Der letzte Punkt, den ich beantragt hatte, war, den Tagesordnungspunkt 7 – da geht es um den Zwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag –, Drucksache 6/3528, in erster und zweiter Beratung zu behandeln.
Gut, auch das stimmen wir jetzt ab. Wer für die gemeinsame Behandlung in erster und zweiter Beratung ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Koalitionsfraktionen, der CDU-Fraktion, der Abgeordneten Reinholz und Krumpe. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Gegenstimmen? Aus der AfD-Fraktion. Damit mit Mehrheit beschlossen, dass wir gemeinsam beraten.
Dann haben wir noch den Antrag der CDU-Fraktion auf Platzierung des Tagesordnungspunkts 12 als zweiten TOP am Freitag. Wer dafür ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der CDU-Fraktion, der Koalitionsfraktionen, der AfD-Fraktion und der fraktionslosen Abgeordneten. Einmütig, großartig, damit so beschlossen.
Dann sind wir damit durch, was die Tagesordnung betrifft, und ich eröffne die Tagesordnung mit dem Aufruf des Tagesordnungspunkts 28 – der Aktuellen Stunde. Alle Fraktionen haben eine Aktuelle Stunde eingereicht. Die Redezeit liegt bei 5 Minuten.
a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Biosphärenreservat Thüringer Wald – Zukunft wird von Mensch und Natur gemeinsam gemacht“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/3612
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, warum beschäftigen wir uns heute mit dem Thema bzw. warum wollen wir uns als Grüne mit dem Thema „Biosphärenreservat Thüringer Wald“ beschäftigen? Das ehemalige Biosphärenre
servat Vessertal ist mittlerweile zu klein geworden. Es hat 17.000 Hektar Fläche und die aktuelle Zielgröße der UNESCO liegt bei circa 30.000 Hektar. Aus diesem Grunde haben wir 2016 erlebt, dass Ende 2016 das Biosphärenreservat Thüringer Wald – ehemals Vessertal – eingerichtet wurde, und wir haben jetzt die Situation, dass die Bedingungen der UNESCO aus unserer Sicht erfüllt sind. Wir haben eine Größe von momentan 34.500 Hektar, wir haben eine dauerhafte Einrichtung eines Informationszentrums. Aus diesem Grunde wird es am 16.04. eine Prüfung der UNESCO geben und zu diesem Anlass haben wir den Tagesordnungspunkt heute zur Besprechung vorgeschlagen.
Was zeichnet ein Biosphärenreservat aus? Biosphärenreservat ist ein Mosaik verschiedener Kulturlandschaften in Mittelgebirgen, hier auch natürlich im Thüringer Wald. Es ist über Jahrhunderte geprägt, insbesondere durch die Beweidung, und eine besondere Bedeutung hat es natürlich für das bis heute ländlich geprägte Thüringen, im speziellen Fall hier den Thüringer Wald.
Voraussetzung dafür ist eine klare Abgrenzung zwischen Kernzone, Pflegezone und Entwicklungszone. Also es ist kein klassisches Naturschutzgebiet, wo wir über reine Naturschutzgebietsverordnungen reden, sondern es ist gerade eine Modellregion, eine Modellregion für das Zusammenleben von Mensch und Natur, aber auch für die schonende Nutzung von natürlichen Ressourcen.
Was sind die Vorteile des Biosphärenreservats? Es verbindet Natur, es verbindet aber auch Natur und Wirtschaft, und wenn es gut gemacht ist, stärkt es die Region ungemein.
Warum wird ein gut gemanagtes Biosphärenreservat ein Gewinn für die Menschen vor Ort sein können? Das Prädikat „Biosphärenreservat“ ermöglicht der Region, ein touristisches Alleinstellungsmerkmal herauszuarbeiten. Es stärkt regionale Kreisläufe. Erfahrungen zum Beispiel in der Rhön haben gezeigt, dass nur durch die Einrichtung das sogenannte Rhönschaf gerettet wurde; es wurde in seinem Bestand durch das Biosphärenreservat erhalten. Aber es entstanden auch Initiativen in der Rhön, zum Beispiel aus Streuobstwiesen wurde eine eigene Marke für Apfelsaft, für selbst gepressten Apfelsaft entwickelt, dieser in der Region vertrieben und von den Bauern, den Landbewohnern hergestellt. Aber es ist auch für regionale Produkte und die Gastronomie eine große Chance. Zum Beispiel gibt es in Seiferts in der Rhön ein sogenanntes Rhönschaf-Hotel mit Spezialitäten, zum Beispiel ApfelSherry oder Schaffleischgerichten. Das zeigt: Wenn sich die Region darauf einlässt und auch spezielle Produkte entwickelt, kann das ein Gewinn sein.
Also es ist nicht so, dass keine Wirtschaft, auch keine große Wirtschaft mehr möglich ist. Wir haben zum Beispiel in der Rhön die Firma, die Bionade herstellt. Bionade ist mittlerweile – wer sich mit dem Getränk etwas beschäftigt – weltweit erhältlich und es ist, glaube ich, ein Verkaufsschlager aus so einem Biosphärenreservat heraus.
Es bietet aber auch eine Möglichkeit für bessere interkommunale Zusammenarbeit. Wir können mehr Fördermittel für die Biosphärenregion akquirieren oder bereitstellen und es stärkt die Kommunikation und die Mitsprache auch für die Menschen vor Ort.
Das alles soll und kann auch das Biosphärenreservat im Thüringer Wald leisten. Das Biosphärenreservat ist für uns ein wichtiges Instrument, besonders der Regionalentwicklung. Für uns als Grüne ist es wichtig, dass wir die Regionen – die Modellregionen Rhön und Thüringer Wald – stärken, denn wir wollen selbstbewusste Regionen, die ihr Naturerbe pfleglich behandeln, aber auch den Wert nutzen. Diese guten Beispiele, die jetzt schon in der Entwicklung oder abgeschlossen sind, wollen wir auf weitere Regionen übertragen. Wir als Grüne stehen eindeutig für ein starkes, neues Biosphärenreservat auch im Südharz. Ich bitte Sie, fraktionsübergreifend zusammenzuarbeiten, dass wir neben Rhön und Thüringer Wald auch im nördlichen Teil von Thüringen ein Biosphärenreservat entwickeln. Das geht nur mit der Unterstützung der Regionen vor Ort und es geht meiner Meinung nach auch nur, wenn die einzelnen Fraktionen gemeinsam an einem Strang ziehen. Deswegen wünsche ich mir, dass wir im Landtag ein klares Signal geben: Wir stehen für drei große, starke Biosphärenreservate: Rhön, Thüringer Wald und Südharz.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Abgeordnete, liebe Gäste auf der Tribüne und auch an den Bildschirmen! Die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Zukunft wird von Mensch und Natur gemeinsam gemacht“ wird sicher viele überraschen. Am meisten wird sie die Land- und Forstwirte hier im Freistaat zum Erstaunen gebracht haben, denn entgegen dem Titel stehen die Grünen für eine Politik der Stilllegung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Die in Deutschland ausgezeichneten 171 Quadratkilometer Biosphärenreservate zeichnen sich hingegen durch eine wirtschaftliche Nut
zung aus. Durch extensive Bewirtschaftung werden Magerrasen und Streuobstwiesen erst erhalten. Dazu gehört ebenso die Nutzung der Region für touristische und Erholungszwecke. Damit steht dieses Modell Biosphärenreservat im krassen Gegensatz zu dem von den Grünen sonst verfolgten Stilllegungsplänen. Denn bereits 2010 gab es einen moderierten Diskussionsprozess im Thüringer Wald zur Vergrößerung des Biosphärenreservats. Das Ergebnis war damals die Empfehlung der Region an die Landesregierung, das Biosphärenreservat auf eine Größe von circa 34.500 Hektar zu erweitern und die Verordnung des Biosphärenreservats entsprechend zu ändern. Zum Jahreswechsel 2016/2017 trat nun eine neue Verordnung in Kraft, womit man von dem Biosphärenreservat VessertalThüringer Wald nun auch den Namen geändert hat und ebenso deutlich sein Erscheinungsbild. Denn es soll dann mit 32.700 Hektar fast doppelt so groß sein wie bisher.
Deswegen soll diese Aktuelle Stunde auch als Mahnung dienen. Sie sollte darauf verweisen, wie der Schutz der Landschaft gewährleistet werden kann, ohne dass die Land- und Forstwirtschaft aus der Nutzung gedrängt wird. Das zeigt sich nicht nur an den Befürchtungen der Landwirte bei den Planungen des „Grünen Bandes“. Im Gesetzentwurf zum Schutz des „Grünen Bandes“ deutet sich schon der erste Konflikt zwischen den vorhandenen Nutzungen und dem Schutzziel an. Inwiefern der gelöst werden kann, wird sich erst noch zeigen. Das „Grüne Band“ macht aus der Region eine konservierte Fläche, jedoch sollte eine Neuausrichtung der Bewirtschaftung notwendig sein. Wird diese verhindert, steht das dem Ziel des Biosphärenreservats, nämlich der Verbindung von Wirtschaft, Nutzung als Urlaubsregion und Schutz der Umwelt, entgegen. Hier werden sinnvolle Zukunftskonzepte gebraucht, die alle drei Punkte vereinen. Wir sind gespannt, wie das dann von der rot-rot-grünen Landesregierung umgesetzt wird.
Die von den Grünen beabsichtigte Stilllegung von Flächen ohne Bewirtschaftung zeigt sich auch an anderen Projekten. Jedes der Projekte birgt die potenzielle Gefahr von Verlusten, weil die Flächeneigentümer die Flächen nicht mehr nutzen können, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Hierzu gehört beispielsweise auch der geplante Urwald in der Nähe von Sondershausen. Hier sollen 2.500 Hektar aus der Nutzung genommen werden. Der sogenannte Urwald ist nach unserer Meinung sowohl aus ökonomischer als auch aus waldwirtschaftlicher Sicht unsinnig. Durch die Stilllegung gehen einerseits Einnahmen des Staatsforsts verloren, andererseits hat die Bewirtschaftung der Wälder in Thüringen eine lange Tradition. Es ist falsch zu glauben, dass aus einer ehemals bewirtschafteten Fläche mal eben so von selbst wieder ein Urwald wird. Im Gegenteil: Diese Regionen verkommen. Viel
leicht sollte man auch beim Urwald um den Possen auf die Schutzziele der UNESCO achten, die sehen nämlich eine Bewirtschaftung vor. Das von den Grünen verfolgte Konzept des Urwalds hingegen ist fachlicher Unsinn.
Weiterhin sollen insgesamt 25.000 Hektar aus der Nutzung des staatlichen Forsts genommen werden. Damit gehen nicht nur Kosten einher, sondern es droht der Verlust von Arbeitsplätzen. Genau an der Stelle fordert die AfD, dass die Landesregierung genau abwägt, welche Flächen dann – wenn schon – aus der Nutzung genommen werden.
Im Volksmund gibt es ein Sprichwort, das lautet: Aus fremdem Leder ist gut Riemen schneiden. Solch eine Politik auf Kosten anderer findet in Thüringen leider statt. Da fordern die Umweltverbände, dass mehr Flächen stillgelegt werden sollen. Dabei zeigen sie mit dem Finger auf private Waldbesitzer und den Staatsforst. Selbst jedoch unterhalten diese Umweltverbände Flächen, die weiterhin für die Energieholzproduktion bewirtschaftet werden. Thüringen besitzt eine Kulturlandschaft und die muss weiterhin gepflegt und unterhalten werden. Jegliche Bioexperimente auf Kosten der Eigentümer, der Landwirtschaft und der Forstwirte zum Nachteil der Landschaft lehnen wir ab. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die beträchtliche Erweiterung des Biosphärenreservats Vessertal-Thüringer Wald auf nun fast 33.000 Hektar ist ein erfreulicher und richtiger Schritt für den nachhaltigen Erhalt von Natur und Landschaft, auch für die für den wachsenden Naturtourismus bedeutsame Region unserer Heimat. Die am 6. Dezember 2016 erlassene Verordnung findet deshalb auch unsere ungeteilte Zustimmung. Wichtig ist dabei die Unterteilung des Schutzgebiets in Kern-, Pflege- und große Entwicklungszonen, deren unterschiedliche Regelungen den Kommunen, Bewohnern und Nutzern im Thüringer Wald genug Freiraum lassen, um die langfristige Entwicklung der Region unter den Bedingungen eines UNESCO-Biosphärenreservats ausgewogen und mit Augenmaß zu vollziehen und dort leben zu können.
Der moderierte und von der heutigen Umweltministerin hochgelobte beispielhafte Diskussionsprozess zur Erweiterung des Biosphärenreservats, der nicht sofort bei den Betroffenen auf Begeisterung stieß, begann schon 2010 und ist zuallererst ein Ver
2010 war das Umweltministerium in CDU-Hand. Wenn sich Rot-Rot-Grün heute mit dieser Verordnung schmückt, dann ist es unserem beharrlichen Werben für die Erweiterung des schon seit 1979 bestehenden Biosphärenreservats und der guten Vorbereitung des Moderationsprozesses zu verdanken. Kleiner Seitenhieb: Wenn die jetzige Landesregierung bei aktuellen Problemfeldern wie zum Beispiel bei dem Windkrafterlass oder bei der Absicht, Windkraftanlagen im Wald zu errichten, eine bürgernahe und behutsame Diskussion führen würde, wie sie in diesem Fall geführt worden wäre, dann würde vielen Menschen viel Ärger und Unmut erspart bleiben und es wäre auch ein gutes Beispiel, um nicht weiter Politikverdrossenheit zu generieren.
Sehr geehrte Damen und Herren, es war ein langer Prozess – Frau Becker, Sie haben ihn auch mit verfolgt – und das Bohren dicker Bretter ist wichtig und nicht über die Köpfe hinwegzugehen. Das gilt bei allen Sachen im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hoffen jetzt natürlich auch, dass die UNESCO dem Anerkennungsantrag für die Erweiterung des Biosphärenreservats Thüringer Wald zustimmt und die langjährigen Bemühungen aller Akteure zu einem positiven Abschluss kommen – gemeinsam mit den Bürgern, Herr Kobelt. Nicht wir hier müssen uns einig sein, ob irgendwo ein Biosphärenreservat errichtet wird, sondern die Menschen, die dort leben,
müssen damit einverstanden sein. Das ist in diesem Fall im Biosphärenreservat – ehemals Vessertal, jetzt Thüringer Wald – mit einem guten Moderationsprozess gelungen. Dann kann man das machen. Aber nicht über die Köpfe!
Liebe Dagmar Becker, du warst mit in Neustadt/ Harz, das ist mir noch in guter Erinnerung. Über die Köpfe der Menschen zu entscheiden, ist der falsche Weg. Um Akzeptanz zu erreichen, handeln wir danach – das ist das Motto der Nationalen Naturlandschaften, dem ich mich gerne anschließe –: Mensch und Natur gehören zusammen. Wenn man das beachtet, macht man Naturschutz erfolgreich, auch Regionalentwicklung, und kann Wertschöpfung in einer Region generieren.
Zum Schluss möchte ich mich auch noch einmal ganz herzlich bei allen Mitarbeitern der Naturparkverwaltung bedanken, die wirklich viel im Bereich des Umweltschutzes, des Naturschutzes, der Umweltbildung und auch des Tourismus leisten. Da haben wir in Thüringen mit unseren Nationalen Naturlandschaften in den letzten 20 Jahren sehr viel für die Regionalentwicklung geschafft.
Was da auf die Beine gestellt wird, ob das im Thüringer Wald ist, in unseren Naturparks, im Hainich, das ist eine tolle Sache und da waren wir als CDULandtagsfraktion nicht ganz unschuldig. Wir, das sage ich jetzt für unseren Teil, Herr Kobelt, sind stolz auf unsere gute Umweltpolitik. Danke schön.