Protokoll der Sitzung vom 22.02.2017

(Beifall CDU, SPD)

Als Nächstem erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dittes, Fraktion Die Linke.

Wenn Gedenktage Teil der Prävention wären, dann säße die AfD-Fraktion seit dem 8. Mai 2016 nicht mehr im Landtag.

(Beifall DIE LINKE)

Leider stellt es sich in der Praxis etwas anders dar.

Meine Damen und Herren, egal welche Tonlage, der Inhalt ist es, der die AfD disqualifiziert, als Diskussionspartner bei Debatten über Gedenk- und Erinnerungskultur mitzumischen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, und das will ich hier auch durchaus sagen, ist sicherlich nicht die 180-Grad-Wende, von der der AfD-Fraktionsvorsitzende in Dresden fabulierte und für die er von der Thüringer AfD Beifall erheischte. Er passt sich aber ein in eine politische Strategie der AfD, die zum Ziel hat, eine Gesellschaft permanent zu entzweien, die zum Ziel hat, Menschen aus einer globalen Gesellschaft hinauszudrängen, und zwar an einer vermeintlichen Trennlinie des Islams. Der Grund dafür ist, dass es der AfD zuwider ist, in einer freien Gesellschaft zu leben, in der Grundrechte wie die Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit nicht nur niedergeschriebene Rechte sind, sondern tatsächlich gelebte Realität. Der AfD geht es mit die

(Abg. Walsmann)

sem Gesetzentwurf nicht – und Frau Walsmann hat es deutlich gesagt – um die Opfer von Terroranschlägen, es geht hier um eben diese Strategie und dieser Gesetzentwurf reiht sich ein in eine Reihe anderer Anträge, die diese Fraktion hier in diesem Landtag genau dieser politischen Strategie folgend schon eingebracht hat. Ich will hier nur erinnern an das Gesetz zur Neutralität, das Gesetz zum Schutz des öffentlichen Raums oder den Antrag zur Änderung der Thüringer Bauordnung. Und da die AfD verlangt hat, dass man sich konkret zu ihrem Gesetzentwurf äußert, will ich das auch gern tun, und zwar sehr genau an dem, was sie uns hier vorgelegt hat und wie sie es begründet hat.

Erstens: Die AfD behauptet in ihrem Gesetzentwurf, Deutschland steht im Fadenkreuz des islamistischen Terrors. Das, meine Damen und Herren, bezeichne ich tatsächlich als Verhöhnung der Opfer weltweit terroristischer Anschläge.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das sind fast 15.000 Menschen im Jahr 2015, von denen 80 Prozent Muslime waren. Und ich glaube, wenn wir hier davon sprechen, dass wir in diesem Land im Fadenkreuz des Terrorismus stehen, dass das Menschen in Afghanistan, im Irak, in der Türkei und in vielen anderen Ländern, auch in Afrika nicht nachvollziehen können, weil sie alltäglich mit einer Angst vor Terroranschlägen umgehen und auch leben müssen.

Der Gesetzentwurf behauptet zweitens, es gäbe eine Gleichgültigkeit in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Opfern von Terroranschlägen. Dass dies falsch ist, haben wir gerade mit Hinweis auf die vielfältigen Gedenkveranstaltungen nach dem 19.12. dargestellt. Aber ich will auch einmal ganz deutlich erinnern an die vielfachen Gedenkveranstaltungen und Solidaritätsbekundungen nach den Anschlägen in Paris, nach den Anschlägen auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“, nach dem Anschlag auf das Bataclan-Theater oder auch nach den Anschlägen in Nizza und in Brüssel. Ich will aber auch deutlich sagen, dass uns in dieser Bundesrepublik etwas mehr Anteilnahme auch zu Gesicht steht, wenn wir von Terroranschlägen in der Türkei, in Afghanistan, in Nigeria oder in den USA erfahren.

Drittens behauptet der Gesetzentwurf, es gäbe keinen Gedenktag für die Opfer des Terrorismus. Und dies ist ebenso falsch, meine Damen und Herren. Der 11. März ist der Europäische Tag des Gedenkens für die Opfer des Terrorismus; an dem Tag im Jahr 2004 fand der Terroranschlag in Madrid statt. Seither erinnert dieser Tag an alle Opfer von Terroranschlägen und Terrorismus.

Zusammengefasst, meine Damen und Herren, ohne alles zu wiederholen, was ich und meine Kolle

gen der Fraktionen der Grünen und der SPD in der ersten Lesung gesagt haben: Wir lehnen den Gesetzentwurf ab, weil die AfD nicht das Gedenken der Opfer im Blick hat, sondern Opfer für ihre eigene politische Strategie instrumentalisiert und damit neuerlich zur Entwürdigung von Opfern von Terroranschlägen beitragen will. Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten vor. Die Landesregierung verspürt auch nicht den Wunsch nach einem Redebeitrag, sodass ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt schließe.

Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in der Drucksache 6/3308 in zweiter Beratung. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Die Gegenstimmen bitte. Die Gegenstimmen kommen aus der CDU-Fraktion, der SPD-Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen und Fraktion Die Linke. Der Abgeordnete Krumpe, fraktionslos, wenn ich es richtig gesehen habe, hat auch dagegen gestimmt. Enthaltungen? Die habe ich nicht gesehen. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Thüringer Gesetz zu dem Abkommen zur dritten Änderung des Abkommens über das Deutsche Institut für Bautechnik Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/3388 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das wird bejaht. Ich bitte Frau Ministerin Keller ans Pult.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Gäste, das von Bund und Ländern getragene Deutsche Institut für Bautechnik nimmt Aufgaben im Bereich der nationalen und internationalen Normung und der Zulassung von Bauprodukten und deren Überwachung wahr. Das DIBt-Abkommen konkretisiert die Aufgaben und regelt die Zusammenarbeit der am Abkommen Beteiligten einschließlich der Finanzierung des Instituts für Bautechnik. Eine Änderung

(Abg. Dittes)

des DIBt-Abkommens ist – zur Klarstellung – wegen geänderter europäischer Verordnungen – also EU-Bauproduktenverordnung und nationaler Rechtsvorschriften, Bauproduktengesetz, Energieeinsparung – hier erforderlich. Daneben soll die Übertragung von Aufgaben durch einzelne Länder für die anderen Länder kostenneutral ermöglicht werden. Schließlich soll bei zukünftigem Bedarf die Anpassung des Aufgabenkatalogs erleichtert werden. Das Kabinett hatte den Entwurf des Staatsvertrags am 31.03.2015 zur Kenntnis genommen. Der Thüringer Landtag hatte am 11. Juni 2015 Gelegenheit zur Stellungnahme und hat dabei keine Bedenken geäußert. Danach habe ich den Staatsvertrag für den Freistaat unterschrieben. Da mittlerweile alle Länder und der Bund das Abkommen zur dritten Änderung des Abkommens über das Deutsche Institut für Bautechnik unterschrieben haben, wird das erforderliche Zustimmungsgesetz nun dem Landtag vorgelegt. Ich bitte um Beratung und Zustimmung. Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Ausführungen. Ich eröffne die Beratung. Mir liegen keine Wortmeldungen vor. Jetzt liegt eine Spontanwortmeldung von Frau Abgeordneter Becker, SPD-Fraktion, vor.

Ich wollte nur die Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten beantragen.

Sozusagen zur Geschäftsordnung.

Dann lassen Sie mich bitte erst die Beratung wieder schließen, was ich hiermit mangels Wortmeldungen tue. Jetzt zur Geschäftsordnung der Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten: Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sieht ziemlich einstimmig aus, sodass sich alle anderen Abstimmungsfragen erübrigen und der Antrag an den Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten überwiesen ist. Damit kann ich diesen Tagesordnungspunkt schließen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9

Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Umweltinformationsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/3431 ERSTE BERATUNG

Auch hier die Frage nach dem Wunsch der Landesregierung zur Begründung dieses Gesetzentwurfs. Das kann ich jetzt nicht erkennen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Der Staats- sekretär ist nicht da!)

Bitte?

(Zwischenruf Werner, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Er kommt gerannt!)

Herr Möller, kann es sein, dass Sie für die Landesregierung den Gesetzentwurf zum Umweltinformationsgesetz begründen möchten?

(Zuruf Möller, Staatssekretär: Ja!)

Dann haben Sie ja noch mal Glück gehabt und Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe offen gestanden nicht mehr damit gerechnet, dass das noch drankommt.

Das Umweltinformationsgesetz ist eine relativ unspektakuläre Sache, wenn Sie sich das angeschaut haben – zwei Artikel mit einigen Regelungen. Ich will trotzdem noch mal, um das ein bisschen einzuordnen, sagen, wo das Ganze herkommt. Wissen Sie, wie das war, wenn man vor 30 Jahren zu DDRZeiten Informationen erhalten wollte, zum Beispiel in Jena, warum die Saale so braunes Wasser hat oder was da im Zeiss-Heizwerk in Jena-Nord verbrannt wird, oder wenn man wissen wollte, was auf der Schadstoffdeponie in Zimmern bei Dornburg im klüftigen Kalkstein im ehemaligen Kalksteinbruch ohne Bodenabdichtung abgelagert wird? Dann hat man nicht nur keine Informationen bekommen, man wurde quasi kriminalisiert, man musste sich rechtfertigen, man wurde an den Pranger gestellt. Jahrzehntelang hat die Umweltbewegung – und ich glaube, in West und Ost – darum gekämpft, Zugang zu behördlichen Informationen zu erhalten. Erst 1994 sind mit dem ersten Umweltinformationsgesetz auf Bundesebene die Wege geebnet worden. 2004 ist dann das Bundesumweltinformationsgesetz novelliert worden. Damals wurden dann alle Behörden verpflichtet, Umweltinformationen, die für ihre Aufgaben von Bedeutung sind, tatsächlich auch zu veröffentlichen, also proaktiv den Menschen zugänglich zu machen. Darüber hinaus wurde der Umweltinformationsbegriff auf Gesundheit,

(Ministerin Keller)

auf Sicherheit und auf Tätigkeiten und Maßnahmen, die sich auf die Umwelt auswirken können, erweitert. Außer den Behörden sind seit 2004 auch andere nicht staatliche Stellen auskunftspflichtig. Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich sozusagen zum Anwalt der Umwelt machen können. Durch Transparenz und Öffentlichkeit sollen die Bevölkerung und die Umweltverbände in die Lage versetzt werden, Vollzugsdefizite und mögliche Gefahren und Probleme, aber auch neue Aufgaben zu erkennen.

Mit dem Thüringer Umweltinformationsgesetz vom 20. Oktober 2006 sind die zwingenden Vorgaben des von der Bundesregierung gezeichneten Abkommens über den Zugang zu Informationen usw., also die sogenannte Aarhus-Konvention, sowie die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen umgesetzt worden. Erste Erwägung in dieser Richtlinie ist es, das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren zu Umweltfragen zu ermöglichen und so letztendlich den Umweltschutz zu verbessern. Zwischenzeitlich sind zu den Umweltinformationsgesetzen des Bundes und der Länder mehrere, auch höchstrichterliche Urteile ergangen. Das Umweltinformationsgesetz des Bundes ist bereits an die europäischen Vorgaben angepasst worden. Das Gleiche soll nun in Thüringen mit dem vorliegenden Änderungsgesetz erfolgen.

Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Anpassungen: Erstens wird klargestellt, dass oberste Landesbehörden nur bis zum Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens von der Informationspflicht ausgenommen sind.

Zweitens – im Gegensatz zur bisherigen Regelung – sind oberste Landesbehörden nunmehr nur noch im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens von der Informationspflicht ausgenommen, nicht mehr beim Erlass von Rechtsverordnungen.

Drittens sind auch Gebietskörperschaften des Landes, die im Rahmen der Rechtsetzung tätig werden, nicht mehr von den Informationspflichten befreit, da es sich hierbei stets um im Rang unter einem Gesetz stehendes Recht handelt.

Viertens ist der Begriff der Kontrolle einer juristischen Person des öffentlichen Rechts durch die öffentliche Hand konkretisiert worden.

Mit diesen vier Änderungen werden Informationsrechte wiederum erweitert und gestärkt. Sie sind zwingend, da ansonsten die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens droht. Im Rahmen der Beteiligung der Verbände wies lediglich der Gemeinde- und Städtebund Thüringens darauf hin, dass durch das Änderungsgesetz künftig auch die

Rechtsetzung der Gebietskörperschaften in den Anwendungsbereich des Thüringer Umweltinformationsgesetzes fallen würde. Der hierdurch entstehende erhebliche Kostenaufwand sei kostenmäßig auszugleichen. Dies ist allerdings nicht zutreffend, denn mit der beabsichtigten Änderung werden keine neuen Informationspflichten für die Gebietskörperschaften geschaffen, sondern es wird lediglich der Zeitpunkt verändert, ab dem die Pflicht zur Herausgabe von Informationen besteht. Mehrkosten fallen also an dieser Stelle nicht an. Darüber hinaus gab es keine weiteren Einwendungen, sodass ich davon ausgehe, dass dieses Gesetz den parlamentarischen Gang in einem großen Konsens passieren kann. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. Vielen Dank.