Protokoll der Sitzung vom 19.05.2016

mit dem Landeshaushalt nicht beschäftigen, die ihn zum Teil auch – was ich verstehe – nicht so intensiv verstehen können, durchaus wichtig, weil man dann merkt, es gibt eben nicht nur zu kritisieren, sondern es gibt auch gute, positive Entwicklungen. Ich empfehle natürlich auch, die Landesregierung vom Haushalt 2013 zu entlasten. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Damit schließe ich die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung, zunächst zur Abstimmung zum Antrag der Landesregierung über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 6/2165 auf Entlastung für das Haushaltsjahr 2013. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind Stimmen aus allen Fraktionen. Gegenstimmen? Enthaltungen? Aus der AfD-Fraktion. Gut, damit angenommen.

Wir kommen dann zur Abstimmung zum Antrag des Thüringer Rechnungshofs, und zwar über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 6/2165 zum Antrag des Rechnungshofs auf Entlastung für das Haushaltsjahr 2013. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Zustimmung aus den Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion. Gegenstimmen? Enthaltungen? Aus der AfD-Fraktion. Vielen Dank. Damit auch das mit Mehrheit angenommen.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Qualität in der Pflege absichern – Weiterentwicklung des Thüringer Pflegepakts hier: Nummer III Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 6/371 dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Arbeit und Gesundheit - Drucksache 6/2033

dazu: Alternativantrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Drucksache 6/2005

Das Wort hat Frau Abgeordnete Jung aus dem Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zur Berichterstattung. Bitte, Frau Jung.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, durch Beschluss des

Landtags in seiner 11. Plenarsitzung vom 27. März 2015 wurde der Antrag der CDU-Fraktion „Qualität in der Pflege absichern – Weiterentwicklung des Thüringer Pflegepakts“ in der Drucksache 6/371 und hier die Nummer III, an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen.

Entschuldigung, Frau Jung. Liebe Kollegen aus der CDU-Fraktion, es wäre schön, wenn Sie der Berichterstattung etwas mehr Raum ließen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir sind extra alle reingekommen wegen Frau Jung!)

Das ist schön. Das freut mich sehr.

Zuhören ist noch schöner!

Sehr geehrter Herr Mohring, ich spreche auch gern über die Arbeit des Sozialausschusses hier. Der Ausschuss hat in seiner 6. Sitzung am 23. April 2015, in seiner 10. Sitzung am 3. September 2015, in seiner 12. Sitzung am 29. Oktober 2015, in seiner 16. Sitzung am 18. Februar 2016 und in seiner 18. Sitzung am 14. April 2016 beraten. In seiner Sitzung am 29. Oktober 2015 hat der Ausschuss eine mündliche Anhörung durchgeführt mit einem umfangreichen Fragenkatalog. 23 Anzuhörende haben ihre Stellungnahmen abgegeben, fünf haben an der Anhörung nicht teilgenommen. Mithilfe der Landtagsverwaltung wurde eine Synopse erstellt – dafür bedanken sich die Mitglieder des Ausschusses noch mal sehr herzlich – und es wurde eine umfangreiche Auswertung der Anhörung vorgenommen. Am 13.04.2016 gab es im Ergebnis der Anhörung den Alternativantrag der Fraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/2005. Am 14.04.2016 hat der Sozialausschuss in Drucksache 6/2033 die Ablehnung der Nummer III des Antrags der CDU-Fraktion empfohlen. Ich bedanke mich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Jung. Damit eröffne ich die Aussprache und ich würde zunächst Herrn Abgeordneten Thamm für die CDU-Fraktion das Wort geben.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Antrag der CDU „Qualität

(Ministerin Taubert)

in der Pflege absichern – Weiterentwicklung des Thüringer Pflegepakts“ vom 18.03.2015 ist zurück mit dem Alternativantrag der regierungstragenden Fraktionen von Rot-Rot-Grün vom 13.04. Wir sind im Ausschuss sicherlich übereingekommen, dass die Herausforderungen, die die Pflege in der Zukunft an die Gesellschaft, die Pflegeeinrichtungen und die Familien stellen wird – da sind wir uns einig – enorm sind. Sie wird nicht nur eine physische Belastung für den einzelnen zu Pflegenden werden, sondern auch vor allem für die Pflegenden, die sie im Kreis der Familie oder in der Einrichtung durchführen.

(Beifall CDU)

Die Pflege wird vielmehr auch zu einer Herausforderung für den Arbeitsmarkt, so wie sie zu einer wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderung wird, der wir uns gemeinsam stellen müssen. Der Antrag der CDU-Fraktion ging vor einem Jahr im Grundgedanken davon aus, die Auswertung des Pflegepakts 2012 vorzunehmen. Die Regierung sollte hier berichten, welche Erfolge es gibt, aber auch über die bisher nicht umgesetzten Ziele des Pflegepakts informieren.

Lassen Sie mich die drei Punkte im Wesentlichen wiederholen: Es waren die höhere gesellschaftliche Akzeptanz als Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bessere Rahmen- und Beschäftigungsbedingungen in der Altenpflege und die Verbesserung der Personal- und Nachwuchsgewinnung und Qualifizierung.

In der Anhörung – wie es die Kollegin Jung schon sagte – wurden viele wichtige Punkte erörtert, hinterfragt und auch dargelegt. Lassen Sie mich auf einige eingehen: Die Fachkräftegewinnung in Thüringen – in diesem Punkt sind sich alle einig –, die Zahl der in der Pflege beschäftigten Fach- und Hilfskräfte hat in Thüringen in den letzten Jahren zugenommen. Laut einem Pressebericht vom 11. und 13.05. – vorletzter Woche – in der „Thüringer Allgemeine“ sind in Thüringen in den letzten Jahren 2.000 neue Beschäftigungsverhältnisse hinzugekommen, wenngleich auch im selben Pressebericht ein Fehlbetrag von 4.500 Pflegekräften für die nächsten Jahre prognostiziert wird. Die positive Entwicklung der Zahl der Beschäftigten in den letzten Jahren in unseren Pflegeeinrichtungen wurde auch in der Anhörung bestätigt. So sagte der bpa – Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V., Landesgeschäftsstelle Thüringen: „In Wirklichkeit sei die Pflegebranche in Thüringen ein Jobmotor: Die Zahl der Arbeitsplätze habe sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt […].“

In der Pflege sind circa 60.000 Arbeitnehmer tätig und in der gesamten Sozialwirtschaft circa 100.000.

Ein weiterer Anzuhörender sagte, das Problem sei nicht aus einem Rückgang an Fachkräften, sondern

an einem Anstieg der Nachfrage heraus entstanden. Nur für die zukünftig steigenden Zahlen seien nicht genügend Fachkräfte vorhanden. In diesen zwei Aussagen wird der Grund für den hohen Bedarf an Arbeitnehmern in der Pflege deutlich. Der demografische Wandel in der Gesellschaft ist die Herausforderung – auch hier –, der wir uns stellen müssen.

Ein in der jüngeren Vergangenheit immer wieder angeführter Ansatz für die Lösung des Fachkräfteproblems in der Pflege war die Integration ausländischer Arbeitnehmer. Nur ein Satz dazu. Wir unterstützen natürlich die Integration dieser Menschen auch in diesen Bereich des Arbeitsmarkts. Aber sie können nur eine Ergänzung und nicht die Lösung des Problems sein.

(Beifall CDU)

Hier wird ebenfalls das neue Pflegeberufsgesetz – das war ein weiterer großer Punkt, der beraten worden ist –, welches auf Bundesebene in Vorbereitung ist, einen wichtigen Baustein darstellen. Die Generalisierung der Ausbildung ist eines der umstrittensten Vorhaben für die Branche in diesem Gesetz. Während es die einen nicht zuletzt als eine gute Chance für den Auszubildenden sehen, in seinem Berufsfeld breiter aufgestellt zu sein, sieht die Altenpflege darin eine große Gefahr für die Fachkräfteabwanderung in die Kranken- und Kinderpflege. Sie sieht auch die fachlich tiefgründige Ausbildung in Gefahr.

Noch ist das Gesetz in der parlamentarischen Vorbereitung und Diskussion. Es müssen noch Inhalte, Dauer und Struktur der Ausbildung festgelegt werden. Es darf allerdings nicht passieren, dass es zukünftig in der Pflege zu Verschiebungen zugunsten einzelner Bereiche im Berufsbild kommt bzw. die Ausbildung dazu führt, dass einzelne Pflegebereiche – und hier spreche ich besonders die Altenpflege an – einen Mangel in der Fachkräftebeschäftigung erleiden. Die fachspezifische Ausbildung muss so gestaltet werden, dass sowohl der Auszubildende als auch der Träger Sicherheit über den weiteren Berufsweg seiner Angestellten und Mitarbeiter hat. Weiterhin muss auch in Zukunft die berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung von der Pflegehilfskraft zur Pflegefachkraft möglich sein. Dazu hat die Bundesregierung erst die Förderung der berufsbegleitenden Ausbildung bis 2017 verlängert und damit den Quereinsteigern eine Perspektive gegeben, sich im Pflegeberuf weiterzuentwickeln. Dies sollte auch für die Zukunft ein Weg für die Pflegebranche sein, um den Personalbedarf zu decken.

Damit eng verbunden ist natürlich die angemessene Bezahlung der Hilfs- und Fachkräfte. Hier hat die Einführung des Mindestlohns schon eine gute Voraussetzung gebracht und das Fundament für eine faire Bezahlung gelegt. So verdient 2016 eine

Pflegekraft 9 Euro pro Stunde und ab 2017 9,50 Euro pro Stunde im Osten. Es ist natürlich auf Dauer auch nicht nachvollziehbar, dass ein Mitarbeiter in der Altenpflege in Thüringen circa 600 Euro weniger verdient als ein Mitarbeiter in Hessen oder auch in der Kranken- und Kinderpflege.

(Beifall CDU, DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber man muss den Fachkräftemangel und die Bezahlung der Beschäftigten im Gesamten betrachten. Das eine bedingt das andere. Momentan fehlen uns aber eher die Menschen, um die in der Altenpflege nötigen Arbeitsplätze zu besetzen.

In der Bezahlung der Pflegekräfte spielen auch die Pflegesätze eine wichtige Rolle. Diese Pflegesätze werden zwar seitens der Pflegekassen und Sozialhilfeträger mit den Einrichtungen verhandelt, aber höhere Sätze müssen zu 100 Prozent von den Pflegenden getragen werden. Über diese Mehrkosten und wer diese tragen wird, wäre eine offene und ehrliche Diskussion notwendig, wenn man auf der einen Seite natürlich die gute Bezahlung der Fachkräfte fordert. Hier bedarf es der Aufklärung und Information der Betroffenen.

Die Pflegekassen als Verhandlungspartner, als Patientenvertreter sind der Sparsamkeit verpflichtet und müssen die Kosten im Auge behalten. Aber sie müssen auch die Qualität der Pflege mit beachten. Diese kann nur mit gut bezahltem und motiviertem Personal in den Einrichtungen und ambulanten Diensten umgesetzt werden.

(Beifall CDU)

Wir haben dazu in der Anhörung auch sehr kritische Meinungen für einen Branchentarifvertrag vernehmen dürfen. So sagten die LIGA, der Paritätische und der Caritas-Verband, ich zitiere: „Ein Branchentarifvertrag ist aus unserer Sicht nicht adäquat und wird nicht angestrebt.“ Die meisten Anzuhörenden zahlen bereits in Anlehnung an einen Tarifvertrag. Aus meiner Sicht wird sich die angemessene Entlohnung aber durch Angebot und Nachfrage der Arbeitskräfte auf dem Sozialwirtschaftsmarkt regulieren. Ein Eingreifen durch die Politik sehen wir hier nicht als notwendig an,

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Kann sie auch gar nicht!)

denn wenn sich die Politik für eine Branche und einen Bereich der Gesellschaft und Wirtschaft – wie hier die Pflege – starkmacht, was machen wir dann mit den anderen Verbänden und Vereinigungen, die heute auch über einen Fachkräftemangel klagen. Sollen wir uns als Politiker auch hier einmischen und anfangen zu regulieren? Wir sagen Nein.

(Beifall CDU)

Es gibt die Tarifautonomie und Tarifpartner, welche für die Ausgestaltung der Arbeit und damit auch für die Bezahlung ihrer Beschäftigten verantwortlich sind. Dies tun sie verantwortungsvoll und auch hier wird sich die Entlohnung dem Markt entsprechend gestalten. Dies ist erfahrungsgemäß in allen Branchen so. Hier müssen sich Partner auf Augenhöhe treffen, dies ausverhandeln und dazu gehört es auch, dass sich nicht nur die Arbeitgeber, sondern auch die Arbeitnehmer organisieren und für ihre Interessen einsetzen. Und da gehört die Landesregierung aus unserer Sicht nicht an den Tisch.

Auch das Image der Pflegeberufe hängt zu einem nicht unerheblichen Teil von der Bezahlung ab. Aber auch die Darstellung des Berufsfeldes der Pflege in der öffentlichen Wahrnehmung muss dringend weiter verbessert werden. Durch Kampagnen der Verbände, der Pflegeschulen und der öffentlichen Einrichtungen, wie beispielsweise der Agentur für Arbeit, kann für den Beruf der Pflege geworben werden. Auch kann der Tag der Pflege, den Sie im Antrag ansprechen, nur ein kleiner Baustein dabei sein, den Pflegeberuf aufzuwerten. Der Beruf ist sicher heute noch körperlich anstrengend, aber dank moderner Hilfsgeräte wird die Pflegekraft inzwischen bei vielen Arbeitsschritten entlastet. Der Pflegeberuf ist durchaus anspruchsvoll, aber in seiner Vielseitigkeit auch interessant. Er verlangt von den Pflegenden ein hohes Maß an Wissen und die Bereitschaft zum ständigen Lernen. Dies sollte der Gesellschaft und den einzelnen Menschen zum Beruf der Pflege bewusst sein und beworben werden, damit die Akzeptanz der Menschen weiter ausgebaut wird. Die Familienfreundlichkeit war ebenfalls ein angestrebtes Ziel des Pflegepaktes aufgrund der meist jungen Frauen und auch jetzt verstärkt jungen Männer, die in der Pflege tätig sind oder auch für einen Pflegeberuf geworben werden sollen. Bei vielen Gesprächen, die meine Kolleginnen und Kollegen und ich in den Einrichtungen geführt haben, war das immer wieder ein wichtiges Thema. Auch hier gilt natürlich das Miteinander in der Einrichtung und wie man miteinander auf Augenhöhe umgeht. Die meisten Einrichtungen gehen auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein und versuchen, durch gutes Zeit- und Schichtmanagement die Interessen der Mitarbeiter und der Einrichtung gemeinsam zu gestalten. Sogar Kinderbetreuung im Haus wird durch einzelne Einrichtungen ermöglicht – so unsere Erfahrung aus Gesprächen mit Beschäftigten und Hausleitungen.

Ein wichtiger Punkt, der in der Anhörung zum Tragen gekommen ist, ist der ländliche Raum. Hier wurde bisher zu wenig ein Schwerpunkt auf die Zukunft gelegt. Hier muss die Betreuung der Betroffenen im ländlichen Raum stärker vorangetrieben werden.

(Beifall CDU)

Hier ist es an der Zeit, für Betroffene und Akteure klare Aussagen über die Stärkung der ambulanten Versorgungsstrukturen zu treffen; die Sicherung flächendeckender stationärer Versorgungseinrichtungen und eine Vernetzung mit den anderen Gesundheitsbereichen ist hier nötig.

Zusammenfassend kann man sagen: Die Pflegebranche ist ein Wirtschaftsfaktor für die Zukunft, der zunehmend gesamtgesellschaftliche Bedeutung gewinnt. Durch den demografischen Wandel auf der einen und die ständig steigenden Kosten auf der anderen Seite wird es eine Herausforderung für den Einzelnen, die Familien und die Gesellschaft sein.

Wir fordern die Landesregierung im Sinne des Pflegepakts 2012 auf, sich weiter für die Pflege starkzumachen, für diese zu werben. Dadurch kann das Image gestärkt werden, damit sich im Wettbewerb mit anderen Berufen auf dem freien Arbeitsmarkt mehr Arbeitnehmer für den Pflegeberuf entscheiden.

(Beifall CDU)

Die Bezahlung im Pflegebereich muss dem gerecht werden, was die Mitarbeiter täglich im Berufsleben leisten. Wir bitten daher um Zustimmung zu unserem Antrag.