Wie es der Kollege Emde gesagt hat: Sie möchten draußen Opfer sein. Das sind Sie nicht. Sie sind ein Nichtmitmacher hier im Landtag.
Gibt es weitere Wortmeldungen? Das kann ich nicht erkennen. Damit schließe ich diesen Teil der Aktuellen Stunde und diesen Tagesordnungspunkt.
Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Schwangerschaftskonfliktgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/1392 dazu: Beschlussempfehlung des Gleichstellungsausschusses - Drucksache 6/2260
Nun erteile ich der Frau Abgeordneten Dr. Lukin das Wort zur Berichterstattung aus dem Gleichstellungsausschuss.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, mit Drucksache 6/1392 wurde Ihnen am 07.12.2015 der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Ersten Gesetz zur Änderung des Thüringer Schwangerschaftskonfliktgesetzes vorgelegt. Am 28.01.2016 erfolgte dazu die ausführliche Debatte im Landtag. Im Ergebnis dieser Diskussion wurde der Gesetzentwurf am 28. Januar 2016 an den Gleichstellungsausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit überwiesen. Der federführende Gleichstellungsausschuss hat diesen Gesetzentwurf sowohl in seiner 13. Sitzung am 17. Februar 2016, in seiner 14. Sitzung am 13. April 2016 sowie in seiner 15. Sitzung am 11. Mai 2016 und in seiner 16. Sitzung am 8. Juni 2016 beraten und ein mündliches Anhörungsverfahren in öffentlicher Sitzung durchgeführt. Am 17.02.2016 wurde der Beschluss für die öffentliche Anhörung im Gleichstellungsausschuss gefasst und am 13.04.2016 wurden dazu in der 14. Sitzung 20 Vertreterinnen und Vertreter der Träger in öffentlicher Anhörung gehört.
Es gab dazu im Ergebnis der Beratung zwei Änderungsanträge: Einer von den Koalitionsfraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD; ein anderer Änderungsantrag wurde von der CDU vorgelegt. Diese wurden beraten und abgestimmt. In seiner 20. Sitzung am 9. Juni 2016 hat auch der Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit den
Gesetzentwurf beraten. Er folgte den im Gleichstellungsausschuss vorgeschlagenen Änderungen und empfahl deren Annahme.
In der Drucksache 6/2260 liegen Ihnen, wie der Präsident schon erwähnte, die Änderungsanträge vor. Sie wurden im Gleichstellungsausschuss nicht nur Gegenstand der Beratung, sondern auch mit großer Mehrheit angenommen und beinhalten im Wesentlichen einige Veränderungen innerhalb des Gesetzes und zwei wesentliche inhaltliche Änderungen: einmal zur Finanzierung und einmal zur Förderung der Trägerstruktur. Wir empfehlen die Annahme dieses Gesetzentwurfs.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Ich eröffne die Aussprache und als Erstem erteile ich Herrn Abgeordneten Worm, Fraktion der CDU, das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Vorfeld: Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen. Zunächst möchte ich jedoch noch einmal betonen, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Thüringen erfreulicherweise seit Jahren rückläufig ist. Im Jahr 2015 wurden in Thüringen 3.294 Schwangerschaften vorzeitig beendet. Das entsprach einem Rückgang von 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutschlandweit sank die Zahl lediglich um 0,5 Prozent. Mit dem Bundesgesetz...
Ja, natürlich, das ist immer noch zu viel. Das ist keine Diskussion. Aber die Welt ist nun mal so, wie sie ist.
Mit dem Bundesgesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt kommt nun eine neue Aufgabe auf die Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen zu, deren konkrete Ausgestaltung im Thüringer Schwangerschaftskonfliktgesetz umgesetzt werden muss. Diese Umsetzung in Landesrecht begrüßt die CDU-Fraktion ausdrücklich. Da das Gesetz im Rahmen dieser Änderungen aber auch an verschiedenen anderen Stellen geändert wurde, gab es durchaus auch große Befürchtungen, dass die Förderung von Schwangerschaftsberatungsstellen wie zum Beispiel der Caritas zugunsten der Förderung von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen abgeschmolzen wird, die auch einen für den Schwangerschaftsabbruch erforderlichen Beratungsschein ausstellen. Anlass dafür bot ins
besondere die Abschaffung der Bestandsgarantie für Beratungsstellen, die in den Vorjahren eine Landesförderung erhalten haben, im ursprünglichen § 8.
Uns als CDU-Fraktion war bei der Beratung des Gesetzentwurfs im Gleichstellungsausschuss sowie im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit wichtig, dass die Überarbeitung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes die bewährten Beratungsstrukturen in Thüringen nicht gefährdet. Denn für die CDU-Fraktion ist jede Beratung förderungswürdig, die Schwangeren in dieser sensiblen Lebensphase hilft. Die Beratungsgespräche sollen dazu beitragen, Konflikte seelisch zu bewältigen und Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Dabei sollte das Ziel der Beratung grundsätzlich darin liegen, das ungeborene Leben zu schützen.
Gerade die kirchlichen Beratungsstellen fühlen sich diesem Ziel in besonderer Weise verbunden und sind damit eine wesentliche Bereicherung des Beratungsangebots in Thüringen.
Durch die gute Annahme des Beratungsangebots wird deutlich, dass es offensichtlich auch einen Bedarf speziell an dieser Art der Beratung gibt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte bereits 2004 explizit fest – ich zitiere an dieser Stelle –: „Es kann daher nicht bezweifelt werden, dass gerade auch die Beratung nach § 2 SchKG [...] uneingeschränkt dem Lebensschutz verpflichtet ist und dazu Wesentliches beiträgt. […] Ihr Wert wird nicht dadurch gemindert, dass Beratungsstellen sich auf diese Beratung“ – nach § 2 Schwangerschaftskonfliktgesetz – „beschränken und keine Schwangerschaftskonfliktberatung anbieten, die den Weg zur straffreien Abtreibung eröffnet.“ Mit seinem Urteil vom 25. Juni 2015 zur staatlichen Förderung von katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen bestätigte das Bundesverwaltungsgericht diese Auffassung. Somit hat das Landesrecht ausgerichtet am jeweiligen Beratungsbedarf sicherzustellen, dass das geförderte Angebot den Erfordernissen der weltanschaulichen Vielfalt und Wohnortnähe genügt.
Insofern haben wir bei der Beratung im Ausschuss und der mündlichen Anhörung besonderen Wert auf die Auswirkungen der Gesetzesänderung auf die kirchlichen Beratungsstellen gelegt und im Ergebnis einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht. Durch den Änderungsantrag sollte landesrechtlich konkretisiert und klargestellt werden, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf Förderung und kein Ermessen besteht, die bundesrechtlichen Mindestanforderungen an die Pluralität des Beratungsangebots zu unter
schreiten. Diese Regelung griff einen Vorschlag des Katholischen Büros Erfurt aus der mündlichen Anhörung vom 13. April 2016 auf.
Auch wenn sich – so will ich das mal an dieser Stelle sagen – die Regierungskoalition nicht durchringen konnte, unserem Änderungsantrag zuzustimmen, so ist doch an dieser Stelle anzumerken, dass der eigene Änderungsantrag der Regierungskoalition letztendlich – ich will es nicht übertreiben – fast vollumfänglich mit dem Antrag der CDU identisch war. Aus diesem Grund gibt es an dieser Stelle auch keinen Anlass, dem Gesetzentwurf nicht zuzustimmen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Als Nächste hat Frau Abgeordnete Stange, Fraktion Die Linke, das Wort.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Henry Worm, wir haben euren Antrag aber auch nicht abgelehnt, das will ich an der Stelle ausdrücklich sagen. Wir waren natürlich mit in unserer Anhörung im Gleichstellungsausschuss und haben schon gehört, was aus dem Katholischen Büro geäußert wurde. Darum haben wir natürlich identische Änderungsanträge aufgenommen. Das muss man jetzt einfach mal sagen, weil uns das auch am Herzen lag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor fünf Monaten haben wir hier die erste Lesung zum Entwurf des Schwangerschaftskonfliktberatungsgesetzes der Landesregierung durchgeführt und wir haben uns darauf verständigt, im Gleichstellungsausschuss die Träger anzuhören und ihren Sachverstand abzufragen. Das haben wir, denke ich, als Mitglieder im Gleichstellungsausschuss sehr ernst genommen. An der Stelle ist es mir noch mal sehr wichtig, auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den 35 Beratungsstellen, die wir hier in Thüringen haben, Danke für ihre Arbeit und für ihr Engagement zu sagen.
Wir haben uns also auch in der Anhörung den Ansichten und Argumenten dieser Anzuhörenden angenommen und sie in Änderungsanträge fließen lassen. Ich denke, das war ein guter Prozess, um eine Lösung zu finden, wie der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Schwangerschaftskonfliktberatungsgesetz noch ein bisschen effektiver auf den Weg gebracht werden konnte.
Ich sage es noch mal ausdrücklich auch für die Fraktion Die Linke: Die geäußerten Befürchtungen vor allen Dingen vonseiten der Kirche, dass die Beratungsstelle der Caritas perspektivisch nicht mehr gefördert werden soll, sind so nicht eingetreten. Wir als rot-rot-grüne Koalition halten an der Stelle Wort und haben uns explizit – und das, denke ich, ist schon auch ein Novum – noch mal dafür ausgesprochen, dass die Caritas als Träger der Schwangerschaftsberatung, die keinen Schein ausstellt, auch in Zukunft ihre Beratungstätigkeit, gefördert durch das Land, durchführen kann.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch das war uns wichtig; im Ausschuss und auch hier finden wir uns wieder: Zu einer modernen, weltoffenen und fortschrittlichen Gesellschaft gehört ein vielfältiges Beratungsangebot mit den unterschiedlichsten Weltanschauungen. Und diese unterschiedlichsten Weltanschauungen haben wir auch noch mal genau in § 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes formuliert. Rot-Rot-Grün hat sich auch mit einem Änderungsantrag dafür eingesetzt – und ich denke, das ist auch ein Novum, welches wir an der Stelle noch einmal so formulieren sollen –, dass die Beratungsstellen auch perspektivisch eine auskömmliche Finanzierung haben sollen. 100 Prozent der Personalkosten der Schwangerschaftsund Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sollen perspektivisch übernommen werden und mindestens 80 Prozent der Sachkosten. Ich denke, das ist eine gute Grundlage, von der ab Inkrafttreten des Gesetzes und der zugehörigen Verordnung auch die Träger der Beratungslandschaft von einer Sicherheit ausgehen dürfen.
Beratungsstellen haben also, wenn das Gesetz heute verabschiedet wird, gute Planungssicherheit. Dafür steht Rot-Rot-Grün. Vor fünf Monaten habe ich an dieser Stelle formuliert: Mir ist es wichtig, dass das „Wohl von Mutter und Kind“ an erster Stelle steht. Darum ist es gut, dass wir die 35 Beratungsstellen mit dem Gesetzentwurf thüringenweit weiter finanzieren können und dass es weiterhin eine gute Anlaufstelle für Mütter und werdende Mütter geben wird.
Die Vertreterinnen der Beratungsstellen haben uns in der Anhörung auch darauf hingewiesen und darüber informiert, dass Beratung natürlich nur durchgeführt werden kann, wenn es eine hohe Fachlichkeit gibt und wenn die Beratung wohnortnah durchgeführt werden kann. Auch dem wird der Gesetzentwurf natürlich perspektivisch weiterhin Rechnung tragen.
Der Kollege Worm hat es angedeutet: Gesetzliche Änderungen auf Bundesebene haben dazu geführt, dass wir unseren Thüringer Gesetzentwurf anpassen mussten. Das finde ich auch gut und richtig so. Das Thema „vertrauliche Geburt“ ist in den letzten
Jahren sehr oft diskutiert worden. Jetzt gibt es eine gesetzliche Lösung dafür und darum auch die Anpassung hier in unserem Gesetz. Die vertrauliche Geburt, das haben wir auch gehört, unterstützt Frauen, welche ihre Schwangerschaft oder ihr Muttersein geheim halten wollen oder müssen. Auch hier müssen wir uns perspektivisch die Frage stellen, warum Frauen oder zukünftige Mütter genau in diese Situation kommen. Ich sage auch noch mal an der Stelle ganz eindeutig und es ist mir auch wichtig festzustellen, dass keine schwangere Frau in Deutschland ihr Kind allein und heimlich zur Welt bringen müsste. Jede Frau hat das Recht, sich bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle eine Beratung zu holen. Sie hat also auch das Recht, nach einer Schwangerschaft, die sie anonym durchführen möchte, Hilfe und Zuwendung zu finden. Zugleich erhalten die bei der vertraulichen Geburt beteiligten Beratungsstellen, Jugendämter, Krankenhäuser und natürlich auch die Hebammen mit der Festlegung in dem Gesetzentwurf eine Rechtssicherheit in Bezug auf das Umgehen mit dieser Situation. Und das, denke ich, haben wir auch in dem Gesetzentwurf geschaffen. An der Stelle auch Danke an die Landesregierung, dass sie sich hier dieser neuen Situation gestellt und uns damit Rechtssicherheit gegeben hat.
Des Weiteren ist das Thema „Sozialplanung“ im Gesetzentwurf formuliert worden. Auch hier ist es gut und richtig, dass die Beratungsstellen in zukünftigen Sozialplanungen der Landkreise und kreisfreien Städte nicht unter den Tisch fallen, sondern einfach mit als Beratungsstelle gesehen werden.
Zum Schluss lassen Sie mich mit einem Zitat enden, welches ich anlässlich der Anhörung von dem Evangelischen Büro gehört habe – ich bitte natürlich auch um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf –, ich zitiere: „Der Freistaat Thüringen hat bisher sehr gute Rahmenbedingungen für diese gesellschaftlich so wichtige Aufgabe geschaffen. Dem liegt das Interesse an guten Bedingungen für den Start in das Leben, für ein gelingendes Aufwachsen von Kindern, für die Förderung von Familien durch ein gutes, präventives Beratungs- und Unterstützungsangebot zugrunde. So hat sich Thüringen einen guten Ruf als familienfreundliches Bundesland erworben.“ Ich denke, den Worten ist für den Moment nichts hinzuzufügen. Lassen Sie uns den Gesetzentwurf gemeinschaftlich abstimmen. Ich danke.