Protokoll der Sitzung vom 01.09.2016

Auch ein Problem, das wir haben, ist der Flaschenhals in der Ausbildung bei den Fachärzten für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. So haben nur fünf Ärzte insgesamt die Befugnis, Ärzte für dieses Fachgebiet weiterzubilden – Quelle: die Landesärztekammer. Die Pflichtaufgaben im Öffentlichen Gesundheitsdienst im Bereich des Infektionsschutzes sind kaum noch abzudecken, wie man vielerorts hört. Die Ausweitung der Meldepflichten für bestimmte Krankheitserreger mit Resistenzen stellt den Öffentlichen Gesundheitsdienst vor weitere Herausforderungen. An der Stelle will ich auch noch mal die Anhörung loben, die wir im Ausschuss hatten, eine sehr gute und erfolgreiche Anhörung. Ich denke, da sind wir fraktionsübergreifend einig, dass da viele wichtige Erkenntnisse herausgekommen sind. Wir als Fraktion haben da auch einiges mitgenommen und ich denke, wir können hier auch allen, die zugearbeitet haben, noch mal einen separaten und großen Dank aussprechen. Als wesentliche Ergebnisse der Anhörung nehmen wir als CDU-Fraktion vor allen Dingen mit, dass das größte Problem aktuell für die personelle Besetzung im Öffentlichen Gesundheitsdienst schlichtweg die Bezahlung ist. Das Monatseinkommen von Ärzten im öffentlichen Gesundheitsdienst liegt unter dem von Klinikärzten. Das mag auf einem bestimmten Niveau für viele nicht die Problemlage sein. Wir haben aber dadurch einfach die Probleme, eben diese Stellen zu besetzen, wenn wir von Gehaltsunterschieden von bis zu 1.000 Euro monatlich sprechen. 1.000 Euro monatlich ist eine Diskrepanz, die einen jungen Mediziner schon entscheiden lässt, nicht in den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu gehen, sondern in eine Klinik.

Als zweites Problem wurde uns in der Anhörung auch kundgetan, dass das Thema des mangelnden Ansehens eine große Rolle spielt. Es ist ein Fakt, dass junge Ärzte sagen: Wenn ich schon Medizin studiert habe und diesen angesehenen Berufsstand ausüben möchte, dann nicht als graue Maus im Öffentlichen Gesundheitsdienst, sondern an der Front der Wissenschaft, an der Front des medizinischen Fortschritts in Kliniken oder vielleicht auch als niedergelassener Arzt mit dem entsprechenden Ansehen als Hausarzt oder als Arzt im ländlichen Raum.

Als dritter Punkt wurde uns dargestellt, dass die beschränkten Entwicklungsmöglichkeiten im Öffentli

(Abg. Jung)

chen Gesundheitsdienst der Nachwuchsgewinnung sehr abträglich sind.

Was sind nun unsere Forderungen in unserem Antrag? Ich will sie noch mal kurz darlegen. Wir fordern, dass mehr junge Mediziner für den Öffentlichen Gesundheitsdienst begeistert werden. Insbesondere ist nach unserer Einschätzung ein frühzeitiger Kontakt mit den Gesundheitsämtern für die Medizinstudenten von großer Bedeutung. So sollten die Gesundheitsämter als anerkannte Stellen zur Ableistung eines Tertials des praktischen Jahrs im Rahmen der Arztausbildung etabliert werden.

Und wir fordern, dass in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Jena zu prüfen ist, welche Möglichkeit einer Facharztausbildung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen eben am UKJ möglich ist.

Weiterhin ist unsere Forderung, weitere Möglichkeiten zu eruieren, Ärzte in den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu bringen, auch über Mediziner in der Ausbildung hinaus. Und wir sollten einmal genau prüfen, inwieweit die Landesmittel für den Öffentlichen Gesundheitsdienst dem tatsächlichen Bedarf entsprechen und dass diese angepasst werden. Also keine Zahl einfach nur in den Raum hinaus gesprochen, sondern uns ist wichtig, dass vorher genau geprüft wird und wir mal schauen, wie sieht der tatsächliche Bedarf aus.

Wir haben einen Alternativantrag der Regierungskoalition vorliegen, den wir zumindest in der Hinsicht begrüßen, dass das zeigt, dass die Regierungsfraktionen die Wichtigkeit des Themas erkannt haben. Ich komme nicht umhin zu betonen, dass unser Antrag natürlich der erste Antrag war und dann die regierungstragenden Fraktionen einen nachgereicht haben. Das ist natürlich ihr gutes Recht, aber wir sind gewissermaßen stolz darauf, dass wir die Thematik erst mal aufs Podium gehoben haben.

Nun soll nach dem Antrag der regierungstragenden Fraktionen gleich ein Thüringer Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst kommen. Das ist natürlich – ich will nicht das Wort „Aktionismus“ in den Mund nehmen –, aber es wirkt doch schon sehr engagiert. Plötzlich wird hier gleich noch Größeres gefordert und man muss noch etwas draufsatteln. Ich bin gespannt, wie diese Geschichte ausgeht. Auf jeden Fall sehen wir hier die große Begeisterung der regierungstragenden Fraktionen, ausgelöst durch unseren Antrag. Darauf können wir schon etwas stolz sein.

(Beifall CDU, SPD)

Die Forderungen von Rot-Rot-Grün offenbaren aber auch eine gewisse Hilflosigkeit. Ich befürchte, jetzt kriege ich keinen Applaus mehr. Der Satz: „[…] die Tarifvertragsparteien bitten, eine Tariferhöhung für Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesund

heitsdienst zur Angleichung an die Tarife der Ärztinnen und Ärzte in kommunalen Krankenhäusern zu erreichen“ wirkt schon etwas – wie soll ich sagen – hilflos.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Tarifautonomie!)

Genau, das Thema der Tarifautonomie ist eben hier der Punkt, deswegen können Sie natürlich an der Stelle schreiben und bitten, dass Sie das machen wollen, aber aufgrund der Tarifautonomie – das habe ich mir extra hingeschrieben – werden Sie da an Probleme stoßen. Das ist ein zahnloser Tiger, den Sie da machen. Ich wünsche Ihnen ja viel Erfolg beim Bitten, aber leider sehe ich da begrenzte Möglichkeiten.

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Ich habe da offene Ohren!)

Wenn Sie die offenen Ohren finden, auf jeden Fall, dann wäre ich hellauf begeistert. Ich habe da nur so ein bisschen meine Sorgen.

Wie gesagt, wir werden Sie unterstützen, wenn Sie produktive Gespräche führen wollen. Wir sind anderer Überzeugung. Wir denken, ein anderer Weg ist ein besserer. Das können Sie unserem Antrag entnehmen, zumal uns auch noch die Fantasie fehlt, wo das Geld für diese finanziellen Forderungen herkommen soll.

Für Zulagenzahlungen ist natürlich Geld im Haushalt eingestellt, aber da kommen noch verschiedene Fragen auf: Was ist zum Beispiel mit der Unterstützung der Gebietskörperschaften bei den präventiven Angeboten bei Ihrem Punkt 10? Was ist mit dem Thema „Fortbildung“? Was sind Konsequenzen des neuen ÖGD-Gesetzes, was haben wir da für finanzielle Auswirkungen zu erwarten? Das ist alles noch nicht geklärt. Frau Ministerin, vielleicht können Sie da für Klärung sorgen. Ich freue mich auf Ihren Redebeitrag.

Letztlich lässt sich zusammenfassen, dass die Regierungsfraktionen unseren Antrag mit Wortgirlanden ausgeschmückt haben. Die Zielsetzung scheint mir kaum eine andere zu sein, aber Sie haben noch ein paar schöne Formulierungen dazu gebracht. Das ist wiederum Ihr gutes Recht. Aber nur pro forma und ohne finanzielle Unterfütterung finde ich doch unseren Antrag den etwas besseren. Ich werbe hier um Zustimmung für den originalen Antrag und nicht für das Plagiat. Ich werbe für den Antrag der CDU-Fraktion. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter Pfefferlein, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

(Abg. Zippel)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Lieber Herr Zippel, ich fand es ein bisschen befremdlich, dass man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlichen Gesundheitsamts als „graue Mäuse“ bezeichnet.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Also für uns Grüne ist der Öffentliche Gesundheitsdienst, die sogenannte dritte Säule, eine immens wichtige Säule des Gesundheitswesens. Diese Säule wurde und wird zunehmend durch das vielfältige und sehr anspruchsvolle Aufgabenspektrum beansprucht. Diese vorrangigen Aufgaben des ÖGD liegen im Bereich der Bevölkerungsmedizin, der Prävention und der Gesundheitsförderung. Und diese Säule erfuhr auch, aber nicht nur, durch die Aufgabe der Betreuung von mehr Flüchtlingen in den Gemeinden und Städten eine Aufgabenerweiterung. Der Öffentliche Gesundheitsdienst als wichtige Säule des Gesundheitswesens stellt vor allen Dingen durch seine Aufgaben in der Prävention und Gesundheitsförderung eine direkte Brückenfunktion zur Bevölkerung dar, die sonst nur schwer erreicht werden kann. Die Gesundheitsämter sind die Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Schnittstelle zwischen den verschiedenen Akteuren vor Ort. Der ÖGD hat sich über die Jahrzehnte zu einem wichtigen Moderator in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung entwickelt. In den letzten Jahren wurden die Aufgaben des ÖGD zunehmend im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes und durch die fortschreitende Gesundheitsund Sozialgesetzgebung geprägt. Dementsprechend erfuhr dieser zunehmend eine inhaltliche Neuorientierung zu einem aufsuchenden Gesundheitsservice, um alle Zielgruppen, insbesondere auch soziale Randgruppen, zu erreichen. Folgende Schwerpunkte sind hier besonders hervorzuheben, einige wurden auch schon genannt: die Gesundheitsplanung, die Gesundheitsberichterstattung, gesundheitlicher Umweltschutz, Seuchenhygiene, Sozialmedizin, kinder- und jugendzahnärztlicher Dienst – um nur einige zu benennen. Gerade diese Kompetenz aus vielen Disziplinen in den Gesundheitsämtern in Thüringen muss aus Sicht der Grünen mehr genutzt und in die Entscheidungsprozesse gerade im Bereich Gesundheitsplanung um Prävention in den Kommunen mit einbezogen werden. Dafür wollen wir Mittel vom Land bereitstellen. Wir wollen die Mittel vor allem bereitstellen, damit genügend adäquates Personal eingestellt werden kann.

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss – das wurde eben von Herrn Zippel auch schon gesagt – hat am 14. April dieses Jahres eine umfangreiche An

hörung durchgeführt. In dieser Anhörung wurde besonders deutlich, wie schwer es ist, geeignetes Personal für diese vielfältigen Bereiche zu finden. Auch hier hat die rot-rot-grüne Koalition heute einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt, der versucht, den aktuellen Bedürfnissen in Thüringen Rechnung zu tragen.

Das Ziel der Koalition ist, den Öffentlichen Gesundheitsdienst, also die dritte Säule des Gesundheitswesens, grundsätzlich zu stärken und weiterzuentwickeln. Dazu gehört für uns natürlich die Wertschätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sowohl durch fachliche Anerkennung als auch bei grundsätzlichen kommunalen Verwaltungsprozessen um Fragen in der Gesundheitsvorsorge einzubinden sind. Um die Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung beim Öffentlichen Gesundheitsdienst inklusive einer Anpassung an die bestehenden Herausforderungen zu gewährleisten, ist es notwendig, den ÖGD einer Bestandsanalyse und einer Analyse der Aufgabenerfüllung sowie des Aufgabenumfangs zu unterziehen. Damit die grundsätzliche Attraktivität der Arztstellen gewährleistet werden kann, sollen verschiedene Maßnahmen zur Tarifangleichung, die Vereinfachung möglicher Zulagen und neue Modelle der Anstellung für Thüringen geprüft werden. Es ist wichtig, dass schon im Medizinstudium die Verbesserung des Images und der Bekanntheitsgrad des Öffentlichen Gesundheitsdiensts vorangebracht werden. Dabei sollen fachliche Inhalte schon früh im Studium integriert werden. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öffentlichen Gesundheitsdiensts sollen von Fortund Weiterbildungsmöglichkeiten profitieren. Die Zugänge zu Fort- und Weiterbildung sollen gemeinsam mit den Gebietskörperschaften attraktiver gestaltet werden. Mittelfristiges Ziel muss nach der grundsätzlichen Bestandsanalyse und der Analyse der Aufgabenerfüllung des Öffentlichen Gesundheitsdiensts die Modernisierung der gesetzlichen Grundlagen durch die Schaffung eines Thüringer Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zentrales Ziel des Landesgesundheitsgesetzes könnte es sein, die kommunale Ebene besser in die Diskussion über medizinische Versorgungsfragen und Fragen der Prävention und Gesundheitsförderung einzubinden. Zumindest wäre das unser Wunsch.

Sie lesen in diesem Antrag auch viele Prüfaufträge und natürlich zeitnahe Berichterstattung hier im Plenum. Damit wird klar, wie wichtig unserer Koalition dieses Thema ist.

Zum Ende meiner Rede möchte ich noch etwas zu den zukünftigen Herausforderungen im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Thüringen sagen. Zu nennen ist hier: erstens die problematische Abdeckung der

Krisenintervention bei psychisch Kranken, zweitens die Stärkung der Qualitätssicherung im Interesse der Patientinnen und Patienten und drittens ein vernünftiges Gesundheitsmanagement für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu entwickeln.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir Grünen setzen uns seit Jahren dafür ein, dass der ÖGD an Bedeutung gewinnt. Denn wir sagen: Nur mit einem starken und reformierten ÖGD kann die Gesundheitsversorgung in den Kommunen und Landkreisen sichergestellt werden. Diese Stärkung kann aus unserer Sicht nur durch eine adäquate ärztliche Personalausstattung, die Aufwertung des Fachs „Öffentliches Gesundheitswesen“ in der medizinischen Ausbildung und eine angemessene Bezahlung aller im ÖGD tätigen Ärztinnen und Ärzte erfolgen.

Wir bitten, den Antrag unserer Koalition zu unterstützen und Sie, Herr Zippel, Sie hatten die Möglichkeit, unseren Antrag mit zu unterstützen, dann hätten wir hier heute einen gemeinsamen Antrag eingereicht, so ist es.

(Zwischenruf Abg. Zippel, CDU: Sie hatten die gleiche Möglichkeit in unserem Antrag!)

Ich bitte um Unterstützung für unseren Antrag. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter Herold, Fraktion der AfD, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Zuschauer auf der Tribüne, im Internet, die Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdiensts ist – wie so vieles im Landespolitischen – eine Frage des Geldes. Der Öffentliche Gesundheitsdienst hat vordergründig Probleme in der Entlohnung der darin Beschäftigten. Darin sind sich alle einig. Der Deutsche Ärztetag hat diese Position bestätigt ebenso wie alle, die hier im Thüringer Landtag an der Anhörung teilgenommen haben. Der Verband der Ärzte im ÖGD spricht bezeichnenderweise von einer Chancenlosigkeit, die aus der niedrigen Entlohnung hervorgeht. Die schwindende personelle Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdiensts hat inzwischen dazu geführt, dass man nicht mehr von einer dritten Säule des Gesundheitssystems sprechen kann. Das zeigen schon die reinen Zahlen, die in der Anhörung genannt wurden: 2013 arbeiteten bundesweit 2.432 Ärzte in den Gesundheitsämtern. Das ist ein sehr geringer Anteil an den mehr als 360.000 Ärz

ten in Deutschland. Es handelt sich hier also nicht mehr um eine Säule, sondern höchstens noch um einen schon etwas angeknabberten und maroden Fuß. In der Anhörung wurden ebenso die Fehlstellen benannt. Jede siebte Facharztstelle in den Gesundheitsämtern ist länger als ein halbes Jahr unbesetzt. In den kommenden Jahren wird sich dieses Problem verschärfen. Bis 2020 wird die Hälfte der bisher tätigen Ärzte im ÖGD in den Ruhestand gehen und jede zweite Stelle wird unbesetzt bleiben.

Sicher steht der ÖGD nicht derart in der medialen Wahrnehmung wie zum Beispiel die vertragsärztliche Versorgung, die Folgen des finanziellen und persönlichen Aderlasses sind nichtsdestotrotz deutlich zu spüren. Das lässt sich an einem der größten Missstände des ÖGD und des Gesundheitssystems verdeutlichen, und zwar an der mangelhaften Umsetzung der Hygienevorgaben in medizinischen Einrichtungen. Es ist unter anderem eine Aufgabe des ÖGD, das Hygienemanagement in Arztpraxen und Krankenhäusern und Dialysestationen zu überwachen. Die Ausbreitung der Keimbelastung und die zunehmend hohe Zahl nosokomialer Infektionen in diesen Einrichtungen zeigen aber, welche Probleme erwachsen, wenn die Gesundheitsämter personell unterbesetzt sind und ihrer Kontrollfunktion nur unzureichend nachkommen können.

Eine durchgängige und wirksame Kontrolle des Hygienemanagements der Krankenhäuser ist unter den jetzigen Verhältnissen gar nicht möglich. So verfügen die Gesundheitsämter nicht nur über zu wenige Ärzte, um die Ausbreitungswege der Krankenhausinfektionen nachzuzeichnen, zugleich zu unterbinden. Nach dem Infektionsschutzgesetz obliegt es den Gesundheitsämtern, die Kontrollen in Krankenhäusern, in den Einrichtungen für ambulantes Operieren, in Dialyseeinrichtungen und Tageskliniken zu gewährleisten. Schon an der bloßen Anzahl dieser Einrichtungen müssen die wenigen Ärzte scheitern. Die Folgen sind unter anderem die kontinuierliche Ausbreitung verschiedener Erreger; daran ist es für alle sichtbar. Aus diesem Problem erwächst ein weiteres, nämlich der sich immer weiter ausbreitende Einsatz von Antibiotika, von Resistenzen und der Einsatz teurer Reserveantibiotika. Das zieht eine Kostensteigerung im Krankenversicherungssektor nach sich, die auch von der Allgemeinheit zu tragen ist. Gerade da sollten wir versuchen, präventiv tätig zu werden, da wir alle seit vielen Jahren unter der steigenden Beitragslast leiden bzw. von unseren Wählern dazu angemahnt werden, dieses Problem einmal anzugehen.

Der Personalmangel ist im Wesentlichen auf die schlechtere Vergütung der Ärzte zurückzuführen. Wenn Ärzte im ÖGD 10 bis 20 Prozent weniger verdienen als ihre Kollegen in Krankenhäusern, dann hat dieser Berufsweg einfach eine geringere Attraktivität. Die Anhörung hat die Differenzen im Lohnge

(Abg. Pfefferlein)

füge dargelegt: Die Ärzte im ÖGD verdienen im Vergleich zum Krankenhaus je nach Position und Zugehörigkeit, Dienstzugehörigkeit, im Schnitt 250 Euro weniger. Vor allem zu Beginn der Laufbahn macht es über 400 Euro aus – da überlegt sich jeder Absolvent, welche Laufbahn er einschlägt, um in Zukunft das Auskommen für sich und seine Familie zu sichern. Bei Fachärzten beträgt dieser Lohnunterschied zwischen Klinikärzten und Öffentlichem Gesundheitsdienst dann bis zu maximal 1.500 Euro. Daraus schlussfolgern wir, dass es überhaupt nicht verwunderlich ist, dass Personalmangel auftritt.

Die Lösungen wurden bereits aufgezeigt. Es könnten zum Beispiel extra Vergütungen gezahlt werden, mit denen sich die Attraktivität dieser Arbeitsplätze steigern ließe, zum Beispiel die Arbeitsmarktzulage. Allerdings liegt hier der Ball im Feld der Landesregierung, denn die Arbeitsmarktzulage, die die Kommunen zahlen sollten, müsste als Mehrbelastungsausgleich vom Land getragen werden. Und wir wissen nun alle, wie speziell das Land Thüringen die Kommunen knapp hält.

Mögen vor allem finanzielle Aspekte für die derzeitig schwierige finanzielle Situation ausschlaggebend sein, gibt es auch strukturelle Ansätze, um das Problem zumindest ein wenig zu mildern: Das Fach könnte aufgewertet werden, was hier schon angesprochen wurde, mit der Ausbildungsinitiative. Wir haben hier eine Universitätsklinik, die diesen Gang verstärkt bewerben und anbieten könnte. Wir könnten die Ausbildungsdauer verkürzen lassen und das Aufgabengebiet der Ärzte im ÖGD neu strukturieren. Dabei wäre auch eine Frage, zu ermitteln, ob man nicht einfach bestimmte Aufgaben an vertragsärztliche oder stationäre Einrichtungen ausgliedern könnte. Nicht allein die Vertragsärzte entsprechen nicht mehr dem traditionellen Ärztebild und fordern eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das ist im öffentlichen Dienst genauso. Hier sollte auch massiv verbessert werden und meiner Auffassung nach eignen sich solche Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst hervorragend für Teilzeit und Jobsharing, für familienfreundliche Arbeitszeiten. Aber dazu müssten die Kommunen in die Lage versetzt werden, die Mehrkosten für diese Stellenteilungen auch zu schultern. Auch da ist das Land gefordert, die Kommunen großzügiger zu unterstützen. Doch all das sind eigentlich nur flankierende Lösungen. Die ÖGD-Ärzte müssen mit den Klinikärzten vergütungstechnisch gleichgestellt werden. Die Landesregierung möge die Kommunen stärken, denn nur finanzstarke Kommunen können sich einen starken Öffentlichen Gesundheitsdienst leisten. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter Pelke, Fraktion der SPD, das Wort.