Protokoll der Sitzung vom 30.09.2016

Auch der Forderung der Fraktion der AfD bedarf es nicht, um die Religionsfreiheit in Thüringen besser zu schützen. An dieser Stelle darf ich an die Plenardebatte vom 22. April dieses Jahres erinnern, in der die Fraktion der AfD einen inhaltsähnlichen Antrag gestellt hatte. Dies wurde hier bereits erwähnt. Selbstverständlich werden auch religiös motivierte Straftaten konsequent strafrechtlich verfolgt, wenn sie angezeigt oder in sonstiger Weise bekannt werden. Es ist Aufgabe der Thüringer Polizei, die Sicherheit aller in Thüringen lebenden Menschen zu sichern. Dies gilt unabhängig von ihrer religiösen Überzeugung oder dem Fehlen einer solchen. Dies gilt selbstverständlich auch in den Thüringer Landeserstaufnahmestellen und in den Gemeinschaftsunterkünften. Nach wie vor gilt: Religiös motivierte Straftaten in den Flüchtlingsunterkünften sind in Thüringen nur sehr vereinzelt festzustellen. Im Jahr 2016 wurden bislang zwei solcher Fälle – eine Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit und eine Straftat gegen die persönliche Freiheit – polizeilich registriert. Zu vier von fünf Fällen im Jahr 2015 und in einem Fall aus dem Jahr 2016 wurden Tatverdächtige ermittelt. Natürlich sieht es die Landesregierung als ihre Aufgabe an, Radikalisierungstendenzen und verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Bereich des Islamismus in den Erstaufnahmestellen konsequent entgegenzutreten, diese zu unterbinden und zu verfolgen. Möglichen Hinweisen

auf derartige Fälle gehen Polizei- und Verfassungsschutzbehörden unverzüglich nach. Ebenso stehen die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sowohl untereinander als auch mit europäischen und internationalen Partnern in einem engen Austausch. Hierbei ist aber zu betonen, dass für den Freistaat Thüringen bisher nur vereinzelt Hinweise vorliegen, dass sich Mitglieder von zum Teil auch salafistisch geprägten Moscheegemeinden in der Flüchtlingsarbeit in entsprechenden Unterkünften engagieren. Erkenntnisse über eine von diesem Engagement ausgehende islamistische bzw. gar dschihadistische Propaganda oder Anwerbeaktivitäten unter Flüchtlingen liegen bisher jedoch nicht vor. Im Übrigen ist die Glaubensfreiheit ein Bestandteil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Insofern ist die Werbung für Religion und religiöse Strömungen, soweit sie keine Gefahr für unsere Demokratie und Rechtsordnung darstellen, nicht Gegenstand der Tätigkeit unserer Sicherheitsbehörden. Es ist aber unbestritten, dass es präventiver Maßnahmen bedarf, um die Ausbreitung extremistischer Bestrebungen zu verhindern. Maßnahmen zur Bekämpfung des gewaltbereiten Islamismus in Thüringen erfolgen in den Bereichen der Polizei, des Verfassungsschutzes und des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport jeweils im Rahmen der Aufgabenerfüllung. Es wurden insoweit bereits Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung salafistischer und anderer extremistischer Propaganda in den Landeserstaufnahmestellen und Gemeinschaftsunterkünften zu verhindern. Um islamistische Aktivitäten, Anwerbeversuche von Salafisten und die Mitarbeit von politischen oder dschihadistischen Salafisten in diesen Einrichtungen rechtzeitig festzustellen und unterbinden zu können, wurden die Betreiber und Mitarbeiter bereits entsprechend sensibilisiert.

Lassen Sie mich an dieser Stelle aber die ressortübergreifende und gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Extremismusprävention hervorheben. Eine nachhaltige Präventionskultur erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem die von den Sicherheitsbehörden unternommenen Maßnahmen nur einen Teil eines umfassenden und zusammenwirkenden Maßnahmenkatalogs mit einem alle Expertisen berücksichtigenden Ansatz gesamtgesellschaftlicher Zielrichtungen darstellen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Damit schließe ich die Aussprache.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen, zunächst zum Antrag der Fraktion der CDU. Dazu habe ich den Wunsch nach Ausschussüberweisung vernom

(Staatssekretär Götze)

men, zunächst an den Innen- und Kommunalausschuss. Ich schaue noch mal zur Vergewisserung – das ist richtig. Dann stimmen wir darüber ab. Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Reihen der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? 1 Enthaltung des Abgeordneten Gentele. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: AfMJV!)

Es gibt eine weitere an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind wiederum die Stimmen aus der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Die Gegenstimmen kommen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen und es gibt 1 Enthaltung des Abgeordneten Gentele.

Nun gibt es einen Antrag zur Geschäftsordnung. Herr Emde, bitte schön.

Herr Präsident, ich beantrage die namentliche Abstimmung über unseren Antrag.

Dann kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/2525. Ich bitte, die Stimmkarten einzusammeln.

Hatten alle die Gelegenheit, die Stimme abzugeben? Es erhebt sich kein Widerspruch, dann bitte ich um Auszählung.

Wir haben ein Ergebnis zur Abstimmung zum Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 6/2525: Es wurden 76 Stimmen abgegeben. Dafür waren 25, dagegen 50, bei 1 Enthaltung. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt (na- mentliche Abstimmung siehe Anlage 3).

Jetzt kommen wir zu den Abstimmungen zum Alternativantrag der AfD-Fraktion. Auch hier wurde Ausschussüberweisung beantragt, wenn ich es richtig verstanden habe, sowohl an den Innen- und Kommunalausschuss als auch an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz.

Dann stimmen wir zunächst über die Überweisung an den Innen- und Kommunalausschuss ab. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Gegenstimmen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen. Die Enthaltungen? 1 Gegenstimme war auch beim Abgeordneten Gentele, wenn ich das richtig gese

hen habe – Entschuldigung – und die Enthaltungen kommen aus den Reihen der CDU-Fraktion. Damit ist diese Überweisung abgelehnt.

Es ist weiterhin die Überweisung an den Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beantragt. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Diese kommen aus den Reihen der Koalitionsfraktionen und des Abgeordneten Gentele. Die Enthaltungen? Diese kommen aus den Reihen der CDU-Fraktion. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir kommen direkt zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/2731. Dazu gibt es eine Wortmeldung des Abgeordneten Höcke.

Ja, sehr geehrter Herr Präsident, ich beantrage namentliche Abstimmung.

Dann bitte ich die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Hatten alle die Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben? Da erhebt sich kein Widerspruch. Dann bitte ich um Auszählung.

Das Ergebnis der Abstimmung zum Alternativantrag der AfD-Fraktion in der Drucksache 6/2731: Es wurden 75 Stimmen abgegeben. Dafür stimmten mit Ja 7, mit Nein – jetzt muss ich überlegen, was heißt die Zahl? Es gab 42 Neinstimmen und 24 Enthaltungen (namentliche Abstimmung siehe Anla- ge 4). – Am Schriftbild muss hier noch gearbeitet werden,

(Heiterkeit DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das war jetzt etwas schwierig für mich zu erkennen. Da bitte ich um Nachsicht. – Damit ist dieser Alternativantrag mit Mehrheit abgelehnt und ich schließe den Tagesordnungspunkt 18.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 19

Geltendes Recht in der Asylkrise durchsetzen – Verfassungsbruch durch Bund und Länder beenden Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2545

Gibt es den Wunsch nach Begründung? Den gibt es. Herr Abgeordneter Brandner, Sie haben das Wort.

(Vizepräsident Höhn)

Meine Damen und Herren, Herr Präsident, lassen Sie mich zunächst noch einen Satz zum Kollegen Blechschmidt sagen, der mich hier als Lügner bezeichnet hat, und das hatte gar keine Konsequenzen. Ich finde das seltsam. Das wird zum guten Ton hier im Haus, mich als Lügner zu bezeichnen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zum Thema reden!)

Herr Blechschmidt, ich habe allein schon deshalb nicht gelogen, weil ich die Linke-Stadtratsfraktion aus Gera in meiner Aufzählung gar nicht erwähnt hatte. Deswegen weiß ich gar nicht, was Sie mir da unterstellen – ja, klar haben die vielleicht 150 Euro gespendet, das habe ich überhaupt nicht in Abrede gestellt, aber die habe ich gar nicht genannt in meiner Aufzählung.

(Unruhe DIE LINKE)

Also Sie müssen mal Ihr hübsches linkes Öhrchen spitzen und das rechte am besten auch noch, wenn ich rede.

So, jetzt kommen wir zu unserem Antrag, meine Damen und Herren. Es ist eigentlich peinlich – und das ist jetzt kein Wortspiel mit einem Namen einer Abgeordneten, sondern das ist die Wahrheit –, es ist peinlich, dass wir es wieder tun müssen und seit März auch hier in diesem Landtag versuchen,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war nicht witzig! Es fehlt Ihnen an Originalität!)

nämlich den Freistaat dazu zu veranlassen, das Selbstverständliche zu tun: Das geltende Recht einzuhalten und durchzusetzen. Mehr wollen wir gar nicht.

(Beifall AfD)

Da passt es sehr gut, obwohl der Antrag aus dem März ist und wir inzwischen Oktober haben – es wurde ja immer wieder geschoben, ich weiß nicht, warum –, dass ich in der Vorbereitung dieser Thematik eine Zeitung gelesen habe. Ich zitiere mit der Gestattung des Präsidenten daraus einen Kommentar: Nicht rechtstreu – aber „politisch sinnvoll“. Vertrauensverlust wird beklagt. Der Staat traut seinen Bürgern nicht und diese wiederum trauen dem Staat und viele den Politikern wie ihren Parteien nicht. Im schlechtesten Sinne natürlich.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo ist der Fakt?)

Einen signifikanten Mangel an Rechtstreue muss man tatsächlich den Regierungen der letzten Jahre konstatieren. Wer Recht wiederholt außer Kraft setzt, riskiert nicht nur eine Systemkrise, sondern toleriert einen Ansehens- und Vertrauensverlust im Volk, ja selbst beim eigenen Personal, den Beam

ten und Beamtinnen. – Ich zitiere hier gegendert. – Im Falle der Finanzierungsorgie Griechenlands ist sechzigmal deutsches Recht gebrochen worden. Auch der unkontrollierte millionenfache Zustrom illegal eingereister Flüchtlinge war nicht nur ein Rechtsbruch in jedem Einzelfall, sondern auch ein Verstoß gegen internationale Abkommen wie die Schengen- und die Dublin-Vereinbarung. Meine Damen und Herren, jetzt kommt die Auflösung: Woraus stammt dieses Zitat? Stammt es aus einem extremistischen Kampfblatt oder stammt es aus dem beamtenaffinen, aus dem Behördenfachblatt „Behörden Spiegel“ vom Juli 2016?

(Zwischenruf Abg. Henke, AfD: Hört, hört!)

Ich sage es Ihnen: „Behörden Spiegel“ vom Juli 2016, das ist die Zeitschrift, die Sie alle monatlich in Ihren Postfächern finden und wahrscheinlich nicht lesen. Ich habe sie gelesen. Das ist das Fachblatt der deutschen Beamtenschaft und diese Worte stammen von der deutschen Beamtenschaft. Und wenn die Beamtenschaft schon so denkt – wenn wir das sagen würden, würden Sie es verketzern, wieder als rechtspopulistisch oder weiß der Henker was bezeichnen –, dann ist dieses Thema so wichtig, dass es heute behandelt werden muss. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Die Landesregierung hat angekündigt, zu diesem Tagesordnungspunkt von der Möglichkeit eines Sofortberichts Gebrauch zu machen. Deshalb erteile ich Herrn Minister Lauinger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, seit dem 13. September 2015 werden an der deutsch-österreichischen Grenze wieder Grenzkontrollen durchgeführt. Die Bundesregierung hat auf der Grundlage von Artikel 23 des Schengener Grenzkodexes die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen beschlossen, die zunächst bis zum November dieses Jahres durchgeführt werden. Nach Auskunft des Bundesinnenministers vom Februar dieses Jahres werden Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze mittlerweile vollständig erkennungsdienstlich erfasst. Zudem ist im Februar dieses Jahres das Datenaustauschverbesserungsgesetz in Kraft getreten. Auf der Grundlage dieses Gesetzes wurde der sogenannte Ankunftsnachweis nach § 63a Asylgesetz eingeführt. Durch diesen Ankunftsnachweis, der neben einem Passbild und detaillierten Angaben zu den Personalien eines Asylsuchenden auch Sicherheitsmerkmale enthält, soll unter anderem

verhindert werden, dass ein Asylsuchender mehrfach unter verschiedenen Identitäten Asylanträge stellt. Alle diese Maßnahmen machen mehr als deutlich, dass Geflüchtete keineswegs, wie es in dem AfD-Antrag immer noch suggeriert wird, unkontrolliert nach Deutschland einreisen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aufnahme- und Unterbringungssituation von Flüchtlingen in Thüringen stellt sich derzeit wie folgt dar: In den Aufnahmeeinrichtungen des Landes lebten am Stichtag 28. September 2016 insgesamt 689 Asylsuchende. Davon entfielen auf die Landesaufnahmeeinrichtung in Suhl 415 Asylsuchende und auf die Landesaufnahmeeinrichtung im ehemaligen Wismut-Krankenhaus in Gera 274 Asylsuchende. In den übrigen Einrichtungen des Landes waren zum genannten Stichtag keine Flüchtlinge mehr untergebracht. Diese Einrichtungen befinden sich sozusagen im Stand-by-Modus bzw. es gibt Vereinbarungen, wie mit Blick auf das Kasernengelände in Ohrdruf, dass diese Einrichtungen wieder an die Bundeswehr zurückgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch diese Fakten zeigen, dass der von der AfD immer wieder bemühte Begriff der Asylkrise schlicht und ergreifend falsch ist.