Protokoll der Sitzung vom 22.06.2016

Das muss ich an dieser Stelle mal ganz deutlich sagen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber der Blick auf den zweiten Teil Ihrer Aktuellen Stunde zeigt, dass diese Bereitschaft zur Selbstkritik dann eigentlich doch noch nicht vorhanden ist. Denn jetzt geht es einfach mal darum, kurz vor den Ferien noch mal zu benoten und der Regierungskoalition ein schlechtes Zeugnis für ihre Bildungspolitik zu erteilen. Deswegen möchte ich bei der jetzigen Opposition gern noch mal in Erinnerung rufen, was die CDU bislang in der Bildungspolitik unter anderem mit auf den Weg gebracht hat. Insbesondere in den Jahren – und dazu müssen Sie einfach dann auch mal stehen und müssen sich Ihrer Verantwortung stellen – 2000 bis 2009 haben Sie in alleiniger Regierungsverantwortung 8.900 Lehrerstellen regelrecht weggeputzt. Das muss man einfach mal zur Kenntnis nehmen. Und zwar haben Sie diese 8.900 Lehrerstellen wegrationalisiert, ohne jede Rücksicht auf langfristige, schulartspezifische, unterrichtsfachbezogene oder regionale Personalbedarfe. Das CDU-geführte Kultusministerium hat in diesem Jahr nicht einmal ein Personalentwicklungskonzept sein Eigen genannt, um im Hinblick auf Unterrichtsabdeckung und die sich daraus ergebenden Bedarfe vorausschauend steuern zu können.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da wurde einfach unprofessionell gehandelt. Das muss man an dieser Stelle auch mal zugeben. Und es gab in diesen Jahren, die ich eben genannt habe, unter CDU-Kultusministern fast keine Neueinstellungen in den Schuldienst. Auch das ist ein Fakt und auch dazu muss man stehen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Weil wir nur noch die Hälfte der Kinder haben!)

Das waren eklatante Fehlentscheidungen mit insbesondere dem Resultat der, wie vorhin schon erwähnt, Überalterung der Lehrerschaft, der daraus zwangsläufig resultierenden hohen Krankenstände, über die wir heute diskutieren, und der immensen Schwierigkeiten bei der Unterrichtsabdeckung, an denen wir bis heute zu knabbern haben. Alles Themen, die Sie auch gern und oft im Bildungsausschuss diskutieren wollen.

Damit nicht genug – und das will ich an dieser Stelle auch mal sagen, weil es ein Stück nervend ist –: Es war auch die Union, die unserem damaligen Bildungsminister Christoph Matschie in der vergangenen Legislaturperiode bei jeder Gelegenheit, aber auch wirklich bei jeder Gelegenheit Knüppel zwischen die Beine geworfen hat.

(Unruhe CDU)

(Abg. Wolf)

Ja, das war auch in einer wunderschönen Zusammenarbeit zwischen Rot und Schwarz so, das muss man mal deutlich sagen, dass genau so verfahren worden ist.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Den Einstellungskorridor für Nachwuchspädagogen mussten wir damals den Kollegen von der CDU mühsam abringen, weil bei unseren damaligen Partnern zunächst kein Verständnis dafür bestand, dass beim Lehrerpersonal dringend umgesteuert werden musste. Und als die SPD 2014 den Einstellungskorridor auf 500 Lehrerstellen erweitern wollte, weil es einfach notwendig und dringend geboten war, war es auch die Union, die genau dieses von Beginn an nicht haben wollte. Schließlich wurde damit genau diese Thematik auch zu Fall gebracht. Wenn, dann muss man ehrlich miteinander sein und dann müssen Sie sich auch ehrlich diesen Ergebnissen stellen! Heute sagt die gleiche Union wieder und kritisiert, dass von der rot-rot-grünen Koalition der beschlossene Einstellungskorridor von 500 Lehrerstellen jährlich viel zu gering sei und dass es bei Neueinstellungen von Lehrerinnen und Lehrern nicht schnell genug ginge. Das müssen wir jetzt mal auf eine Reihe kriegen; das können Sie mir vielleicht dann auch irgendwann noch mal erklären. Aber Redlichkeit im Umgang mit eigenem Handeln sieht anders aus, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Schlecht gelesen!)

Natürlich will ich auch nicht behaupten, dass wir an dem Punkt immer nur alles schön gehabt haben. Die Bildungspolitik läuft hier auch immer noch nicht rund. Es gab viele Kommunikationsschwierigkeiten, auch mit dem Bildungsministerium, wo wir Sozialdemokraten wirklich nicht glücklich gewesen sind. Das war kein Geheimnis; wir haben das auch immer öffentlich deutlich gemacht. Aber wir haben mittlerweile auch deutlich gemacht, wie es besser geht.

Lassen Sie mich noch einen Punkt sagen: Wir wollen auch und haben uns positioniert zur Verbeamtung des pädagogischen Personals. Unsere Fraktion hat in der gestrigen Klausurtagung dazu ein finanzpolitisch solides und auch realisierbares Konzept vorgelegt. Wir werden darüber in den nächsten Wochen und Monaten mit den Koalitionskollegen diskutieren.

Jetzt darf ich Sie bitten, zum Ende zu kommen.

Deswegen komme ich jetzt zum letzten Satz. Lieber Herr Tischner, wir wissen schon, was Sie mit dieser

Aktuellen Stunde wollten. Das beeindruckt uns eigentlich nicht wirklich. Wir erkennen dies sehr wohl als Oppositionsaktionismus und Oppositionspopulismus. Vielen Dank.

Keine Schachtelsätze jetzt mehr. Jetzt war es das, Frau Pelke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächste hat Frau Abgeordnete Muhsal für die Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, der Freistaat Thüringen braucht mehr Lehrer, der Freistaat Thüringen braucht gute Lehrer und der Freistaat Thüringen braucht vor allem auch Lehrer in den Fächern, die tatsächlich auch unterrichtet werden sollen. Das ist die Position der AfDFraktion im Thüringer Landtag.

(Beifall AfD)

Seit geraumer Zeit weisen wir darauf hin, dass die pauschale Ansage der Landesregierung, pro Jahr 500 Lehrer neu einzustellen, aktuell nicht ausreicht und auch in Zukunft nicht ausreichen wird, um den Bedarf an Lehrern zu decken. Das Bildungsministerium selbst prognostiziert einen Bedarf von 750 Stellen im Schuljahr 2016/2017, wenn man nach dem tatsächlichen Austrittsverhalten der Lehrer geht. Für 2017/2018 wird ein Bedarf von 940 Stellen und für 2018/2019 von 967 Stellen prognostiziert. Dass 500 Stellen pro Jahr bei dieser Prognose nicht ausreichen, sollte eigentlich jedem Menschen, auch wenn er noch so mathematisch unbegabt ist, einleuchtend sein, zumindest aber den Verantwortlichen im Bildungsministerium. Deswegen fordern wir als AfD-Fraktion eine Abkehr vom Stellenabbauplan. Wir brauchen nicht weniger Lehrer, wir brauchen mehr!

(Beifall AfD)

Erschwerend kommt hinzu, dass etliche Lehrer gar nicht als Lehrer tätig sind, weil sie beispielsweise ins Ministerium oder ins ThILLM abgeordnet sind, weil sie langzeiterkrankt sind oder Altersteilzeit in Anspruch genommen haben. Hinzu kommt, dass etliche Schulstunden, die nicht erteilt werden, in der Statistik für die Ausfallstunden gar nicht zwingend erfasst werden. Dazu gehören zum Beispiel Schulstunden, die fachfremd erteilt werden, und dazu kann auch die Stillarbeit gehören. Deswegen fordern wir etwas ganz Grundlegendes, wovor sich das Ministerium drückt: Der Personalbedarf muss so ermittelt werden, dass alle Faktoren, die derzeit zu Unterrichtsausfall führen, mit einberechnet werden. Diese Ergebnisse muss das Ministerium dann

(Abg. Pelke)

offenlegen. Dann wird sich schwarz auf weiß nochmals zeigen, dass der Bedarf größer ist als das, was die Landesregierung gewillt ist, einzustellen.

Ein anderes Problem ist, Lehrer dazu zu bewegen, ihre Stelle gerade in Thüringen anzutreten. Erst im letzten Monat habe ich darauf hingewiesen, dass im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag zwar drinsteht, dass man Lehrer künftig gern wieder verbeamten wolle, dass sich die bildungspolitischen Sprecher der Linken und Grünen jedoch mittlerweile – wir haben es auch heute schon wieder gehört – ablehnend zur Verbeamtung äußern.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das ist falsch!)

Dazu kann sich jeder selbst sein Urteil bilden. Wir als AfD-Fraktion sagen: Thüringen muss für Lehrer wieder attraktiver werden. Um konkurrenzfähig mit anderen Bundesländern zu sein, führt derzeit an der Verbeamtung kein Weg vorbei. Zu einer Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs gehört natürlich auch die von uns als AfD-Fraktion fortwährend angemahnte Entlastung von bürokratischen Aufgaben.

(Beifall AfD)

Insgesamt kann man also sagen, dass die Landesregierung ihrer Verantwortung gegenüber der Bildung als Kulturgut und gegenüber unseren Kindern als Zukunft unseres Landes nicht gerecht wird.

Abschließend sei mir allerdings eine Frage an die CDU-Fraktion erlaubt: Was ist besser, 500 Lehrer einzustellen oder fünf? Fünf, das ist die Anzahl der Lehrer, die 2008 unter der CDU-geführten Landesregierung eingestellt wurden. In Regierungsverantwortung hat die CDU jahrelang nichts anderes getan, als zu wenig Lehrer einzustellen, und damit ein völlig überaltertes Kollegium geschaffen. Wenn man die Leistung der Landesregierung meinetwegen mit einer Vier mit einem ganz langen Minus bewertet, so kann man in Richtung CDU, Herr Tischner, nur sagen: Sechs, setzen!

(Beifall AfD)

(Zwischenruf Abg. Kowalleck, CDU: Das ist aber einen Ordnungsruf wert!)

Danke schön, Frau Muhsal. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Schuljahr neigt sich dem Ende zu und ich möchte die Gelegenheit nutzen, allen Lehrerinnen und Lehrern, allen Schulsozialar

beiterinnen, allen Erzieherinnen, allen Eltern und natürlich auch allen Schülerinnen und Schülern zum einen für die Arbeit in diesem Jahr zu danken und zum anderen auch gute Ferien zu wünschen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Ich glaube, das gehört sich an dieser Stelle.

(Unruhe CDU)

Frau Pelke hat es hier schon ausgeführt: Zum Schuljahresende will die CDU offenkundig einmal mehr Noten verteilen.

(Zwischenruf Abg. Tischner, CDU: Haben wir nicht gemacht!)

Und das sind natürlich schlechte Noten, weil gute Noten ja offenkundig nicht zu ihrem Oppositionsverständnis passen. Da wird auch ganz schnell verdrängt, wofür man selber die Verantwortung zu tragen hat, auch das hat Frau Pelke anschaulich dargestellt.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das ist alles, was Sie zu sagen haben?)

8.900 Lehrer sind unter Ihrer Ägide ausgeschieden und Sie haben so gut wie gar nicht neu eingestellt. Das Desaster haben wir heute, nämlich dass es viel zu wenig junge Lehrerinnen und Lehrer an unseren Schulen gibt. Das kann auch Rot-Rot-Grün nicht von einem Tag auf den anderen beheben, auch wenn wir uns tatsächlich bemühen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Sie erinnern sich: 500 Lehrerinnen und Lehrer kommen jährlich dazu; außerdem zusätzliche DaZ-Kräfte – das sind die Deutsch-als-Zweitsprache-Lehrerinnen und -Lehrer für die Kinder von Geflüchteten – und dazu auch noch eine Vertretungsreserve. All das hat es unter der CDU nie gegeben und auch daran muss man erinnern, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Blödsinn! Dummes Zeug!)

Hier ist schon vieles erzählt worden, wofür die CDU Verantwortung trägt, was sie aber heute nur noch ungern zur Kenntnis nimmt. Ich will gern mal auf eine derzeit wieder hochaktuell diskutierte Frage kommen, nämlich die der Horte. Ich bin wirklich froh, dass jetzt eine gute Lösung für die Horterzieherinnen und Horterzieher gefunden wurde.