Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Zuschauer, die wir heute haben! Ja, wir haben das Vergabegesetz im April 2011 beschlossen, Herr Voigt, das ist richtig. Im April 2011 ist es hier in diesem Haus beschlossen worden. Wir haben beschlossen, dass wir es nach fünf Jahren evaluieren. Und wer rechnen kann, weiß, das April 2011 plus fünf gleich 2016 ist und wir befinden uns noch im Jahre 2016. Natürlich läuft der Evaluierungsprozess noch und er läuft sehr gründlich und sehr nachhaltig. Herr Wirkner hat im Ausschuss am 03.11. – Herr Voigt, Sie haben es ja gerade erwähnt – den Stand abgefragt. Wir sind vollumfänglich informiert worden. Es werden Unternehmen, es werden KMU, es werde die Kammern mit individuellen Fragebögen abgefragt. Es werden genau die einzelnen Punkte, die Herr Voigt jetzt kritisiert hat, vor Ort überprüft; wie ist es angekommen, wie geht man damit um. Aber man ist mittendrin in einem Prozess, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich sage das jetzt mal ein bisschen flapsig: Die Hälfte der Fragebögen ist da, ist ausgewertet. Die andere Hälfte ist noch bei den Beteiligten. Ich denke, so viel Zeit muss sein für gutes Arbeiten, um dieses ganzheitlich auszuwerten und mit einem Ergebnis, das wir zeitnah Anfang nächsten Jahres haben werden, in eine Evaluierung zu steigen.
Ja, Herr Voigt, wir werden Ihr Gesetz auch an den Ausschuss überweisen, um, wie mit vielen anderen Gesetzen, mit Ihnen gemeinsam das Beste für den Freistaat Thüringen zu erreichen,
das Beste in einem Gesetz, das wir 2011 erstmalig hier auf den Weg gebracht haben. Nichts ist gut genug, damit es nicht noch verbessert werden kann. Wir lernen mit der Praxis. Ich darf Herrn Dr. Ralf Pieterwas hier kurz erwähnen, der uns Anregungen mitgebracht hat, die sagen, wir müssen an die Bürokratisierung ran. Warum reden wir nicht über die Präqualifizierungen von Unternehmen? Warum binden wir da nicht stärker auch Instrumente der Kammern ein? Ein Punkt, den wir in der Evaluierung besprechen müssen, besprechen sollten. Da haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht, was in dem Punkt auch rauskommen wird. Ich bin mir sicher, dass uns das Ministerium Anfang des Jahres 2017
Jetzt lassen Sie mich noch ein paar Anmerkungen machen. Die elektronische Vergabeplattform ist ein wichtiger Ansatz in Ihrem Gesetz, der muss natürlich jetzt diskutiert werden; das war 2011 noch nicht die Frage. Aber jetzt mit der Digitalisierungsstrategie des Hauses ist das natürlich ein Ansatz, der auch in dieses Gesetz hineinformuliert werden muss.
Ich sage ganz deutlich: In einer sich wandelnden Gesellschaft, in einem stark globalisierten Markt sind für den Freistaat Thüringen Regelungen der Tariftreue nicht nur die vergabespezifische Mindestlohnregelung, Kolleginnen und Kollegen der Linken, sondern ich traue mir das hier zu sagen: Nur mit gutem Lohn und guter Arbeit kommen wir auch in Thüringen weiter. Mir geht es um Tariftreuebindung.
Nur wer jetzt Geld verdient, kann später auch die Rente bezahlen. Nur wer Geld in Thüringen verdient, bleibt auch zu Hause und geht nicht in andere Bundesländer. Deswegen lasst uns mutig sein, lasst uns hier nicht erschrecken!
Herr Dr. Voigt, lassen Sie sich da nicht ins Bockshorn jagen! Wir haben zu streiten, wir haben zu kämpfen für unsere Thüringer, damit wir uns auch in der nächsten Generation die Dinge leisten können, die dieser Freistaat verdient hat.
Lassen Sie mich noch eines sagen, ein ganz wichtiges Argument, vor allem was den Bau anbelangt: Regionale Vergabekriterien – lassen Sie uns mutig rangehen und sagen, der, der bei uns den Firmensitz hat, der, der bei uns die Steuern zahlt, der, der bei uns gute Arbeit bringt, der, der die Kriterien erfüllt, der sich aktiv in der Gemeinde, bei der Feuerwehr, bei allen anderen Unternehmen engagiert, der muss doch bei uns auch partizipieren können. Der ist doch Bestandteil unserer Gesellschaft. Lassen Sie uns diese Werte anerkennen und offen damit diskutieren und offen damit umgehen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wären mit den Tariftreueregelungen nicht die Ersten und es würde uns gut anstehen. Ich freue mich auf eine spannende Debatte im nächsten Jahr mit Ihnen, Herr Dr. Voigt, und mit Ihnen, meine Damen und Herren. Ich freue mich darauf, dies im Ausschuss für Wirtschaft und Wissenschaft zu diskutieren. Ich bedanke mich.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, die CDU-Fraktion möchte das Thüringer Vergabegesetz reformieren. Das stammt aus dem Jahr 2011, wir haben es schon gehört. Es ist also damals unter einer CDUgeführten Landesregierung verabschiedet worden. Wer jetzt meint, dass wir uns darüber lustig machen würden, der irrt. Ich kann Sie also beruhigen, liebe Kollegen von der CDU. Es ist aus unserer Sicht eher positiv zu bewerten, wenn man erkennt, dass man an der Seite eines ideologisch verblendeten Koalitionspartners namens SPD damals das Vergaberecht mit vergabefremden Kriterien verunreinigt hat und diesen Fehler nun ausräumen möchte. Nicht zuletzt bestätigen auch Stimmen aus der Thüringer Wirtschaft und Stellungnahmen aus den Kammern und den Verbänden und auch der Wissenschaft die erhebliche Zunahme des bürokratischen Aufwands seit 2011 eben durch diese vergabefremden Kriterien sowie geforderte Nachweispflichten.
Der Gesetzentwurf enthält demzufolge viel Richtiges und Begrüßenswertes, vor allem in Bezug auf die Novelle der bisherigen §§ 4 bis 11 des Thüringer Vergabegesetzes. Dort wollen Sie, liebe CDUKollegen, unter Bezugnahme auf die Tariftreue und Entgeltgleichheit die Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers abschaffen, weil sie anderweitig geregelt und vergabefremd sind. Das ist richtig. Wenn dann vielleicht im Gegenzug irgendwann mal behauptet wird, dass man damit den Raubtierkapitalismus gegen den Arbeitnehmer entfesseln würde, das wäre aus unserer Sicht unsubstanziiert und populistisch. Deswegen würden wir nicht auf so eine Idee kommen, denn natürlich beinhaltet die Rechtsordnung nach wie vor entsprechende Rechtspflichten zur Tariftreue oder zur Entgeltgleichheit. Sie haben nur im Vergabegesetz nichts zu suchen. Auch dass die CDU mit ihrem Gesetzentwurf die ökologischen Kriterien samt dem dazugehörigen Zertifizierungsunsinn aus dem Vergabegesetz entfernt, ist richtig und beendet eine sinnlose, dem Vergaberecht fremde ideologische Bevormundung.
Andererseits fallen einem aber auch von Ihnen vorgeschlagene Änderungen auf, bei denen man sich schon ein bisschen nach dem Sinn fragt. So wollen Sie in das Gesetz schreiben, dass unter anderem Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die zentrale Landesvergabeplattform nicht mehr nur nutzen können, sondern sollen. Ihre verständliche Intention ist dabei, dass nur noch in begründeten Ausnahmefällen davon abgewichen werden darf, die Vergabeplattform zu nutzen. Doch wenn Sie sich dafür entscheiden, dass eine Vorschrift wie diese zukünftig eingehalten werden
„soll“, statt eingehalten werden „kann“, dann produzieren Sie in erster Linie natürlich nur einen Haufen Papier, aber nicht wirklich eine Neuregelung mit faktisch anderen Auswirkungen. Das zeigt ja auch die Rechtspraxis der Landesregierung, wenn Sie sich zum Beispiel mal die Ausschreibungsbedingungen für die Stellenbesetzung des Verfassungsschutzpräsidenten ansehen. Auch da steht ein „soll“ dahinter, und wer dann am Ende ausgewählt wird, der erfüllt diese Bedingungen nicht mal ansatzweise. Ich kann Ihnen also sagen, wenn Sie in dem Punkt eine Änderung haben wollen, liebe CDU-Kollegen, dann sollten Sie mehr Mut haben zum „muss“. Das passt auch viel besser zu Ihnen, denn Sie sind ja schließlich die Partei der fleischgewordenen Alternativlosigkeit
und das kann man ruhig auch Ihren Gesetzentwürfen mal ansehen. Oder belassen Sie es halt bei der alten Regelung!
Die unsägliche und sinnfreie und auch sprachlich verhunzte Gleichstellungsbestimmung des § 21 fassen Sie leider auch nicht an. Wir meinen, die braucht es nicht, Gesetze sollten nämlich für vernünftige Menschen gemacht sein und nicht für die, die sich aus pathologischen Gründen zu Nervensägen für vermeintliche Geschlechtergerechtigkeit entwickelt haben. Ich persönlich kenne niemanden, den man mit einer solchen Nonsensklausel gesondert aufklären muss, dass der Auftragnehmer auch eine Frau sein kann,
Abgesehen von diesen kleineren Konsequenzen behebt dieser Gesetzentwurf aber insgesamt eine Menge der von der damaligen Landesregierung verursachten Fehler und wird von uns daher grundsätzlich positiv bewertet. Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. Danke schön.
Danke schön, Herr Möller. Als Nächster hat Abgeordneter Müller für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen, am 18.11. dieses Jahres titelte die „Ostthüringer Zeitung“: „CDU
will Vergabegesetz verschlanken“. Im Mai 2011, wir haben es schon gehört, wurde das Vergabegesetz in Kraft gesetzt und mit diesem Vergabegesetz sollte der öffentliche Auftraggeber zur sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung von Haushaltsmitteln angehalten werden. Es sollte der Rahmen für einen fairen Wettbewerb gesteckt und damit Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlossen oder verhindert werden. Wir wollten, dass Unternehmen aus der Region und des Mittelstands dadurch gestärkt hervorgehen können. Zugleich soll das Gesetz verhindern, dass beim Wettbewerb um öffentliche Aufträge – und nur um öffentliche Aufträge – die Konkurrenz durch Absenkung von Lohn-, Sozial- und ökologischen Standards vom Markt gedrängt werden kann, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten nicht zuletzt auch die ökologischen Standards besondere Einführung erhalten. Mit der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an diese Unternehmen wird ein Zeichen hinsichtlich der Tariftreue und des Einhaltens von sozialen und ökologischen Mindeststandards gesetzt. Das im Mai 2011 verabschiedete Thüringer Vergabegesetz soll nach fünf Jahren evaluiert werden. Diese Evaluierung, das haben wir vernommen, erfolgt derzeit. Die Vorbereitungen dafür laufen und meine Kollegin sprach bereits an, dass wir damit rechnen, dieses Anfang des kommenden Jahres auch abschließen zu können. An diesem Prozess der Evaluierung sind die öffentlichen Auftraggeber im Freistaat sowie natürlich auch die Seite der Bieter, sprich die Wirtschaft, sowie darüber hinaus die Verbände und Gewerkschaften beteiligt.
Sehr geehrte Damen und Herren, nun prescht die CDU mit einer Entschlackungskur noch vor Weihnachten voran. Sie legt einen Diätplan vor, ohne sich offensichtlich über dessen Folgen Gedanken zu machen, denn meiner Meinung nach führen Radikaldiäten hin und wieder zu unkalkulierbaren Risiken.
Noch vor wenigen Tagen haben wir im Wirtschaftsausschuss über die Schwierigkeit beim Finden und Rekrutieren geeigneten Personals diskutiert. Dabei haben wir feststellen müssen – und das war tatsächlich über alle Fraktionen hinweg einhellige Meinung –, dass einer der Gründe wohl in dem sehr niedrigen Gehaltsniveau, was in weiten Bereichen Thüringens nach wie vor gezahlt wird, liegt. Wenn die CDU nun fordert, auf Mindestlohnstandards zu verzichten, dann leistet sie in meinen Augen genau hier einem Hindernisgrund Vorschub.
Sie verhindert nachhaltig die Entwicklung auskömmlicher und gerechter Löhne in Thüringen. Langfristig raubt sie mit einem solchen Vorschlag und mit diesem Vorgehen unseren Kindern die Grundlagen für eine verlässliche Altersvorsorge. Auch das hängt damit zusammen.
Herr Voigt: Und selbst wenn die Linke auf die Idee kommen sollte, einen Mindestlohn von 10 Euro oder vielleicht 11 Euro in einem solchen Gesetz mit zu verankern oder in das novellierte Gesetz aufnehmen zu wollen, dann spiegelt es in meinen Augen lediglich den Anspruch nach auskömmlichen Löhnen wider, bei denen wir heute noch lange nicht angekommen sind.
Das ist nicht mehr und nicht weniger als gerecht. Im Übrigen reden wir hier über Monatsnettoeinkünfte von rund 1.100 Euro. Ich glaube, wenn wir hier ins Rund gucken, kaum einer vermag sich dabei vorzustellen, was es heißt, von 1.100 Euro Netto selbst oder vielleicht sogar mit einer Familie auskommen zu müssen. Das sage ich durchaus auch als Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir greifen mit dem Vergabegesetz ganz bewusst in die Gestaltungskräfte des Markts ein. Das obliegt uns auch. Es sind ausschließlich Steuergelder für diverse Leistungen, die hier vergeben werden. Dafür tragen wir eine hohe Verantwortung gegenüber den Steuerzahlerinnen sowie den Beschäftigten, die die Arbeiten in diesem Budget ausführen müssen. Dieser Verantwortung werden wir unter anderem dadurch gerecht, dass wir eben auf das Einhalten von Mindeststandards pochen und diese dürfen auch gern über den Mindeststandard des Bundes oder der EU hinausgehen. Wir haben Beispiele in anderen Bundesländern, wo dieses schon seit Jahren erfolgreich praktiziert wird. Man braucht nur einmal nach Schleswig-Holstein zu blicken.
Gleichzeitig wollen wir aber auch ein Maximum an Transparenz bei der Preisgestaltung erreichen. Nur so lässt sich langfristig Lohn-, Sozial- und Umweltdumping tatsächlich ausschließen. Im Zuge der geplanten Novellierung sind wir Bündnis 90/Die Grünen der Auffassung, dass neben den bestehenden sozialen und ökologischen Standards auch ein Standard aus dem Bereich der Energieeffizienz dringend Eingang finden sollte.
Wir Bündnis 90/Die Grünen wollen nicht die Firmen in Thüringen dafür bestrafen, dass sie sich bereits heute für faire Löhne, soziale Arbeitsbedingungen und ökologische Verfahren entschieden haben. Es sind die Firmen, die Thüringen zukunftsfähig machen und langfristig am Markt Erfolg haben werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, wer heute mit einem Vorschlag zur Streichung der ökologischen Standards und der sozialen Kriterien aufschlägt, hat die Zeichen der Zeit meiner Meinung nach wirklich nicht erkannt