Protokoll der Sitzung vom 26.02.2015

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Das ist ja eine Argumentation! Bei einer Klausur Note 6! Durchgefallen!)

Die Fraktionen von Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollen die gesetzlichen Vorschriften im Thüringer Abgeordnetengesetz hinsichtlich der Verwendungsmöglichkeiten von Fraktionsgeldern verändern. Die Möglichkeiten von Leistungen an einen einzelnen Abgeordneten einer Fraktion in Fraktionsautonomie für die Wahrnehmung besonderer Funktionen oder Aufgaben sollen gestrichen werden. Wie wir gehört haben, werden dazu insbesondere verfassungsrechtliche Gründe angeführt. Dabei wird dann auf die Meinung des Präsidenten des Rechnungshofs und diverse juristische Veröffentlichungen und Urteile Bezug genommen. Allerdings wird geflissentlich vermieden, darauf hinzuweisen, dass es ebenso und in vielfältiger Weise, sowohl in der parlamentarischen Praxis als auch durch hochdekorierte Juristen bzw. durch verschiedenste Urteilssprüche ebenso die genau gegenteilige Auffassung vertreten wird. Mit diesem Thüringer Gesetzentwurf soll den Funktionsvergütungen in Fraktions

autonomie die rechtliche Grundlage entzogen werden. Politisch ist das legitim. Ob es aber klug ist und stringent und folgerichtig und sachgerecht, darüber lässt sich streiten.

Meine Damen und Herren, es ist gelebte Praxis vom Bundestag über zahlreiche deutsche Parlamente, dass Funktionsaufgaben in ausgeübter Fraktionsautonomie vergütet werden. Und dabei spielt es keine Rolle, welcher Farbe die einzelnen Fraktionen angehören. Mit anderen Worten: Das, was durch einzelne Thüringer Landespolitiker mit harten Worten und der verfassungsrechtlichen Keule gegeißelt wird, wird durch Politiker derselben Fraktionen im Bund und in anderen Ländern als Selbstverständlichkeit und politisch legitim und in der Sache gerechtfertigt betrachtet. Der Brandenburger Landesrechnungshof kommt in der Frage der Zulässigkeit von Funktionsvergütungen – im Übrigen wird dort wahrscheinlich keiner die Frage der Parteilichkeit stellen, ich halte das für sehr frech, Herrn Dette hier Parteilichkeit zu unterstellen –, aber der Landesrechnungshof in Brandenburg kommt in der Frage der Zulässigkeit von Funktionsvergütungen aus Fraktionsmitteln zum genau gegensätzlichen Urteil als unser Thüringer Rechnungshofpräsident. Zusätzliche Vergütungen innerhalb des Parlaments, wie zum Beispiel für den Präsidenten, seine Stellvertreter, für Fraktionsvorsitzende oder Ausschussvorsitzende stellt auch hierzulande keiner infrage. Deren Notwendigkeit und Rechtfertigung wird von niemandem ernsthaft angezweifelt. Besondere Funktionsstellen können im Sinne eines tief verankerten gesellschaftlichen Prinzips finanziell besonders vergütet werden, und zwar nicht zuletzt, um die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und zusätzlicher Arbeit zu fördern. Eine solche Zulage ist damit auch und gerade als Nachteilsausgleich zu verstehen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wie heißt denn das tiefverwurzelte gesellschaftli- che Prinzip? Doch Ehrenamt – oder?)

Zusätzliche Vergütungen, ob innerhalb des Parlaments oder innerhalb einer Fraktion, wollen für schwierige Aufgaben und höhere Verantwortung die dafür zu erbringenden besonderen Anstrengungen und Leistungen für die gemeinsamen Ziele auch besonders honorieren. Ich zitiere mal Prof. Steiner: „Die im Wege der Wahl erfolgende Bestellung von Abgeordneten zur Wahrnehmung von Aufgaben mit hervorgehobenen Funktionen innerhalb einer Fraktion ergibt sich aus den Erfordernissen einer effektiven und sachgerechten parlamentarischen Arbeit. Sie ist für die Funktionsfähigkeit der Fraktionen und damit des Parlaments unabweisbar und nicht das Ergebnis einer systematischen Ausweisung solcher Funktionen als Grundlage für die Gewährung besonderer Vergütungen. Die Zahlung einer Funktionszulage ist hingegen lediglich die legitime Folge einer solchen Differenzie

(Abg. Korschewsky)

rung.“ Dies alles spricht für eine Entscheidung in dieser Sache in Hoheit der einzelnen Fraktionen. An der Stelle sei mir auch der Hinweis erlaubt, dass eine zusätzliche Vergütung für Fraktionsvorsitzende aus dem Haushalt des Landtags als Ganzes von allen für richtig und rechtens gehalten wird. Allerdings hier wird wiederum akzeptiert, dass die Entscheidung darüber, wer nun Fraktionsvorsitzender wird, nicht durch das Parlament, sondern durch die einzelnen Fraktionen herbeigeführt wird.

(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Ich hätte da einige Ideen!)

Über die Zulässigkeit von Funktionsvergütungen in Fraktionsautonomie gibt es in Thüringen, wie wir spüren, aber natürlich auch in ganz Deutschland sehr divergierende Auffassungen. Der Thüringer Rechnungshofpräsident hält sie nach geltendem Recht für unzulässig. Er regt aber gleichzeitig eine Klarstellung durch Landesgesetz an. Die unabhängige Expertenkommission des Bundestags kommt zu dem Urteil, dass Funktionsvergütungen jedoch auch insoweit verfassungsrechtlich zulässig sind, als sie nicht nur Präsidiumsmitgliedern und Fraktionsvorsitzenden gewährt werden, sie hält Funktionsvergütungen auch für Ausschussvorsitzende, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Parlamentarische Geschäftsführer und die Vorsitzenden von Arbeitskreisen für verfassungskonform. Sie spricht sich dafür aus, Funktionsvergütungen aus Fraktionsmitteln in Fraktionsautonomie zuzulassen und sie in Art und Anzahl ebenso wie in der Vergütungshöhe den Fraktionen zur Entscheidung zu überlassen.

Einige Sätze zur Frage der Bindungskraft des Urteils will ich auch sagen, denn das wurde hier sehr oft angesprochen, also die Frage der Bindungskraft des Bundesverfassungsgerichtsurteils aus dem Jahre 2000. Diese Bindungskraft wird von der unabhängigen Kommission beim Deutschen Bundestag, aber auch für zahlreiche Länder immer wieder ausgeschlossen. Genauso wie sie von anderen aber wiederum geltend gemacht wird. Für die aktuelle Rechtsanwendung in Thüringen halten wir sie für nicht gegeben. Auch die SPD-Fraktion formuliert übrigens in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Landesrechnungshof, dass sich eine gegenteilige Auffassung zumindest so lange vertreten lässt, bis das Bundesverfassungsgericht oder der Thüringer Verfassungsgerichtshof eine solche Zulagenpraxis der Fraktionen untersagt. Ich darf aus dem Gutachten von Prof. Brenner zitieren: So kann der Bindungswirkung des Urteils über Funktionsvergütung für den Fall, dass sich seither die der Entscheidung zugrunde liegende Situation so erheblich verändert hat, nunmehr eine begrenzte Bindungskraft zugesprochen werden. – Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sogar nach seiner eigenen Auffassung nicht mehr und nicht weniger als allgemeine

Maßstäbe zu der Frage aufgestellt worden sind, für welche Ämter Funktionszulagen vorgesehen werden können, ohne dass die Freiheit des Mandats und der Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten verletzt sind. Allgemeine Maßstäbe sind indessen zwangsläufig allgemein einer Konkretisierung im Einzelfall bedürftig. Insbesondere dann, wenn die beurteilenden Sachverhalte unterschiedlich sind. Das Urteil aus dem Jahr 2000 bezog sich auf die bis dahin geltenden gesetzlichen Regelungen im Freistaat. Danach wurden diese abgeändert und eine neuerliche juristische Bewertung muss sich zwangsläufig auf die seit dem Jahr 2000 geänderte rechtliche Lage beziehen.

Meine Damen und Herren, das Handeln der CDUFraktion bei der Verwendung der Fraktionsmittel, welche im Übrigen alle Fraktionen dieses Landtags analog ihrer Mitgliederzahlen in gleicher Höhe erhalten und bewirtschaften, befand sich in absoluter Übereinstimmung mit der geltenden Rechtslage und immer im guten Glauben. Allerdings, diesen Aspekt von Treu und Glauben sehen wir mit der Beratung des Präsidenten unterbrochen und handeln daher auch entsprechend. Die gesetzeskonforme Handhabe der Fraktionsmittel haben wir jährlich in korrekter Form sowohl dem Landtagspräsidenten als auch dem Landesrechnungshof nachgewiesen und dies auch jeweils attestiert bekommen.

Meine Damen und Herren, der Präsident unseres Landesrechnungshofs, Dr. Dette, legt in seiner aktuellen Beratung eine gesetzliche Klarstellung nah und regt insgesamt eine Debatte über das Abgeordnetengesetz in Thüringen an. Dieser Anregung wollen wir gerne folgen und die Regelungen im Thüringer Abgeordnetengesetz mit allen Fraktionen sowie unabhängigen Experten in aller gebotenen Sachlichkeit erörtern und weiterentwickeln. Dazu gehört, um auf einige Redebeiträge einzugehen, auch die Frage, nicht ob, aber in welcher Höhe Vizepräsidenten eine Funktionsvergütung bekommen sollen. Auch die Fragen der Diätenanpassung sind wir durchaus bereit zu diskutieren. Aber Herr Brandner, ich will Sie auch darauf hinweisen, wie die Dinge gelaufen sind, weil Sie es offensichtlich nicht aufmerksam genug recherchiert haben. Die Diätenanpassung nach Einkommensentwicklung, wie sie in Thüringen funktioniert, ist in der Verfassung verankert, Artikel 54. Diese Verfassung ist per Volksentscheid, den Sie vehement einfordern, entschieden worden.

(Beifall CDU)

Also müssen Sie, wenn Sie etwas ändern wollen, den ganzen Landtag und das Volk mitnehmen und uns bitte nicht unsachlich Dinge vorwerfen. Im Übrigen will ich dazu auch sagen: Wissen Sie, die AfD hat bisher mit Willensbekundungen geglänzt, auch zu diesem Thema, aber zu wirklich konsequentem Handeln sind Sie nicht gekommen. Jetzt könnte

man sagen, Sie sind noch Neulinge. Sie sind aber auch viele Juristen. Ich kann Ihnen sagen, vielleicht ist auch eine Folge dessen, dass Sie sich mehr als Teilzeitparlamentarier verstehen denn als Vollzeitparlamentarier. Und auch darüber ist am Ende zu diskutieren.

(Unruhe AfD)

Und ich rede Ihnen nicht das Wort von Teilzeitparlament und auch nicht das Wort von Verkleinerung des Landtags,

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Aber wir!)

denn es will wohlüberlegt sein, wie dieser Landtag seine Pflichten und Rechte wahrnehmen kann bei der Gesetzgebung für diesen Freistaat. Aber bis dahin sollte die Beratung dieser speziellen Gesetzesvorlage aus meiner Sicht abgeschlossen sein, was dann vielleicht auch zu einer Versachlichung der Diskussion in Gänze beitragen könnte. Ich plädiere für eine zügige Beratung im Parlament – wenn es geht, Überweisung an den Justizausschuss, in der nächsten Sitzung verabschieden. Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Emde. Nun hat von der SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Marx das Wort.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Emde, ich habe es mir fast gedacht, dass Sie hier vortreten und sagen werden: Dass die Koalition jetzt hier so einen Gesetzesvorschlag hinlegt, zeigt ja, dass das Gesetz nötig ist, um klarzustellen, dass es wirklich künftig verboten sein soll, und was jetzt erst ausdrücklich untersagt wird, muss dann früher wohl erlaubt gewesen sein. Aber dieses Argument, auch das gilt nicht und auch dazu hätten Sie in dem Beratungspapier des Präsidenten des Landesrechnungshofs den schönen Satz finden und lesen können, in dem es heißt: „Sollen Funktionszulagen dennoch gewährt werden, muss die Zulässigkeit der Zahlung solcher Zulagen über den Kreis der bisher im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Berechtigten hinaus aus verfassungsrechtlichen Gründen durch formelles Landesgesetz gestattet werden.“ Das heißt, Ihr Rückschluss, dass es bisher nicht verboten war und deswegen war es erlaubt, ist nicht richtig. Im Gegenteil – es war bisher nicht erlaubt und daher verboten und wir schaffen jetzt mit dieser Gesetzesnovellierung keine neue Rechtslage, wir verschriftlichen sie sozusagen nur noch einmal hier im Gesetz.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den Unterschied zwischen der Staffeldiät, die das Verfassungsgericht verboten hat, und den klaren Ansagen haben die Kollegen der Koalition, die vor mir hier schon gesprochen haben, Ihnen hier noch einmal deutlich vorgelesen und ins Stammbuch geschrieben. Die Unterschiede zwischen einer unzulässigen Staffeldiät und einer tatsächlichen Mehraufwandsentschädigung sind relevant dafür, was ein Landesgesetzgeber erlauben darf. Wenn Sie jetzt noch mal gesagt haben, im Bundestag sei das alles anders und da würden auch von unseren Parteien die Arbeitskreisvorsitzenden Zulagen bekommen, dann kann ich Ihnen mal erzählen, dass das möglicherweise auch den Grund hat, dass dort ein zu vergütender Mehraufwand auch tatsächlich in einer ganz anderen Weise entsteht, als Sie sich das vorstellen können.

Ich hatte einmal die große Ehre, acht Jahre im Deutschen Bundestag sitzen zu dürfen

(Zwischenruf Abg. Wirkner, CDU: Haben Sie auch gearbeitet?)

und die Arbeitskreise dort haben eine Arbeitsform, die unterscheidet sich deutlich von denen hier in dem kleinen und feinen – das will ich gar nicht abtun – Thüringer Landtag. Die Arbeitskreise dort tagen in Größen von 30 bis 50 Leuten. Warum? Die bereiten Entscheidungsvorlagen für die Ausschüsse vor und die Ausschussbeschlussfassungen werden oftmals im Deutschen Bundestag ohne jede weitere Diskussion dann einfach abgehakt, weil die Fülle der zu regelnden Tatbestände und der Bereiche der Bundespolitik es gar nicht erlaubt, so ausführlich, wie wir das hier machen, im Parlament zu diskutieren. Von daher kommt dieser Fraktionsvorbereitung eine viel höhere Verantwortung zu, als das hier im Landtag der Fall ist, wo wir immer noch genug Zeit haben – was ich auch schön finde –, dass wir hier miteinander noch ausführlich diskutieren können und Dinge zur Not wieder in Ausschüsse zurückgeben. Das ist alles im Bundestag überhaupt nicht der Fall. So veranstalten zum Beispiel Fraktionsarbeitskreise dort

(Unruhe CDU)

auch Anhörungen so, wie es hier von Ausschüssen passiert ist. Hier entscheidet also faktisch eine Ebene weiter unten und daraus können Sie nicht ableiten, dass hier in Thüringen auch Arbeitskreisvorsitzende ein extra Zubrot bräuchten.

Die Kollegen der Koalition vor mir haben ausdrücklich aus den Verfassungsgerichtsurteilen vorgelesen. Die Ansage war klar. Alles, was unterhalb der Funktionen von Fraktionsvorsitzenden, Landtagspräsidenten oder auch Fraktionsgeschäftsführern läuft, ist eine unzulässige Staffeldiät und seitdem steht die Rechtswidrigkeit der Funktionszulage wirklich im Raum und ist nicht einfach nur fragwürdig und fiktiv.

(Abg. Emde)

Jetzt kommt ja Ihre Volte – und Herr Emde, ich habe es mir hier schon aufgeschrieben, bevor Sie es dann auch gesagt haben –: Sie sagen, erst jetzt, mit der Vorlage des Berichts des Präsidenten des Landesrechnungshofs, haben Sie sicher erfahren, dass die Unrechtmäßigkeit der Mittelverwendung Ihnen bescheinigt wird und deswegen stellen Sie jetzt auch von sich aus diese Praxis ab und bitten uns sogar in Ihrem letzten Wort, diese von uns eingebrachte Gesetzesänderung zu beschließen. Aber ich möchte Ihnen mal sagen: Wenn Sie sagen, erst jetzt steht das fest, warum haben Sie eigentlich so lange versucht, die Feststellung des Landesrechnungshofpräsidenten doch noch zu Ihren Gunsten zu beeinflussen? Sie haben doch alles getan, haben sich immer wieder Fristverlängerung erbeten zu der Vorlage neuer Gutachten, damit der Landesrechnungshofpräsident doch noch zu anderen Schlüssen gelangt. Ich will Ihnen mal eines sagen: Aus meiner Sicht haben Sie sich damit eigentlich diesem Verfahren unterworfen. Das bedeutet doch auch, dass Sie großen Wert auf diese Feststellung gelegt haben. Dann verstehe ich nicht, warum Sie sich dieser Feststellung hinterher nicht unterwerfen wollen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie praktisch diesem Verfahren auch eine so hohe Bedeutung zugemessen haben, dass Sie dafür extra noch ein Gutachten bei Prof. Brenner in Auftrag gegeben haben, das legitimiert Sie jetzt nicht dazu, zu sagen, erst heute oder erst vor zwei Wochen oder wann das war, als das Gutachten vorlag, wissen wir, dass diese Art der Fraktionsgeldverwendung nicht rechtmäßig gewesen ist. Dann haben Sie noch gesagt, ja, aber wir haben doch immer Rechnung gelegt und da ist doch dann auch nichts weiter passiert und was ich anderen mitgeteilt habe, darüber kann man auch hinterher nichts Böses sagen. Auch hierzu gibt es einen Satz im Bericht von Herrn Dr. Dette, der die wunderbare Aussage trifft, dass ein tragender Gesichtspunkt dafür, nicht zurückzahlen zu müssen, weil die Fraktion auf die Rechtmäßigkeit der Verwendung ihrer Mittel für Funktionszulagen vertrauen dürfte, auch die Nichtbeanstandung dieser Verwendung in der nach § 54 Abs. 5 Satz 1 Thüringer Abgeordnetengesetz vorgelegten Rechnungslegung sein könne. In der Tat, hier wird eine Schuldzuweisung vorgenommen. Der § 54 Abs. 5 Satz 1 Thüringer Abgeordnetengesetz – es kommt hier so ein bisschen schön verklausuliert in dem Bericht vor – heißt nichts anderes, als dass dort dieser Rechnungslegungsbericht dem Präsidenten oder der Präsidentin des Thüringer Landtags vorliegt. Hier werden auch durch den Bericht des Landesrechnungshofs die vergangenen und der jetzige Landtagspräsident in die Pflicht genommen, eine solche Verwendung, wenn sie dem Landtagspräsidenten oder der Land

tagspräsidentin in der Rechnungsprüfung zugeht, zu rügen. Dass das nicht passiert ist, kann man sich aber dann nicht wieder gegenseitig zurückgeben. Wir waren alle nicht sehr erbaut darüber, dass der Landtagspräsident diese Verantwortung nun von seinen und den Schultern seiner Vorgänger einfach wegtransportieren möchte.

Jetzt kommen wir zur Frage der Verjährung. Das sei doch alles vielleicht schon verjährt und das war auch Gegenstand, Herr Kollege Carius, Ihrer gestrigen Pressemitteilung als Präsident, einer der tragenden Gründe dafür, dass man das jetzt sowieso nicht mehr eintreiben könne. Ich mache noch mal darauf aufmerksam, dass Verjährung eine Einrede ist. Einrede heißt, sie muss geltend gemacht werden.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Treu und Glauben...!)

(Beifall DIE LINKE)

Treu und Glauben? Okay. Gleich.

Dann sind wir erst mal noch bei der Verjährung. Eine Verjährung, da ist die Frage, ob die überhaupt eingetreten ist. Es gibt nämlich auch Juristen, die könnten Ihnen sagen, die Verjährungsfrist beginnt überhaupt erst dann zu laufen, wenn man sicher von der Rechtswidrigkeit eines Zustandes erfahren hat, weil man da erst sicher zurückfordern könnte. Jetzt haben Sie selbst gesagt, die Rechtswidrigkeit – Verfassungsgericht hin oder her, interessiert uns nicht – steht für Sie eigentlich erst fest, seit Herr Dette den Bericht vorgelegt hat. Dann würde an dem Tag auch erst überhaupt die Verjährungsfrist ins Laufen kommen und kann deswegen auch noch gar nicht abgelaufen sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn das so ist, ist es auch immer noch so, dass die Verjährung eine Einrede bleibt. Das heißt, man kann sich darauf berufen, man muss es nicht tun. Ebenso ist dies der Fall mit dem Einwand der sogenannten Entreicherung nach den Vorschriften über ungerechtfertigt erlangte Zahlungen. Sie kennen vielleicht das BGB, dort heißt es, wenn man etwas ohne Rechtsgrund erlangt hat, muss man es wiedergeben. Das ist auch Grundlage hier für die Rückforderung. Man kann dann allerdings angeben, ich habe es nicht mehr, ich habe es verbraucht im guten Glauben, dass es mir zugestanden hat. Dass der gute Glaube bei Ihnen nicht weit ausgestaltet war, das haben wir doch daraus gesehen, dass Sie sehr viel versucht haben und sehr viel unternommen haben, um die eindeutige Verfassungsgerichtssprechung in Ihrem Sinne zu relativieren. Und jetzt wollen Sie wirklich immer noch daran festhalten, dass Sie sagen, wir haben doch gar nicht gewusst, dass das rechtswidrig sein könnte? Diesen Gutglaubensschutz können Sie sich hier, denke ich, nicht zur Seite stellen. Aber dieser Gutglau

bensschutz im Entreicherungsrecht, im Recht über die ungerechtfertigte Bereicherung, ist auch wiederum eine Einrede, das heißt, Sie müssen gegen einen Rückforderungsbescheid des Landtagspräsidenten diesen Einwand erheben, genau wie den der angeblichen Verjährung. Jetzt sehe ich mich – Herr Carius, tut mir leid – von Ihnen nicht vertreten, wenn Sie in der gestrigen Mitteilung gesagt haben, Sie sehen keine Grundlage dazu, diese unrechtmäßig gezahlten Fraktionszulagen zurückzufordern.

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Unerhört!)

Denn im Bericht des Rechnungshofpräsidenten steht ja der eindeutige Satz: „Bisher zu Unrecht geleistete Fraktionszulagen sind nach § 56 ThürAbgG zurückzuerstatten.“ Das ist die Aufforderung an Sie, Herr Carius,

(Unruhe CDU)

diese Fraktionszulagen zurückzufordern. Wir haben das übrigens als SPD-Fraktion in der letzten Legislaturperiode schriftlich auch gegenüber Ihrer Vorgängerin angemahnt. Jetzt kommt aber auch noch eine Aufforderung an die CDU-Fraktion selbst, die FDP sitzt ja hier leider nicht mehr, deswegen muss ich das jetzt auf Sie beschränken.

(Heiterkeit im Hause)