Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

(Vizepräsidentin Jung)

Herr Abgeordneter Brandner, für diese Bemerkung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie kommt man wohl da- rauf?)

(Beifall DIE LINKE, SPD)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Was glaubst du eigentlich, wo du hier bist! Spinner!)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Es ist auch keine Ausschussüberweisung beantragt. Deswegen stimmen wir direkt über den Antrag ab. Ich will noch mal darauf hinweisen, dass entsprechend der Geschäftsordnung die Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens jedoch 46, erforderlich ist.

Ich frage: Wer stimmt dem Antrag zu? Das sind die Stimmen der Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, der CDU, der AfD und der fraktionslosen Abgeordneten. Stimmt jemand dagegen? Enthält sich jemand der Stimme? Damit ist dieser Beschluss einstimmig gefasst und entsprechend § 120 der Geschäftsordnung auch die erforderliche Mehrheit erreicht.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe entsprechend unserer Vereinbarung den Tagesordnungspunkt 16

Fragestunde

auf. Ich eröffne die beiden Fragestunden. Ich rufe die Mündlichen Anfragen auf und bitte die Abgeordneten, Ihre Fragen vorzutragen; als Erstes rufe ich die Anfrage des Abgeordneten Kräuter, Fraktion Die Linke, in der Drucksache 6/1335 auf.

Arbeitsbelastung bei Thüringer Polizeibeamten in Gleitzeit

In der Thüringer Polizei arbeiten viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in gleitender Arbeitszeit. Für Gleitzeitkonten gilt für den Abrechnungszeitraum (Jahresarbeitszeitkonto) eine Kappungsgrenze von 60 Stunden, die maximal in den nächsten Abrechnungszeitraum, hier 2016, übernommen werden können.

Durch die gegenwärtigen Belastungen in der Thüringer Polizei besteht die Gefahr, dass das jeweilige Gleitzeitkonto wegen der notwendigen Erfüllung einer Arbeitsaufgabe mehr als 60 Stunden aufweist und somit geleistete Arbeitszeit der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im Polizeivollzug gestrichen (gekappt) wird.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hoch ist die durchschnittliche Belastung in Stundenvolumen der Gleitzeitkonten im Polizeivollzug in den einzelnen Landespolizeiinspektionen, in der Bereitschaftspolizei, in der Landespolizeidirektion, im Landeskriminalamt, im Fortbildungsinstitut der Thüringer Polizei und in der Verwaltungsfachhochschule im Jahr 2015 bisher (Stand: 31.10.2015) ?

2. Wie viele Stunden wurden in den genannten Behörden und Einrichtungen im Polizeivollzug in den Jahren 2013 und 2014 jeweils summarisch wegen Überschreitung der Kappungsgrenze gekappt?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, dass eine Kappung von geleisteten Arbeitsstunden verhindert werden kann, ohne dass die tägliche Aufgabenerfüllung und die Einsatzbereitschaft der Thüringer Landespolizei gefährdet wird?

4. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung hinsichtlich einer möglichen Umstellung der Gleitzeitkonten auf Lebensarbeitszeitkonten im Bereich der Thüringer Polizei?

Es antwortet für die Landesregierung Herr Staatssekretär Götze, Ministerium für Inneres und Kommunales.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kräuter – Arbeitsbelastung bei Thüringer Polizeivollzugsbeamten in Gleitzeit – beantworte ich für die Landesregierung wir folgt:

Die Antwort zu Frage 1: Die im Rahmen der Gleitzeit nach § 11 Thüringer Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten selbstbestimmt erwirtschafteten Zeitguthaben werden in der Thüringer Polizei statistisch nicht erhoben. Insofern kann hierzu keine Auskunft erfolgen. Ich kann Ihnen aber eine Übersicht über die angewiesenen Mehrarbeitsstunden geben. Das stellt sich – wir haben das jetzt kurzfristig recherchiert – wie folgt dar: Landespolizeiinspektion Erfurt circa 29 Stunden, Landespolizeiinspektion Gera circa 11 Stunden, Landespolizeiinspektion Gotha circa 23 Stunden, Landespolizeiinspektion Jena circa 21 Stunden, Landespolizeiinspektion Nordhausen circa 16 Stunden, Landespolizeiinspektion Saalfeld circa 13 Stunden, Landespolizeiinspektion Suhl circa 26 Stunden, Autobahnpolizeiinspektion circa 10 Stunden und Bereitschaftspolizei circa 41 Stunden angewiesene Mehrarbeit.

Die Antwort zu Frage 2: Die wegen Überschreitung der Übertragungsgrenze von 60 Stunden verfallenen Gleitzeitguthaben werden in der Thüringer Poli

zei statistisch ebenfalls nicht erhoben, weil wir – wie gesagt – keine Statistiken über die Gleitzeit führen.

Die Antwort zu Frage 3: Die Besonderheiten des Polizeidiensts werden bereits durch § 8 der Arbeitszeitverordnung für die Thüringer Polizei berücksichtigt, indem im Unterschied zu Verwaltungsbeamten nicht nur 36 Stunden, sondern bis zu 60 Stunden Zeitguthaben übertragen werden. Ein darüber hinausgehender Übertrag für selbstbestimmt erwirtschaftete Gleitzeitguthaben ist nicht vorgesehen und deshalb nicht möglich. Soweit dienstliche Gründe nicht entgegenstehen, ist zum Abbau von Zeitguthaben ein Zeitausgleich auch während der Präsenzzeit bis hin zur ganztägigen Freistellung möglich. Vom Dienstherrn vorgegebene Dienstleistungen – sogenannte Mehrdienstleistungen, die ich Ihnen soeben in der Antwort zu Frage 1 dargestellt hatte – sind von selbstbestimmten Gleitzeitguthaben zu unterscheiden. Die Mehrdienstleistungen werden innerhalb des laufenden Kalenderjahrs durch Dienstbefreiung ausgeglichen und unterliegen keinem Verfall.

Die Antwort zu Frage 4: Die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen für Polizeivollzugsbeamte wurden im Jahr 2009 umfassend novelliert und gewährleisten eine flexible Arbeitszeitgestaltung, zum Beispiel mittels eines Jahresarbeitszeitkontos für alle Polizeivollzugsbeamten. Eine Einführung von Lebensarbeitszeitkonten ist darüber hinaus derzeit nicht Gegenstand der Überlegungen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gibt eine Nachfrage.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Ich habe eine Nachfrage: Wie steht die Landesregierung zum finanziellen Ausgleich von Mehrarbeit?

Bei angewiesener Mehrarbeit ist die Regel, dass erst einmal Freizeitausgleich zu gewähren ist. Wenn das nicht möglich ist, dann muss man auch das prüfen und gegebenenfalls die Stunden vergüten.

Ich kann keine weiteren Nachfragen erkennen und rufe die Anfrage des Abgeordneten Walk, CDUFraktion, in Drucksache 6/1383 auf.

Danke, Frau Präsidentin.

Kriminalität auf Thüringer Weihnachtsmärkten

Gemäß der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden 2014 in Deutschland insgesamt 157.069 Taschendiebstähle angezeigt. Gerade auch auf Weihnachtsmärkten sind Taschendiebe sehr aktiv, da sie dort das Gedränge nutzen, um entsprechende Diebstähle zu begehen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist anhand der Polizeilichen Kriminalstatistik im Bereich der Straftat „Taschendiebstahl“ sowie anderen Straftaten auf den großen Thüringer Weihnachtsmärkten in Eisenach, Erfurt, Gera, Gotha, Jena, Meiningen, Nordhausen, Saalfeld, Schmalkalden, Suhl und Weimar in den Jahren 2013, 2014 und 2015 (Stichtag: 10. Dezember 2015) insgesamt und auf den einzelnen Weihnachtsmärkten eine Tendenz erkennbar und wenn ja, welche?

2. Wie bewertet die Landesregierung die Straftatenentwicklung in den genannten Zeiträumen und auf den genannten Weihnachtsmärkten?

3. Welche anlassbezogenen Maßnahmen der Polizeilichen Kriminalprävention werden in Thüringen in diesem Zusammenhang umgesetzt?

4. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalprävention im Zusammenhang mit Taschendiebstählen auf Weihnachtsmärkten?

Es antwortet Staatssekretär Götze für die Landesregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Walk beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Die Antwort zu Frage 1: Die Tatörtlichkeit „Weihnachtsmarkt“ ist über die Polizeiliche Kriminalstatistik nicht gesondert recherchierbar. Daher beziehe ich mich in meinen weiteren Ausführungen zum Taschendiebstahl ausschließlich auf die Fallzahlen der Dezembermonate 2011 bis 2014.

Im Jahr 2011 wurden 95 Fälle, 2012 106 Fälle, 2013 63 Fälle und im Jahr 2014 38 Fälle im Phänomenbereich „Taschendiebstahl“ in Thüringen registriert. Gegenwärtig kann ich zu den Fallzahlen des Jahres 2015 keine Angaben machen, denn bei der Polizeilichen Kriminalstatistik handelt es sich um eine Jahresausgangsstatistik.

Die Antwort zu Frage 2: Der deutliche Rückgang der Fallzahlen in diesem Phänomenbereich zeigt insbesondere die hohe Bedeutung und die Wirksamkeit der intensiven präventiven Öffentlichkeits

(Staatssekretär Götze)

arbeit der Thüringer Polizei und ist daher erfreulich. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 4 verwiesen.

Die Antwort zu Frage 3: Die Pressestellen der Landespolizeiinspektionen betreiben in Zusammenarbeit mit den lokalen Medien bzw. in den lokalen Medien insbesondere vor und während der Weihnachtsmarktsaison eine permanente Öffentlichkeitsarbeit. Beispielhaft möchte ich das Interview mit der Landespolizeidirektion einschließlich der Hinweise zum Schutz vor Taschendiebstählen erwähnen, welches durch „Antenne Thüringen“ präsentiert wurde. Die Thüringer Weihnachtsmärkte werden sowohl durch uniformierte als auch durch zivile Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte verstärkt zu Fuß bestreift. Explizit zu erwähnen sind der in Erfurt eigens für die Öffnungszeiten des Weihnachtsmarkts besetzte Polizeicontainer und die enge Zusammenarbeit mit dem Stadtordnungsdienst der Stadt Erfurt sowie den privaten Sicherheitsbehörden des Erfurter Weihnachtsmarkts. Die unmittelbare Nähe der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ermöglicht die schnelle und unmittelbare Verfolgung von Straftätern oder Verdachtsfällen. Ebenso ist vorgesehen, sofort nach dem Bekanntwerden eines Taschendiebstahls Warnhinweise via Lautsprecher durchzusagen mit dem Ziel, Täter abzuschrecken und Besucher zu sensibilisieren.

Die Antwort zu Frage 4: Die Landesregierung schätzt ein, dass die Maßnahmen der polizeilichen Kriminalprävention seit Jahren eine positive Wirkung zeigen. Nach der aktuellen Einschätzung stellen Taschendiebstähle auf den Thüringer Weihnachtsmärkten keinen Kriminalitätsschwerpunkt dar.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Gibt es Nachfragen? Herr Abgeordneter Walk.

Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über Festnahmen „auf frischer Tat“ anlässlich der beschriebenen Straftaten vor?

Das kann ich Ihnen so spontan nicht beantworten.

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Dann rufe ich die Anfrage des Abgeordneten Gentele, fraktionslos, in der Drucksache 6/1395 auf.