Da sitzen Sie. Ach, Sie haben die Fraktion gewechselt. Vielen Dank. Auch von mir noch von hier vorn alles Gute zum Geburtstag. Ich möchte wenigstens noch schnell was richtigstellen, weil Sie gerade gesagt hatten, wir würden keine Existenzgründer fördern. Das möchte ich noch mal richtigstellen. Dem ist nicht so. Das habe ich so nicht gesagt. Ich hatte nur gesagt, dass wir weitere, zusätzliche Förderungen nicht unbedingt wollen. Ich habe explizit auf die Ausführungen von Herrn Staatssekretär verwiesen, der extra gesagt hat, es gibt bereits Förderungen.
Vielleicht auch noch mal einen Hinweis an den Herrn Hausold: Sie hatten gesagt gehabt, ein Punkt der Benachteiligung für Genossenschaften wäre das niedrige Eigenkapital und die schwankende Eigenkapitalhöhe. Da muss ich Ihnen auch vielleicht mal Nachhilfe geben, und zwar gibt es die UG, das ist die Mini-GmbH. Die kann mit 1 Euro gestartet werden. Jetzt erklären Sie mir mal eine Gesellschaftsform, die noch weniger Eigenkapital erfordert als 1 Euro. Ich denke mal, das dürfte wohl bekannt sein.
Das ist ja Quatsch. Wie gesagt, auch noch mal schnell zu Herrn Müller mit Ihrem postfaktischen Wissen: Die KoWo war auch schon mal eine Genossenschaft. Nur mal so.
Wie gesagt, selbst wenn Sie jetzt noch Geld rausnehmen, ist es trotzdem eine Frage, wofür es genommen wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal ist die Unwissenheit in diesem Saal ja grenzenlos; deswegen habe ich mich noch mal zu Wort gemeldet. Die Genossenschaftsidee ist kürzlich zum immateriellen Weltkulturerbe erhoben worden. Das ist eine Sache, die alle Genossenschafter und auch die Verbände, die sich in diesem Bereich engagieren, sehr gefreut hat.
Es ist richtig, wie der Staatssekretär das ausgeführt hat, gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten sollten Genossenschaften als alternatives Geschäftsmodell Zulauf haben. Das ist auch so, aber oft – und das hat Herr Hausold ganz genau erklärt – gibt es eben de facto Hinderungsgründe, warum Genossenschaften schwieriger gegründet und auf den Weg gebracht werden können.
Es gibt in einem kleinen Dorf im Landkreis Gotha, in Ballstädt, einen Dorfkonsum, der kürzlich als Genossenschaft gegründet wurde. Da haben die Möglichkeiten bestanden und es musste nicht viel Geld
in die Hand genommen werden. Der Bäcker hat aufgehört und ist in Rente gegangen, die Kneipe wurde geschlossen, weil die Betreiberin in Rente gegangen ist. Dort hat der stellvertretende Bürgermeister mit 58 Einwohnern des Dorfs eine Konsumgenossenschaft gegründet. Der Raum war da, es war alles vorhanden und es konnte auf den Weg gebracht werden.
Wenn sich aber Menschen zu einer Genossenschaft zusammenschließen und ein Unternehmen eröffnen wollen und einen Kredit brauchen, dann wird es in den meisten Fällen sehr schwierig. Das hat Herr Hausold noch mal ganz genau gesagt. Da geht es nicht um Förderung, sondern es geht darum, ein Hemmnis abzubauen. Wenn eine Genossenschaft keinen Kredit bekommt, weil sie noch nicht alteingesessen ist, dann ist das eine richtige Diskriminierung und ein Hemmnis. Hier kämpfen die Genossenschaftsverbände schon lange darum, dass solche Hemmnisse abgebaut werden. Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen sehe ich jetzt nicht. Dann schließe ich damit die Aussprache. Ich kann davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen zu Nummer 1 des Antrags erfüllt ist? Das ist der Fall. Fortberatung ist auch nicht beantragt worden, sodass wir direkt zur Abstimmung über den Antrag kommen. Wer also für die Nummer 2 des Antrags der Fraktionen Die Linke, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 6/2638 ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der Koalitionsfraktionen und Herrn Gentele. Danke schön. Gegenstimmen? Aus der CDU-Fraktion und der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit angenommen.
Familiennachzug von syrischen Flüchtlingen: Thüringer Sonderweg beenden, Zuzug wirksam begrenzen Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2652
Wünscht die Fraktion das Wort zur Begründung? Nein. Gut, dann hat zunächst Abgeordneter Herrgott für die CDU-Fraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Thema des Sonderprogramms zum Familiennachzug von syrischen Flüchtlingen in Thüringen eignet sich neben der grundsätzlichen
Information zum aktuellen Stand, die wir selbstverständlich heute erwartet hätten und auch einfordern, nicht für weitere Forderungen, da die Realität den Kenntnisstand oder auch die bloße Wahrnehmung der AfD-Fraktion inzwischen überholt hat. Ein Sofortbericht der Landesregierung wäre auch nicht zu viel verlangt gewesen, aber vielleicht hören wir nachher noch ein bisschen was zum Stand.
Aber, meine Damen und Herren von der AfD-Fraktion, das Sonderprogramm Thüringens endete bereits am 31.12.2016. Aber das ist insgesamt eigentlich nur eine Randnotiz wert, da das gesamte Sonderprogramm inklusive der Verpflichtungserklärung im Rahmen des Familiennachzugs bereits im letzten Jahr mit dem Integrationsgesetz des Bundes generell auf fünf Jahre herabgesenkt wurde und sich damit bei Erstellung Ihres Antrags die wesentlichen Dinge, bis auf den Punkt Nummer 1, eigentlich erledigt haben.
Thüringen kam also mit seinem Programm zum Familiennachzug ohnehin keine Sonderrolle im zweiten Teil des Jahres mehr zu. Wir haben hier einen zu 50 Prozent eher effekthaschenden Antrag, der uns außer dem Berichtsersuchen in Punkt 1 – wie bereits ausgeführt – nicht besonders viel in der Sache weiterbringt. Daher werden wir die Forderungen in Punkt 2 zur schnellstmöglichen Beendigung nicht unterstützen, denn sie haben in der Realität ohnehin keine Auswirkungen mehr.
Die CDU-Fraktion unterstützt Punkt 1. Wir werden mal sehen, was das Ministerium nachher berichtet. Weiterhin ist dazu nichts zu sagen. Ich hoffe, wir können das hier schnell beenden. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der AfD-Antrag widmet sich – Herr Herrgott hat es gerade ausgeführt – dem Landesprogramm für Familiennachzug syrischer Flüchtlinge. Er will zum einen einen Bericht von der Landesregierung, wendet sich aber auch gegen die Fortführung des Programms. Deswegen würde ich zunächst gucken, worauf denn dieses Landesprogramm basiert. Es basiert auf § 68 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes. Es ist also eine Bundesregelung, die sagt, wenn sich jemand gegenüber einer Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung verpflichtet, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers für die Dauer von fünf Jahren zu übernehmen, dass dieser dann nach Deutschland kommen kann. Das ist also gar nicht so sehr ein Sonderweg, den Thüringen da einge
schlagen hat, sondern lediglich die Nutzung einer Bundesregelung. Dies macht es syrischen Flüchtlingen möglich, ihre Familienangehörigen nach Thüringen zu holen. Das bedeutet aber auch, dass es gar keine Belastung für die öffentlichen Haushalte ist, sondern eine individuelle Verpflichtung einzelner Personen anderen Personen gegenüber. Und es ist auch nichts Neues, weil es diese sogenannte Aufnahmeverordnung schon seit September 2013 gibt. Die wurde verlängert, galt bis Ende des Jahres, aber ist – soweit ich informiert bin, aber das wird uns das Justizministerium wahrscheinlich gleich noch sagen – tatsächlich verlängert worden, sodass das auch jetzt noch möglich ist. Die Fragen, die die AfD-Fraktion in diesem Antrag aufmacht, sind zu weiten Teilen zum Beispiel im Rahmen von Kleinen Anfragen schon beantwortet. Da würde es sich lohnen, wenn man die Kleinen Anfragen, die man an die Landesregierung stellt, tatsächlich auch mal liest, zumindest die Antworten oder auch die Protokolle zum Beispiel mit der Stellungnahme des Thüringer Rechnungshofs; im Haushalts- und Finanzausschuss sind die sehr wohl schon beantwortet.
Wenn wir uns die Situation in Syrien ansehen, wissen wir, dass es keine einfache Situation ist, dass auch absehbar ist, dass es hier keine Verbesserungen gibt, und dass es hier auch massive Veränderungen seitens des BAMF gab, was die Aufnahmekriterien anging. Inzwischen wird nicht mehr anerkannt nach Genfer Flüchtlingskonvention, sondern in den meisten Fällen lediglich subsidiärer Schutz gewährt. Das heißt, es führt auch zu einer Einschränkung der Rechte, die ich individuell habe, und unter anderem dazu, dass der Familiennachzug eingeschränkt wird. Wir geben hier eine Möglichkeit, dass Menschen nach Thüringen kommen. Und jetzt können Sie darüber reden, dass Sie das für unnötig halten. Wir wissen aber, dass sich, wenn wir es möchten, Menschen hier integrieren. Wenn wir wollen, dass sie in unserer Gesellschaft ankommen, wenn wir wollen, dass die hier einen Weg oder einen Platz auf dem Arbeitsmarkt finden, dann braucht es Familie. Das wird umso schwerer, wenn ich die Gewissheit habe, dass meine Familie in Armut lebt oder auch ihr Leben bedroht ist. Deswegen wollen wir, dass dieses Programm fortgesetzt wird.
Darüber hinaus kann man auch noch mal darüber streiten, was für massive Auswirkungen das hat. Die sind gar nicht so riesig, wenn man sich mal die Zahlen des Programms zwischen 2013 und August 2016 ansieht. Das sind dann nicht mal 400 Fälle, um die es da geht. Es ist also eine tatsächlich überschaubare Anzahl von Menschen. Schon allein deswegen lohnt es sich hier nicht, Ängste zu schüren, sondern es würde sich lohnen zu betonen, welche positiven Effekte dieses Programm hat. Wir bit
Danke schön. Als Nächste hat Abgeordnete RotheBeinlich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Kollegin Diana Lehmann von der SPD-Fraktion hat eben schon umfassend zum Thema ausgeführt. Ich denke, die Situation in Syrien steht uns allen tagtäglich vor Augen. Wir wissen, wie viele Menschen aus Syrien sich auf der Flucht befinden. Wir wissen um die furchtbare Situation in den syrischen Städten. Wir wissen um tagtägliche Bombardierungen, Angriffe, um die Bilder von hungernden Kindern und auch darum, dass auch in Syrien der Winter mittlerweile Einzug gehalten hat. Umso perfider muss der Antrag der AfD anmuten, der einen Stopp für das Landesaufnahmeprogramm für syrische Familienangehörige fordert. Die gestellten Fragen sind in der Tat eigentlich alle beantwortet, beschäftigt man sich ein wenig mit der Situation oder aber auch mit den Antworten auf Anfragen, die hier im Hohen Haus eigentlich auch allen vorliegen.
Fakt ist, dass das Aufnahmeprogramm, was es glücklicherweise in Thüringen gibt, auf – und das hat Diana Lehmann eben dargestellt – die individuelle Hilfe von Menschen hier vor Ort setzt. Das heißt, es entstehen in dem Sinne keine Kosten für das Land, sondern es geht darum, dass sich private Paten und Patinnen finden. Ich möchte die Gelegenheit an dieser Stelle nutzen, einem Verein zu danken, den Thüringer Flüchtlingspaten für Syrien, der für die Zusammenführung von syrischen Familien streitet und dem es bereits gelungen ist, erste Familienangehörige hierherzuholen. Dieser Verein wird ausschließlich aus Spenden finanziert. Und ich meine, dass dieser Verein in Jena, aber auch in Erfurt mittlerweile eine herausragende Arbeit leistet. Diesem Verein gilt unser Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich möchte aber auch noch ein Zweites sagen: Mir hat es schon die Haare im Nacken aufgestellt, als ich diesen Antrag der AfD gelesen habe, weil es dieser ja sonst angeblich immer um Familienfreundlichkeit geht. Und die Entscheidung, den Familiennachzug zu verunmöglichen oder nicht zu fördern auf Bundesebene, was wir für einen fatalen Fehler halten und für eine unmenschliche Geste, ist, glaube ich, in der Tat eine, ja, man könnte sa
gen, die falscheste Entscheidung schlechthin, die dort getroffen wurde. Wenn Menschen aus Kriegsgebieten ihre Familien nicht nachholen können, leben sie in ständiger Sorge, können sie sich gar nicht integrieren, können sie sich gar nicht auf ein Leben hier konzentrieren. Familien auseinanderzureißen, wo man angeblich für Familien steht, das ist schon mindestens janusköpfig. Ich glaube, es ist jeder und jedem zu wünschen, der oder dem die Flucht aus Syrien gelungen ist, dass er oder sie auch seine Familie bald in Sicherheit weiß.
Deswegen noch einmal die Bitte von dieser Stelle: Wenn Sie sich auch privat engagieren möchten, nehmen Sie beispielsweise zum Verein der Flüchtlingspaten in Thüringen Kontakt auf, beteiligen Sie sich, engagieren Sie sich!
Und heute hier in diesem Haus kann ich nur alle Kolleginnen und Kollegen bitten: Lehnen Sie diesen Antrag ab! Das sage ich ganz besonders auch an die Adresse der CDU, die sich ja in einem Punkt noch unentschieden zeigt, was ich ganz ehrlich überhaupt nicht nachvollziehen kann, zumal nicht, wenn man sich selbst christlich und für Familien engagiert nennt. Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Abgeordnete, werte Gäste, die Argumentationen waren sehr interessant zu hören, aber wir werden später noch darauf zurückkommen. Es hat sehr wohl Auswirkungen auf die kommunale Familie, aber dazu später.