Protokoll der Sitzung vom 23.02.2017

Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf die Tagesordnungspunkte 18 und 19

Für Recht, Freiheit und Sicherheit: Gegen alle Spielarten des politischen und religiösen Extremismus vorgehen Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3103

Politische Gewalt ächten – Extremismus bekämpfen Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 6/3104

Mir ist signalisiert worden, die Fraktion wünscht die Begründung zu beiden Anträgen. Herr Henke, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, werte Gäste, der Landtag verurteilt alle Formen der Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Dieser Selbstverständlichkeit stimmten im Jahre 2009 alle im Landtag vertretenen Fraktionen einschließlich der Linken zu. Links- und Rechtsextremismus sowie Islamismus sind Brüder im Geiste. Sie sind alle Ausgeburten des Totalitarismus. Ihre Ausbreitung bedeutet die Zerstörung der Menschlichkeit und ihr Sieg die Zerstörung der Menschen. Der pseudoreligiöse Anspruch, die einzige Wahrheit zu verkünden, geht mit der Fantasie einher, die ganze Welt durch Gewalt von Grund auf zu verändern. Ob nun der Klassenkampf der Motor der Geschichte sein soll oder der Kampf um das Überleben der angeblich stärkeren Rasse: Extremistische Gewalt ist der Ausdruck eben dieser totalitären Geisteshaltung. Vor diesem Hintergrund muss uns allen der Anstieg der Gewaltdelikte sowohl im Links- wie im Rechtsextremismus und die zahlreichen Terrorrazzien gegenüber den Islamisten in unserem Freistaat Sorgen bereiten. 92 Fälle der rechtsextremistisch motivierten Gewaltkriminalitäten sind ebenso 92 Fälle zu viel wie 67 am anderen Ende des politischen Spektrums. Politische Gewalt gehört geächtet, egal von wem sie ausgeht.

(Beifall AfD)

Dem Polizisten im Einsatz ist es egal, ob er von links- oder von rechtsextremen Chaoten geschlagen wird. Dem Geschäftsinhaber, dessen Schaufenster am Rande von Demos zertrümmert wird, ist ganz gleich, ob es die selbsterklärten Weltretter von links oder die selbsterklärten Reichsretter von rechts waren. Nur Ideologen können behaupten, dass die eine extremistische Abart irgendwie besser, humaner oder wertvoller wäre. Für uns ist klar: Alle politischen Akteure müssen sich gegen jeglichen Extremismus einsetzen und die Gewalt in der politischen Auseinandersetzung ächten, ganz gleich, von wem sie ausgeht. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Damit eröffne ich die gemeinsame Beratung der Punkte. Als Erster erhält Abgeordneter Helmerich für die SPD-Fraktion das Wort.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Oh, das wird jetzt interessant!)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Die neue Wunderwaffe der Sozis!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren, in den vorliegenden Drucksachen geht es um die Bekämpfung von politischem Extremismus. Anhand einiger aktueller Beispiele möchte ich demonstrieren, wo in Thüringen politischer Extremismus auftritt und wie man diesen bekämpfen kann.

Es ist politischer Extremismus, wenn man Bücher verbrennen will, deren Inhalt einem nicht ins eigene extremistische Weltbild passt.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich erinnere mich noch gut, wie hier ein Abgeordneter den Thüringen-Atlas in den Holzofen werfen wollte,

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Thüringen- Monitor!)

weil ihm einige der darin aufgeführten Wahrheiten unangenehm waren.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Der Thü- ringen-Monitor war das!)

Mir fallen nur drei Gruppen ein, die in großem Maßstab Bücher verbrannt haben: der Islamistische Staat, Al-Qaida und die NSDAP. Herr Höcke, ich vermute einmal, Sie gehören nicht zu den ersten beiden Gruppen. Es ist politischer Extremismus, wenn ein Gymnasiallehrer zu einer Nazi-Parade

(Präsident Carius)

nach Dresden fährt und gemeinsam mit anderen Rechtsextremen dumpfe Parolen brüllt.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Höcke, ich meine Sie. In einer Fernsehdokumentation ist zu sehen, wie Sie zusammen mit ihren glatzköpfigen Kameraden mit erhobener rechter Faust hasserfüllte Parolen brüllen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Wie Honecker!)

Erklären Sie uns doch bitte mal, was Sie gemeint haben, als Sie damals geschrien haben: Wir marschieren, wir marschieren! Wohin wollen Sie denn marschieren? Auf die Feldherrenhalle? Auf Berlin? Auf Moskau?

Ein weiteres Beispiel für politischen Extremismus ist es, wenn derselbe Mensch nun als Fraktionsvorsitzender das Gedenken an den Holocaust als „dämliche Bewältigungskultur“ bezeichnet.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deutschland hat nach dem Grauen des Nationalsozialismus eine komplette Wende in allen Bereichen vollzogen. Wer nun fordert, eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad zu vollziehen, will all das rückgängig machen, der will zurück ins „Dritte Reich“. Eine echte Entschuldigung bei Opfern und Hinterbliebenen steht bis heute aus, war auch nicht zu erwarten. Politische Extremisten sind auch diejenigen, die sich immer noch mit Herrn Höcke solidarisieren, also die komplette AfD-Fraktion und der gesamte Landesvorstand der AfD Thüringen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nachdem ich nun einige aktuelle Beispiele für politischen Extremismus erläutert habe, möchte ich einige Vorschläge zur Bekämpfung desselben machen.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Oh ja, mach!)

Die Bundestagsverwaltung muss überprüfen, ob sie einen Landesverband, dessen Vorstand von einem politischen Extremisten angeführt wird, von der staatlichen Parteienfinanzierung ausschließt. Wer die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder den § 130 Strafgesetzbuch anzweifelt, hat kein Recht, dafür noch staatliche Mittel zu bekommen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Landesrechnungshof muss zeitnah das Finanzgebaren der AfD-Fraktion prüfen und sämtliche falsch eingesetzten Gelder zurückfordern.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Abg. Gentele, fraktionslos)

Das Thüringer Landeskriminalamt muss prüfen, ob der Leiter für die Öffentlichkeitsarbeit noch tragbar ist, nachdem dieser sich mit Herrn Höcke solidarisiert hat. Die Thüringer Justizvollzugsanstalten müssen prüfen, ob sie weiterhin lukrative Aufträge an eine Zahnärztin vergeben, die sich mit politischen Extremisten solidarisiert.

Herr Abgeordneter Helmerich, Ihre Meinung in allen Ehren, aber ich möchte jetzt doch rügen, dass Sie eine gesamte Fraktion hier zu Extremisten erklären. Ich glaube, das ist jetzt nicht der richtige Punkt.

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Lassen Sie ihn nur, der macht sich nur lächerlich!)

Es ist schließlich nicht gewährleistet, ob diese sich mit einsitzenden Kameraden austauscht. Noch dazu ist es höchst bedenklich, wenn dieselbe Zahnärztin die Behandlung vom Aufenthaltsstatus abhängig machen will. Den hippokratischen Eid nimmt sie offenbar nicht ernst.

(Beifall DIE LINKE)

Die Justizminister der Länder müssen prüfen, inwiefern rechtsextreme Richter wie Höckes Vorredner Jens Meier, der die NPD lobt, aus dem Dienst entfernt werden können.

Zuletzt möchte ich auch noch die Medien erwähnen.

(Zwischenruf Abg. Kießling, AfD: Reden Sie doch mal zum Antrag!)

Große Verlage wie zum Beispiel die Springer-Presse müssen überdenken, bei wem Sie Umfragen in Auftrag geben.

Herr Abgeordneter Helmerich, Entschuldigung, ich bitte Sie jetzt, etwas mehr zum Thema zu reden und nicht zur persönlichen Auffassung zur AfDFraktion.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Brandner, AfD: Oskar mach mal weiter, mach mal weiter!)

Ein Erfurter Meinungsforschungsinstitut, das monatlich hohe Summen von der AfD bekommt und das seine Räumlichkeiten zum Gründen rechter Vereine zur Verfügung stellt, …

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Was soll das denn?)

Herr Abgeordneter Helmerich, ich bitte Sie, zum Thema zu reden. Es geht um politischen Extremismus, es geht nicht um die AfD!