Protokoll der Sitzung vom 11.11.2016

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich berichte aus dem Haushalts- und Finanzausschuss wie folgt:

Mit Schreiben des Ministers für Kultur-, Bundesund Europaangelegenheiten und Chefs der Staatskanzlei vom 14. September 2016 wurde dem Landtag der von der Landesregierung verabschiedete Mittelfristige Finanzplan für die Jahre 2016 bis 2020 für den Freistaat Thüringen mit der Bitte zugeleitet, den Mittelfristigen Finanzplan gemäß § 52 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Landtags vorab an den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen. Der Präsident des Landtags hat daraufhin gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des Landtags den Mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 2016 bis 2020 für den Freistaat Thüringen bereits vor der ersten Beratung an den Haushaltsund Finanzausschuss überwiesen.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat die Unterrichtung in seiner 30. Sitzung am 23. September 2016, in seiner 31. Sitzung am 30. September 2016 und in seiner 32. Sitzung am 4. November 2016 beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt.

Besondere Bedeutung kam im Rahmen der Anhörung und Erörterung im Haushalts- und Finanzausschuss der umfänglichen Stellungnahme des Thüringer Rechnungshofs in der Vorlage 6/1738 zu Drucksache 6/2655 zu. Der Rechnungshof empfiehlt unter anderem die Entwicklung eines verbindlichen Konsolidierungskonzepts 2020, welches Strategie, Ziele und Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung konkret benennt. Nach seiner Auffassung bedarf eine verlässliche Finanzplanung politischer Vorgaben. Dabei seien die politischen Zielsetzungen und Schwerpunkte eindeutig zu benennen und mit Daten zu unterlegen. Damit würde die Finanzplanung ihren Charakter einer Pflichtübung verlieren und auch das Parlament könnte sich intensiv mit der Mittelfristigen Finanzplanung auseinandersetzen. Insoweit sieht der Rechnungshof mit

der durchgeführten Anhörung einen ersten Schritt in diese Richtung. Schließlich regt der Rechnungshof an, die Finanzplanung um eine langfristige Prognose zu ergänzen, die etwa eine Projektion der gesamten Einnahmen und Ausgaben des Landes bis zum Jahr 2030 enthält. Die Ermächtigungsgrundlage hierfür sowie für eine konkrete Ermittlung der monetären Auswirkungen der aktuellen Beschlüsse zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab 2020 sieht der Rechnungshof in § 50 Abs. 3 Haushaltsgrundsätzegesetz, wonach die gesetzgebende Körperschaft die Vorlage von Alternativberechnungen zur Finanzplanung verlangen kann.

Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt, den Mittelfristigen Finanzplan für die Jahre 2016 bis 2020 für den Freistaat Thüringen zur Kenntnis zu nehmen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter, für die Berichterstattung. Tosenden Beifall für die Berichterstattung haben wir auch relativ selten. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Kowalleck, CDU-Fraktion, das Wort. Begründung? Was wollen Sie denn begründen?

(Zuruf Abg. Geibert, CDU: Den Alternativan- trag!)

Das ist keine eigene Vorlage. Daraus ergibt sich kein eigenes Begründungsrecht. Sie können das gern im Rahmen Ihres Aussprachebeitrags tun.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, auch von unserer Seite natürlich herzlichen Dank an den Ausschussvorsitzenden für die Berichterstattung. Wir haben, wie der Vorsitzende bereits gesagt hat, im Haushalts- und Finanzausschuss eine entsprechende Anhörung vorgeschlagen und durchgeführt, weil wir sehen, dass es notwendig ist, die zukünftige finanzpolitische Ausrichtung unseres Freistaats auf einer breiten Basis zu diskutieren. An dieser Stelle gilt unser besonderer Dank noch mal den Anzuhörenden, die mit ihren Beiträgen eine weitere Grundlage für die entsprechende Diskussion geliefert haben. Ich muss aber an dieser Stelle auch sagen: Ich war ein wenig verwundert, dass sich die Anzuhörenden Bund der Steuerzahler und Deutscher Gewerkschaftsbund der Diskussion entzogen haben und nicht einmal mitgeteilt haben, warum sie keine Zuschrift geliefert haben. Eventuell erfolgen hier noch die Hinweise zu einem späteren Zeitpunkt.

Der Thüringer Rechnungshof begrüßte in der Anhörung die intensive Auseinandersetzung mit der Mit

(Vizepräsident Höhn)

telfristigen Finanzplanung. So wird ermöglicht, dass zum Beispiel frühzeitig finanzielle Entwicklungen transparent gemacht werden können und die Abstimmung von Maßnahmen und das Setzen von Schwerpunkten erfolgen kann. An dieser Stelle auch noch einmal von unserer Seite ein ganz herzlicher Dank an den Landesrechnungshof für die zahlreichen und umfangreichen Hinweise. Wir haben auch vom Präsidenten des Landesrechnungshofs erfahren, dass die Stellungnahmen nunmehr auch veröffentlicht wurden und entsprechend einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind. Ich denke, das ist gut so und zeigt die entsprechende Transparenz.

Meine Damen und Herren, die vorliegende Mittelfristige Finanzplanung umfasst zum ersten Mal das Jahr 2020. Das ist das Jahr, in dem der Solidarpakt ausläuft und das Neuverschuldungsverbot im Grundgesetz greift. Thüringens links-geführte Koalition ist offensichtlich nicht gewillt, daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, denn bis 2020 will Rot-Rot-Grün knapp 900 Millionen Euro mehr ausgeben, als das Land einnimmt.

Wir sehen im Finanzplan, dass Rot-Rot-Grün die Ausgaben dauerhaft über 10 Milliarden Euro belassen will. Das übersteigt nach unserer Meinung auf Dauer die Möglichkeiten unseres Freistaats. 2014 – daran möchte ich erinnern –, im letzten Jahr der CDU-geführten Landesregierung, hat Thüringen weniger als 9 Milliarden Euro ausgegeben.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ausgegeben oder im Plan ge- habt?)

Vom Landesrechnungshof werden neben dem steigenden Haushaltsvolumen weitere Indikatoren aufgeführt. So ist zum Beispiel absehbar, dass die Personalausgabenquote ansteigen wird und die Investitionsquote sinkt. Grundsätzlich kritisch würdigt der Landesrechnungshof das weitere Anwachsen des Ausgabenvolumens im Jahr 2018 mit Hinzurechnung bisher nicht unterlegten Konsolidierungsbedarfs. Ab 2018 wäre das bisher untersetzte Ausgabenvolumen in den Jahren 2019 und 2020 zwar ebenfalls leicht rückläufig, liegt aber dennoch über dem Planungswert von 2017. Verheerendes Urteil des Landesrechnungshofs: Es ist keine Strategie zur Reduzierung der Ausgaben zu erkennen. Im Gegenteil: Der Aufwuchs bei Landesgesetzen und Landesprogrammen ist äußerst kritisch einzuschätzen.

Meine Damen und Herren, weiterhin hat das Institut der deutschen Wirtschaft in seiner Zuschrift dargelegt: Die Ausgaben steigen im Zeitraum des Mittelfristigen Finanzplans spürbar. Dadurch baut sich ein erheblicher Konsolidierungsbedarf auf, den auch die zusätzlichen Mittel aus dem Länderfinanzausgleich ab dem Jahr 2020 nur leicht mindern, denn gleichzeitig nehmen die Pensionslasten in

den kommenden Jahren immer weiter zu, ohne dass der Haushalt ausreichend darauf eingestellt ist. Zudem stellt sich für die Landesregierung die Herausforderung, trotz der angespannten Haushaltslage und der Einführung der Schuldenbremse Spielräume für Investitionen zu schaffen, um den Wirtschaftsstandort Thüringen zu stärken. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass die ausgewiesene stagnierende oder sinkende Investitionsquote Anlass zur Sorge um die Zukunftsfähigkeit des Landes gibt. Diese Planung belegt, dass Investitionen stets als Erstes Haushaltskürzungen zum Opfer fallen, womit eine solide Finanzpolitik verfehlt wird. Der Freistaat hat kein Einnahmenproblem, meine Damen und Herren. Vielmehr gibt es keine Strategie, die Haushalte ab dem Jahr 2018 ausgabenseitig auszugleichen.

(Beifall CDU)

Die Konsolidierung des Landeshaushalts ist nach unserer Meinung

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Jetzt sind wir mal auf Ihr Konzept gespannt. Wie würden Sie es denn machen?)

unverzichtbar, aber es liegt derzeit keine Strategie vor, wie die Haushalte ab 2018 –

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Besser würden wir es machen!)

ich wiederhole das noch einmal – ausgabenseitig auszugleichen sind.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Besser!)

Hier bringe ich auch noch einmal das Fazit zum Thema „Einnahmen“

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Noch einen Doktoranden, noch einen Dokto- randen!)

des Instituts der deutschen Wirtschaft, das sagt: Trotz real steigender Steuereinnahmen infolge der guten konjunkturellen Lage braucht die Landesregierung die Rücklagen auf und sorgt durch Steuererhöhungen für eine Schwächung des Standorts.

Die Einigung zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen verschafft dem Freistaat Thüringen zwar zusätzliche Finanzmittel, verbessert jedoch nicht die Anreize, die eigene Wirtschaftskraft zu stärken. An dieser Stelle haben wir natürlich auch über die Erhöhung der Grunderwerbsteuer diskutiert, die im Jahr 2017 greift. Unserer Meinung sind Sie da eben auch auf dem Holzweg, wenn Sie hier zusätzlich die Thüringerinnen und Thüringer belasten, die Eigentum schaffen wollen. Das trifft genauso die jungen Familien wie die älteren Mitbürger, die hier in Immobilien investieren.

Meine Damen und Herren, für den Landesrechnungshof greift eine Konsolidierung zu kurz, die nur

haushaltsplanbezogene Einnahmen und Ausgaben unter Ausnutzung von Rücklagen und globalen Buchungen zum Ausgleich bringt. Mit Blick auf die Aussagen der Mittelfristigen Finanzplanung betonte die Finanzministerin: Es besteht kein Zweifel, dass in kommenden Haushalten weiter konsolidiert werden muss. – Der Rechnungshof wiederholte in der Anhörung seine Erwartung, ein verbindliches Konsolidierungskonzept 2020 zu entwickeln. Ich habe aber den Eindruck, Frau Ministerin, Sie winden sich da wirklich sehr, nur um dieses Konzept nicht zu entwickeln. Da wünsche ich mir doch wesentlich mehr Initiative vonseiten der Landesregierung.

(Beifall CDU)

Es gibt offensichtlich auch heftige Diskussionen zur aktuellen Einigung beim Länderfinanzausgleich. Vielleicht, Frau Finanzministerin, können Sie uns da auch noch mal hier an dieser Stelle den neuesten Stand darlegen. Während der Ministerpräsident Bodo Ramelow das Paket als Erfolg verkauft, schüttet die Finanzministerin ganz offensichtlich viel Wasser in den Wein und kritisiert die Einigung.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, der Landesrechnungshof regt aufgrund der Neuregelungen des Länderfinanzausgleichs an, die Auswirkungen auf die vorliegende Finanzplanung konkret zu ermitteln. Gerade für den parlamentarischen Diskussionsprozess wird diese Information als wichtig erachtet. Wir haben ja den entsprechenden Antrag hierzu auch eingebracht.

(Beifall CDU)

Sehr geehrte Frau Finanzministerin, Sie sagten, die Mittelfristige Finanzplanung ist die finanzielle Richtschnur für die kommenden Jahre. Wir wünschen uns an dieser Stelle auch, dass Sie entsprechend handeln und dass wir diese Mittelfristige Finanzplanung demnach entsprechend aktualisieren.

(Beifall CDU)

Zumindest eine Anregung vom Rechnungshof ist bei der Landesregierung wohl auf fruchtbaren Boden gestoßen. So wurde im Haushalts- und Finanzausschuss zugesagt, die Finanzplanung künftig wieder um einen Soll-Ist-Vergleich zu ergänzen. Dieser war bis zum Jahr 2014 als Anlage beigefügt. Bei anderen Anregungen des Landesrechnungshofs zeigt sich die Landesregierung dabei eher hartleibig. Das betrifft zum Beispiel die Anregung, die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern. Das scheut die rot-rot-grüne Landesregierung scheinbar wie der Teufel das Weihwasser. Da sind Sie nach unserer Meinung auf dem Holzweg, denn das wäre ein wichtiges Zeichen in Richtung Konsolidierung für unseren Freistaat.

Ab dem Jahr 2018 soll nach der Finanzplanung eine geringe Schuldentilgung vorgenommen werden,

die Jahreswerte von 2015 und 15 Millionen Euro für die Jahre 2018, 2019 und 2020 sind keineswegs nachhaltig. Im Finanzplan 2015 bis 2019 war für die Jahre 2018 bis 2019 noch eine Tilgung von jeweils 30 Millionen Euro geplant. Fraglich ist dabei auch das Vorhaben einer Schuldentilgung im Zusammenhang mit der Neueinstellung von Beamten, erst recht im Hinblick auf einen Konsolidierungsbedarf von 400 Millionen Euro bis in das Jahr 2020.

Zum Pensionsmodell oder der sogenannten Thüringer Nachhaltigkeitsstrategie der Finanzministerin gibt es ja noch keine konkrete Beschlusslage der Landesregierung. In der Finanzplanung ist noch etwas von ausstehenden Beratungen innerhalb der Landesregierung zu lesen. Da wünschen wir uns auch noch mal konkrete Äußerungen an dieser Stelle. Das wäre doch hilfreich für die zukünftigen Planungen.

Die Anregung des Landesrechnungshofs, der Gedanke des Demografie-Checks, sollte zukünftig auch aufgenommen werden. Zu- und Abnahme von Einwohnern hat eben auch Einfluss auf Einkommen-, Umsatzsteuer, Sozialausgaben und vieles mehr. Sinn und Zweck muss eine aktive Gestaltung des demografischen Wandels in Thüringen sein. Am Beispiel der verschiedenen Zweckverbände sehen wir auch, dass es gar nicht so schwer ist, einen solchen Demografie-Check durchzuführen. Wir sehen das gerade bei diesen Verbänden, die da einen entsprechenden Überblick zur Wirtschaftlichkeit zukünftiger Investitionen erhalten.

Ein weiterer Punkt unserer Anzuhörenden, gerade der kommunalen Spitzenverbände, waren die finanziellen Leistungen nach dem Finanzausgleichsgesetz. Einführend haben sich die kommunalen Spitzenverbände wiederholt auf den rot-rot-grünen Koalitionsvertrag bezogen, in dem es heißt – das hatte ich an dieser Stelle auch schon mal zitiert –: „Wir werden die finanzielle Situation der Kommunen verbessern, indem wir den KFA erhöhen und Kommunen, die sich in der Haushaltskonsolidierung befinden, Investitionen ermöglichen.“ Als Kommunalpolitiker kann ich nur sagen: Dieser Spruch ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Wir haben das erst in dieser Woche gesehen, als Frau Finanzministerin den Landräten in Thüringen eine ganz klare Abfuhr erteilte, als sie mehr finanzielle Mittel für ihre Kommunen verlangte. Frau Finanzministerin, ich sage hier ganz klar: Das ist der falsche Weg. So sollte man nicht mit den Kommunalverantwortlichen in diesem Lande umgehen.

(Beifall CDU)

Ähnlich sehen es die kommunalen Spitzenverbände, die auch sagen, dass Sie Ihrem selbst gesetzten Anspruch bisher nicht Rechnung getragen haben. Das wird wohl auch in der Mittelfristigen Finanzplanung bis 2020 nicht umgesetzt werden.

Herr Kollege, einen kleinen Augenblick. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage vom Abgeordneten Kuschel.

Aufgrund der Redezeit bitte dann am Ende.