Protokoll der Sitzung vom 22.06.2016

Nichts, was den Schulen tatsächlich helfen würde, ist Realität geworden. Sie basteln an Dutzenden von Gesellenstücken, aber nicht ein einziges Gesellenstück ist Rot-Rot-Grün bisher gelungen. Das Bildungsfreistellungsgesetz sollte Ihr erstes Gesel

lenstück werden. Bis heute fehlt es an der Umsetzung, was im Land aber niemanden groß aufregt, Gott sei Dank. Die Neuregelungen zur Finanzierung der freien Schulen führen dazu, dass die freien Schulen bei der Gewinnung neuer Lehrer mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Das Wählen ab 16 sollte der große Kracher werden; stattdessen haben Sie es verschlafen, die entsprechenden Voraussetzungen mit politischer Bildung zu schaffen, und haben es schließlich nicht einmal für nötig gehalten zu schauen, wie Ihr Vorschlag von den Betroffenen angenommen wird.

(Beifall CDU)

Das Ministerium beschäftigt sich mit ideologischen Projekten und geht nicht an die Lösung der eigentlichen Herausforderungen. Die eigentliche Herausforderung in dieser Wahlperiode ist für uns darin zu sehen, dass in den nächsten fünf Jahren in Thüringen 4.600 Lehrerinnen und Lehrer in den Ruhestand gehen werden – 4.600 Lehrer von insgesamt 17.000 Lehrern, das sind 27 Prozent aller Kolleginnen und Kollegen.

(Zwischenruf Abg. Skibbe, DIE LINKE: Jetzt wissen Sie das auf einmal!)

Das sind unsere Herausforderungen. Daran sollte man arbeiten. Das ist die Aufgabe. Was macht RotRot-Grün? Sie reduzieren die Referendarzahlen von 600 auf 500. Das ist Ihre Antwort auf diese Politik.

(Beifall CDU)

Sie planen eine Totalveränderung der Thüringer Schullandschaft mit einem inklusiven Schulgesetz, ohne zuvor die Frage nach Personal und nach mehr Sachmitteln zu klären. Sie bereiten damit Thüringen auf einen bildungspolitischen Kollaps vor.

(Beifall CDU)

Dann gilt in der Tat, was in den Lehrerzimmern schon jetzt gesprochen wird: Ein Chaos infernale vom Duo infernale.

(Beifall CDU)

Die absolute Krönung linker Bildungspolitik ist aber die Verunsicherung der Schulleiter, der Lehrer, Erzieher, Eltern und Schüler. Erst kürzen Linke, SPD und Grüne das Geld für Klassenfahrten, dann stellt sich die Staatssekretärin ins Parlament und sagt, es gebe Schulbudgets. Vier Wochen später sagt die Staatssekretärin hier im Landtag, es gebe keine Schulbudgets. 14 Tage später sagt die Staatssekretärin hier im Landtag, es gebe jetzt Schulamtsbudgets. Immer wieder neue Aussagen. Heute hat der TLV ja bekannt gegeben, dass sie es geschafft haben: Ein Viertel aller Fahrten wurde nicht genehmigt.

(Beifall CDU)

Aus reiner Motivation des Nachtretens auf alte Landesregierungen und auf ihren jetzigen Koalitionspartner beendet die Linke das erfolgreiche Hortmodell. Die Staatssekretärin verkündet, dass es allen besser gehen wird, dass keiner Einbußen haben wird und die Erzieherinnen auch nicht zum Arbeitsamt werden gehen müssen. In Wahrheit läuft die ganze Sache nur einigermaßen rund, weil sich die Kommunen im Interesse der Beschäftigten kooperativ zeigen und Ihren ideologischen Murks einigermaßen hinbiegen.

(Beifall CDU)

Ein weiteres Beispiel von Unsicherheit und Unkenntnis der schulischen Praxis: Da jagt irgendjemand ein Schreiben an Schulen raus, Hospitationen für Beförderungen noch vor den Sommerferien vorzunehmen. Dann dauert es nicht mal eine Woche und jemand anderes schickt ein Schreiben hinterher und sammelt alles wieder ein.

Ein viertes Beispiel: Da beschließt Rot-Rot-Grün, die Gebühren an den Spezialgymnasien um 30 Prozent wegen angeblich gestiegener Kosten zu erhöhen. Dann findet eine Anhörung hier in diesem Saal im Parlament statt – kein Kaffeekränzchen – und die Staatssekretärin erklärt ahnungslos, sie habe keine Zahlen und es gebe auch keine Kostensteigerungen.

Klassenfahrten, Beförderungen, Horte, freie Schulen, Berufsschulnetz, Spezialgymnasien, Landesprogramm, Verwaltungsvorschriften, Schulleiterbestellung, Schulgrößen, Stellenwandlungen, Bildungsfreistellungsgesetz, beitragsfreies Kitajahr und, und, und – überall Planlosigkeit, Ideologie und Verunsicherung: Das ist rot-rot-grüne Bildungspolitik in der Praxis.

(Beifall CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was aber das Allerschlimmste ist: Der Ministerpräsident verhindert jetzt höchst selbst eine fachliche Arbeit im Ministerium. Indem Sie nun einen Aufseher aus der Staatskanzlei ins Bildungsministerium gesetzt haben, haben Sie, Herr Ministerpräsident, den Bereich Bildung, Jugend und Sport zur absoluten Chefsache erklärt. Sie sind zukünftig, Herr Ministerpräsident, für die schlechte Amtsführung und für das zweite Schuljahr rot-rot-grüner Bildungspolitik hauptverantwortlich, denn am Ende gilt nun mal der Satz, Herr Ministerpräsident: wie der Herr, so’s Gescherr!

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Ramelow, Ministerpräsident: Das war ja großartig am Thema vorbei!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tischner. Als Nächster hat Abgeordneter Wolf für die Fraktion Die Linke das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, erst mal als Feststellung: Es steht ein Fragezeichen dahinter. Nun kann jeder hinter einem Fragezeichen das beantworten, was er sieht, was er wahrnimmt. Ja, es ist gut, dass wir uns jetzt zum Schuljahresende, lieber Kollege Tischner, auch noch mal mit dieser Thematik beschäftigen. Aber wir sollten es dann schon sachlich und wir sollten es inhaltlich machen und wir sollten es nicht marktschreierisch hier angehen, lieber Kollege Tischner. Wenn man Ihre Rede hört, wundert man sich, dass in Thüringen noch irgendeine der über 800 staatlichen Schulen jeden Morgen die Schultür aufschließt. Ich könnte Ihnen mal sagen, was ein Grund wäre – darauf gehe ich nachher noch ein –, dass die Schultüren nicht mehr aufgeschlossen werden. Das hat nämlich überwiegend mit der Politik der Vorgängerregierung, insbesondere des Finanzministers der CDU, Wolfgang Voß, zu tun, der – und das muss man hier mal feststellen, wenn Sie von Lehrermangel sprechen – damals ins Kabinett eingebracht hat – daran wird ja heute noch gearbeitet –, dass allein aufgrund von Haushaltszahlen Stellen im Schulbereich gestrichen werden sollen. Da wurde überhaupt nicht geguckt: Was ist denn überhaupt die Aufgabe von Schule? Wie ist das zu realisieren? Wir haben uns als Rot-Rot-Grün aufgemacht und haben zumindest die ersten Entscheidungen dort revidiert, indem wir Neueinstellungen tatsächlich in dem Umfang vorgenommen haben, wie es Ihre Landesregierung – die vorhergehende – nie gemacht hat. Da standen 2.500 Stellen im Koalitionsvertrag, 1.200 sind tatsächlich realisiert worden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sind doch wirkliche Baustellen. Daran arbeiten wir uns heute noch ab, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich in die Realität blicke, stelle ich fest: Ja, die Überhänge an den Schulen sind weg. Das ist eine große Herausforderung. Die Überhänge sind deswegen weg, weil immer noch über 1.000 Beschäftigte in der wohlverdienten passiven Phase der Altersteilzeit sind. Die Überhänge sind weg, weil wir sehr viele Langzeitkranke haben, aber auch Kurzzeitkranke. Das hat etwas mit der Altersstruktur zu tun. Diese Altersstruktur haben wir so übernommen. Aber wir gehen sie ganz konkret mit Neueinstellungen an, und zwar deutlich über dem, was wir vereinbart haben. Ich will noch mal daran erinnern: Zu den 1.000 Neueinstellungen, die wir bisher vorgenommen haben, kommen dieses Jahr noch mal 200 und nächstes Jahr noch mal 100 hin

zu; und dann noch die 100 DaZ-Lehrer. Das heißt, wir stellen tatsächlich das ein, was die Schulen auch brauchen, um ihren wichtigen Auftrag zu erfüllen. Wenn wir uns dann Gedanken darüber machen, woran es gelegen hat, dass über mehr als 15 Jahre de facto keine Neueinstellungen an den Thüringer Schulen vorgenommen worden sind, stelle ich fest: Es hat an der Personalpolitik der CDUAlleinregierung gelegen.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wir reden über das aktuelle Schuljahr!)

Denn es war die CDU, die damals die Verbeamtung eingeführt hat, entgegen – zum Beispiel – dem Ratschlag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die gesagt hat, dass eine Teilzeitverbeamtung nicht geht. Was ist passiert? Es kam ein Urteil; Sie mussten alle verbeamteten Lehrerinnen und Lehrer in Vollzeit einstellen bzw. beschäftigen. Dadurch gab es massive Überhänge und dadurch haben wir mittlerweile eine ganze Generationslücke. Das führt dazu – lieber Kollege Tischner, das wissen Sie auch –, dass die älteren Beschäftigten krank werden, weil sie ausbrennen. Und die ganz jungen Beschäftigten werden, weil wir ja überwiegend in einem Frauenberuf sind, entweder schwanger – die Frauen – oder die Männer gehen dann mit in Elternzeit.

(Zwischenruf Abg. Schulze, CDU: Ist das jetzt ein Vorwurf?)

Das ist doch die tatsächliche Herausforderung für die Schulen, zumindest wenn man sich mit den Schulleitern unterhält. Das tun Sie ja auch.

Was muss denn wirklich gemacht werden? Die GEW hat dazu letzte Woche eine Pressekonferenz gegeben und hat auch noch mal klargestellt: Ja, das Personalentwicklungskonzept von 2013 ist wichtig, das muss umgesetzt werden. Das heißt, es muss insbesondere an der Stelle umgesetzt werden, wo es eine echte Entlastung gibt – eine Entlastung, die schon abgestimmt ist und die auch personalrechtlich geht.

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Sagen Sie doch mal was Positives!)

Das heißt, jeder Lehrer, jede Lehrerin soll auch die Möglichkeit haben, in Teilzeit zu arbeiten. Die Stellen, die dann frei werden, werden zusammengezogen und tatsächlich neu ausgeschrieben. So kriegen wir zusätzliche junge Lehrerinnen und Lehrer an die Schulen. Das hilft uns definitiv, den schrägen Altersaufbau, für den Sie verantwortlich sind, ein Stück weit anzugehen. Ja, es hilft uns auch, den langzeiterkrankten Lehrerinnen und Lehrern eine echte Perspektive zu geben, weil es doch richtig ist: Eine Lateinlehrerin, die wir vier Tage in der Woche

in Teilzeit haben, ist eben an vier Tagen da und kann Unterricht absichern.

(Beifall DIE LINKE)

Aber wenn sie ausfällt, weil sie es nicht mehr schafft, dann, lieber Kollege Tischner, haben wir ein Problem.

Herr Wolf, kommen Sie bitte zum Ende.

Ich sehe gerade, meine Redezeit ist zu Ende.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Und nichts gesagt!)

Ich sage noch: Ja, es gibt Herausforderungen. Ja, wir gehen sie an. Lassen Sie uns im Ausschuss und hier im Plenum weiter im Sinne der Bildung diskutieren, im Sinne guter Bildung, im Sinne der Kinder und Lehrerinnen und Lehrer! Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Frau Abgeordnete Pelke für die SPDFraktion. Bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tischner, das waren ja ganz große Worte, sicherlich auch der Situation geschuldet, dass möglicherweise das eine oder andere, was in vorhergehenden Legislaturperioden gelaufen ist, Ihnen vielleicht auch nicht so ordentlich in der eigenen Fraktion weitergegeben worden ist, wie es denn war.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Wir reden doch auch über das aktuelle Schuljahr!)

Als ich die Überschrift der Aktuellen Stunde „Lehrermangel, Bürokratie und Unsicherheit“ gelesen habe, habe ich gedacht: Gut, jetzt will die Union endlich nach 20 Jahren Kultusministern hier in diesem Lande mal ein ehrliches Fazit über die Zeit ziehen, in der sie die Verantwortung im Kultusministerium getragen hat.

(Unruhe CDU)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

20 Jahre lang haben Sie Bildungspolitik hier in Thüringen verantwortet und ich muss mal sagen: Dazu passten dann zunächst auch die Begrifflichkeiten „Lehrermangel“, „Bürokratie“ und „Unsicherheit“.

Das muss ich an dieser Stelle mal ganz deutlich sagen.