Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

Wenn Sie den Begriff für sich brauchen, ist das Ihre Sache. Ich brauche ihn nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mich an der Stelle ordentlich ausgedrückt. Auch das, was Sie im Weiteren aufgeführt haben, was ich Ihnen falsch gesagt haben soll, bezieht sich auf die gemeindliche Aufgabe. Da steht eben weiter hinten, dass Gemeinden Sparkassen nicht gründen dürfen, sondern nur Landkreise und kreisfreie Städte.

(Beifall CDU, SPD)

Also wenn Sie das Gesetz nicht verstehen, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie wollen gar nicht darüber reden, sondern Sie wollen Leuten Angst machen – das wäre eine Variante. Das können Sie negieren, da können Sie sagen: Nein, das wollen wir nicht, wir wollen ihnen helfen. Aber momentan erscheint das nicht so. Momentan scheint es, die AfD und Sie besonders als der Vertreter hier, der das vorgetragen hat, wollen den Bürgern Angst machen, wollen sagen: Hier, alles schlimm, und die bösen Altparteien sind daran schuld. Alles andere ignorieren Sie. Das heißt, das ist reiner Populismus, Sie haben Ihr Gesetz, die Änderung, die Sie da vorschlagen, selbst nicht verstanden. Ich finde, das ist für einen Juristen – oh, là, là!

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es ist erneut Ausschussüberweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss beantragt worden. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Abgeordneten der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Das sind alle anderen Abgeordneten des Hauses. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Es ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Das sind alle anderen Mitglieder des Hauses. Jetzt frage ich noch nach Enthaltungen. Das kann ich nicht erkennen. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in Drucksache 6/3297 in zweiter Beratung ab,

Wir beantragen namentliche Abstimmung, Frau Präsidentin.

inzwischen in namentlicher Abstimmung. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmkarten einzusammeln.

Hatten alle die Gelegenheit, ihre Stimmkarte abzugeben? Dann schließe ich jetzt die Abstimmung und bitte um Auszählung.

Ich darf Ihnen das Ergebnis bekannt geben: Es sind 86 Abgeordnete anwesend, 84 Stimmen wurden abgegeben, mit Ja stimmten 7, mit Nein 77 (na- mentliche Abstimmung siehe Anlage). Damit ist der Gesetzentwurf der AfD abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 7

Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Feier- und Gedenktagsgesetzes (Gesetz zur Einführung eines Gedenktages für die Opfer des islamisti- schen Terrorismus) Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3308 ZWEITE BERATUNG

Ich eröffne die Beratung. Das Wort erhält Abgeordneter Höcke, Fraktion der AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, es gibt in unserem Hohen Haus – namentlich auf der Linken – manche, die sich hier für die Gralshüter der Demokratie halten und die ganz genau zu wissen meinen, wer die wahren Demokraten sind und wer die falschen Demokraten sind. Diese selbsternannten Musterdemokraten halten es nicht für geboten, sich wirklich mit den Positionen anderer auseinanderzusetzen. Ein Beispiel für solche Selbstherrlichkeit war zu bestaunen, als wir uns vor vier Wochen dem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zuwandten, der die Einführung eines Gedenktags für die Opfer des islamistischen Terrorismus auf die Tagesordnung setzen wollte. Von Dunkelrot bis zu Grün waren in der Plenardebatte in der Hauptsache Schmähworte, unsachliche Polemiken und abstruse Unterstellungen gegen die AfD zu vernehmen, während man dem eigentlichen Thema lieber aus dem Wege ging.

(Beifall AfD)

Deswegen geht es darum, auch noch mal die Kernmotivation unserer Initiative ins Bewusstsein zu rufen. Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin am 19. Dezember 2016 stellt den bisherigen Höhepunkt der islamistischen Gewalt hierzulande dar. Es war dieser Anschlag, sehr geehrte Kollegen Ab

geordnete, sowie der zögerliche und ausweichende politisch-öffentliche Umgang mit diesem Anschlag, der in der Thüringer AfD-Fraktion zu dem Wunsch geführt hat, es sollte hierzulande einen Gedenktag für die Opfer des islamistischen Terrors geben.

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, wir gedenken der Opfer der totalitären Gewalt von links am 17. Juni und wir gedenken der Opfer der totalitären Gewalt von rechts am 8. Mai. Deswegen verdienen auch die Opfer des totalitären Islamismus ein Andenken von Staats wegen.

(Beifall AfD)

Frau Präsidentin, ich würde Sie bitten, auf die Frau Finanzministerin einzuwirken, etwas leiser in ihrem Gespräch fortzufahren.

Frau Taubert hat genickt, sie hat Ihrem Wunsch entsprochen.

Danke schön.

Wir denken, so ein Gedenktag würde auch ein deutliches Zeichen aussenden. Wir geben damit nämlich zu erkennen, dass dieses Gemeinwesen nicht gewillt ist, sich einschüchtern zu lassen, und durchaus imstande ist, seine freiheitliche Lebensordnung nach allen gefährlichen Richtungen hin zu verteidigen. Und niemand, der bei Sinnen ist, wird leugnen, dass der terroristische Islamismus eine Bedrohung für unser Land darstellt.

(Beifall AfD)

Indes will man dieser Tatsache gerade auf der politischen Linken nicht so gern ins Auge sehen. Das wurde bei der Plenardebatte vor vier Wochen sehr deutlich. Frau Kollegin Pelke von der SPD kam nicht über Anwürfe hinaus und warf mit Begriffen wie „bösartig“ und „perfide“ um sich. Herr Kollege Dittes von den Linken dagegen machte das, was er am besten kann: Er wich wieder einmal ins Abstrakte aus. Er meinte doch allen Ernstes, der Kollege Dittes, dass man die Anschläge in Frankreich, Belgien und sonst wo auf der Welt vergesse, wenn man den Berliner Anschlag vom 19. Dezember thematisiere. Herrn Dittes‘ Geheimnis bleibt allerdings, wie er auf etwas derartig Abwegiges kommt. Sehr geehrter Herr Kollege Dittes, wir haben hier – das sei noch mal betont – nicht die Probleme der ganzen Welt im Thüringer Landtag zu verhandeln, sondern wir haben unsere freiheitliche Ordnung hier in Thüringen und in Deutschland zu wahren und zu verteidigen.

(Beifall AfD)

Es geht doch gar nicht darum, was Sie uns direkt und indirekt unterstellten, dass wir hier nur deut

schen Opfern gedenken wollen, denn nicht alle Opfer des Berliner Anschlags waren deutsche Staatsbürger. Es geht um Opfer einer bestimmten gewalttätigen Ideologie, die sich Deutschland – und das wird immer deutlicher – als Schlachtfeld ausgesucht hat. Und, Herr Dittes, Sie tun etwas, was uns auch Frau Pelke unterstellte: Sie spielen nämlich die einen Opfer gegen die anderen Opfer aus. Denn wie sonst soll man Ihren Hinweis verstehen, dass man am 19. Dezember nicht der Opfer des islamistischen Terrorismus gedenken dürfe, weil der 19. Dezember schon Gedenktag des Bundesrats für die vom NS-Regime verfolgten Sinti und Roma sei. Dann sind wohl die einen Opfer Opfer erster Klasse und die anderen halt doch nur Opfer zweiter Klasse – oder wie meinen Sie das, Herr Dittes? Natürlich ist der 19. Dezember dieser von Ihnen angesprochene Gedenktag, aber das hat den Berliner Attentäter nicht abgehalten, just an diesem 19. Dezember zwölf Menschen in den Tod zu schicken und 50 zum Teil schwer zu verletzen. Da ist es durchaus sinnvoll, genau an dieses Datum anzuknüpfen.

(Beifall AfD)

Das Datum hatte auch die Kollegin Walsmann angesprochen. Frau Walsmann präsentierte – und ich möchte das hervorheben, Frau Kollegin – eine sachliche und dem Thema angemessene Rede, auch wenn Sie unseren AfD-Entwurf zurückwiesen. Aber das Argument, dass Sie vorbrachten, es gäbe ja bereits einen Gedenktag für die Opfer auch des islamistischen Terrorismus und das sei eben der Volkstrauertag, dieses Argument, sehr geehrte Frau Kollegin Walsmann, ist in unseren Augen dann doch verfehlt. Ich weiß sehr wohl, dass man in jüngerer Zeit den Volkstrauertag zu einem allgemeinen Gedenktag für diese und jene Opfer zu machen sucht, und an dieser Stelle lässt sich fragen, wer hier eigentlich was instrumentalisiert. Seiner Intention nach jedenfalls ist der Volkstrauertag eben kein allgemeiner Opfergedenktag, nein, er ist ein stiller Gedenktag für die Opfer der Kriege und der Gewaltherrschaft, ein spezifischer Gedenktag also und das hat seinen guten Sinn und sollte auch so bleiben.

(Beifall AfD)

Die AfD-Fraktion lehnt jedenfalls einhellig die Umdeutung des Volkstrauertages ab und wir finden es bedauerlich, dass die CDU in diesem Fall leider ihr Unterscheidungsvermögen offenbar eingebüßt hat.

Frau Kollegin Rothe-Beinlich warf vor vier Wochen in der Plenardebatte in ihrer unvergleichlichen Art, erwartbar natürlich, mit dem Begriff der Islamophobie um sich. Wen verwundert das?! Eine Phobie, sehr geehrte Frau Kollegin, ist bekanntlich ein medizinisches Phänomen, eine Krankheit, und ich halte es für reichlich unverfroren, Leuten eine Krankheit anzudichten, die sich kritisch mit dem Islam

auseinandersetzen, und das ist die meist, man muss es so sagen, linke Masche, Leute, die Kritik äußern, einfach für krank zu erklären. Da braucht man sich auch nicht weiter mit kritischen Fragen zu beschäftigen. Aber wir wollen weiter kritisch hinterfragen und wir werden auch weiter kritisch hinterfragen. Ja, wir wollen beim Gedenken für die Opfer des islamistischen Terrors auch fragen, wie Islamismus und Terrorismus zueinander stehen.

Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, diese Debatte muss geführt werden und sie wird uns aufgezwungen werden in den nächsten Monaten und Jahren. Sie wird uns leider aufgezwungen werden, weil die Realität dieses Land einholen wird. Und auch darum geht es, wenn wir einen Gedenktag zu Ehren und zum Andenken an die Opfer des islamistischen Terrors fordern, es geht nämlich auch darum, neben Trauer und Erinnerung an Prävention zu denken. Ein Gedenktag für die Opfer des Islamismus ist nämlich dieses präventive Signal, dass islamistische Bestrebungen in Thüringen keinen Platz haben und keinen Platz haben werden.

(Beifall AfD)

Und wir stehen dazu ohne Wenn und Aber, wir stehen dafür ein und wir werden das weiter voranbringen mit den Möglichkeiten, die wir haben, dass der Opfer des islamistischen Terrors angemessen öffentlich gedacht wird. Die Opfer dieses Terrors und die Opfer des Berliner Anschlags vom 19. Dezember letzten Jahres werden wahrscheinlich – wir wünschen uns Gegenteiliges, aber es wird wahrscheinlich nicht so sein – nicht die letzten gewesen sein, die dieser Art von Terrorismus entsprechend zum Opfer fallen werden. Diese Opfer sind keine Opfer zweiter Klasse und sie verdienen unseren Zuspruch und sie verdienen unsere Anteilnahme. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion der CDU erhält Abgeordnete Walsmann das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte die AfD-Fraktion an den islamistischen Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember erinnern und ihn nach wie vor zum Gedenktag erklären. Ich hatte eigentlich gehofft, dass Sie infolge der Debatte vor vier Wochen diesen Antrag einfach zurückziehen. Das wäre angemessener gewesen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Wir haben gehofft, dass Sie zustimmen!)

(Abg. Höcke)

Der Anschlag vom 19. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt hat uns alle schockiert. Dass zwölf Menschen aus unterschiedlichen Ländern in den Tod gerissen und 55 weitere verletzt wurden, ist kaum in Worte zu fassen. Das hat uns alle berührt. Dessen ungeachtet – und dabei bleiben wir –, gibt auch Ihr heutiger Beitrag keine wirkliche Begründung für Ihr Anliegen. Wir müssen einen Blick auf die Feiertags- und Gedenktagegesetze des Bundes und der Länder richten. Die Feiertags- und Gedenktagegesetze des Bundes und der Länder sind durch die christlichen Wurzeln unseres Landes und ebenso einschneidende, ins kollektive Gedächtnis eingeprägte Ereignisse unserer Geschichte bestimmt, zu denen sich eine weitgehende unumstrittene Lesart durchgesetzt hat. Wir sollten uns davor hüten, die Tat eines islamistischen Terroristen dort einzuordnen. Richtiger ist es, dem islamistischen Terror entschlossen zu begegnen, und zwar – das betone ich – mit allen dem Staat zur Verfügung stehenden Mitteln.

Wir als CDU-Fraktion werden dem religiösen Terrorismus jedenfalls nicht via Gedenktag die Tür zu unserer Gesellschaft öffnen. Der Versuch, den Anschlag vom 19. Dezember 2016 unter die eine oder die andere Überschrift, Gedenk- oder Feiertag, zu subsumieren, schlägt fehlt und er wird auch dem schrecklichen Ereignis vom Dezember 2016, dem Tod vieler unschuldiger Menschen, nicht gerecht.

Sie wollen mit Ihrem Vorschlag ein Deutungsmuster erzeugen. Mit Ihrer Begründung wird es auch heute nicht besser. Ich glaube, Ihnen geht es eigentlich auch heute nicht wirklich um die Opfer. Zu Ihrem Anwurf der vergessenen Trauer um die Opfer kann ich nur sagen, da nehme ich Bezug auf den Beitrag der Kollegin Pelke, die das letzte Mal in sehr guter und ausführlicher Art und Weise aus der Rede des Bundestagspräsidenten, Herrn Lammert, zitiert hat. Das möchte ich aber heute nicht noch einmal wiederholen. Sie können das im Protokoll gut nachlesen.

Meine Damen und Herren, es geht, glaube ich, der AfD nicht wirklich um die Opfer. Es gibt keine Opfer erster oder zweiter Klasse. Auch dazu habe ich in der letzten Rede ausgeführt. Ich will das auch ganz sachlich tun. Denn dazu könnten wir auch noch einen Exkurs in die Geschichte machen. Den will ich mir aber sparen. Ich will auf Ihren Punkt eingehen, dass Sie kritisiert haben, dass wir auf den Volkstrauertag abheben. Das tun wir auch weiterhin. Wir brauchen keinen besonderen Gedenktag, denn wir haben diesen Volkstrauertag als Gedenktag – einen Gedenktag, der uns an die Opfer von Kriegen, von Gewaltherrschaften und eben von Terrorismus erinnert und mahnt, der über Ihre Forderung hinausgeht. Es ist der Tag, der in jedem Jahr sowohl als zentrale Feier als auch in den 16 Bundesländern jeweils eigen begangen wird. Vielleicht ist es ja eher die Wahl des Datums und sein

theologischer Aspekt, der Ihnen wesentlich weniger passt, denn mit der Wahl eines Datums am Ende eines Kirchenjahres, welches eben theologisch eine Zeit im Erkennen von Endlichkeit ist – und ich betone, für Christen sind diese Tage mit der Hoffnung verbunden, dass der Tod nicht das letzte Wort über das Leben ist –, mit diesem Tag stellt die thematische Ausrichtung bewusst den Schrecken von Krieg, von Gewaltherrschaft und Terrorismus und nicht die Glorifizierung von Gewalttaten in den Vordergrund. Unabhängig von politischer Gesinnung, Religionszugehörigkeit oder sozialem Status entsteht damit ein einheitliches Gedenken an die Toten, wirklich ein Gedenken an die Menschen, die Opfer von Gewalt, von Terrorismus, von kriegerischen Auseinandersetzungen geworden sind. Und es ergibt wirklich eine Sinnhaftigkeit in Verbindung mit dem Streben nach Frieden und nach mahnendem Gedenken. Hier zeigt sich, wer wie mit Gedenken und mit Trauerkultur umgeht – ich habe es das letzte Mal gesagt und ich betone es gern heute noch mal –, und das sieht man auch an der Teilnehmerschar an diesem Tag, wer wie mit Gedenken, Mahnen und Trauer umgeht. Danke schön.

(Beifall CDU, SPD)