mit dem Kuschel-Mobil, jawohl – und „hetzt“ die Leute auf und fordert verfassungswidrig die Abschaffung der Wasserbeiträge. Und was hat die CDU 2004 am 1. Mai in der Vereinsbrauerei Apolda gemacht – ich weiß nicht, was da abgelaufen ist, aber Sie haben beschlossen,
die Wasserbeiträge abzuschaffen und damit den Einstieg in ein modernes Kommunalabgabenrecht geschaffen. Also man sieht: So verkehrt war ich davor nicht. Und jetzt bin ich, das ist richtig, wieder unterwegs, und auch wenn in der heutigen Debatte viel zu fünf Regionalkonferenzen gesagt wird, die eigentliche Arbeit leisten wir als Koalition und die Landesregierung einschließlich Innenminister und Staatssekretär jeden Tag, indem wir nämlich draußen sind und mit Leuten reden und diskutieren.
Ich kann mich vor lauter Einladungen überhaupt nicht retten. Da sind alle Parteien dabei, alle Wählergruppen und sie nehmen uns ernst. Ich bin davon überzeugt, was Sie hier als CDU für ein Bild malen, hat mit der Realität vor Ort nicht einmal ansatzweise zu tun.
Sie haben eine Person in diesem Lande, die sich als Opposition, als außerparlamentarische Opposition versucht, und selbst die isoliert sich immer weiter in ihrem eigenen Verband und das ist die amtierende Präsidentin des Thüringischen Landkreistags.
Oder Kommissarisch. Die versucht hier Druck zu machen, das ist zulässig, aber Landräte und Landrätinnen verwahren sich zwischenzeitlich, dass Frau Schweinsburg in ihrem Namen redet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Mohring hat hier die Flüchtlingsproblematik angesprochen, um daran festzumachen, dass alles in diesem Lande funktioniert. Da will ich nur einen Hinweis geben: Gerade die Flüchtlingsproblematik macht den Reformbedarf, vor dem wir stehen, überdeutlich. Wir haben nämlich den Widerspruch, dass wir die Landkreise und kreisfreien Städte für die Unterbringung der Flüchtlinge verantwortlich gemacht haben, aber die Landkreise nicht über eige
ne Wohnungsbestände verfügen. Deshalb müssen wir tatsächlich auch in diesem Reformprozess über die Frage nachdenken, ob es nicht sinnhafter ist, die größeren Städte, die über Wohnungsbestände verfügen, auch mit dieser Aufgabe zu betrauen. Aber diese hohe Leistung, die erbracht wurde, jetzt zum Anlass zu nehmen, eine Reform zu schieben, halten wir nicht für sachgerecht. Unser Land wird immer vor Herausforderungen stehen. Das war die letzten Jahre so, das wird künftig so sein und solche Herausforderungen sprechen eher dafür, solche Reformen durchzuführen. Auch das an die Adresse von Herrn Mohring: Wer Debatten nur mit Ängsten schürt, wird zum Schluss scheitern. Wir müssen den Leuten Hoffnung machen. Klar, es gibt sehr viele Probleme und Herausforderungen. Mit denen müssen wir uns beschäftigen. Wer aber vorher ein Angstgebilde aufbaut, braucht sich nicht zu wundern, dass Menschen nicht mehr bereit sind mitzumachen. Wir brauchen diese Bereitschaft, bei den Bürgermeistern, bei den Landräten, bei den Gemeinderatsmitgliedern, Stadtratsmitgliedern, Kreistagsmitgliedern, bei den Beschäftigen, bei den Beamtinnen und Beamten, überall brauchen wir Mitwirkung. Es hat sich gezeigt: Wenn wir mit ihnen in einen Dialog treten, sie einbinden und auch ihre Anregungen aufnehmen, erkenne ich eine hohe Bereitschaft.
Meine Damen und Herren, die Linke diskutiert seit 2005 über ein solches Konzept. Insofern ist der Vorwurf, dass das jetzt alles überhastet ist, nicht zutreffend und die Linke ist sowohl 2009 als auch 2014 mit einer klaren Ansage in den Landtagswahlkampf gegangen und wir sind gewählt worden, jetzt in Regierungsverantwortung. Insofern erwarten die Menschen auch, dass wir diese Zusage, die wir ihnen vor der Wahl gegeben haben, umsetzen. Klar, in Wahlkämpfen wird nicht alles detailliert ausgeführt, aber im Grundsatz haben wir den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl reinen Wein eingeschenkt.
Jetzt setzen wir gemeinsam mit SPD und Grünen dieses Reformvorhaben um. Wir erleben heute wieder eine Reflexion oder eine Politikreflexion der CDU, die uns schon aus der Haushaltsdebatte bekannt vorkam, nämlich dass die CDU das kritisiert, aber keinerlei Alternativen vorschlägt, nicht einmal ansatzweise, sondern einfach nach der Devise verfährt: Alles bleibt so, wie es ist. Damit machen Sie es uns relativ leicht, weil daran überhaupt niemand mehr glaubt, dass das die Lösung sein kann, dass alles so bleibt, wie es ist. Es wurde zwar eingefordert, einen anderen Zeitplan zu wählen, aber welchen Zeitplan, wurde nicht gesagt. Es wurde festgemacht, dass wir hier die Effizienzgewinne darstellen sollen. Auch da: Welche Effizienzgewinne wären denn für die CDU akzeptabel? Ab wann wä
re sie denn reformbereit? Oder: Mehr Bürgerbeteiligung, ohne aber zu konkretisieren, wie soll diese Bürgerbeteiligung über das, was wir anbieten aussehen – dazu komme ich dann noch einmal.
Meine Damen und Herren, es wurde formuliert, es ist alles okay in diesem Land, deshalb besteht kein Reformbedarf. Ich will nur mit ein paar Zahlen belegen, dass wir das völlig anders sehen. Dabei reflektiere ich auch auf den Streit zum Finanzausgleich 2016/2017 im Rahmen der Haushaltsdebatte. Da muss sich insbesondere der Landkreistag in der Argumentation einigen und muss Widersprüche herausnehmen. Der Landkreistag kann nicht sagen, wir sind leistungsfähig, es bleibt alles so, aber hier an den Landesgesetzgeber herantreten und sagen, wir brauchen noch mehr Geld, sogar noch mehr als in den Jahren 2014 und 2015.
Genau, irgendwas stimmt nicht. Also entweder fehlt was und sie sind nicht leistungsfähig oder sie haben uns während der Haushaltsdebatte und während der Debatte des FAG belogen. Nur eins geht. Aber wir gehen davon aus: Es stimmt tatsächlich etwas nicht, betrifft gar nicht so die Landkreise, weil die über das Instrument der Kreisumlage ihren Haushalt immer wieder in irgendeiner Art und Weise ausgleichen können. Zu den Konstruktionsfehlern der Landkreise und weshalb wir sie weiterentwickeln müssen, komme ich auch noch.
Aber zu den Gemeinden: Trotz Hilfspaket 2013, Hilfspaket 2014, Hilfspaket 2015 müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass im vergangenen Jahr über 100 Gemeinden in der Haushaltssicherung waren und Anträge für 145 Millionen Euro für Bedarfszuweisungen gestellt haben – 145 Millionen Euro. Jede zehnte Gemeinde ist ohne Haushalt – jede zehnte –, jede vierte Gemeinde ohne jegliche Rücklagen, jede zweite Gemeinde hat ein strukturelles Defizit, kann also nur durch die Zuführung vom Vermögenshaushalt in den Verwaltungshaushalt überhaupt einen Haushalt einstellen. Die Thüringer Kommunen haben mit die geringste Steuerkraft der 13 Flächenbundesländer und die kommunale Steuerquote liegt bei ganzen 25 Prozent. Deshalb die hohe Abhängigkeit von Landeszuweisungen. Nahezu 60 Prozent der kommunalen Einnahmen sind Landeszuweisungen und in dem Sinne kann man natürlich kaum von kommunaler Selbstverwaltung reden, wenn so eine hohe Abhängigkeit vom Land besteht. Das sind die nüchternen Zahlen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.
Es geht in der Debatte immer wieder – deswegen will ich an der Stelle darauf hinweisen, auch wenn es für uns nicht vordergründig als Herausforderung steht – um die Kosten. Es wird immer wieder davon gesprochen, es geht um Einsparungen.
Uns geht es nicht um Einsparungen, es geht um Effizienzgewinne. Und das ist etwas anderes. Das will ich nur an der Frage der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen deutlich machen. Wirtschaftliche Betätigung von Kommunen ist eine der drei Säulen der Finanzierung der kommunalen Ebene. Wie sollen aber unsere 571 Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohnern auch nur ansatzweise im Bereich der kommunalen Wirtschaftstätigkeit aktiv werden? Das funktioniert nicht. Das setzt Strukturen voraus: 10.000 Einwohner; ab 10.000 Einwohnern kann eine Kommune über eigene Stadtwerke oder eigene kommunale Unternehmen durchaus einen Beitrag für den Haushalt leisten, alles was darunter ist, ist problematisch.
Das heißt, wir wollen Strukturen schaffen, die tatsächlich in der Lage sind, Leistungsfähigkeit und Effizienz zu entwickeln. Es geht vorrangig darum, durch die Wahrnehmung weiterer Aufgaben insbesondere im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung die Kommunen zu stabilisieren und ihre Bedeutung auch volkswirtschaftlich zu erhöhen, weil wir wissen, dass öffentliche wirtschaftliche Unternehmen zunehmend auch im Ergebnis der jüngsten Wirtschafts- und Finanzkrise wieder an Bedeutung gewinnen und die Menschen vor allen Dingen ein hohes Maß an Vertrauen in öffentliches Wirtschaften haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde kritisiert, wir haben die Kosten für diese Reform im Doppelhaushalt 2016/2017 nicht festgeschrieben, sondern es steht eine Null drin. Das zumindest hat Herr Mohring richtig erkannt. Seine Schlussfolgerungen daraus sind aber einfach falsch.
Es gibt derzeit keine gesetzliche Ermächtigung, um diesen Haushaltstitel mit einer Zahl zu versehen. Diese gesetzliche Ermächtigung schaffen wir mit dem Vorschaltgesetz. Und die CDU hat geübte Praxis darin, wie das funktioniert. Sie haben 2014 ein Hilfspaket auf den Weg gebracht, ohne dass Geld im Haushalt stand. Es war verfassungsrechtlich kein Nachtrag erforderlich. Sie haben das Geld aus der Rücklage genommen, weil Sie natürlich eine neue gesetzliche Ermächtigung geschaffen haben. Nichts anderes machen wir. Aber wir debattieren jetzt schon mit der kommunalen Ebene, auch dank der Vorschläge des Innenministers, welche Form der finanziellen Begleitung der Freiwilligkeitsphase denn die höchsten Effekte erzielt. Wir haben es so verstanden: Vorrangig geht es um Teilentschuldung. Das tragen wir mit. Früher gab es noch andere Anreizsysteme wie Fusionsprämie oder auch Übernahme kommunaler Anteile für Investitionen. Da ist die Debatte noch nicht zu Ende. Da wird uns die Landesregierung über das Vorschaltgesetz Vorschläge unterbreiten, da sind wir offen. Aber die Säule Teilentschuldung halten wir für ein sehr wirksames Instrument.
Woher nehmen wir das Geld? Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, selbst Ihnen muss es aufgefallen sein, dass wir neben diesen Hilfsprogrammen, die ich genannt habe, 2013, 2014, 2015, immer im dreistelligen Bereich, auch noch einen hohen zweistelligen Betrag im Bereich der Bedarfszuweisungen an Not leidende Gemeinden auszahlen mussten – in Summe zusätzlich fast 200 Millionen Euro im Jahr. Da fragen Sie, wo wir das Geld hernehmen. Ziel unserer Reform ist es, leistungsfähige kommunale Strukturen zu schaffen, das heißt, die Bedarfe an Bedarfszuweisungen werden erheblich zurückgehen, Hilfspakete werden nicht mehr erforderlich sein. Selbst wenn die Reform das kostet, was wir jetzt debattieren, ist das fast selbstfinanzierend, weil es nach zwei bzw. drei Jahren sogar zu Einspareffekten für den Landeshaushalt kommt. Also keine Angst, dass das den Landeshaushalt finanziell überfordert. Wir werden damit einen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts leisten, die Kommunen auch.
Meine Damen und Herren, Ziel der Reform ist also die Stärkung der gemeindlichen Strukturen, Optimierung und Weiterentwicklung der jetzigen Landkreise und eine effizientere Landesverwaltung. Keine Gemeinde werden wir vom Erdboden verschwinden lassen – in der Debatte hat man manchmal so den Eindruck, als wollten wir Wüstungen schaffen –, sondern wir beschäftigen uns ausschließlich mit allgemeinen Verwaltungsstrukturen. Die historisch gewachsene Siedlungsstruktur in Thüringen steht, zumindest bei Rot-Rot-Grün, nicht zur Disposition.
Meine Damen und Herren, jetzt zu einigen Detailfragen, was die gemeindliche, Landkreis- und auch Landesebene betrifft. Zunächst zum Rechtsinstitut der Verwaltungsgemeinschaft. Das trifft sinngemäß auch auf die erfüllenden Gemeinden zu. Wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass die Verwaltungsgemeinschaft, die vor etwa 15 Jahren, 20 Jahren ihre Berechtigung hatte, inzwischen unverkennbar sogenannte Konstruktionsfehler aufweist. Jetzt haben wir die Option, ob wir diese Konstruktionsfehler beseitigen oder sagen, dieses Rechtsinstitut der Verwaltungsgemeinschaft ist nicht mehr zeitgemäß. Wir beantworten die Frage mit dem zweiten Teil. Sie ist für uns nicht mehr zeitgemäß und der Aufwand, sie zu reformieren, steht in keinem Verhältnis zu den Effekten. Insofern muss sie ein Auslaufmodell sein.
Ich will kurz die Konstruktionsfehler benennen und da wundert es mich, dass die Bürgermeister nicht auf die Barrikaden gehen und vom Gesetzgeber schon längst eine Veränderung verlangen. Die VGUmlage ist das einzige Finanzierungsinstrument, das nicht steuerkraftabhängig ist. Das ist ungerecht, weil die Mitgliedsgemeinden von ihrer Steuerkraft völlig unterschiedlich aufgestellt sind, die VG-Umlage aber eine Pro-Kopf-Umlage ist; während Kreisumlage, Schlüsselzuweisungen, Länder
finanzausgleich steuerkraftabhängig ausgerichtet sind, ist es nur die VG-Umlage nicht. Die ist eine Pro-Kopf-Umlage. Ich mache das immer am Beispiel meiner Lieblings-VG Großbreitenbach fest, weil ich da mal Bürgermeister war und weil mit Petra Enders dort eine Kollegin Bürgermeisterin war. Jetzt ist sie Landrätin. Da gibt es die Stadt Großbreitenbach, abundante Stadt, muss also Reichensteuer bezahlen, ungefähr 1.500 Euro Steuerkraft pro Einwohner. Daneben liegt die Gemeinde Wildenspring mit 72 Euro pro Einwohner Steuerkraft. Beide bezahlen die gleiche VG-Umlage von etwa 120 Euro, das heißt bei der Stadt Großbreitenbach 8 Prozent des Steueraufkommens. Bei der Gemeinde Wildenspring reicht nicht mal das Steueraufkommen aus, um die VG-Umlage zu bezahlen. Die müssen Schlüsselzuweisungen nehmen und stehen jedes Jahr bei uns mit einem Haushalt von 180.000 Euro und brauchen mindestens 60.000 bis 100.000 Euro Bedarfszuweisung. Dabei sollen wir weiter zusehen, wenn es nach der CDU geht. In dem Gemeinderat findet übrigens auch keine kommunale Selbstverwaltung mehr statt. Warum auch? Alles, was die an Haushaltsmitteln haben, fließt als VG-Umlage und als Kreisumlage ab. Die haben noch ganze 5.000 Euro im Jahr zu verteilen – 5.000 Euro. Wildenspring ist ein Bergdorf. Wer Wildenspring kennt – die haben eine Feuerwehr mit Allradantrieb. Der Allradantrieb ist kaputt, der kostet 3.500 Euro. Kein Geld da. Worin besteht die Lösung? Das Feuerwehrgerätehaus ist in der Mitte der Gemeinde. Weil sie den Berg im Winter ohne Allrad nicht mehr hochkommen, wird das Fahrzeug rausgestellt, oben in die Bushaltestelle, denn den Berg runterfahren können sie noch, wenn es brennt. Aber nur einmalig. Das sind dann Zustände und da reden wir noch von kommunaler Selbstverwaltung. Also, meine Damen und Herren, das funktioniert alles nicht.
Ein weiterer Konstruktionsfehler der Verwaltungsgemeinschaft ist tatsächlich, dass die Verwaltung nicht mehr an die Gemeinde angedockt ist. Es gibt damit sozusagen eine zu geringe Identifikation der Beschäftigten mit ihrer Gemeinde. Sondern sie sehen sich eher als ausgelagerte Dienstleistungsbehörde und wenn sie nach Hause gehen, dann ist sozusagen das Wohl und Wehe der Gemeinde nicht mehr vordergründig zu spüren. Das ist kein Vorwurf an die dort Beschäftigten, sondern das ist praktisch eine zwangsläufige Entwicklung. Oder die Rolle des VG-Vorsitzenden: Der hat Stimmrecht, ist Mitglied der VG-Versammlung, der ist Dienstleister für die Mitgliedsbehörden und gleichzeitig kleine Kommunalaufsicht. Also derjenige, der dafür sorgen soll, dass die Mitgliedsgemeinden ordentliche Beschlüsse fassen, ist gleichzeitig der, der sie dann
Konstruktionsfehler der Landkreise: Da wird diskutiert, Landkreise sind zu groß und das nehmen uns die Bürgerinnen und Bürger übel. Unsere Feststellung, auch meine persönliche Feststellung: Es gibt keine Identifikation mit Landkreisen. Es gibt immer eine Identifikation mit den Gemeinden und den Städten, wo ich wohne. Das letzte Identifikationsmerkmal mit dem Landkreis war das einheitliche Kfz-Kennzeichen. Das ist weg. Im Ilm-Kreis – dort bin ich zu Hause – haben 95 Prozent der Neuzulassungen jetzt am Nummernschild IL für Ilmenau oder ARN für Arnstadt. IK nimmt keiner mehr. So weit zur Identifikation mit dem Landkreis. Meine Damen und Herren, unsere Reformvorstellungen gehen davon aus, dass die Bedeutung der Landkreise als sogenannte Publikumsbehörde, also wo ich hingehen muss, um Dinge zu erledigen, zurückgeht. Alle wesentlichen kommunalen Entscheidungen werden künftig in Gemeinden und in dortigen Bürgerservicebüros zu erledigen sein. Insofern ist auch nicht beabsichtigt, neue Verwaltungsstandorte zu installieren, sondern die Beschäftigten und die Beamten bleiben dort sitzen, wo sie jetzt sitzen. Insofern ist es ein Hirngespinst, was der Herr Mohring hier deutlich macht, dass neue Landratsämter errichtet werden müssen und dergleichen. Das hat mit unserem Reformvorhaben nichts zu tun. Wenn er dann von Demokratie auf Landkreisebene erzählt, dann ist er ganz weit weg von der Realität. In den Kreistagen und auf Landkreisebene ist Demokratie zumindest in starkem Maße und auch im Vergleich zu den Gemeinden reduziert. Die Kreistage sind im Wesentlichen neutralisiert. Das hat was mit der Struktur der Landkreise zu tun, einer starke Dominanz des übertragenen Wirkungskreises. 60 Prozent der Landkreisausgaben sind Leistungsgesetze, da hat der Kreistag keine Mitbestimmung, macht alles Landrat oder Landrätin. Die CDU war es, die die Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion schon 1994 aus dem Gesetz gestrichen hat und damit den Landkreisen de facto untersagt hat, irgendwelche freiwilligen Aufgaben, die den 1-Prozent-Bereich überschreiten, wahrzunehmen. Da sprechen Sie von einer demokratischen Kultur auf Landkreisebene? Das ist lächerlich. Wir werden die Landkreise weiterentwickeln und auch demokratisieren, auch für den übertragenen Wirkungskreis mit zuständig machen. Das ist in Mecklenburg-Vorpommern so und das hat in Mecklenburg-Vorpommern dazu geführt, dass die Bereitschaft, für ein Kreistagsmandat zu kandidieren, erheblich zugenommen hat, weil dort Kreistagsmitglieder wieder was zu sagen haben. Was haben sie denn bei uns zu sagen? Im Wesentlichen nichts.
Meine Damen und Herren, Demokratieverlust wurde hier von der CDU angemahnt. Zu den Landkreisen habe ich mich schon geäußert. Demokratiever
lust haben wir tatsächlich in den Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften, weil die Verwaltungsgemeinschaftsversammlung im Wesentlichen dominiert, die verfügbaren Haushaltsmittel bei den Mitgliedsgemeinden, gerade für Investitionen, sehr rückläufig sind. Wir werden durch unsere Reform das kommunale Mandat stärken, auch auf gemeindlicher Ebene, weil die Gemeinderäte künftig wieder mehr zu entscheiden haben. Es gibt Untersuchungen: Je größer das Entscheidungsermessen ist, umso höher ist die Bereitschaft, sich wieder einem kommunalen Mandat zuzuwenden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Identitätsverluste durch Veränderungen von Verwaltungsstrukturen eintreten, ist ein Thema, das wir nicht ausblenden. Deswegen haben wir uns intensiv damit beschäftigt, woran sich Identität in einer Gemeinde festmacht. Da haben wir festgestellt: Wo sich die Verwaltung befindet, steht nicht an erster Stelle. An erster Stelle stehen die Arbeits-, Lebensund Wohnbedingungen, an zweiter Stelle die Vereinsstrukturen, die Versorgungsinfrastruktur, die technische und Verkehrsinfrastruktur und erst ganz weit hinten fragen die Menschen, wo denn hier eigentlich meine Verwaltung ist. Wer meint, dass Identität mit seiner Gemeinde irgendetwas damit zu tun hat, wo die Verwaltung sitzt, der irrt. Es stehen ganz andere Punkte im Mittelpunkt oder im Vordergrund. Ein weiterer Aspekt, der heute vom Innenminister zu Recht angesprochen wurde und auch von Herrn Höhn, ist die Frage „Arbeitskräftepotenziale und Fachkräftemangel“. In Kleinstverwaltungen schaffe ich kaum Möglichkeiten für Leistungsträger. Ich habe in Verwaltungen mit weniger als 20 Beschäftigten – und das ist die Regelgröße in der Verwaltungsgemeinschaft und in selbstständigen Gemeinden – keine Entwicklungspotenziale und im Regelfall Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen im Bereich A 9 bis A 11. Dafür bekomme ich keine Leistungsträger mehr.
Wir haben heute schon einen erkennbaren Fachkräftemangel, das heißt, ein Ziel unserer Reform ist es auch, attraktive Arbeitsplätze in der öffentlichen Verwaltung zu schaffen, sodass Leistungsträger sich wieder verstärkt für eine Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung entscheiden. Es geht also auch um die Lösung des Fachkräftemangels als erkennbares Problem.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich sehen wir auch noch Diskussionsbedarf zum Leitbild im Rahmen der Umsetzung, was das Vorschaltgesetz betrifft. Wir können uns beispielsweise vorstellen – und das haben wir in die Koalition als Vorschlag eingebracht, ohne dass wir dort mit der Diskussion am Ende sind –, dass wir die Landgemeinde deutlich von der Einheitsgemeinde unterscheiden, also noch stärker, insbesondere die Ortschaftsverfassung ausbauen – Stichwort: beschränktes Budgetrecht innerhalb eines einheitli
chen Gemeindehaushaltes für die Vereinsförderung, für die Traditionspflege, möglicherweise für die Ortsfeuerwehr oder für das Bürgerhaus oder bei Kleinstinvestitionen, ein klar strukturiertes Verfahren der Beteiligung an der Haushaltsaufstellung, sodass wir die Bedeutung der Ortschaftsräte und der Ortschaftsbürgermeister erhöhen. Manche sagen auch, es wären Elemente der Verbandsgemeinde, die wir in die Ortschaftsverfassung einbauen, und damit wollen wir dieser Gefahr der Reduzierung der Identität begegnen.
Meine Damen und Herren, wir diskutieren auch über die Frage der Flexibilisierung der 6.000-Einwohner-Grenze im Besonderen mit Blick auf 2035 oder ob es möglich ist, auch auf Landkreisebene – insbesondere im Zusammenhang mit kreisfreien Städten und Wegfall dieses Status – ein Pilotprojekt zu initiieren. Das sind Debatten mit konkreten Vorschlägen und wir können nur an die CDU appellieren: wenn sie sich ernsthaft in diesen Prozess einbringen will, auch mit konkreten Vorschlägen die Debatte zu bereichern.
Noch einmal die Frage: Warum Übergang zur Zweistufigkeit? Was wir vollziehen, haben die anderen Bundesländer schon immer gehabt oder vollzogen. Zur Erinnerung: Unsere Mittelbehörden erfüllen gegenwärtig rund 23.000 Einzelaufgaben mit etwa 18.500 Beschäftigten in der allgemeinen Verwaltung, um einmal die Dimension deutlich zu machen. Im Wesentlichen werden die Mittelbehörden als Aufsichtsbehörden wahrgenommen. Wir wollen aber, dass Landesverwaltung auch im viel stärkeren Maße eine Dienstleistungsfunktion erfüllt, sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für unsere Kommunen. Wir haben Doppelstrukturen, dass heißt, wir haben auf kommunaler Ebene eine Ämterstruktur abgebildet, die sich auf der Landesebene noch einmal wiederfindet. Das bietet sich nahezu an, das zu verzahnen und entsprechende Aufgaben auf die kommunale Ebene herunterzudelegieren.
Die demokratische Kontrolle und Steuerung bei den Mittelbehörden ist zumindest reduzierter als auf gemeindlicher oder auf Landkreisebene. Da findet ein anderes Maß an demokratischer Kontrolle und Steuerung statt. Das wollen wir mit übernehmen. Es geht natürlich auch um ein höheres Maß an Bürgernähe. Das sind alles Argumente, die eher für die Zweistufigkeit sprechen.
Die Dreistufigkeit ist auch ein Modell. Hier muss man sich im Klaren sein: Die Dreistufigkeit erzeugt Transaktionskosten, weil sich die Ebenen miteinander beschäftigen, und das Geld, das keine Außenwirkung erzielt, ist uns eigentlich zu schade. Da nehmen wir das Geld lieber in die Hand, wollen damit eine Außenwirkung erzielen und auch das ist eine Begründung für unser Reformvorhaben.
Was wir bisher noch nicht intensiv diskutiert haben, was wir als LINKE für erforderlich erachten, ist auch eine Funktionalreform II. Das heißt, wir wollen noch einmal debattieren, welche Aufgaben, die jetzt Landkreise wahrnehmen, zum Beispiel sinnvollerweise auf die Gemeinden übertragen werden könnten. Mein Lieblingsbeispiel sind immer die Bauordnungsbehörden. Es gibt immer wieder Probleme im kreisangehörigen Raum, dass die Gemeinden Träger der Bauleitplanung sind, Bauordnungsbehörden sind aber die Landratsämter. In einer kreisfreien Stadt ist ohnehin alles schon in einer Hand.
Deswegen ist es überlegenswert und diskussionswürdig, ob man nicht im Rahmen einer Funktionalreform II bisherige Landkreisaufgaben auf die gemeindliche Ebene delegiert. Auch dort erwarten wir eine hohe Diskussionsbereitschaft. Wo ich das mit Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern diskutiere, ist diese Diskussionsbereitschaft da, bei der Opposition ist das gegenwärtig noch nicht erkennbar.
Meine Damen und Herren, zu der Ortschaftsverfassung habe ich schon etwas gesagt. Noch einmal etwas zu der Einwohnergrenze von 6.000 bei Gemeinden. Da möchte ich nur darauf verweisen, das ist ein Kriterium – ein Kriterium, weil hier gefragt wurde: Wie läuft denn das in der Freiwilligkeit? Ein weiteres Kriterium – so verstehen wir auch das Leitbild der Landesregierung und insbesondere auch die Ausführungen des Innenministers – ist, dass wir natürlich nur Neugliederungen zulassen, die die Gewähr dafür geben, dauerhaft leistungsfähig zu sein. Wir werden keine Gemeinden bilden lassen, die von Anfang an wieder Bedarfszuweisungen brauchen. Das wird ein weiteres Kriterium sein. Es wird natürlich auch raumordnerische und landesplanerische Kriterien geben. Wir wollen nicht nur städtische Zentren haben, sondern auch einen wahrnehmbaren starken ländlichen Raum, das heißt zwischen den Zentren einen leistungsfähigen ländlichen Raum. Auch das ist ein Bewertungskriterium, das wir zu berücksichtigen haben. Zum Beispiel die bloße Umwandlung der Verwaltungsgemeinschaften in Einheits- oder Landgemeinden scheitert schon daran, dass wir inzwischen 12 oder 14 Verwaltungsgemeinschaften mit weniger als 5.000 Einwohnern haben und 20 Verwaltungsgemeinschaften weniger als 6.000 Einwohner haben. Dort reicht also eine bloße Umwandlung nicht aus, um die Vorgaben des Leitbilds entsprechend umzusetzen.
Die Freiwilligkeitsphase: Dort wurde die These formuliert, dass Städte dann im Widerspruch zu den jetzigen Regeln der Thüringer Kommunalordnung stünden. Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung in ihrem Entwurf des Vorschaltgesetzes als Artikelgesetz natürlich auch Vorgaben macht, wie wir die gegenwärtigen Regelungen in der Thüringer Kommunalordnung neu fassen. Das ist ja Sinn eines Vorschaltgesetzes. So verstehen wir natürlich