Herr Präsident, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kuschel beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Mit der Nummer 2 des Beschlusses des Landtags in Drucksache 6/2366 vom 23. Juni 2016 mit dem Titel „Bürgerbeteiligung im Rahmen der Gemeindegebietsreform sichern“ wurde die Landesregierung aufgefordert, durch Beratung, Bereitstellung von Methodenmaterialien sowie Angebote zur Moderation Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften sowie Rechtsaufsichtsbehörden während der Freiwilligkeitsphase nach § 6 ThürGVG mit dem Ziel zu unterstützen, dass eine weitestgehende Beteiligung von Einwohnerinnen und Einwohnern im Prozess der freiwilligen Gemeindeneugliederung gewährleistet werden kann. Unmittelbar nach dem Beginn der Freiwilligkeitsphase habe ich deshalb zu Beratungszwecken in allen 17 Landkreisen Bürgermeisterdienstberatungen mit insgesamt 600 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern
und rund 50 Gemeinschaftsvorsitzenden durchgeführt. Auf Arbeitsebene im zuständigen Fachreferat des TMIK wurden zudem seit Inkrafttreten des Vorschaltgesetzes bislang mehr als 100 Beratungsgespräche mit über 500 kommunalen Vertretern geführt, insbesondere zu den Neugliederungsoptionen der einzelnen Gemeinden. Zur Unterstützung der freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden wurden außerdem auf der Internetseite des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales allgemeine Anwendungshinweise sowie Beschluss- und Vertragsmuster unter anderem zum Download zur Verfügung gestellt. Ergänzend wurde ein sogenanntes Bürgergutachten durchgeführt. Knapp 100 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger diskutierten im Zeitraum von Oktober bis November 2016 in vier sogenannten Planungszellen in Suhl, Tambach-Dietharz, Gera und Mühlhausen auf den dreitägigen Veranstaltungen über die Ausgestaltung der Verwaltungs- und Gebietsreform. Dabei ging es nach den Expertenvorträgen um die Themen „Bürgerservice“, „E-Government“, „Erreichbarkeit der Verwaltung“, „künftige Leistungen der Daseinsvorsorge“, „regionale Identität“ und „bürgerschaftliches Engagement“. Daneben gab es eine offene Arbeitseinheit, in der sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst ein Thema wählen konnten, und eine Politikeranhörung mit Vertretern der Landtagsfraktionen. Aufgrund der konstruktiven Beiträge der Interessenvertreter aus der Informationsveranstaltung wurde für jede Planungsregion ein weiterer Ort, der kein Mittel- oder Grundzentrum ist, ausgewählt, um auch die Wünsche der Bevölkerung aus den kleineren Orten besser berücksichtigen zu können. Die Empfehlungen der Gruppen werden in einem Bürgergutachten zusammengefasst, das der Landesregierung im Januar bzw. Februar 2017 öffentlich übergeben werden soll. Hinzu kommt die Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums für Inneres und Kommunales zum Schwerpunktthema
„Verwaltungs-, Funktionalund Gebietsreform“, zum Beispiel mit der Homepage, Blogs, den FAQs zu den immer wiederkehrenden Fragen, Flyer, Facebook und Twitter.
Zu Frage 2: Darüber hinaus können gemäß § 9 Abs. 3 ThürKO die Gemeinden im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts im Vorfeld der Beschlussfassung der Gemeinderäte zu einer Bestandsänderung die Einwohner umfassend informieren und in die Entscheidung über die Bestandsänderung bzw. Neugliederung einbeziehen. Die Information der Einwohner kann zum Beispiel im Rahmen von Einwohnerversammlungen erfolgen und/oder über andere Informationswege wie Amtsblätter, Internet usw.
Zu Frage 3: Für die Durchführung des Bürgergutachtens sind seitens der Landesregierung 150.000 Euro eingeplant. Die weiteren Aufwendungen zum Beispiel für Bürgerbefragungen unterliegen der kommunalen Selbstverwaltung oder den allgemeinen Verwaltungsausgaben.
Vielen Dank, Herr Minister. Gibt es Nachfragen? Herr Fiedler, ist das eine Nachfrage zu dieser Frage?
Danke, Herr Präsident. Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, dass es keine Bürgermeisterdienstberatungen gibt, weder von Bürgermeistern noch von Oberbürgermeistern? In der kommunalen Selbstverwaltung sind die urgewählt. Würden Sie mir da zustimmen – da würde ich mich freuen, dass es maximal Beratung geben kann, keine Dienstberatung –, wie sehen Sie das?
Die Frage ist, ob ich mich künftig bemühen will, so habe ich es verstanden, immer Bürgermeisterberatung zu sagen, nicht Dienstberatung. Sie haben sich selbst versprochen, so ist das manchmal, also Bürgermeisterberatung war gemeint und so ist das auch.
Auch das ist jetzt geklärt. Weitere Fragen sehe ich nicht. Vielen Dank, Herr Minister. Jetzt wie angekündigt Herr Abgeordneter Fiedler als nächster Fragesteller, Drucksache 6/3123.
Nach meinen Informationen soll es im Jenaer Stadtteil Lobeda seit zwei Wochen Revierkämpfe zwischen rivalisierenden Gruppen jugendlicher Ausländer geben. Bei den Beteiligten soll es sich nach Angaben von „MDR Thüringen“ um Bewohner einer Asylunterkunft handeln. Bei den letzten beiden bekannt gewordenen Auseinandersetzungen der rivalisierenden Gruppen soll es zu zahlreichen Körperverletzungen gekommen sein. Auch werde wegen Landfriedensbruch ermittelt.
1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu den geschilderten Vorfällen in Jena Lobeda vor?
2. Welche konkreten strafrechtlichen Ermittlungen wurden gegen die beteiligten Jugendlichen eingeleitet?
3. Welche polizeilichen sowie ordnungsbehördlichen Maßnahmen wurden ergriffen, um derartige Vorfälle künftig zu unterbinden?
Herr Präsident, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fiedler beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Der Thüringer Polizei wurden seit Mitte des Jahres vermehrt Sachverhalte bekannt, welche eine zunehmende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Bereich der Skaterbahn in der KarlMarx-Allee in Jena-Lobeda, einem bekannten Ju
gendtreffpunkt, vermuten lassen. Die Personen, welche sich dort regelmäßig treffen, polarisieren sich in einzelnen Gruppen. Bei einer Gruppe handelt es sich hauptsächlich um Jugendliche und Heranwachsende mit Migrationshintergrund im Alter von 14 bis 20 Jahren, aber auch Personen im Kindesalter. Diese Personengruppe geriet mehrfach mit anderen Personen oder Gruppierungen in Konflikte. In diesem Kontext führen in jüngster Zeit die zunächst verbalen Auseinandersetzungen auch zu strafrechtlich relevanten Handlungen. Ihren aus polizeilicher Sicht vorläufigen Höhepunkt fand die Situation am 23. November 2016. An diesem Tag eskalierte eine verbale Streitigkeit zwischen mehreren Jugendlichen syrischer und irakischer Herkunft, in deren Folge es zu einer Körperverletzung kam. Ein Ermittlungsverfahren wegen besonders schwerem Fall des Landfriedensbruchs und besonders schwerem Fall des Diebstahls wird derzeit in der Landespolizeiinspektion in Jena bearbeitet. Der Landesregierung ist ebenso bekannt, dass sich Anwohner der Karl-Marx-Allee zunehmend über den durch die Jugendgruppen verursachten Müll, aber auch den ruhestörenden Lärm beschweren. Hausmeister der nahe gelegenen Schulen berichten von blockierten Zugängen sowie Pöbeleien durch die Angehörigen dieser Jugendgruppen gegenüber den Nutzern der Sporthallen.
Zu Frage 2: Im Zeitraum von August 2016 bis Ende November 2016 wurden folgende Ermittlungsverfahren eingeleitet: drei Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, zwei Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung, ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz, gefährliche Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung, ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung, ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs und besonders schwerem Fall des Diebstahls, ein weiteres wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Weiterhin wird jeweils ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, Missbrauchs von Notrufen, Bedrohungen und wegen Beleidigungen auf sexueller Grundlage eingeleitet.
Zu Frage 3: Die Landespolizeiinspektion Jena hat inzwischen den Bereich um die Skaterbahn in Jena-Lobeda als lokalen Kriminalitätsschwerpunkt eingestuft. Sie hat sich neben konsequenten repressiven Maßnahmen zu einer intensiven polizeilichen Präsenz und Kontrolltätigkeit im Bereich der Karl-Marx-Allee entschlossen. Die polizeilichen Maßnahmen werden durch begleitende Maßnahmen von Jugendbehörden und Streetworkern ersetzt. Darüber hinaus werden gemeinsame Streifen durch die Thüringer Polizei und Mitarbeiter des Ordnungsamts der Stadt Jena durchgeführt. So weit meine Antwort.
Zunächst, Sie haben sich bestimmt versprochen, Herr Dr. Poppenhäger, als Sie gesagt haben, die polizeilichen Maßnahmen würden durch die der Jugendbehörde ersetzt. Sicherlich meinen Sie „ergänzt“.
Ich wollte genau nach den präventiven Maßnahmen fragen. Wissen Sie, welche präventiven Maßnahmen im Rahmen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes SGB VIII dort stattfanden bzw. -finden? Soweit ich weiß, unterhält sich heute der Jugendhilfeausschuss in Jena über genau dieses Thema. Wissen Sie, welche Maßnahmen es schon gegeben hat?
Die erste Frage will ich Ihnen bestätigen, natürlich habe ich „ergänzt“ sagen wollen und nicht „ersetzt“, falls ich mich da versprochen habe.
Zu den näheren Maßnahmen, die dort im Moment stattfinden, kann ich Ihnen nichts sagen, aber auch dazu kann ich noch etwas nachliefern.
Gut, weitere Nachfragen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur nächsten Anfrage von Herrn Abgeordneten Tischner, CDU-Fraktion, in Drucksache 6/ 3127. Die nimmt in Vertretung Herr Abgeordneter Emde vor.
In Thüringen kommt es vermehrt zu Auflösungen von Schulklassen. Die Schüler werden dann meist auf andere Klassen aufgeteilt, sodass neben der Klasse selbst insbesondere die Parallelklassen von den Auswirkungen einer solchen Schließung betroffen sind.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Emde, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Tischner beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:
Zu den Fragen 2 bis 4: Die Begriffe „Klassenauflösung“ oder „Klassenschließung“ werden in der Thüringer Schulordnung nicht verwendet. In der Thüringer Schulordnung ist geregelt, dass der Unterricht vom Schulleiter fächerübergreifend, klassenübergreifend, klassenstufenübergreifend und zeitweise kursübergreifend eingerichtet werden kann. Er kann bei entsprechendem Bedarf auch für Schüler mehrerer Schulen gemeinsam durchgeführt werden. Grundsätzliches ist in der Verwaltungsvorschrift für die Organisation des Schuljahrs 2016/17 geregelt, ich zitiere: „Die der Schule durch das Schulamt dann zugewiesenen Stellen stehen der Schule als Gesamtpool zur Verfügung. Sie bilden den Rahmen, innerhalb dessen die Schule über die Bildung von Klassen, Kursen und Lerngruppen nach Punkt 3 dieser Verwaltungsvorschrift […] eigenverantwortlich entscheidet. Die Klassen- und Kursbildung ist so vorzunehmen, dass die Absicherung der Stundentafel in allen Fächern mit dem zum Schuljahresbeginn verfügbaren Personal an allen Schulen gewährleistet ist.“ Der Landesregierung liegen keine entsprechenden Daten vor, die Veränderungen von Klassen, Kursen und Lerngruppen im Laufe eines Jahres in Thüringen oder gar regional abbilden. Die staatlichen Schulämter führen keine diesbezüglichen Statistiken und sind dazu auch nicht verpflichtet, da es sich um die schulorganisatorischen Maßnahmen handelt, welche in der Zuständigkeit der Schulleitungen liegen. Die Schulämter können jedoch in die Klassen- und Kursbildung regulierend eingreifen, wenn die Unterrichtsabsicherung einzelner Klassen bzw. Kurse oder an bestimmten Schulen gefährdet ist. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Vorbemerkungen zur Verwaltungsvorschrift des TMBJS vom 22. April dieses Jahres, „Organisation des Schuljahres 2016/17 (VVOrgS16/17)“, veröffentlicht im Amtsblatt TMBJS, Seite 138 ff., verwiesen. Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Ohler, Sie haben gerade ausgeführt, dass es keine Klassenauflösungen gab. Wenn ich Ihre Ausführungen zu 3. höre, dann sagen Sie aber indirekt doch, dass es in Ausführung der schulischen Eigenverantwortung, durch schulorganisatorische Maßnahmen Auflösungen von Klassen gegeben haben kann, Sie nur die Daten nicht erheben. Richtig?