(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Sie machen es aber. Es gibt genügend Schulen, die wir Ihnen nennen können!)
Niemand sagt das und niemand will die sonderpädagogische Förderung abbauen. Im Gegenteil, wir machen es nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Wir bauen die sonderpädagogische Förderung sogar aus. Außerdem ist auch keinerlei Einschränkung des Elternwillens geplant, auch das stimmt nicht. Da reicht ein Blick in die vorliegenden Eckpunkte.
Es geht uns stattdessen um mehr Qualität in der Diagnostik – alle Gutachten werden nämlich zukünftig durch das TQB erfolgen. Die Trennung von Diagnostik und Förderung war übrigens immer eine wichtige Forderung, die wir hier auch schon mehrfach diskutiert haben. Es geht uns weiterhin auch darum, dass Kinder früher in den Schulen angemeldet werden können, das heißt, dass eine Vorverlegung des Anmeldetermins von Dezember auf September des Vorjahrs erfolgt. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wir lehnen den Antrag aus besagten Gründen ab. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! Frau Rothe-Beinlich, wenn Sie hier reden, dann denke ich mir jedes Mal, es muss schön sein, den ganzen Tag nur Regenbogenbilder zu malen. Wirklich unglaublich!
Es ist kein Geheimnis, dass wir als AfD-Fraktion und natürlich auch als Partei für ein gegliedertes Schulsystem stehen. Jede Schulform verfolgt ein bestimmtes Ziel und durch die verschiedenen Zielsetzungen, durch unterschiedliche Lehrpläne und unterschiedliche Schwerpunktsetzungen wird jedes Kind nach seinen Interessen und Begabungen gefördert und dementsprechend auch auf seinen weiteren Lebensweg vorbereitet. Mit diesem differenzierten Schulsystem hat Deutschland ein Bildungssystem, das den Bildungssystemen vieler anderer Länder weit voraus ist, und das bedeutet: Nicht wir sollten unsere Bildungsstandards absenken, nicht wir sollten Gleichmacherei betreiben, sondern wir
sollten ein erfolgreiches Schulsystem beibehalten und allenfalls mit gutem Beispiel vorangehen und genau das trifft auch auf unsere Förderschulen zu. Kein anderes Land hat ein so gut ausgebautes Förderschulsystem wie Deutschland.
In Förderschulen sollen Kinder in ihrer Entwicklung gezielt gefördert werden. Sie sollen an Bildung teilhaben, damit sie möglichst selbstbestimmt leben und gegebenenfalls einen Beruf ausüben können und in ihrem Leben durch ihre geistige oder körperliche Einschränkung möglichst wenig beeinträchtigt werden.
Kinder finden an Förderschulen optimale Lernbedingungen vor: kleine Gruppen, entsprechend ausgebildete Lehrer, räumliche Rückzugsmöglichkeiten und vernünftige Lehrmaterialien. Außerdem haben sie dort auch den Freiraum, praktische Tätigkeiten wie zum Beispiel das Zubereiten von Essen zu lernen und zu üben und dadurch ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dieses gute System wird in Thüringen seit Jahren geschliffen und soll nun durch die rot-rot-grüne Landesregierung abgeschafft werden. Das ist ein Rückschritt in die bildungspolitische Steinzeit und den lehnen wir ab, Frau Rothe-Beinlich.
Frau Ministerin Klaubert, die es ja heute ganz offensichtlich nicht in den Landtag geschafft hat, um bei so einem wichtigen Thema da zu sein,
(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wie oft haben Sie es schon nicht in den Bildungsausschuss geschafft, Frau Muhsal?)
wird nicht müde zu betonen, dass der Schlüssel für das Gelingen von Inklusion die Akzeptanz von Heterogenität sei. „Akzeptanz“ ist ein links-grün ideologischer Kampfbegriff, der uns ja aus anderem Kontext nur zu gut bekannt ist, und der Gebrauch des Wortes „Akzeptanz“ in diesem Kontext suggeriert, dass es keinen gesellschaftlichen Konsens gäbe, dass Menschen unterschiedlich und vielfältig sind und dass sie individuell gefördert werden sollten.
In der Tat scheint dieser gesellschaftliche Konsens bei Linken und Grünen auffällig oft zu fehlen. Dieser Kampfbegriff der Akzeptanz im Zusammenhang mit Inklusion soll suggerieren, dass diejenigen, die der flächendeckenden Inklusion kritisch gegenüberstehen, oder diejenigen, die meinen, dass Inklusion nicht in jedem Fall funktioniert, angeblich eine Schere in ihrem Kopf haben und ideologisch bevormundet werden müssten. Das ist natürlich falsch.
Kinder sind unterschiedlich, Kinder sind vielfältig und gerade deswegen sind ein differenziertes Schulsystem und inklusive Förderschulen so wichtig. Das Problem an den Schulen ist nicht die fehlende Akzeptanz von Heterogenität, sondern die Tatsache, dass nicht jede inklusive Schule auf das Vorhandensein von Heterogenität optimal eingehen kann. Zurzeit ist es so, dass Kinder in der Regel nur an einer Förderschule beschult werden können, wenn ein sonderpädagogisches Gutachten nachweist, dass ein Kind so beeinträchtigt ist, dass eine Beschulung an der Grundschule nicht möglich ist. Schon das ist eine große Hürde, denn sie bedeutet, dass Eltern in jedem Fall darum kämpfen müssen, dass ihr Kind auf eine Förderschule gehen kann, wenn sie das denn für das Beste für ihr Kind halten.
Statt das Entscheidungsrecht der Eltern weiter zu schwächen oder komplett abzuschaffen, wollen wir also die Hürden für die Beschulung in der Förderschule senken – nicht so die Landesregierung. Die Landesregierung konterkariert das Recht von Schülern auf individuelle Förderung, wenn sie – wie es in ihrem Eckpunktepapier zur inklusiven Bildung steht – Förderschulen in Kompetenz- und Beratungszentren für den Gemeinsamen Unterricht umwandeln möchte. Es sollen ganz offenbar Schulen ohne Schüler entstehen, was letztendlich nichts anderes als die Abschaffung der Förderschulen bedeutet.
Gerechtfertigt wird die flächendeckende Inklusion und die Abschaffung der Förderschulen häufig in verschiedenen Betroffenheitslagen mit der UN-Behindertenrechtskonvention, zum Beispiel – so ja auch heute – von der Betroffenheitsspezialistin Astrid Rothe-Beinlich. In der Betroffenheit geht allerdings vollkommen unter, dass die UN-Behindertenrechtskonvention nirgendwo die Aussage enthält, dass die Beschulung in Förderschulen diskriminierend oder ausgrenzend sei. Im Gegenteil steht in Artikel 5 Abs. 4 der UN-Behindertenrechtskonvention sogar ausdrücklich, dass „besondere Maßnahmen, die zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderung erforderlich sind“, nicht als Diskriminierung gelten.
Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention spricht auch nicht von einem inklusiven, sondern von einem integrativen Bildungssystem.
Die Kultusministerkonferenz hat 2010 geäußert: „Die Behindertenrechtskonvention macht keine Vorgaben darüber, auf welche Weise gemeinsames
Die Betroffenheitsspezialisten ignorieren hingegen auch häufig den eigentlichen Grund für die Forderungen in der UN-Behindertenrechtskonvention. In vielen Ländern ging es zunächst einmal darum, dass behinderte Kinder überhaupt Zugang zu einer Schule haben. Auch in diesem Punkt war Deutschland diesen Länder schon damals weit voraus.
Abschließend möchte ich gern Prof. Dr. Monika Vernooij von der Universität Würzburg zitieren. Sie sagt: „Zudem kann man fragen: Dient es dem Wohl eines Kindes, wenn es tagtäglich erleben muss, dass nichtbehinderte Mitschüler schneller, mehr und ohne zusätzliche Hilfen lernen können; dass es trotz erheblicher Anstrengungen nie das Lernniveau der nichtbehinderten Kinder erreichen wird (zum Beispiel bei geistiger oder Lernbehinderung)? Dient es dem Lernen und der Motivation eines Kindes, in einer Lerngruppe zu sein, in der es nie ein Erfolgserlebnis für sich verzeichnen kann, in der es bei gemeinsamen Aktivitäten möglicherweise am Rande steht und nicht einbezogen wird? Dies sind für dogmatische Inklusionsakteure, die eine ideale Vorstellung von Anti-Diskriminierung durchsetzen wollen, politisch völlig unkorrekte Fragen. Stellt man aber das Wohl des Kindes, nicht eine Ideologie, in den Mittelpunkt, müssen diese Fragen nicht nur gestellt, sondern konstruktiv und konzeptionell beantwortet werden!“
Diese Fragen beantwortet die Landesregierung aber nicht. Im Gegenteil, sie ignoriert sie. Wir als AfD positionieren uns dagegen klar für den Erhalt der Förderschulen, für eine Stärkung der Förderschulen und für eine Inklusion in speziellen Schwerpunktzentren, die die entsprechenden Ausstattungen dafür haben, damit die Inklusion auch gelingt.
Mit unserem Antrag haben wir heute Gelegenheit, einem Konzept zuzustimmen, bei dem das Wohl des Kindes im Mittelpunkt steht. Deswegen werbe ich um Zustimmung. Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt eben mal rübergeguckt, während die Kollegin hier aus dieser alternativlosen Fraktion gesprochen hat, und habe mir
Frau Rusche angesehen und habe ihr Lächeln gesehen, als Frau Muhsal Frau Prof. Dr. Vernooij zitiert hat. Da sollten Sie schon die Richtige aussuchen, Frau Muhsal. Frau Prof. Dr. Vernooij ist Beraterin für Inklusion in diesem Bereich für Thüringen im TMBJS, vorher TMBWK.
Aber so viel zur Wahrheit und Klarheit, so viel zu Wahrnehmungsstörungen auch seitens mancher Fraktion, die von Akzeptanz spricht; eine Akzeptanz, bei der uns, ehrlich gesagt, sowohl was den Antrag anbetrifft als auch was allgemein ihre politischen Vorstellungen anbetrifft, Welten trennen. Ich bin mir sicher, dass ein Großteil dieser Gesellschaft Welten zu Ihrem Weltbild trennt.
Von daher bin ich ganz ruhig und ganz beruhigt, was Ihre ideologiegetragenen Anträge und Ihre ideologiegetragenen Politikansätze anbetrifft.
Ich frage mich allerdings: Wo wären wir denn hingekommen, wenn es nicht einen Christoph Kolumbus gegeben hätte oder einen Magellan? Wie hätte diese Welt ausgesehen? Sicherlich, sie haben Mut gebraucht, sie haben Kraft gebraucht, Entschlossenheit, Visionen, aber sie haben sich auf den Weg gemacht. Genauso ist es im Bereich Bildung. Wir wären doch heute noch beim Rohrstocksystem, wenn es nicht eine Bildungsrevolution der 70erJahre gegeben hätte. Was hätte es uns denn gebracht, wenn wir die PISA-Diskussion nicht angegangen wären? Wie würde denn unser Schulsystem heute aussehen? Und ja, wir als Gesellschaft insgesamt, aber auch gerade das Bildungssystem, die Schulen stehen vor einer weiteren großen Herausforderung – und die nennt sich Inklusion.