Eine umfassende europaweite Schranke für intelligente Texte und Datenanalysen würde beispielsweise Forscherinnen und Bildungsinstitutionen erlauben, auf modernste Weise zu forschen, und die freie Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen, welche mindestens zu 50 Prozent öffentlich finanziert wurden, ließen alle an den gemeinsamen Investitionen teilhaben. Das EU-Parlament fordert die Abschaffung des speziellen Urheberrechts auf Datenbanken, das einer Studie zufolge keinen Ausgleich zwischen den kommerziellen Interessen von Datenbankproduzenten und öffentlichen Interessen der Gesellschaft als Ganzes schafft. Auch davon würden beispielsweise Thüringer Bibliotheken, Museen und Archive profitieren.
Bei marktwirtschaftlichen Lösungen müssen Gesetze dafür sorgen, dass neue Technologien und neue Geschäftsmodelle Grundrechte nicht gefährden sowie Arbeiterinnen und Arbeiter stärken, statt sie austauschbar zu machen. Regulierung darf nicht von der Industrie missbraucht werden, um Innovation zu verhindern. Wenn die Kommission und das Parlament über Internetplattformen sprechen, dann reden sie von ausländischen Giganten, die sich ungerechtfertigt an der europäischen Kulturindustrie bereichern. Sie wollen, dass Plattformen neue Abgaben zahlen und neue Rechte klären müssen und dafür eingespannt werden, die Interessen der Kulturindustrie durchzusetzen. Bei näherer Betrachtung stellt sich jedoch oft heraus, dass weniger die Kulturschaffenden an sich vom Internet bedroht werden als vielmehr althergebrachte Geschäftsmodelle. Das EU-Parlament stellt im Bericht zum Urheberrecht infrage, ob der Begriff der Internetplattform überhaupt treffsicher definierbar ist. Es warnt davor, dass durch neue Pflichten für Internetdienste alte Geschäftsmodelle querfinanziert und Start-ups Markteintritte erschwert werden.
All das klingt vielleicht ein bisschen technisch, aber das ist das, was uns im Alltäglichen betrifft; das ist das, womit wir momentan alltäglich umgehen. Und das werden wir nicht auf irgendwelchen nationalstaatlichen Ebenen, das werden wir auch nicht auf Thüringer Ebene lösen, aber wir müssen uns dafür einsetzen, dass wir Einfluss darauf nehmen, wie es denn auf EU-Ebene am Ende tatsächlich kommt. Wer der Meinung ist, dass man das runterbrechen könnte und dass man das irgendwie anders lösen könnte, der wird am Ende keine Lösung für diese Probleme finden.
Ich will noch ein paar Sachen zu TTIP sagen. Uns Grünen wird ja an ganz vielen Stellen unterstellt, dass wir einfach gegen TTIP sind, dass wir gegen Freihandelsabkommen sind. Das ist einfach schlicht und ergreifend nicht wahr. Wir halten Freihandelsabkommen ganz grundsätzlich für ein wich
tiges Instrument. Was wir infrage stellen, ist erstens, ob bilaterale Freihandelsabkommen in einer globalisierten Welt tatsächlich noch zielführend sind, insbesondere dann, wenn sie Staaten in Afrika massiv benachteiligen. Zweitens stellen wir infrage, ob der Prozess zu den TTIP-Verhandlungen auch nur im Ansatz tatsächlich sinnvoll und richtig ist, geschweige denn, dass er transparent ist. Ich glaube, da sind wir uns alle einig, dass er das nicht war und das er das auch immer noch nicht ist.
Wenn wir überlegen, dass nur eine massive Bürgerinnen- und Bürgerbewegung es geschafft hat, überhaupt zu dem Punkt zu kommen, an dem wir jetzt sind, dass also einige Abgeordnete in einem Raum ein paar Sachen lesen dürfen, aber nicht darüber reden dürfen – allein dafür brauchte es massive Anstrengungen vieler europäischer Bürgerinnen und Bürger, um das zu erreichen –, dann frage ich mich ernsthaft, Frau Walsmann, wie Sie sagen können, es ist doch jetzt alles dufte und sie müssen da ja nur hinfahren und das ein bisschen lesen. Nein, so einfach ist es nicht.
Und das, was Sie als CDU gemacht haben, war, von Anfang an zu sagen, dass TTIP super ist. Da wussten Sie ja noch nicht einmal, was drinsteht, oder Sie sind vielleicht an geheimen Verhandlungen beteiligt, die ich nicht kenne. Aber Sie haben sich garantiert nicht die kritischen Fragen gestellt, die sich andere an dieser Stelle gestellt haben. Ich finde, jetzt zu sagen, jetzt muss man doch da mal zu Potte kommen, weil da irgendwie ein paar Leute was lesen dürfen – nein, ich finde, so einfach kann man es sich nicht machen. Wir haben als Grüne relativ frühzeitig gefordert, dass die TTIP-Verhandlungen abgebrochen und neu aufgerollt werden. Niemand will ein Freihandelsabkommen mit der USA verhindern, darum geht es nicht. Wir wollen einfach nur, dass die Menschen wissen, worum es da eigentlich geht und was auf sie zukommt, und dass man darauf Einfluss nehmen kann.
Solange wir nämlich solche Verhandlungen führen, müssen wir uns nicht darüber wundern, dass die Menschen die EU undemokratisch empfinden und sich darüber aufregen, dass sie keine Glühbirnen mehr bekommen und die Gurken gerade sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist mehrfach gesagt worden und ich will es auch noch mal betonen: Es ist überhaupt nicht verkehrt, Kritik an der Europäischen Union, Kritik an den Institutionen zu üben. Es ist nur die Frage, erstens, wie man das tut, und zweitens, in welcher Komplexität man es tut. Ich glaube nicht, dass wir uns die Einfachheit leisten können zu sagen: Wir schaffen den Euro ab,
wir machen unsere Grenzen dicht, wir schaffen das Grundrecht auf Asyl ab und dann ist alles wieder gut. So einfach ist es nicht, die Uhr hat sich weitergedreht. Leute, die so argumentieren, leben, glaube ich, noch irgendwie im 19. Jahrhundert, sind dort verhaftet und sind schlicht und ergreifend noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Die Antwort auf die Herausforderung, die wir haben, ist ein stärkeres Miteinander und ist ein stärkeres Miteinander in der Europäischen Union. Wir müssen die Europäische Union weiterentwickeln. Ob das eine Bundesstaatenlösung ist irgendwann mal in 50, 60, 70 Jahren, das weiß keiner. Aber wenn wir jetzt sagen, wir geben dieses Projekt auf, dann geben wir Frieden, dann geben wir Sicherheit und dann geben wir Wohlstand in Europa auf. Das muss allen klar sein. Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kollegen Abgeordnete, sehr verehrte Besucher auf der Tribüne! Frau Henfling, Sie haben die EU gerade als Friedensprojekt umschrieben. Ich sehe nicht, wo die EU in den letzten Jahren diesem Anspruch gerecht geworden ist. Gerade im Bereich der Währungsrettungspolitik und auch im Bereich der sogenannten Flüchtlingspolitik haben wir ganz augenfällige Entsolidarisierungstendenzen durch einen erzwungenen Zentralismus, die das Gegenteil von Frieden auf unserem Kontinent bewirken, nämlich zu Unfrieden geführt haben.
Herr Kollege, sehr verehrter Herr Kollege Kubitzki, ich möchte in Ihre Richtung auch noch etwas sagen, weil mich Ihre Ausführungen nicht nur irritiert haben, sondern stellenweise auch durchaus betroffen gemacht haben. Dass politische Herrschaft auf der Herrschaft der Begriffe fußt, das wissen wir und ich habe durchaus Verständnis dafür, dass man im politischen Kampf versucht, Begriffsherrschaft zu erlangen, Begriffe zu definieren, um entsprechend politische Herrschaft über den politischen Gegner zu erringen, gar keine Frage. Aber was Sie tun, wenn Sie Europa – und das haben Sie expressis verbis hier vorgebracht – und EU gleichstellen, dann begeben Sie sich auf ein Niveau, das hoffentlich nicht das Ihre ist, das zeugt von Unkenntnis ei
ner – wie gesagt – dreitausendjährigen europäischen Kulturgeschichte. Das zeugt von Unkenntnis, was die historische Entwicklung unseres Kontinents angeht, und das zeugt tatsächlich auch von einem sehr zeitgeistigen politischen Bewusstsein. Das können wir uns tatsächlich zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wo wir Visionen brauchen, nicht mehr erlauben.
Herr Kubitzki, ich möchte Ihnen nur kurz die Zahl nennen: 24 europäische Länder – das ist mehr als die Hälfte –, darunter San Marino, Island, Norwegen, die Schweiz, Ukraine, Russland, Weißrussland, sind nicht Mitglieder der EU. Sind diese Staaten keine europäischen Staaten? So meine Frage.
Mehr als die Hälfte der europäischen Staaten sind nicht Mitglieder der EU. Herr Kubitzki, gab es vor 1993 – das ist das Gründungsjahr der EU – etwa kein Europa?
Herr Kubitzki, abschließend noch eine Prognose: Europa hat eine dreitausendjährige Kulturgeschichte und Europa gab es vor 1993 auch schon. Wenn in 100 Jahren keine EU mehr da sein wird, wird Europa das auch sehr gut überlebt haben. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will jetzt hier an dieser Stelle keine Begriffsdiskussion machen,
aber wenn ich über Europa spreche, spreche ich darüber, dass die Europäische Union und der europäische Gedanke durch Menschen entstanden sind, die Visionen hatten, die gesagt haben, dass von diesem Kontinent Europa, der eine humanistische Tradition hat, der viele große Denker, Kulturschaffende hervorgebracht hat,
egal, ob die in Frankreich, in Spanien oder in Deutschland oder Komponisten wie Chopin in Polen gelebt haben, das ist Europa. Da haben sich nach dem Krieg Staaten und Völker, die einst Feinde waren, aufgemacht und haben gesagt, Europa muss gerade aufgrund seiner kulturellen Tradition ein Kontinent werden, von dem Frieden ausgeht,
vor allem darf es nicht mehr passieren, dass sich die europäischen Völker untereinander bekriegen und aufeinander schießen,
haben sich aufgemacht, ein Gebilde entstehen zu lassen, eine Gemeinschaft – jawohl, brauchen wir nicht zu verhehlen –, die zuerst wirtschaftliche Interessen gehabt hat. Immer mehr kamen auch die politischen Werte hinzu. Daraus ist die Europäische Union entstanden. Ein Prinzip der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, muss es sein, dass dieses Europa auch auf den Frieden in anderen Regionen dieser Welt Einfluss nimmt. Da gibt es noch große Reserven. Aber bei dieser Europäischen Union und diesen Staaten, die jetzt in der Europäischen Union integriert sind, muss es Visionen geben, dass Europa auch aus Russland besteht, aus Weißrussland und der Ukraine besteht. Da muss diese Wertegemeinschaft dafür sorgen, dass es den Dialog mit und eine Annäherung zu diesen Staaten gibt. Dann muss es die Vision geben, dass auch in ferner Zukunft Europa gemeinsam mit Russland und den anderen Staaten, die jetzt noch nicht Mitglieder der Europäischen Union sind, eine Sprache spricht. Das bedeutet aber, dass dann nicht nur die wirtschaftlichen Interessen das Primat haben dürfen, sondern dann müssen politische Interessen und der Wille der Menschen das Primat haben.
Das sage ich jetzt als Linker, aus Zeiten noch, die mehr als 25 Jahre zurückliegen, da hatte ein Politiker der SPD ein Prinzip entwickelt: Wandel durch Annäherung. So war es und so ist auch das jetzige Europa mit entstanden. Dieses Prinzip: Dialog, miteinander sprechen, mit den Völkern in Europa, die Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht die Interessen der Banken und der Wirtschaft – das ist meine Vision, die ich habe. Das ist meine Vision von einem Europa. Ich bin davon überzeugt, in einigen Jahren – da will ich keine Prognose abgeben – wird es auch wieder normale Verhältnisse zu Russland geben, da wird es normale Verhältnisse zur Ukraine oder zu Weißrussland geben. Was wir brauchen, ist, dass wir im Rahmen dieses Dialogs Feindbilder beseitigen, wie wir sie jetzt immer noch auf dem europäischen Kontinent haben. Davon müssen wir wegkommen, das ist für mich die Vision eines Europas. Danke.
Erstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Bauordnung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1398 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten - Drucksache 6/1859
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 28. Januar 2016 wurde der Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 6/1398 „Erstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Bauordnung“ an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten überwiesen. Der Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten hat den Gesetzentwurf in seiner 19. Sitzung am 18. Februar und in seiner 20. Sitzung am 10. März beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Angehört wurde der Gemeinde- und Städtebund und der Thüringische Landkreistag. Beide haben keine Veränderung des Gesetzentwurfs gewünscht, sodass der Ausschuss in seiner 20. Sitzung am 10. März beschlossen hat, Ihnen zu empfehlen, den Gesetzentwurf in unveränderter Form anzunehmen. Danke schön.