Protokoll der Sitzung vom 28.01.2015

Herr Brandner, ich rüge Sie für das Wort „Rotfaschisten“.

Also, wer sich angesprochen fühlt!

Heute Nacht wurde wieder von diesen Personen eine Glastür eingeschmissen, wieder in meinem Büro. Dafür haftet wieder ein Fremder, nämlich mein Vermieter. So viel zunächst zur Fremdenfeindlichkeit und zum Sicherheitsgefühl, das Herr Hoff gerade hier angesprochen hat. Es geht ganz schön ab auf Thüringens Straßen, und zwar gegen die vernünftigen Leute, ausgehend von der Antifa.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Zum Thema, Herr Brandner!)

Meine Damen und Herren, die SPD hat wahrscheinlich bei diesem Thema ganz bewusst, genau

(Abg. König)

wie die CDU beim Thema vorhin, eine Einschränkung gewählt, nämlich „Fremdenfeindliche Demonstrationen in Thüringen“. Hätte sie das nicht gemacht, hätte sie sich zumindest mal dazu äußern müssen, warum in Sachsen deren Bundesvorsitzender ganz aufgeschlossen auf die Pegida-Demonstranten zugegangen ist und mit denen diskutiert hat. Ja, der ist nicht so platt mit denen umgesprungen, wie Sie das hier heute machen.

(Beifall AfD)

Bei dem, was ich von meinen Vorrednern gehört habe und wohl auch gleich hier vom kleinen grünen Anhängsel noch hören werde, war ziemlich viel Unsinn dabei, ich will hier nicht groß darauf eingehen. Ich will aber eines von dieser Stelle ganz deutlich sagen, vielleicht hören Sie jetzt zu und schreiben es auch mit, das sage ich nicht nur für mich, das sage ich für die gesamte AfD-Fraktion und für die gesamte Bundes-AfD, das nehme ich mir jetzt mal heraus: Wir wenden uns ganz klar gegen jede fremdenfeindliche Agitation!

(Beifall AfD)

Wir wenden uns gegen noch viel mehr, nämlich auch gegen jede gewalttätige, gegen jede staatlich gesteuerte, staatlich organisierte und staatlich finanzierte Demonstration und Agitation. Das sollten Sie mitschreiben und sich merken. Wir werden das jetzt nicht jedes Mal hier sagen. Das ist so und das bleibt so und daran gibt es für uns überhaupt keinen Zweifel. Niemals kämen wir von der AfD auf die Idee, die Versammlungs-, Demonstrations- und Meinungsfreiheit, seien die Inhalte noch so abstrus – und da ist ja von Ihnen gerade vom linken Block einiges zu hören –, auch die abstruseste Demonstration durch gewalttätige, antidemokratische oder asoziale Aktionen zu stören.

(Beifall AfD)

Sie werden von uns niemals jemanden sehen, der Steine schmeißt, Flaschen schmeißt, Böller schmeißt, schottert oder blockiert. So was gibt es bei uns nicht.

(Zwischenruf Abg. König, DIE LINKE: Bei- ßen!)

Auch dann nicht, wenn Menschen auf die Straße gehen, die nicht unsere Meinung vertreten. Wir distanzieren uns ganz klar und eindeutig und ohne Einschränkung von jeglichem radikalen und – hören Sie zu! – extremistischen Gedankengut, egal ob links oder rechts oder religiös. Das kommt für uns nicht infrage. Dazu gibt es von uns kein Aber, das gilt uneingeschränkt. Die vom linken Block machen das nicht. Sie sehen in Gewalt – siehe meine Schaufensterscheiben – ein legitimes Mittel der Politik.

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum sind Sie nicht in der Lage, anderen, auch unbequemen Meinungen nur zuzuhören oder vielleicht auch zu akzeptieren und zu versuchen, sich argumentativ mit denen auseinanderzusetzen? Warum ziehen Sie und Ihre seltsamen Anhänger es vor, vermummt und mit Holzknüppeln versehen, friedliche Demonstranten anzugreifen? Ein Arzt aus Gera hat mir genau das berichtet in Leipzig: Vermummte Chaoten mit Holzknüppeln springen in die Demonstrationsmenge, knüppeln rum und hauen wieder ab, so wie damals beim Schah-Besuch. Kennen Sie den noch aus den 60er-/70er-Jahren in Berlin? Genau so fängt das wieder an, das kommt aus Ihrer Richtung. Warum akzeptieren Sie von der linken Seite nicht das Gewaltmonopol des Staates und lassen durch Ihre Anhänger Polizisten angreifen, auf die eindreschen und die verletzen? Warum machen Sie das? Sie sollten diese Aktuelle Stunde nutzen und zum Anlass nehmen, unmissverständlich zu erklären, dass Sie, auch was Meinungs- und Demonstrationsfreiheit angeht, auf dem Boden des Grundgesetzes und der Thüringer Verfassung stehen. Sie sollten Straßenkämpfe und Saalschlachten ausschließen,

(Beifall AfD)

auch wenn Sie diese euphemistisch gelegentlich als kreative Aktionen darzustellen versuchen. Werden Sie einfach ganz vernünftige Demokraten, genauso wie wir. Danke.

(Heiterkeit DIE LINKE)

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Brandner, vielen Dank. Wir bedauern alle jeden einzelnen Anschlag auf eines der Büros von Abgeordneten dieses Hauses. Ich gehe davon aus, weil Sie das vorhin so formuliert haben, dass Sie nicht eine Fraktion hier beschuldigt haben, dass Ihr Wahlkreisbüro angegriffen wurde. Das habe ich so nicht verstanden, sonst müsste ich es sicher rügen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben es aber so verstanden!)

Okay. Ich rufe jetzt Frau Rothe-Beinlich auf. Vielen Dank.

Sie haben es offenkundig verstanden, was Kommunikationsguerilla heißt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, es ist ein sehr ernstes Thema und ich möchte mich bedanken bei Herrn Carius für die kurze Intervention. Auch ich habe ein

(Abg. Brandner)

Wahlkreisbüro in Gera wie andere auch und wir haben im Landtag immer geschlossen – das war bis heute ein guter Konsens – verurteilt, wenn es Übergriffe auf Wahlkreisbüros gegeben hat. Was hier allerdings nie stattgefunden hat, sind derartige Verunglimpfungen, Herr Brandner, wie Sie sie eben vorgenommen haben. Ihre Wortwahl werde ich nicht wiederholen.

Ich beginne mit einem Zitat heute aus dem „Spiegel“: „Wir sollten eine Einwanderung von Menschen, die unserer kulturellen Tradition völlig fremd sind, nicht weiter fördern, ja, wir sollten sie verhindern.“, so Herr Gauland von der AfD. Das ist Rassismus. Rassismus führt zum Verlust des Mitgefühls – es gibt eine ganz spannende Kampagne von Pro Asyl, die ich allen nur ans Herz legen kann –, Rassismus tötet, Rassismus fügt Menschen und ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu.

(Beifall DIE LINKE)

Rassismus ist es, der uns zu denken geben muss, und deswegen hätte ich mir auch eine noch präzisere Benennung dieser Aktuellen Stunde gewünscht. Es sind rassistische Demonstrationen, die wir Woche für Woche erleben und von denen wir uns nicht nur distanzieren, sondern denen wir uns im wahrsten Sinne des Wortes widersetzen und auch künftig widersetzen werden.

(Beifall DIE LINKE)

Ich möchte allen ausdrücklich danken, die damit ihre Wochenenden zubringen oder aber auch Montagabende, weil sie demokratisch Gesicht zeigen und für Vielfalt werben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, führen Sie sich doch mal vor Augen, was derzeit in unserem Land, in Thüringen, passiert. Da tauchen Ortseingangsschilder in Sondershausen auf, auf denen Flüchtlinge beschimpft werden, diskriminiert werden und zur Umkehr aufgefordert werden. Der große Aufschrei bleibt aus. Da erleben wir, dass Neonazis und Rassisten Demonstrationen wie in Suhl organisieren, und Ihnen von der AfD fällt nichts Besseres ein, als hier die Menschen zu beschimpfen und auf unerträgliche Art und Weise zu diskreditieren, die sich seit Jahren für Demokratie und gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

die Flüchtlingen helfen und die ihnen hier eine Heimat geben wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, „Nächstenliebe verlangt Klarheit“ ist eine Botschaft der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Ich finde dieses sehr treffend auch und gerade in der Auseinandersetzung mit Rassismus und mit der sogenannten Fremdenfeindlichkeit. Karl Valentin hat einmal gesagt: „Fremd ist der Fremde nur in der

Fremde.“ Genau deshalb lehne ich es auch für mich ab, diesen Begriff zu verwenden, weil er irreführt. Es ist Rassismus, Rassismus, der dazu führt, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft, dass Menschen aufgrund möglicher äußerer Merkmale stigmatisiert werden, ausgegrenzt werden, zu Opfern hier bei uns werden, und das in einer Zeit, in der wir über jede und jeden froh sein sollten, der oder die entscheidet, zu uns nach Thüringen zu kommen und hier mit uns zu leben. Dazu kommt, dass wir hier auch Flüchtlinge beherbergen, Asylbewerberinnen begrüßen, die zu uns kommen, weil sie fliehen mussten, weil sie ihre Heimat verlassen mussten. Es ist selbstverständlich und nicht nur angesichts des gestrigen Holocaust-Gedenktags auch heute unsere Pflicht, diesen Menschen hier zu helfen, Asyl zu gewähren und eine Heimat zu geben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Katharina König hat es schon benannt. Während Pegida und viele andere, die sich ähnlich nennen, mit plumpen Parolen, Rassismus und Vorurteilen sogenannte besorgte Bürgerinnen und Bürger auf die Straßen locken, ist die Zahl der Angriffe gegen Flüchtlinge, gegen Asylbewerberinnen kontinuierlich gestiegen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Und gegen die AfD!)

Wenn Sie diese Menschen fragen, wie es ihnen geht, dann machen die sich ganz große Sorgen, dann leben sie in Angst und dafür schäme ich mich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin froh, dass unsere Landesregierung erklärt hat, Thüringen zu einem Land zu machen, welches tatsächlich weltoffen ist, welches Toleranz nicht irgendwie beliebig für sich in Anspruch nimmt, sondern sagt, Toleranz verlangt auch Klarheit, Toleranz gebietet auch keine Toleranz für Intoleranz, und dass wir selbstverständlich Menschen helfen, die in Not geraten sind und die hier Zuflucht suchen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass wir uns bei vielen Demonstrationen gegen Rassismus wiedersehen. Wir sind selbstverständlich friedlich. Man kann in der Wortwahl auch mal bissig sein, aber sonst sollte man sich gut überlegen, wie man sich hier verhält. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Rothe-Beinlich. Jetzt hat das Wort der Abgeordnete Christian Herrgott.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst sagen, dass auch unserer Fraktion alle Flüchtlinge in Thüringen ganz herzlich willkommen sind.

(Beifall im Hause)

Frau König hat uns vorhin ausdrücklich nicht mit eingeschlossen. Aber auch unserer Fraktion sind alle von Krieg, Leid und Not Bedrohten herzlich willkommen. Über dieses Verfahren entscheidet ja nicht eine Institution in Thüringen, sondern eine Bundesinstitution.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Des- wegen haben Sie auch gleich gegen den Ab- schiebestopp gewettert!)