirklich mehr in die Politik hineintragen können und wir das praktisch umsetzen können.

Außerdem, das ist vielleicht noch ein Unterschied zu dem, wie der Runde Tisch aktuell besetzt ist, wünschen wir uns weitere Experten aus der Wissenschaft und auch Patientenvertreter – Vertreter, die bisher am Runden Tisch nicht vertreten sind. Ich denke, ein weiterer wesentlicher Vorteil, ein wichtiger Schritt, den wir damit gehen wollen, ist auch, dass die Öffentlichkeit mehr mitgenommen wird. Bisher finden die Runden Tische kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen statt. Das Thema wieder mehr in die Mitte zu rücken, mehr in die Gesellschaft zu rücken und alle Menschen in der Breite, wie das Thema uns alle in der Breite bewegt, zu berühren, ist eins unserer zentralen Anliegen.

Das menschliche Leben ist von Anfang an – vom Mutterleib bis zum Tod – schützenswert. Die Würde von Schwerstkranken und Sterbenden muss geachtet werden, da sind wir uns alle einig. Auch hier an der Stelle, wie gesagt, noch einmal vielen Dank, auch für das Zitat aus der Landesverfassung. Ich denke, da können wir auch stolz sein, dass das so bei uns in der Verfassung ableitbar auf die Hospize mit drinsteht.

(Beifall CDU)

So gehört es auch dazu, Menschen, soweit dies möglich ist, die Angst zu nehmen, Angst vor dem Sterben in einer fremden Umgebung, Angst vor Schmerzen, Angst vor der sogenannten Apparatemedizin, Angst vor einer unzureichenden Versorgung. Das Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Deswegen schon im Voraus vielen Dank für die Überweisung an den Ausschuss. Wir werden auch so mitgehen und ich freue mich auf die Diskussion.

Bevor ich meine Rede schließe, vielleicht noch kurz ein, zwei Sätze zum Antrag der AfD. Mir ist nicht ganz klar, was die AfD mit diesem Antrag bezweckt. Sie hat nicht mal selbst eine Einbringung gemacht, sondern Frau Herold hat jetzt mit ihren Worten dazu noch ein paar Sätze gesagt. Mir kommt es leider ein bisschen so vor, als wenn man sich die besten Punkte aus unserem Antrag und dem Antrag der regierungstragenden Fraktionen, der schon im Ausschuss war, herausgepickt und einen neuen Antrag zusammengeschraubt hat. Ich denke, wenn Sie sich mit Ihren Beiträgen einfach im Ausschuss beteiligen, dann können Sie auch Ihre Ideen einbringen. Aber mit diesem Antrag der AfD-Fraktion kommen wir jetzt an der Stelle nicht weiter. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Zippel. Weitere Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Seitens der Landesregierung? Bitte, Frau Staatssekretärin Feierabend.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es ist gut, dass wir uns in diesem Plenum mit dem Thema „Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung“ befassen. Wie Sie wissen, ist dieses Vorhaben Teil des Koalitionsvertrags und die Landesregierung ist bereits intensiv damit beschäftigt, dieses umzusetzen. So haben wir im Haushalt 2015 für eine bessere finanzielle Unterstützung der ambulanten Dienste in Höhe von 219.000 Euro gesorgt. Ebenso wurde der Thüringer Hospiz- und Palliativverband in seiner Arbeit mit 122.000 Euro finanziell besser unterstützt. Bereits anhand dieser finanziellen Ausstattung sehen Sie – damit komme ich Ihrem Berichtsersuchen nach und stelle fest, dass der Palliativmedizin im Angesicht des demografischen Wandels eine hohe Bedeutung in Thüringen zukommt. Die demografischen Prognosen sagen uns, dass es mehr alte, multimorbide Menschen geben wird. Davon wird ein noch nicht bekannter Prozentsatz palliativmedizinische Versorgung benötigen. Gleichzeitig wird es aber auch weniger Pflegekräfte geben. Daher gilt es, ein flexibles Netz zu schaffen, dessen Aufgaben und Konfigurationen aber noch durchdacht werden müssen.

Wir haben bereits eine über Jahre gewachsene Struktur. Für deren Funktionieren benötigen wir aber vor allem auch ehrenamtliche ambulante Helfer für die Alltagsversorgung. Ein anderes Problem sind die palliativmedizinischen Angebote in Thüringen, die einerseits durch die Palliativstationen an den Krankenhäusern und andererseits durch spezialisierte ambulante Palliativteams realisiert werden. Auch hier haben wir Personalprobleme zu verzeichnen. Für Ärzte in der Praxis ist es aufgrund der hohen Anforderungen vor allem hinsichtlich des Zeitaufwands oft nicht möglich, die Ausbildung zum Palliativmediziner aufzunehmen. In jungen Jahren ist der Spagat zwischen Tätigkeit, Familie und Aufwand für Ausbildung über das normale Maß hinaus nicht zu stemmen. Für Ärzte in der Praxis ist es aufgrund der großen Anzahl von Patienten nicht möglich, spezialisierte ambulante Palliativversorgungseinsätze zu fahren. Für die palliativmedizinische Versorgung alter, multimorbider geriatrischer Patienten gibt es keine separate Planung. Sie sind in der Phase Patienten wie alle anderen. Ambulante und stationäre Hospizarbeit leistet einen unverzichtbaren Dienst für die Ermöglichung einer würdevollen Begleitung am Lebensende der betroffenen Menschen. Da, wo häusliche Begleitung mit ambulanter Versorgung nicht möglich ist, gibt es die Möglichkeit der Aufnahme in ein Hospiz. Aber auch

(Abg. Zippel)

nicht jeder alte Mensch benötigt palliativmedizinische und hospizliche Versorgung. Die Hospize in Thüringen sind gut ausgelastet. Es gibt Absprachen zwischen den Hospizen zur Weitergabe von Betreuungsbedürftigen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Verweildauer im Hospiz kommt es zu Prozentzahlen der Auslastung im stationären Hospizbereich von 80 bis 95 Prozent. Nach Darstellung der Hospizleitung ist das Kinder- und Jugendhospiz in Tambach-Dietharz auch sehr gut ausgelastet. So weit meine Ausführungen zu Ziffer I des hier diskutierten Antrags.

Sie haben in Ihrem Antrag unter Ziffern II und III noch zwei Bitten geäußert. Erstens bitten Sie die Landesregierung um die Einberufung eines Gremiums zur Palliativmedizin und Hospizarbeit in Thüringen, sie haben es Runden Tisch genannt. Sie geben mir sicher recht, dass es diesen Runden Tisch – und es ist hier auch schon besprochen worden – unter dem Schirm des Thüringer Hospiz- und Palliativverbands schon seit zehn Jahren gibt. Er dient, wie hier festgestellt wurde, dem Austausch zu Problemstellungen für alle Beteiligten und hat sich auch sehr bewährt. Deshalb lehnen wir einen sogenannten Konkurrenztisch ab. Aber Ihr Anliegen teile ich und kann Ihnen versichern, dass wir bereits dabei sind, mit dem Thüringer Hospiz- und Palliativverband als Partner über Weichenstellungen zu den von Ihnen benannten und bekannten Themen nachzudenken. Das werden wir dann auch im Ausschuss diskutieren.

Zweitens bitten Sie die Landesregierung um die Vorlage eines Konzepts für die Weiterentwicklung der ambulanten und stationären Palliativ- und Hospizversorgung im Freistaat bis zum 30. Juni 2016. In diesem Jahr hat es eine rege Diskussion zur Hospiz- und Palliativversorgung gegeben, die das Bundesgesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland begleitet hat. In diesem Gesetz ist geregelt, dass bis Ende 2016 die erforderlichen Festlegungen zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern getroffen werden. Wir werden daher kein Konzept mit „heißer Nadel“ bis zum 30. Juni stricken. Meine Ministerin hat bereits vor Wochen Fachleute eingeladen, um dieses Thema „Umsetzung des Bundesgesetzes zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Thüringen“ weiterzuverfolgen. Ich bin mir bewusst, dass es etliche Gespräche geben muss, um diesem hochsensiblen Thema gerecht zu werden, und – dessen seien Sie sicher – diese Gespräche werden wir auch flexibel gestalten.

(Beifall DIE LINKE)

Der Kreis muss gesprächsfähig sein und damit auch nicht allzu groß. Aber für bestimmte Aspekte wird es unterschiedliche Beteiligungen geben und ich denke, eine politische Beteiligung ist auch eine sehr gute Beteiligung.

Ich stimme mit dem ersten Teil Ihrer Begründung überein, dass Sie sich um eine würdevolle letzte Lebensphase sorgen. Das ist auch unser Anliegen. Aber schon im dritten Absatz mit der Nachfrage nach Hospizplätzen gibt es Fragen, die noch offen sind. Der feste Platz in einer Einrichtung ist nur eine Variante. Uns geht es darum, die Voraussetzungen zu unterstützen, damit Menschen überall da, wo sie leben, auch palliativmedizinisch versorgt werden und auch würdevoll sterben können. Das heißt also in allen Einrichtungen, in denen sie leben und wohnen, aber auch im Krankenhaus, wenn eine Verlegung nur noch eine Zumutung und Stress ist.

Anliegen unseres Hauses ist es, dafür zu sorgen, dass sich hospizliches Denken in allen Schichten und Aktivitäten unserer Bevölkerung etabliert und dafür bitte ich auch um Ihrer aller Mithilfe. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Wir kommen nun zur Abstimmung über die beiden Anträge.

Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit beantragt worden. Ich lasse daher über die Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/1315 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Vielen Dank. Gegenstimmen? Enthaltungen? Mit großer Mehrheit angenommen.

Wir kommen damit zur Überweisung des Alternativantrags der AfD-Fraktion an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Danke. Gegenstimmen? Aus den Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion. Damit ist der Alternativantrag nicht an den Ausschuss überwiesen.

Die Abstimmung über den Antrag wird dann in der nächsten Sitzung vorgenommen, wenn der Antrag der CDU aus dem Ausschuss wiederkommt.

Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 10

Belastungen für die Sozialsysteme reduzieren: Anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in den Thüringer Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integrieren

(Staatssekretärin Feierabend)

Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/1316 dazu: Alternativantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/1338

Bitte schön, Herr Emde.

Herr Landtagspräsident, ich beantrage die Herbeirufung eines Mitglieds der Landesregierung für diesen Tagesordnungspunkt.

Dann stimmen wir über diesen Antrag ab. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Keine. Einstimmig, sodass wir die Sitzung unterbrechen, ich würde sagen für 10 Minuten, bis die Landesregierung da ist.

Frau Ministerin Taubert ist da. Dann unterbrechen wir die Sitzung jetzt nicht, sondern fahren fort. Herzlichen Dank, Frau Taubert.

Wir kommen also wieder zum Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/1316, dazu: „Qualifizierte Zuwanderung vom Flüchtlingsschutz trennen – wirksame Entwicklungshilfe und Wiederaufbau gewährleisten“, ein Alternativantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/1338.

Ich frage: Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung? Bitte, Herr Dr. Voigt.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Taubert, „Belastungen für die Sozialsysteme reduzieren: Anerkannte Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in den Thüringer Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integrieren“, das ist unser Antrag, der heute vorliegt. Er spricht ein wichtiges Thema an, dem wir uns in den ganzen Flüchtlingsdebatten, die wir häufig hier im Haus führen, bisher sehr wenig gewidmet haben, nämlich nicht die Fragestellung, wie konkret die Organisation der Landesaufnahmestellen funktioniert, nicht die Fragestellung, wie wir unsere sicherheitspolitischen Fragen zu klären haben, sondern es geht sehr konkret um die Fragestellung derjenigen, die hier eine dauerhafte, anerkannte Bleibeperspektive haben, wie wir es schaffen, sie schnell in unsere Gesellschaft zu integrieren. Wir glauben, dass ein wichtiger Beitrag dazu die Frage ist, sie in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu integrieren.

Wir stehen vor zwei Herausforderungen; die erste Herausforderung: Zu uns kommen Menschen, von denen ein sehr großer Anteil – hier zitiere ich die Bundesagentur für Arbeit, die von über 80 Prozent der registrierten Flüchtlinge spricht – über keinerlei

Berufsausbildung verfügt, viele davon auch über keine oder nur eine sehr geringe Schulbildung. Das ist quasi Herausforderung eins und der müssen wir mit viel Realismus begegnen.

Herausforderung zwei, das liegt in der Natur der Sache, sind natürlich auch mangelnde Sprachkenntnisse.

Diese beiden Dinge versuchen wir in unserem Antrag aufzunehmen, indem wir sagen, wir wollen den anerkannten Flüchtlingen mit Bleibeperspektive hier einen Platz in unserer deutschen Gesellschaft geben. Die ankommenden Menschen sollen so schnell wie möglich in Lohn und Brot gelangen, die Flüchtlinge sollen schnell Fuß fassen und sie sollen auch die Herausforderungen, die finanziell auf unser Sozialsystem zulaufen, dadurch reduzieren. Deswegen sprechen wir uns für die Abschaffung der Vorrangprüfung aus. Wir sprechen darüber, dass die Beratung und Erfassung der Qualifikation sortierter passieren soll, unter anderem durch eine bessere Vernetzung mit den Jobcentern und mit der Bundesagentur für Arbeit, und dass in dem Bereich Deutsch als Fremdsprache und an den Hochschulen auch die Qualifikationen für den Erwerb der deutschen Sprachkenntnisse verbessert werden können.

Ein zentraler Punkt, den ich mir herausgreifen will, ist die Frage, dass wir die Flüchtlinge mit anerkannter Bleibeperspektive in der Behandlung der Fragestellung des Mindestlohns mit den Langzeitarbeitslosen gleichstellen. Wir sagen, dass junge Menschen zu uns kommen, die arbeitswillig sind, aber im Durchschnitt eben weniger gebildet. Deswegen kann es ein Weg sein, diese Flüchtlinge auch mit Praktika in deutschen Unternehmen schnell an den Arbeitsmarkt heranzuführen. Von Leo Tolstoi stammt der Spruch „Nichts verleiht den Menschen ein erhabeneres Gefühl als die Arbeit. Ohne Arbeit hat der Mensch keine Würde.“ Ich glaube, das sollten wir in den Blick nehmen.

Die IHKs im Freistaat haben eine Umfrage gemacht. 75 Prozent der Unternehmen wären bereit, Flüchtlinge mit Bleibeperspektive aufzunehmen. Der Deutsche Landkreistag, immerhin die Vertretung von 295 Landkreisen in Deutschland, hat – genau wie auch wir in unserem Antrag – gefordert, den Mindestlohn für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive für sechs Monate auszusetzen, weil es eben richtig ist zu sagen, wenn wir sie schnell in unsere Gesellschaft integrieren wollen, dann sollten wir sie auch an den Arbeitsprozess unserer deutschen Gesellschaft heranführen. Das bedeutet für uns, dass wir ihnen die passenden Qualifikationen und Ausbildungsstränge offenlegen. Flüchtlinge sollen Praktika in Unternehmen machen können und sollen dadurch natürlich auch die Belastungen für unseren Sozialstaat reduzieren und auch ihr Selbstwertgefühl dadurch steigern können. Ich glaube, dass hier

(Präsident Carius)

kein Missverständnis aufkommen soll – es geht nicht um eine generelle Ausnahme, aber es geht darum, dass wir denjenigen, die an unserer Gesellschaft mitwirken wollen, einen Platz geben. Wenn sie keine Stelle finden, weil ihre Produktivität nachvollziehbarerweise deutlich niedriger ist als die deutschen Qualifikationsstränge, dann finde ich, sollten wir diesen Weg konsequent gehen. Ich würde mich freuen, wenn Sie unserem Antrag zustimmen könnten. Ich glaube, er ist ein wesentlicher Beitrag zu dem, was wir als Integrationsanstrengung verstehen, nämlich die Menschen gut und in der Mitte unserer Gesellschaft aufzunehmen, die hier eine anerkannte Perspektive haben, und deswegen bitten wir Sie um Zustimmung. Schönen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Voigt. Ich frage die AfD-Fraktion, ob das Wort zur Begründung gewünscht wird. Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat keinen Sofortbericht angekündigt, sodass ich die Aussprache eröffne. Das Wort erhält die Abgeordnete Leukefeld für die Fraktion Die Linke.