Protokoll der Sitzung vom 29.01.2016

Für die Fraktion der AfD hat die Abgeordnete Muhsal das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Wolf, ich glaube, wir

(Abg. Tischner)

stimmen eigentlich – was ich aus Ihrer Rede herausgehört habe – nur bei einer Sache überein, nämlich dass wir ebenfalls den Antrag ablehnen werden. Ansonsten fand ich Ihre Rede relativ schwer erträglich. Ich weiß nicht, ob das vielleicht der Grund ist, warum Frau Ministerin Klaubert die ganze Zeit nicht da war. Ich freue mich jedenfalls, dass sie rechtzeitig zu meinem Redebeitrag hier angekommen ist.

(Beifall AfD)

Ich möchte allerdings auch mal bemerken, dass die Landesregierung in den letzten Tagen durch Abwesenheit glänzt. Wir hatten vorhin die ganze Zeit nur eine anwesende Ministerin, die nicht mal hätte auf Toilette gehen können, ohne dass die ganzen Regierungsbänke leer gewesen wären. Ich weiß nicht, ob das so der optimale Zustand im Thüringer Landtag sein soll.

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Die sind heute auf der Flucht!)

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Die sind im Bundesrat!)

Ja, es sind aber vielleicht auch nicht alle dort und man kann auch vielleicht hier im Thüringer Landtag anwesend sein, Herr Blechschmidt.

Mittlerweile befinden sich zwei Drittel aller Grundschulhorte in kommunaler Trägerschaft. Die Erfahrung zeigt, dass die Kommunen näher am Bürger sind und in der Regel besser wissen, welche spezifischen Bedürfnisse die jeweilige Einrichtung vor Ort hat, als das Land. Dem Subsidiaritätsprinzip würde es also am besten entsprechen, die Trägerschaft der Grundschulhorte komplett an die Kommunen abzugeben. Wir als AfD-Fraktion sagen daher: Entgegen der Entscheidung der Landesregierung wäre es richtig gewesen, den Weg, den die Mehrheit der Grundschulhorte schon beschritten hat, den der kommunalen Trägerschaft, nun als verbindlich für alle festzuschreiben und im Zuge dessen natürlich auch die bisherigen Nachteile der kommunalen Trägerschaft zu beseitigen.

(Beifall AfD)

In dem Fall wäre es nötig, aber auch möglich, dass das Land die Finanzierung der Kommunalisierung der Grundschulhorte übernimmt, sodass den Kommunen keine weiteren Kosten entstehen. Die kommunal angestellten Erzieherinnen sind bislang häufiger mit höheren Stellenanteilen von bis zu 80 Prozent angestellt im Gegensatz zu den vom Land angestellten Erzieherinnen, die in der Regel nur mit halben Stellen angestellt sind. Wichtig und richtig wäre es, diese Anstellung von bis zu 80 Prozent auch auf die jetzigen Landesbediensteten zu übertragen. Wenn in Zukunft stattdessen nach der Entscheidung der Landesregierung wieder das Land

Träger aller Grundschulhorte wird, ist der umgekehrte Weg zu befürchten, nämlich der, dass die Beschäftigungsverhältnisse runtergestuft werden, weil die Landesregierung mal wieder an der falschen Stelle spart. Und das Sparen auf dem Rücken von Kindern und Erziehern lehnen wir als AfD-Fraktion ab.

(Beifall AfD)

Eine Rolle spielt natürlich auch, dass die Landesregierung diese Entscheidung erst jetzt – also ein halbes Jahr, bevor die Neuregelungen eintreten sollen – getroffen hat und nicht schon viel früher. Der Landkreistag beispielsweise hat schon im Juni 2015 eine Einigung gefordert, und das nicht ohne Grund, denn Planungssicherheit hätte schon viel früher hergestellt werden können und müssen – oder bei den Zuständen in der Koalition vielleicht auch nicht hergestellt werden können, aber müssen.

Und wenn Sie, Frau Ministerin Klaubert, sich, wie ich der TLZ entnommen habe, freuen, dass sich jetzt niemand mehr Sorgen machen muss, „dass“ – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis – „das Thema im Zuge der Gebietsreformdiskussion wieder auf den Prüfstand kommt“, dann wirkt das doch reichlich realitätsfern, denn mit der Rücknahme der Horte zum Land werden zwar die Erzieherinnen in Thüringen wieder einheitlich bezahlt, aber auf welchem Niveau und zu welchen Regeln, das ist eine Frage, die zum jetzigen Zeitpunkt für die Erzieherinnen noch gar nicht geklärt ist. Genau das hat Herr Wolf in seiner Rede ja auch bestätigt.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Alles falsch!)

Zum jetzigen Zeitpunkt machen sich die Erzieherinnen also weniger um die Gebietsreform – wann immer sie sein mag und wie immer sie aussehen soll – Sorgen, sie machen sich jetzt um ihre weitere Anstellung in naher Zukunft, um ihren Beschäftigungsumfang und um ihr Gehalt Sorgen. Und genau das sind existenzielle Sorgen. Diese Sorgen kann ich gut verstehen und deswegen noch mal: Das Sparen auf dem Rücken von Kindern und Erzieherinnen lehnen wir als AfD-Fraktion ab.

(Beifall AfD)

Bezeichnend für die rot-rot-grüne Landesregierung ist auch, dass laut dem Vorsitzenden des Thüringer Lehrerverbands, Herrn Rolf Busch, die Entscheidung der Landesregierung den Erzieherinnen nicht direkt mitgeteilt wurde, sondern die Erzieherinnen jedes Mal zuerst aus der Presse davon erfahren mussten. Und, Herr Wolf, ich muss mich schon sehr wundern, dass Sie sich hier über gesteuerte Informationen aufregen und einen CDU-Antrag brauchen, um sich im Plenum überhaupt dazu auszulassen. Wenn Sie als regierungstragende Fraktion und Sie, Frau Ministerin Klaubert, als Vertrete

rin der Landesregierung, nicht in der Lage sind, die Erzieherinnen zu informieren, dann ist das doch in erster Linie Ihr Fehler und kein anderer.

(Beifall AfD)

Um nicht zu sagen: Der Umgang der Landesregierung mit den Betroffenen ist unterirdisch.

Das Agieren der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen wirkt ohnehin wirr und planlos. Wir haben das heute bei Herrn Wolf live erleben können. Im Juni des letzten Jahres berichtete die TLZ, Ministerpräsident Ramelow und Bildungsministerin Birgit Klaubert wollten beide, dass die Horte zunächst weiter in kommunaler Regie bleiben sollen. Die derzeitige Regelung würde noch einmal bis 2018 verlängert werden. Die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Marion Rosin, ließ im gleichen Artikel mitteilen, man solle die Entscheidung nicht auf die lange Bank schieben und die Betroffenen wollten – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis – „keinen Transfer der Hortnerinnen in eine dubiose Beschäftigungsanstalt des Landes, wie sie manchem unserer Koalitionspartner vorschwebt.“ Ein halbes Jahr später kann man feststellen, dass die Betroffenen zwar nicht frühzeitig informiert wurden, aber jetzt trotzdem alles ganz anders ist als die Bildungsministerin und der Ministerpräsident damals noch mitgeteilt haben. Die Erzieherinnen werden nun alle vom Land angestellt, dort, wo die bildungspolitische Sprecherin der SPD als Teil der Koalition eine dubiose Beschäftigungsanstalt vermutet. Wie soll der Bürger denn da noch Vertrauen in die Landesregierung haben?

(Beifall AfD)

Ich möchte auch ganz deutlich sagen: Diese Arbeit fällt nicht nur negativ auf die Landesregierung als Institution zurück, sondern auch auf die Funktionsträger, die unser Land ruinieren.

Auch die CDU muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie offenbar weder Regierung noch Opposition richtig kann. Der CDU-Antrag hat nicht nur das Ziel, die Entscheidung der Landesregierung, alle Horte in die Trägerschaft des Landes zurückzugeben, teilweise wieder aufzuheben, sondern er sagt auch: Die Schulträger, die das „wünschen“, sollen die Horte dauerhaft in ihrer Trägerschaft „behalten“ oder sie in ihre Trägerschaft „übernehmen“ können. Das hätte zur Folge, dass landesweit weiterhin zwei Systeme parallel nebeneinander herlaufen würden. Weiterhin unterschiedliche Einstellungs- und Arbeitsbedingungen für die Erzieherinnen wären die Folge. Und was das Wichtigste ist: Die Erzieherinnen wüssten weiterhin nicht über ihre berufliche Zukunft Bescheid, denn die Frage ist, was „dauerhafte Übernahme“ sein soll, da ja alle in Perioden der Wahlen denken und nicht in Generationen. Sollen das zwei Jahre, fünf Jahre, zehn Jahre sein oder für immer? So wie Ihr Antrag jetzt for

muliert ist, bietet er keine Lösung, er manifestiert nur die Probleme, die durch den Modellversuch entstanden sind.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Welche Probleme denn?)

Den Grund, warum Sie als CDU den Antrag stellen, verorte ich weniger im politischen Bereich als im parteipolitischen Gezänke zwischen CDU und SPD. Der Sinn, der tatsächlich hinter diesem Antrag steht, ist, dass die CDU jetzt mal wieder erzählen kann, dass die SPD bei ihr viel besser aufgehoben wäre.

(Beifall AfD)

Abgesehen davon, dass die Wahrheit ist, dass sich die CDU-Fraktion in vielen Dingen bei Linken, Grünen und SPD ohnehin ganz wohlfühlt – womit wir mal wieder beim Thüringer Einerlei wären –, finde ich nicht, dass so ein wichtiges Thema wie die Zukunft der Schulhorte für parteipolitisches Gezänke missbraucht werden sollte.

Als Beitrag zu sinnvoller Oppositionsarbeit ist der Antrag der CDU offenbar gescheitert. Was ist aber mit der Regierungsarbeit der CDU? Auch die hat die CDU ganz offensichtlich nicht richtig hinbekommen. 2008 hat das Modellprojekt begonnen. Mit Ablauf des Projekts im Juli 2012 haben sich – laut Ihrem eigenen Antrag übrigens – alle beteiligen Träger positiv über das Modellprojekt geäußert. Alle haben sich positiv geäußert, aber die CDU-Regierung hat vor der Wahl nicht den Mut gehabt, sichere Verhältnisse zu schaffen. Die CDU hätte das Problem mit der befristeten Anstellung der Erzieherinnen durch Beendigung des Modellvorhabens schon 2012 lösen können. Den Vorschlag, den die AfD vertritt, nämlich einheitlich alle Horte in die kommunale Trägerschaft zu überführen, hätte die CDU im Interesse der Erzieherinnen und im Interesse der subsidiären Gestaltung unseres Landes bereits 2012 durchsetzen können.

Ziel- und lösungsorientierte Arbeit sieht anders aus und es wird Sie nicht überraschen, dass wir Ihrem Antrag aus den genannten Gründen nicht zustimmen können. Danke.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Abgeordnete Rothe-Beinlich zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne und liebe Zuschauerinnen und Zuschauer am Livestream! Es geht heute um die Zukunft der Thüringer

(Abg. Muhsal)

Grundschulhorte in Thüringen. Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, zuallererst allen Erzieherinnen und Erziehern, allen, die in den Horten tätig sind, auch allen Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern ganz herzlich für ihre Arbeit zu danken. Denn sie ist wichtig, sie passiert täglich

(Beifall DIE LINKE)

und sie passiert in sehr hoher Qualität und das ist auch gut so, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall DIE LINKE)

Leider ist das wieder so eine Debatte, die eher Zwietracht sät, als darauf hinzuwirken, tatsächlich verlässliche Bedingungen zu schaffen. Ich habe mich wirklich gefragt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, warum Sie diesen Antrag hier so stellen, weil Sie so tun, als würde plötzlich eine völlig neue Situation über uns hereinbrechen. Alle, die sich ein bisschen mit der Thematik auskennen, wissen, dass das Modellprojekt zum 31. Juli dieses Jahres endet. Alle wussten auch, dass es dann Anschlussmöglichkeiten geben muss. Wir haben lange und intensiv diskutiert, wie das gelingen kann. Es ist hier schon dargestellt worden – da muss ich nicht noch einmal die ganzen Daten wiederholen –, dass dieses Modellprojekt bereits einmal verlängert wurde. Und jede und jeder, der sich mit Arbeitsrecht ein wenig auskennt, weiß: Hätte es jetzt einfach eine erneute Verlängerung gegeben, hätte dies den Zustand festgeschrieben, so wie er jetzt ist, und der kann uns leider nicht vollumfänglich befriedigen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Denn es ist nun mal so, dass sich die Welt nicht immer nur schwarz oder weiß darstellt, und das ist sehr gut im Evaluationsbericht zu den Grundschulhorten abzulesen, der ja vorliegt und aus dem spannende Dinge hervorgehen, zumindest wenn man sich intensiver damit befasst. Es ist nämlich mitnichten so, dass man aus diesem Evaluationsbericht lesen könnte, dass die Trägerschaft der Horte darüber entscheidet, ob dort gute Arbeit geleistet wird. Es stellt sich sehr unterschiedlich in den Kommunen dar. Es gibt unheimlich gute Grundschulhorte, die in kommunaler Trägerschaft sind; es gibt aber auch weniger gute in kommunaler Trägerschaft und genauso ist das mit Horten in der Trägerschaft des Landes, meine sehr geehrten Damen und Herren. Man muss bereit sein, da differenziert hinzuschauen. Wir haben ein sehr viel stärkeres Stadt-Land-Gefälle, was wir bei der Qualität der Horte beobachten können. Das hat sicherlich auch mit Entfernungen zu tun, dass Kinder beispielsweise weitere Wege zu den Schulen zurücklegen müssen, und mit dem Vorhandensein unterschiedlichster Vereine etc., die sich vor Ort einbringen können. Da wundert es natürlich wenig, dass es in Jena beispielsweise – das Beispiel muss man hier benennen, weil es tatsächlich herausragend ist –

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Thüringen ist ja nicht nur Jena!)

Ich rede von Jena beispielsweise, warten Sie es doch mal ab! – eine sehr gelungene Kooperation im Sinne von kommunalen Bildungslandschaften gegeben hat, weil dort ganz viele Anbieter da sind, weil dort ganz viele Träger sind und weil wir in Jena zudem eine Besonderheit haben, die auf das Land sonst nicht zutrifft: Wir haben in Jena nämlich auch kommunale Schulen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Das gibt es auch in anderen Städten!)

Dass dort natürlich ein solches Zusammenspiel sehr viel besser funktioniert hat als vielleicht manchmal auf dem flachen Land, ist auch klar.

(Unruhe CDU)

Ich will aber auch sagen: Auch beispielsweise im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt oder im Unstrut-Hainich-Kreis oder in Weimar, um noch ein Beispiel in einer Stadt zu benennen, gab es sehr gute Erfahrungen mit dem Modellprojekt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir verschließen überhaupt nicht die Augen davor, sondern wir schauen, wie man die guten Errungenschaften, wie man die gute Arbeit tatsächlich auch gelingend vor Ort fortsetzen kann. Da war die Landesregierung vor die Aufgabe gestellt, sich zu entscheiden. Das Entscheidende ist, glaube ich, das Signal, was tatsächlich nach der Beratung des Koalitionsausschusses an alle gegangen ist, nämlich dass alle Erzieherinnen und Erzieher – so heißen sie im Übrigen, das ist die korrekte Berufsbezeichnung, auch wenn sie an Horten tätig sind – ein Angebot erhalten – Ministerin Klaubert hat es sogar so formuliert –, ein Angebot, das sie nicht schlechterstellt. Das Bildungsministerium wird jetzt vorlegen müssen – ja, das ist so. Das wird auch sehr bald passieren müssen, aber daran werden wir uns messen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren,